JudikaturJustiz5Ob149/16x

5Ob149/16x – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Mag. M***** B*****, geboren *****, vertreten durch Dr. Michael Lunzer, öffentlicher Notar in Wien, wegen Einverleibung eines Fruchtgenussrechts ob EZ 3818 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Juni 2016, AZ 47 R 128/16w, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 22. März 2016, TZ 1065/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

Urkunden

1 Dienstbarkeitsvertrag 15. 12. 2015

Bewilligt wird

1 Sonstiges - Sonstiges - Neueintragung

in EZ 3818 KG *****

auf Anteil B-LNR 32

32 ANTEIL: 69/2098

Mag. M***** B*****

GEB: ***** ADR:*****

a 7103/1999 Wohnungseigentum an W 5

c 1919/2015 Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002

auf Anteil B-LNR 33

33 ANTEIL: 69/2098

Mag. P***** N*****

GEB: ***** ADR: *****

a 7103/1999 Wohnungseigentum an W 5

c 1919/2015 Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002

Einverleibung Fruchtgenussrecht

Urkunden 1, Dienstbarkeitsvertrag, 15.12.2015

für Mag. M***** B***** , geb. *****

Verständigt wird

Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin und Mag. P***** N***** sind zu jeweils 69/2098 Anteilen Miteigentümer der oben bezeichneten Liegenschaft und Wohnungseigentumspartner (B LNR 32 und 33) betreffend das mit diesen Anteilen verbundene Wohnungseigentum an W 5.

Die Antragstellerin begehrte wie aus dem Spruch ersichtlich.

Der die Eintragungsgrundlage bildende, in Form eines Notariatsakts errichtete Dienstbarkeitsvertrag vom 15. 12. 2015 lautet auszugsweise:

„Heute … haben

1. Herr Mag. P***** N*****, … als FRUCHTGENUSSBESTELLER einerseits, und

2. (die Antragstellerin) … als FRUCHTGENUSSBERECHTIGTE andererseits.

errichtet und zu Akt gegeben nachstehende(n)

DIENSTBARKEITSBESTELLUNGSVERTRAG

I.

Die Vertragsparteien sind wie folgt Wohnungseigentümer: (Grundbuchstand)

II.

Anlässlich der Anschaffung der Wohnung haben die Vertragsparteien miteinander vereinbart, dass (die Antragstellerin) berechtigt ist, diese Wohnung alleine zu vermieten und die Einnahmen aus der Vermietung, abzüglich der Aufwendungen, ihr alleine zukommen. Aus Beweissicherungsgründen wird die gegenständliche Vertragsurkunde errichtet.

III.

Herr Mag. P***** N***** räumt sohin (der Antragstellerin) die Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechtes an der in Punkt I. näher bezeichneten Eigentumswohnung auf ihre Lebenszeit ein. Die Fruchtgenussberechtigte ist berechtigt, diese Dienstbarkeit jederzeit ohne Frist durch einseitige Erklärung zu kündigen. …

IV.

Beide Vertragsparteien erteilen ihre ausdrückliche Einwilligung, dass ob den im Punkt I. näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes für (die Antragstellerin) im Grundbuch bewilligt werde.

V.

Die Vertragsparteien halten fest, dass sie miteinander verheiratet sind und im Güterstand der Gütertrennung leben.

…“

Das Erstgericht wies das Grundbuchgesuch mit der wesentlichen Begründung ab, dass die beiden Anteile der Wohnungseigentumspartner nur gemeinsam beschränkt, belastet oder veräußert werden dürften. Die Einverleibung des beantragten Fruchtgenussrechts für die Antragstellerin widerspreche dem Grundsatz des § 13 Abs 3 WEG 2002. Außerdem könne an eigener Sache keine Dienstbarkeit begründet werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es war der Rechtsansicht, dass eine Dienstbarkeit eines Miteigentümers an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sache möglich sei. Dies gelte wegen § 13 Abs 1 WEG 2002 auch im Rahmen der Eigentümerpartnerschaft für die Rechtseinräumung zu Gunsten eines Wohnungseigentumspartners am gesamten mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil.

Es könne daher ein Fruchtgenussrecht zugunsten eines Eigentümerpartners (Miteigentümers) an der gemeinsamen Wohnung eingeräumt werden, komme es doch dadurch zu keiner unterschiedlichen Belastung der Anteile am Mindestanteil. Auch vorliegend begehre die Antragstellerin die Verbücherung des Fruchtgenussrechts zu ihren Gunsten an beiden Anteilen des Mindestanteils, wonach keine unterschiedliche Belastung der Anteile am Mindestanteil vorliege. Der vom Erstgericht angenommene Abweisungsgrund liege daher nicht vor.

Allerdings müssten gemäß § 26 Abs 2 GBG die Urkunden, auf Basis derer eine Einverleibung bewilligt werde, einen gültigen Rechtsgrund enthalten, wenn es sich um die Erwerbung oder Umänderung eines dinglichen Rechts handle. Dies gelte auch für die Einverleibung eines Fruchtgenussrechts. Die bloße Einräumung von Dienstbarkeiten reiche nicht aus. Im vorliegenden Fall werde in Punkt II. des Dienstbarkeitsbestellungsvertrags nur auf Beweissicherungsgründe, aber nicht auf einen für die Einverleibung eines dinglichen Rechts notwendigen Rechtsgrund Bezug genommen. Daher müsse die begehrte Eintragung aus diesem Grund scheitern.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine qualifizierte Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen gewesen sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung wie aus dem Spruch ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Vorinstanzen zulässig und berechtigt.

A. Keine unterschiedliche Belastung der halben Mindestanteile:

1. Gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 WEG 2002 werden durch das gemeinsame Wohnungseigentum der Partner ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, dass sie, solange die Eigentümerpartnerschaft besteht, nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen.

2. In 5 Ob 200/03b (= wobl 2004/15, 62 [ Call ] = MietSlg 55.463 = EvBl 2004/57, 262 = RdW 2004, 207 = NZ 2004/589, 185 [ Hoyer , 190] = EFSlg 105.295) hat der erkennende Senat dahin entschieden, dass die Einverleibung eines (wechselseitigen) Fruchtgenussrechts für jeden einzelnen Wohnungseigentumspartner jeweils am Hälfteanteil des Mindestanteils des anderen an § 13 Abs 3 WEG 2002 scheitere, welche Bestimmung eine unterschiedliche Belastung der Anteile am Mindestanteil ausschließe. Dieses Ergebnis steht aber hier – wie bereits das Rekursgericht zutreffend erkannt hat – der Gesuchsbewilligung deshalb nicht entgegen, weil die Antragstellerin die Einverleibung des Fruchtgenussrechts am gesamten Mindestanteil anstrebt, sodass es durch dessen Verbücherung zu keiner unterschiedlichen Belastung der Anteile am Mindestanteil kommt. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Belastung hat der Senat bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 157/08m (= NZ 2009/AGS 734 [ Hoyer , NZ 2009, 255] = immolex 2009/61 [ Edelhauser ] = SZ 2008/174) bejaht. Das Vorliegen des in diesem Punkt vom Erstgericht erkannten Abweisungsgrundes hat daher das Rekursgericht mit Recht verneint.

B. Keine Eigentümerservitut:

1. Das Erstgericht hat einen weiteren Abweisungsgrund darin erkannt, dass niemand ein Recht an eigener Sache begründen könne. Richtig ist insoweit, dass das österreichische Sachenrecht eine Eigentümerservitut grundsätzlich nicht vorsieht und eine solche daher nicht ins Grundbuch eingetragen werden kann (5 Ob 118/07z = EvBl 2007/165, 917 = NZ 2007/694 [ Hoyer ] = Zak 2007/549, 314). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für den Fall des Miteigentums; es ist vielmehr in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass eine Dienstbarkeit eines Miteigentümers an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sache möglich ist (RIS Justiz RS0011528; H. Böhm in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.01 § 825 ABGB Rz 46; Spath in Schwimann/Kodek 4 § 473 ABGB Rz 4).

2. Nach § 13 Abs 1 WEG 2002 gelten, soweit dort folgend keine besonderen Regelungen getroffen werden, die Bestimmungen des 16. Hauptstücks des zweiten Teils des ABGB, das sind eben die Vorschriften „Von der Gemeinschaft des Eigentumes und anderer dinglichen Rechte“ (§§ 825 ABGB), auch für die Eigentümerpartnerschaft, sodass in diesem Punkt eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den schlichten Miteigentümern nicht gerechtfertigt ist (5 Ob 157/08m NZ 2009/AGS 734 [ Hoyer , NZ 2009, 255] = immolex 2009/61 [ Edelhauser ] = SZ 2008/174). Auch das Miteigentum der Wohnungseigentumspartner (Eigentum je eines halben [verbundenen] Mindestanteils) steht also, wie das Rekursgericht wiederum zutreffend erkannt hat, der begehrten Einverleibung nicht entgegen.

C. Rechtsgrund der Dienstbarkeit:

Das Rekursgericht hat die erstgerichtliche Abweisung des Grundbuchgesuchs im Ergebnis mit der Begründung bestätigt, dass der Dienstbarkeitsbestellungsvertrag keinen Rechtsgrund ausweise. Dem ist nicht zu folgen:

1. Damit eine Dienstbarkeit bücherlich einverleibt werden kann, bedarf es zufolge § 26 Abs 2 GBG des urkundlichen Nachweises eines hiefür gültigen Rechtsgrundes (5 Ob 114/08p NZ 2009/10; vgl auch 5 Ob 147/14z). Gemäß § 480 ABGB gibt jeder Vertrag einen tauglichen Rechtsgrund für eine Dienstbarkeitsbestellung ab (5 Ob 2036/96i = SZ 69/110; 5 Ob 131/10s NZ 2011/765 [GBSlg] [ Hoyer ] = wobl 2011/149). Es muss aber aus der Vertragsurkunde zu entnehmen sein, warum die Dienstbarkeit eingeräumt wurde, sei es etwa durch Kauf, Schenkung oder in Erfüllung einer bereits bestehenden (etwa beim Verkauf eines Grundstücks übernommenen) Verpflichtung (5 Ob 339/99k NZ 2001/493 [GBSlg] [ Hoyer ] = immolex 2000/131). In diesem Sinn kann auch die vertragliche Vereinbarung einer grundbücherlichen Sicherung eines (bestehenden obligatorischen) Rechts mangels Typenzwangs im österreichischen Vertragsrecht eine taugliche Grundlage für die Einverleibung einer Dienstbarkeit sein (vgl 5 Ob 254/15m).

2. Dem Grundbuchgericht ist es zwar verwehrt, mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammenhängende Zweifelsfragen zu lösen oder eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, nicht aber aus Urkunden durch deren Wortlaut gedeckte, unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu ziehen (RIS Justiz RS0060573 [T16]). Aus dem Dienstbarkeitsbestellungsvertrag geht nun hervor, dass die Wohnungseigentumspartner anlässlich der Anschaffung der Wohnung miteinander vereinbart haben, die Antragstellerin solle berechtigt sein, diese Wohnung alleine zu vermieten und die Einnahmen aus der Vermietung abzüglich der Aufwendungen für sich zu vereinnahmen. Trotz der insoweit nicht uneingeschränkt geglückten Wortwahl („Beweis“sicherungsgründe) folgt als logische Schlussfolgerung aus der vertraglichen Regelung doch, dass die von den Wohnungseigentumspartnern vereinbarte Dienstbarkeit gerade der grundbücherlichen Sicherung der zuvor wiedergegebenen obligatorischen Vereinbarung dienen sollte. Damit liegt aber ein ausreichender Rechtsgrund für die Dienstbarkeitsbestellung vor.

D. Ergebnis:

Im Ergebnis stehen der begehrten Dienstbarkeitseinverleibung weder das Verbot der ungleichen Belastung der halben Mindestanteile im Sinn des § 13 Abs 3 Satz 1 WEG 2002 noch das Miteigentum der Wohnungseigentumspartner entgegen. Aus dem Wortlaut des Dienstbarkeitsbestellungsvertrags folgt überdies als logische Folgerung der Sicherungszweck als Rechtsgrund der Servitut, weshalb das Grundbuchgesuch in Stattgebung des Revisionsrekurses zu bewilligen war.

Rechtssätze
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