JudikaturJustiz5Ob128/10z

5Ob128/10z – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache wegen Grundbuchberichtigung (§ 104 Abs 3 GBG) in der EZ 748 Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Inge Z*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Ender, öffentlicher Notar in Bregenz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 26. April 2010, AZ 2 R 71/10x, mit dem infolge Rekurses der Inge Z***** der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 21. Jänner 2010, TZ 8006/09 3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Über Antrag der Angelika G***** wurden mit Beschluss des Erstgerichts vom 24. 11. 2009 zu TZ 7562/09 ob der Liegenschaft EZ 748 Grundbuch *****, je zur Hälfte im Eigentum des Michael und der Monika O*****, nachstehende Eintragungen bewilligt:

1. Einverleibung der Löschung des Pfandrechts im Höchstbetrag von 200.000 EUR für die B***** AG (nunmehr U***** AG) C LNR 9;

2. Einverleibung des Eigentumsrechts im Rang TZ 6371/09 für Angelika G*****, geboren am 9. 3. 1980;

3. Einverleibung des Pfandrechts im Betrag von 104.000 EUR samt 6 % Zinsen, 1 % Verzugs und 7 % Zinseszinsen und Nebengebühren im Höchstbetrag von 10.400 EUR für die R***** Gesellschaft mbH (FN *****).

Beim Vollzug dieses Beschlusses am 24. 11. 2009 unterblieb irrtümlich die Einverleibung des zu Punkt 3 angeführten Pfandrechts zu Gunsten der R***** Gesellschaft mbH im Grundbuch.

Mit Rechtseinräumungsurkunde vom 9. 12. 2009 hat Angelika G***** an der ihr nunmehr gehörenden Liegenschaft EZ 748 Grundbuch ***** ihrer Mutter Inge Z*****, der Revisionsrekurswerberin, das Belastungs und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB eingeräumt, welches vereinbarungsgemäß grundbücherlich sicherzustellen war. Über Antrag der Vertragsparteien wurde ob der Liegenschaft EZ 748 Grundbuch ***** mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 12. 2009 zu TZ 7958/09 die Einverleibung des Belastungs und Veräußerungsverbots bewilligt und bücherlich vollzogen.

Das Erstgericht leitete mit Beschluss ebenfalls vom 11. 12. 2009 zu TZ 8006/09 hinsichtlich der bezeichneten Liegenschaft von Amts wegen das Berichtigungsverfahren nach § 104 Abs 3 GBG mit der Begründung ein, dass der Vollzug der mit Beschluss vom 24. 11. 2009 bewilligten Einverleibung des Pfandrechts zu Gunsten der R***** Gesellschaft mbH irrtümlich unterblieben sei. Das Erstgericht beabsichtige nunmehr, das Pfandrecht grundbücherlich einzuverleiben. Die Verbotsberechtigte wurde aufgefordert, binnen 30 Tagen Einwendungen gegen die beabsichtigte Eintragung schriftlich einzubringen, widrigenfalls angenommen werde, dass sie der Nachholung der Eintragung des Pfandrechts im Rang TZ 7562/09 zustimme.

Fristgerecht äußerte sich die Verbotsberechtigte dahin, dass sie gegen die Berichtigung des Grundbuchs Einwand erhebe und als Verbotsberechtigte der beabsichtigten Grundbuchsberichtigung ausdrücklich ihre Zustimmung nicht erteile.

Ungeachtet der Einwendungen der Verbotsberechtigten nahm das Erstgericht mit Beschluss vom 21. Jänner 2010 zu TZ 8006/09 eine Grundbuchsberichtigung dahingehend vor, dass nach Rechtskraft des Berichtigungsbeschlusses das Pfandrecht für die R***** Gesellschaft mbH im Betrag von 104.000 EUR sA im Rang TZ 7562/09 einverleibt werde.

Die Verbotsberechtigte habe sich zwar gegen die Berichtigung ausgesprochen, eine Begründung sei jedoch unterblieben. Eine amtswegige Berichtigung von Vollzugsfehlern sei nach Anhörung der Beteiligten auch ohne deren Zustimmung möglich.

Einem dagegen von der Verbotsberechtigten erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es bejahte die Rekurslegitimation der Verbotsberechtigten.

Das Vorliegen des behaupteten Verfahrensmangels, weil das Erstgericht entgegen § 104 Abs 3 GBG keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, verneinte das Rekursgericht. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs sei es ausreichend, dass die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden sei. Aus ihrem prozessualen Verhalten, insbesondere aus der Tatsache der Rekurserhebung, könne wohl nur geschlossen werden, dass die Verbotsberechtigte nach wie vor die Eintragung des Pfandrechts zu verhindern suche. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht geeignet gewesen wäre, ein Einvernehmen herzustellen.

Grundsätzlich lägen die Voraussetzungen des § 104 Abs 3 GBG vor, weil die tatsächlichen Eintragungen mit dem die Eintragung anordnenden Beschluss inhaltlich nicht übereinstimmten. Auch der unterlassene Vollzug stelle einen derartigen Vollzugsfehler dar.

§ 104 Abs 3 GBG ermögliche die Berichtigung wahrgenommener Fehler dann, wenn der Fehler keinerlei Rechtsfolge nach sich gezogen habe, sonst im Einvernehmen mit den Beteiligten, was hier aufgrund des Widerspruchs der Verbotsberechtigten ausscheide. Bezweckt werde mit diesen strengen Anforderungen an die Berichtigung der Schutz desjenigen, der im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs bücherliche Rechte erworben habe (RIS Justiz RS0060738). Erschwert werden solle die Berichtigung eines Fehlers, der „irgendeine Rechtsfolge nach sich gezogen haben könnte“, was nur für den Fall gelte, dass die Berichtigung mit einem mittlerweile eingetretenen Rechtserwerb kraft Vertrauens auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs kollidiere. In einem solchen Fall sei das Einvernehmen der Betroffenen unumgänglich. Dabei könne die Frage, ob ein inzwischen Eingetragener gutgläubig sei oder nicht, ausschließlich im ordentlichen Rechtsweg entschieden werden. Dann aber, wenn jemand durch einen Vollzugsfehler in eine bücherliche Position gelangt sei und sein Vertrauensschutz schon aus rechtlichen Gründen von vornherein ausscheide, könne die Berichtigung auch gegen den Willen desjenigen angeordnet werden, der dadurch seine bücherliche Rechtsposition verliere. Das sei etwa beim exekutiv erworbenen Pfandrecht oder beim unentgeltlichen Erwerb einer Liegenschaft der Fall. Das Rekursgericht bejahte diese Voraussetzung auch im vorliegenden Fall wegen des spezifischen Charakters eines Veräußerungs und Belastungsverbots. Dieses grundsätzlich obligatorische Rechtsverhältnis erlange durch die Eintragung, die zufolge § 9 GBG zulässig sei, dingliche Wirkung. Soweit das Belastungs und Veräußerungsverbot im Grundbuch einverleibt oder vorgemerkt werde, sei es, obwohl es sich nicht um ein bücherliches Recht handle, den in § 9 GBG ausdrücklich erwähnten Rechten jedenfalls gleichgestellt. Seiner Natur nach sei es eine Eigentumsbeschränkung.

Durch die Regelung des Vertrauensschutzes sollten allerdings nur Erwerber einer Liegenschaft oder eines bücherlichen Rechts an ihr begünstigt werden. Bloß verbücherte Rechte könnten daher weder im Vertrauen auf den Buchstand von einem Nichtberechtigten erworben werden noch verschafften die innerhalb des Personenkreises des § 364c ABGB einverleibungsfähigen Belastungs und Veräußerungsverbote Rechtserwerb.

Das Belastungs und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Antragstellerin stelle eine im Übrigen zeitlich erst nach der Verpfändung begründete Verfügungsbeschränkung zu Lasten der Eigentümerin und daher keine dingliche Last dar. Damit könne sich die Verbotsberechtigte aber auch nicht darauf berufen, dass das Belastungs und Veräußerungsverbot die Eintragung des Pfandrechts in dem ihm ursprünglich zukommenden Rang verhindere. Auf ihre im Übrigen nicht behauptete Gutgläubigkeit komme es daher nicht an.

Zu Recht habe das Erstgericht daher eine Berichtigung nach § 104 Abs 3 GBG vorgenommen.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein verbüchertes Veräußerungs und Belastungsverbot mit dem unterbliebenen Vollzug der Eintragung eines Pfandrechts iSd § 104 Abs 3 GBG kollidieren könne.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Verbotsberechtigten mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die amtswegig vorgenommene Berichtigung beseitigt werde, in eventu, das zu Gunsten der R***** Gesellschaft mbH im Rang TZ 7562/09 einverleibte Pfandrecht zu löschen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Ganz zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der entgegen dem Bewilligungsbeschluss unterlassene Vollzug der Pfandrechtseinverleibung einen Fehler iSd § 104 Abs 3 GBG bewirkte, der grundsätzlich einer Berichtigung im Sinn dieser Gesetzesstelle zugänglich ist (vgl 1 Ob 34/79 = JBl 1981, 93 [ Hoyer ]; RIS Justiz RS0060702 ua).

Vom hier nicht vorliegenden Fall des Einvernehmens der Beteiligten abgesehen, setzt eine Berichtigung iSd § 104 Abs 3 GBG voraus, dass der Vollzugsfehler entweder keinerlei Rechtsfolgen nach sich gezogen hat oder aber ein nachträglicher Rechtserwerb vorliegt, bei dem Vertrauensschutz nicht rechtsbegründend wirkte (5 Ob 17/94 = SZ 67/13; 5 Ob 35/06t = NZ 2006, 312 [ Hoyer ]; vgl auch RIS Justiz RS0059552).

Die strengen Anforderungen an die Berichtigung eines beim Vollzug unterlaufenen Fehlers bezwecken den Schutz nur desjenigen, der im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs bücherliche Rechte erworben hat (RIS Justiz RS0060738). Soll die Berichtigung eines Fehlers vorgenommen werden, der in diesem Sinn „irgendeine Rechtsfolge nach sich gezogen haben könnte“, ist das Einverständnis der Betroffenen unumgänglich.

Wenn mit den Quellen grundbuchsrechtlicher Erkenntnis eindeutig feststellbar ist, dass schon aus rechtlichen Gründen von vornherein ein Vertrauensschutz desjenigen, der durch den Vollzugsfehler in eine bücherliche Rechtsposition gelangt ist, ausscheidet, kann die Berichtigung eines Vollzugsfehlers auch gegen den Willen des Betroffenen angeordnet werden. Wer etwa im Weg der Zwangsvollstreckung Befriedigungsobjekte sucht, handelt nicht im Vertrauen auf das Grundbuch (5 Ob 17/94; 1 Ob 244/97g; RIS Justiz RS0060708), weshalb die Rechtsprechung in diesen Fällen eine Berichtigung von Vollzugsfehlern auch gegen den Willen von Zwischeneingetragenen zulässt.

Entgegen der überwiegenden Auffassung der Lehre (ausführlich und mwN dargestellt in Kodek , Grundbuchsrecht Rz 10 zu § 63 GBG) ist nach der Rechtsprechung im Vertrauen auf das Grundbuch auch nur der entgeltliche, nicht aber der unentgeltliche Erwerber geschützt (RIS Justiz RS0117411).

Auch der eingeantwortete Erbe erwirbt nicht unter Vertrauensschutz (5 Ob 24/89 = NZ 1989, 274 [zu § 21 GUG]; 7 Ob 581/94 = NZ 1995, 111 [ Hoyer ]).

Dann, wenn im Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuchs noch ein vorrangiges Pfandrecht einverleibt war, das später irrtümlich gelöscht wurde, ist aus grundbuchsrechtlicher Sicht eine Berufung auf guten Glauben ausgeschlossen, sodass überhaupt kein nachträglicher, auf einem unrichtigen Grundbuchsstand aufbauender Rechtserwerb iSd § 104 Abs 3 GBG vorliegt (vgl 5 Ob 116/71 = EvBl 1971/335; 5 Ob 314/03t = NZ 2004/605 [zust Hoyer ]).

Die Berichtigung gegen den Willen des Zwischeneingetragenen darf also nur nicht mit einem mittlerweile eingetragenen Rechtserwerb kraft Vertrauens auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs kollidieren (vgl 5 Ob 17/94 = SZ 67/13).

Ein Veräußerungs und Belastungsverbot ist eine schuldrechtliche Vereinbarung, die dem Eigentümer einer Liegenschaft die Übertragung der Liegenschaft sowie die Einräumung von Pfandrechten und beschränkten dinglichen Nutzungsrechten daran verbietet. Unter der Voraussetzung des Vorliegens eines Angehörigenverhältnisses iSd § 364c ABGB zwischen dem Verbotsberechtigten und dem Verbotsbelasteten ist die Verbücherung eines solchen Verbots zulässig, die dem Verbotsberechtigten dann eine absolute Rechtsposition gegenüber jedem Dritten verleiht. Die Eintragung (Einverleibung) im Lastenblatt ergibt sich aus § 11 Abs 2 AllgGAG.

Im Zusammenhang mit der Frage, ob die das Verbot einräumende Urkunde einen Rechtsgrund iSd § 26 Abs 2 GBG enthalten müsse, hat die Rechtsprechung dies verneinend ausgesprochen, dass es sich nicht um ein dingliches Vollrecht, sondern um ein obligatorisches Recht mit dinglicher Wirkung, in Wahrheit um eine Verfügungsbeschränkung des Eigentümers handelt (5 Ob 20/90 = SZ 63/84 = NZ 1991, 107 [ Hofmeister ]). Hofmeister (aaO, 111) bemerkt darüber hinausgehend, das verbücherte Verbot sei gar kein dingliches Recht, sondern lediglich eine obligatorische Berechtigung, der durch die Eintragung der Charakter eines bücherlichen Rechts im Sinne des § 9 GBG zukomme. Auch Spielbüchler in Rummel 3 , ABGB 2 Rz 1 zu § 364c vertritt die Ansicht, dass es sich beim Belastungs und Veräußerungsverbot um ein obligatorisches Rechtsverhältnis handelt, und zwar auch dann, wenn dem Verbot durch die grundbücherliche Eintragung eine Drittwirkung (ohne eigentliche Dinglichkeit) zukommt (vgl auch 5 Ob 105/95 = RZ 1996/45; Illedits in Schwimann , ABGB TaKomm § 364c Rz 1).

Es ist also dahin zusammenzufassen, dass nach jedenfalls überwiegender Ansicht der Lehre und der Rechtsprechung ein wenngleich eintragbares Veräußerungs und Belastungsverbot nicht unter die dinglichen Rechte iSd § 308 ABGB, § 9 GBG zu zählen ist.

Gutglaubensschutz kommt aber nur dem Erwerber eines bücherlichen Rechts zu, der auf den Buchstand vertraut ( Koziol/Welser 13 I 364; Gschnitzer Sachenrecht 37; Spielbüchler in Rummel 3 , aaO Rz 4 zu § 308 ABGB; NZ 1995, 111 [ Hoyer ]).

Wirkte aber Vertrauensschutz für die Antragstellerin bei Erlangung ihrer bücherlichen Rechtsposition nicht rechtsbegründend, kollidiert die Berichtigung des Grundbuchs nach § 104 Abs 3 GBG hier durch Vollzug der vorher bewilligten Einverleibung eines Pfandrechts - nicht mit dem Recht der Verbotsberechtigten. Die Berichtigung ist daher ohne ihre Zustimmung zulässig.

Strittige Tatfragen sind im Zusammenhang mit einer hier nicht rechtsbegründenden Gutgläubigkeit der Verbotsberechtigten nicht klärungsbedürftig.

Dem Revisionsrekurs der Verbotsberechtigten kommt daher keine Berechtigung zu.

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