JudikaturJustiz5Ob111/09y

5Ob111/09y – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter W*****, vertreten durch Mag. Dominik Maringer, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Klinikum W*****, vertreten durch Dr. Eckhard Pitzl und Dr. Gerhard W. Huber, Rechtsanwälte in Linz, wegen 80.000 EUR und Feststellung (Streitwert 3.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. April 2009, GZ 4 R 43/09k-35, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Beim Kläger wurde eine medizinisch indizierte Entfernung eines Tumors im Bereich der Lunge durch einen Arzt der Krankenanstalt der Beklagten in der VATS-Technik (Schlüssellochoperation) lege artis durchgeführt. Als kausale Folge dieser Operation erleidet der Kläger dauerhaft anhaltende Schmerzen von erheblicher Intensität und damit einhergehend zusätzlich depressive Störungen. Dabei handelte es sich in dieser Schwere um eine extrem seltene postoperative Komplikation, die operationstechnisch nicht vermeidbar war.

Der Kläger war über diese mögliche, schwerwiegende, aber extrem seltene Komplikation nicht aufgeklärt worden. Der entfernte Tumor erwies sich überdies als gutartig.

Das Erstgericht traf die Feststellung, dass der Kläger dem konkreten Eingriff auch bei vollständiger Aufklärung zugestimmt hätte. Das Berufungsgericht verneinte das Bestehen einer Aufklärungspflicht über die konkrete Folge der Operation, teilte aber im Übrigen die Begründung des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung für die Feststellung, der Kläger hätte auch bei vollständiger Aufklärung der Operation zugestimmt.

Rechtliche Beurteilung

Bei Zugrundelegung der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Geschehensablaufs handelt es sich nicht um eine rechtliche Beurteilung, sondern um einen Vorgang der Beweiswürdigung (vgl RIS-Justiz RS0022857). Die außerordentliche Revision richtet sich daher in Wahrheit nicht gegen einen Verfahrensmangel (als vermeintliche Folge einer mit der Judikatur unvereinbaren Verschiebung der Beweislast), sondern bekämpft unzulässiger Weise in dritter Instanz die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Es trifft zu, dass für den Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht den Arzt bzw den für das Fehlverhalten ihrer Ärzte haftenden Krankenanstaltsträger die Beweislast dafür trifft, ob der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte (vgl RIS-Justiz RS0038485; RS0011528). Auch die Beweislast eines non liquet liegt beim Arzt bzw Krankenhausträger (vgl RIS-Justiz RS0108185 [T1]; RS0038485 [T6] ua). Wegen der eindeutig getroffenen positiven Feststellung (ausdrücklich wurde eine non liquet-Situation verneint) stellen sich Fragen der Beweislastverteilung nicht mehr (vgl RIS-Justiz RS0039903; RS0039904).

Der Klärung dieser Tatfrage haften auch keine Begründungsmängel an. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist schon dann mängelfrei, wenn es dazu nachvollziehbare Überlegungen anstellt und in seinem Urteil festhält (vgl RIS-Justiz RS0043150; RS0043162; RS0040165; RS0043268 ua).

Der Beklagten ist demnach - das Bestehen einer Aufklärungspflicht unterstellt - der sie treffende Beweis des rechtmäßigen Alternativverhaltens gelungen, sodass die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der dazu ergangenen Rechtsprechung ihre Haftung als Krankenanstaltenträgerin verneint haben. Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO werden davon nicht berührt.

Das hatte zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Klägers zu führen.

Rechtssätze
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