JudikaturJustiz5Ob100/15i

5Ob100/15i – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. J***** M*****, 2. V***** B*****, 3. R***** T*****, 4. M***** K*****, 5. E***** D***** und 6. Dr. M***** D*****, alle vertreten durch Dr. Nikolaus Ender, öffentlicher Notar in Dornbirn, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 19. März 2015, AZ 2 R 66/15v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bezau vom 19. Jänner 2015, TZ 3238/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Wesen von Realrechten besteht nach Judikatur und Lehre darin, dass sie nur von den Eigentümern der betreffenden Liegenschaft kraft dieses Eigentumsrechts ausgeübt werden können, also nach Art eines Zubehörs mit der Liegenschaft verbunden sind und  nicht vom berechtigten Gut gelöst und selbstständig veräußert werden können (5 Ob 214/00g mwN = RIS Justiz RS0013354 [T1]; 1 Ob 128/06i = wobl 2007/31 [ Call ]; 5 Ob 135/10d; vgl RS0024421; vgl Gamerith in Rummel 3 , § 844 ABGB Rz 6; H. Böhm in Kletecčka/Schauer , ABGB ON 1.01 § 825 Rz 19 f [jeweils zu Agrargemeinschaften]).

1.1 Im Kaufvertrag vom 7. 8. 2014 (Grundbuchsurkunde) vereinbarte der Erstantragsteller als Alleineigentümer und Verkäufer mit den übrigen Antragstellern als Käufer, dass das abzuschreibende und einer neu eröffneten EZ zuzuschreibende Grundstück 3274/6 (Straße) zu bestimmten Miteigentumsanteilen zwecks Erschließung der Grundstücke der Antragsteller mit diesen realrechtlich verbunden sein sollte. Nach den vertraglichen Regelungen sollte diese realrechtliche Verbindung keine Bindung der Eigentümer bei der Übertragung von Teilen der Straße an nicht an der Wegenachbarschaft beteiligte Eigentümer oder untereinander bewirken. Den Eigentümern und Antragstellern wurde das Recht eingeräumt, ohne Zustimmung der übrigen Wegenachbarn, ihre Anteile am Grundstück 3274/6 zu unterteilen und auch Personen außerhalb der Wegenachbarschaft zu übertragen.

1.2 Diese den Vertragsparteien als Eigentümer jener Liegenschaften, zu deren Gunsten eine realrechtliche Verbindung geschaffen werden soll, eingeräumte Befugnis, die Verbindung zu lösen, widerspricht dem Charakter eines nach § 7 Abs 1 Z 2 AlGAG, § 8 Z 3 GBG anzumerkenden (5 Ob 289/07x = RIS Justiz RS0024421 [T3]) Realrechts. Der Hinweis auf die Verbücherungsfähigkeit der gewählten Konstruktion als Ausfluss der Vertragsfreiheit nutzt den Revisionsrekurswerbern zufolge des im Sachenrecht herrschenden Typenzwangs (RIS Justiz RS0009728; Kisslinger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch in Klang ³, § 308 ABGB Rz 1f) nichts: Ohne Zweifel können Miteigentumsanteile als dingliche Rechte gemäß § 9 GBG im Grundbuch eingetragen werden, aber eben nicht als Realrecht, wenn es sich nach der vorgelegten Grundbuchsurkunde eindeutig nicht um ein solches, nur mit dem Eigentum an den Stammliegenschaften verbundenes Recht handelt. Eine teilweise Bewilligung des Grundbuchsgesuchs durch Einverleibung von Miteigentumsanteilen widerspricht dem im Revisionsrekurs der Antragsteller ausdrücklich aufrechterhaltenen Wunsch nach der „realrechtlichen“ Verbindung.

1.3 Inwieweit diese Abweisung des Grundbuchsgesuchs die in Art 34, 45, 49, 56 und 63 AEUV geregelten Grundfreiheiten verletzen sollte, können die Revisionsrekurswerber nicht nachvollziehbar aufzeigen.

2. Lehre und Rechtsprechung definieren die Reallast als die dinglich wirkende Belastung eines Grundstücks mit der Haftung für positive, nicht zwingend wiederkehrende ( Rassi Grundbuchsrecht 2 Rz 289; Koch in KBB 4 § 530 ABGB Rz 2 mwN) Leistungen des jeweiligen Grundeigentümers ( Memmer in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.02 § 530 Rz 4; Rassi aaO, derselbe in Kodek , Grundbuchsrecht § 12 GBG Rz 32; Koch aaO Rz 1; RIS Justiz RS0116184; RS0012185; RS0012180). Aus dem Fehlen ausdrücklicher Vorschriften über die Beschaffenheit jener Leistungen, welche den Inhalt in einer Reallast bilden können, lässt sich nicht ableiten, dass Beschränkungen jeden Inhalts als Reallast begründet werden können (RIS Justiz RS0116184 [T4]). Die Forderung nach der Erbringung positiver Leistungen unterscheidet die Reallast von der verneinenden Servitut nach § 472 ABGB, die den Eigentümer dazu verpflichtet, eine bestimmte eigene Nutzung der Sache zu unterlassen, zu der er sonst befugt wäre (5 Ob 198/12x). Bei einer Dienstbarkeit mit reallastartigen Elementen kommt die positive Leistung des Belasteten lediglich der besseren Ausübung der Servitut zugute. Entscheidend ist somit, ob die Leistung den Hauptinhalt bildet oder nur der besseren Ausübung eines anderen Rechts dient ( Memmer aaO Rz 6; Spath in Schwimann/Kodek 4 § 530 ABGB Rz 5; Hofmann in Rummel 3 § 530 ABGB Rz 2).

2.1 Im konkreten Fall streben die Antragsteller die Eintragung einer Reallast mit der Verpflichtung an, einen 1 m breiten Streifen von Hindernissen in Zeiten der Schneeräumung zugunsten des Grundstücks 3274/6 frei zu halten. Diese Verpflichtung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der eingeräumten Dienstbarkeit der Schneelagerung auf dem 1 m breiten Streifen (Vertragspunkt VIII 3e und f). Die „Freihalteverpflichtung“ ist daher nicht Hauptleistung im Sinn einer Reallast. Sie dient vielmehr der Sicherung der durch eine Dienstbarkeit begründeten Duldungsverpflichtung. Die Verbücherungs-fähigkeit dieser Servitut, deren Eintragung die Vorinstanzen nicht bewilligt haben, wird im Revisionsrekurs nicht einmal angesprochen.

3. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Klärung 1) der Begründbarkeit einer realrechtlichen Verbindung trotz vertraglicher Beschränkung der Zweckbindung 2) des Vorliegens einer Reallast durch Verpflichtung des Freihaltens einer Dienstbarkeitstraße zu. Beide Rechtsfragen hat es im Sinn der dargestellten Rechtsprechung und Lehre beantwortet. Dass es an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung fehlt, bedeutet gerade nicht, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt (RIS Justiz RS0102181). Der ordentliche Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Rechtssätze
7