JudikaturJustiz5Ob1/10y

5Ob1/10y – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Alexander H*****, geboren am 25. April 1976, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG in den EZ 166 und 410 jeweils Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Theresia R*****, geboren am 16. Mai 1938, *****, vertreten durch Dr. Christoph Brenner und Mag. Severin Perschl, Rechtsanwälte OG in Krems an der Donau, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 22. Oktober 2009, AZ 4 R 239/09k, womit infolge Rekurses der Theresia R***** der Beschluss des Bezirksgerichts Voitsberg vom 29. April 2009, TZ 1518/09, bestätigt wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Begehren

1.) in der EZ 166 Grundbuch ***** zu C-LNr 1c einzutragen, dass das Grundstück 224/3 der EZ 410 weiter herrschend ist, und

2.) in der EZ 410 Grundbuch ***** im A2-Blatt die zu TZ 1094/1953 begründete Grunddienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Reitens an der EZ 166 einzutragen,

abgewiesen wird.

Text

B e g r ü n d u n g :

Der Antragsteller ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 410, die Revisionsrekurswerberin Eigentümerin der EZ 166, beide Grundbuch *****.

Ob der Liegenschaft EZ 166 ist zu C-LNr 1a zu TZ 1094/53 die Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Reitens für EZ 18 einverleibt.

Die EZ 18 stand vormals im Eigentum der S*****AG.

Mit Kaufvertrag vom 27. 11. 1952, verbüchert unter TZ 1094/53, verkaufte die S*****AG den Käufern Johann und Theresia K***** aus der EZ 18 eine Reihe neu geschaffener Grundstücke, darunter das Grundstück 226/3 (nunmehr in der EZ 166, Eigentümerin ist die Revisionsrekurswerberin). Aus Anlass des Kaufvertrags wurde folgende Servitutsvereinbarung getroffen:

„Punkt 6.: Ferner räumen die Käufer der S*****AG nachstehende Berechtigung ein bzw übernehmen folgende Verpflichtung:

a) Das Mitbenützungsrecht der von der Bezirksstraße A***** über das Grundstück mit der neuen Nr. 226/3 an dem zum Verkauf gelangenden Gasthaus vorbei und zu den Werkshäusern der S*****AG führenden Zufahrtsstraße als grundbücherlich sicherzustellendes Servitutsrecht.

...

8.) Herr und Frau Johann und Theresia K***** erteilen mit Unterfertigung dieses Kaufvertrages auch ihrerseits die ausdrückliche Bewilligung zur Vornahme nachstehender Grundbuchshandlungen in der laut Punkt 6 b neu errichteten Einlagezahl der KG A*****.

...

b) Die Einverleibung des immerwährenden Rechts des Fahrens, Gehens und Reitens auf dem von der Bezirksstraße A***** über das Grundstück Nr. 226/3 als dem dienenden Grundstück an dem Gasthaus auf der Baufläche .13/2 vorbei und zu den Werkshäusern der S*****AG auf dem Grundstück Nr. 90 der EZ 18 KG A***** führenden Zufahrtsweg als der herrschenden Liegenschaft gegen die Verpflichtung der S*****AG zur anteilsmäßigen Beitragsleistung für die Erhaltung dieser Zufahrtsstraße.“

Aufgrund dessen wurde allerdings ohne jegliche räumliche oder örtliche Beschränkung zu TZ 1094/53 auf der EZ 166 „die Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Reitens über Grundstück 226/3 für EZ 18“ einverleibt.

Die EZ 18 (vormals im Eigentum der S*****AG) bestand seinerzeit unter anderem auch aus dem Grundstück 224. Dieses wurde von der EZ 18 abgeschrieben (TZ 2156/00) und hiefür die Einlage EZ 394 eröffnet. Weder in dieser noch der dienenden EZ wurde dieser Umstand ersichtlich gemacht.

Nach der Teilung des Grundstücks 224 in die Grundstücke 224/1 und 224/2 (TZ 3247/02) erfolgte die Abschreibung des Grundstücks 224/2 von der EZ 394 nach EZ 407, welche für dieses Grundstück zu TZ 3424/4 eröffnet wurde. Auch hier wurde der Umstand der Teilung und Abschreibung weder in der herrschenden noch dienenden Liegenschaft ersichtlich gemacht.

In der EZ 407 wurde in der Folge eine Teilung in Grundstück 224/2 in dieses und 224/3 vorgenommen, das Grundstück 224/3 an den Antragsteller veräußert und von der EZ 407 in die neu eröffnete EZ 410 abgeschrieben.

Eine Ersichtlichmachung der eingangs genannten Dienstbarkeit unterblieb wiederum.

Das Eigentumsrecht für den Antragsteller wurde aufgrund des Kaufvertrags vom 12. 11. 2004 einverleibt.

Der Antragsteller begehrt als Eigentümer der EZ 410 die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG dahin, dass in der EZ 166 zu C-LNr 1c einzutragen sei, dass das Grundstück 224/3 der EZ 410 weiter herrschend und in der EZ 410 die zu TZ 1094/53 in der ursprünglichen EZ 18 begründete Grunddienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Reitens an der EZ 166 einzutragen sei.

Gemäß § 847 ABGB verbleibe eine Dienstbarkeit bei Teilung des herrschenden Guts auf sämtlichen durch die Teilung neu entstandenen Grundstücken. Der Antragsteller sei letztlich Erwerber eines Teils des herrschenden Guts, dem die Dienstbarkeit im Weg der Grundbuchsberichtigung zuzuschreiben sei. Die Unterlassung jeweils der Mitübertragung der Servitutsberechtigung bzw eines Hinweises auf die Servitutsbelastung beim dienenden Grundstück habe dem gegenüber nicht zum Verlust des Servitutsrechts geführt. Die grundbuchsrechtlichen Vorgänge seien dabei gerichtsnotorisch. Das Grundbuch sei daher offenkundig unrichtig.

Das Erstgericht bewilligte die begehrte Berichtigung.

Einem dagegen von der Liegenschaftseigentümerin des dienenden Grundstücks erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Sofern eine Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert werde oder die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen einer Liegenschaft zukomme, bestehe im Fall der Teilung des herrschenden Guts die Grunddienstbarkeit zu Gunsten aller Teile fort (§ 844 Satz 4 und 5 ABGB). Der Antragsteller sei Eigentümer eines Teils der herrschenden Liegenschaft geworden. Auch wenn jeweils die Mitübertragung der bücherlichen Rechte unterblieben sei, liege doch eine Ausdehnung der Dienstbarkeit oder gar die Neubegründung einer solchen nicht vor.

Das Rekursgericht hielt auch den Weg der Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG für geeignet, die bei den ursprünglichen Eintragungen begangenen Fehler zu berichtigen. Dementsprechend habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 35/89 = RpflSlgG 2219 im Fall einer Teilung des herrschenden Guts und Abschreibung betroffener Grundstücke die Mitübertragung der bezüglichen Eintragungen im Weg des § 136 GBG berichtigt.

Allerdings werde auch in älterer Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass diesfalls der Weg der Berichtigung nach § 136 GBG nicht zur Verfügung stehe. Auch werde der Umstand, dass eine „scheinbare Lastenfreiheit“ auf ein offenkundiges Versehen des Grundbuchsgerichts zurückzuführen sei, für sich allein noch nicht als berichtigungsfähig nach § 136 GBG gewertet (RIS Justiz RS0061091).

Insofern liege eine Rechtsfrage von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG vor, weshalb das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Theresia R***** als Eigentümerin jener Liegenschaft, auf der nunmehr zu Gunsten der Liegenschaft des Antragstellers die Haftung für das Servitutsrecht eingetragen wurde.

Sie strebt mit ihrem Revisionsrekurs eine Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Berichtigungsantrags an.

Rechtliche Beurteilung

Ihr Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Voraussetzung für eine Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG ist die mangelnde Übereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn nachträglich außerbücherlich eine Rechtsänderung eingetreten ist, grundbücherlich aber noch nicht durchgeführt wurde. Eine solche Berichtigung hätte nur deklarative Bedeutung (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 136 GBG Rz 1).

Voraussetzung dafür ist aber der „Nachweis der Unrichtigkeit“ des Grundbuchs, der dann erbracht ist, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wurde. „Offenkundige Unrichtigkeit“ wäre dann zu bejahen, wenn sich ein vom Antragsteller behaupteter, mehrfacher außerbücherlicher Rechtsübergang und eine damit jeweils verbundene Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergäbe (RIS Justiz RS0061010; RS0060992; RS0079847; vgl auch RS0040040). Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 5 Ob 35/89 bei Teilung eines herrschenden Guts unter Heranziehung der Bestimmung des § 844 vierter Satz ABGB und daher unter Zugrundelegung des Fortbestehens einer Dienstbarkeit nach Teilung des herrschenden Guts eine Berichtigung des Grundbuchs iSd § 136 GBG vorgenommen.

Selbst wenn man also zugrundelegt, dass bei Teilung des herrschenden Guts die Übertragung des Servitutsrechts auf abgeschriebene Teile der Liegenschaft im Weg des § 136 GBG vorgenommen werden könnte, liegen doch hier die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle, im Besonderen der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs, nicht vor:

Die Folgen der Teilung eines herrschenden Guts für Grunddienstbarkeiten sind in § 844 Satz 4 und 5 ABGB geregelt. Demnach stehen die Grunddienstbarkeiten den Eigentümern der Teile der geteilten herrschenden Liegenschaft zu; bestanden aber Grunddienstbarkeiten schon ursprünglich nur zu Gunsten bestimmter Teile des herrschenden Guts, so erlöschen diese hinsichtlich anderer Teilstücke, die vom herrschenden Gut abgeschrieben werden (RIS Justiz RS0013870; RS0013868).

Die reale Begrenzung einer Dienstbarkeit muss zwar nach § 12 Abs 2 GBG genau bezeichnet werden, um grundbuchsrechtlich wirksam zu werden (RIS Justiz RS0013867; 5 Ob 69/03p; 5 Ob 78/07t). Ein dingliches Recht kann aber nur in dem Umfang entstehen, als es durch den zugrundeliegenden Titel gedeckt ist. Geht also der Wortlaut einer Eintragung umfänglich über das zwischen den Parteien Vereinbarte hinaus, so wird das Sachenrecht trotz des bücherlichen Wortlauts nur im vereinbarten Umfang begründet. Eine bücherliche Eintragung allein ist nicht in der Lage, dem Servitutsberechtigten ein (erweitertes) Sachenrecht zu verschaffen (5 Ob 78/07t; Welser , Vertragsauslegung, Gutglaubenserwerb und Freiheitsersitzung bei der Wegeservitut, JBl 1983, 4 ff).

Im vorliegenden Fall fehlt zwar der bücherlichen Eintragung der Servitut eine genaue Bezeichnung bzw eine Beschränkung ihres Umfangs iSd § 12 Abs 2 GBG, doch lässt der eingangs wörtlich wiedergegebene Text des Servitutsbestellungsvertrags, insbesondere unter Heranziehung des Wortlauts der in ihm enthaltenen Einverleibungsbewilligung, (auch) die von der Revisionsrekurswerberin präferierte Auslegung zu, das Recht sei nur hinsichtlich des dort erwähnten Teils der herrschenden Liegenschaft begründet worden, nämlich nur hinsichtlich des Grundstücks 90 der ehemaligen EZ 18, auf dem sich die damals durch das Wegerecht zu erreichenden Werkshäuser der S*****AG befanden. Träfe das zu, wäre die unterlassene Nachführung des Grundbuchstands bei den diversen Teilungen und Abschreibungen von Teilen der herrschenden Liegenschaft iSd § 844 Satz 5 ABGB zu Recht unterblieben.

Es sind damit nicht alle Zweifel ausgeräumt, ob die begehrte Eintragung nur dazu dient, den Grundbuchstand mit der tatsächlichen Rechtslage in Einklang zu bringen. Im Rahmen eines (erleichterten) Verfahrens nach § 136 GBG können solche Fragen der Vertragsauslegung jedenfalls keiner Lösung zugeführt werden.

Wenn sich auch die vom Revisionsrekurs weiters aufgeworfene Frage, ob eine regelmäßige oder unregelmäßige Servitut vereinbart wurde, noch durch die Heranziehung des Wortlauts des Vertrags samt Einverleibungsbewilligung klären ließe, trifft dies auf den Umfang der Servitutsbelastung nicht zu.

Der Revisionsrekurs ist daher berechtigt.

Die begehrte Grundbuchsberichtigung war in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen zu verweigern.

Rechtssätze
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