JudikaturJustiz4Ob73/99k

4Ob73/99k – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. April 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 480.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 1999, GZ 3 R 181/98d-12, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in der grundlegenden Entscheidung SZ 63/193 = MR 1990, 230 (zust. M. Walter) = ÖBl 1991, 188 = GRURInt 1991, 653 - Oberndorfer Gschichtn ausgesprochen, daß auch relativ kleine Teile von Rundfunksendungen dem Leistungsschutzrecht des Rundfunkunternehmers unterliegen, sofern diese Teile nicht völlig unwesentlich sind, und dies mit dem insoweit eindeutigen Gesetzestext des § 76a Abs 1 UrhG begründet, wonach das Festhalten einer Sendung "besonders auch in Form eines Lichtbildes" unter die dort genannten ausschließlichen Rechte fällt. Die von der Beklagten im Anschluß an diese Rechtsprechung zur Zulässigkeit ihres Rechtmittels aufgeworfene Frage, ob sich das Leistungsschutzrecht des § 76a Abs 1 UrhG auch auf ein solches Standbild einer Fernsehsendung bezieht, das nur einen völlig unwesentlichen Teil dieser Sendung festhält, bedarf keiner weiteren Klärung. Verfehlt ist nämlich, die behauptete Unwesentlichkeit des beanstandeten Sendungsteiles ausschließlich aus dessen Dauer im Verhältnis zur Länge der Gesamtsendung ableiten zu wollen; in dieser Frage ist vielmehr auf dessen Inhalt abzustellen. Das (von der Beklagten zu eigenen Werbezwecken verwendete) Bild aus einer Sendung des Klägers ist nun - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht bloß ein "hintergrundloses Paßfoto eines nicht der Leistung des Rundfunkunternehmens zuzurechnenden Mitwirkenden", sondern zeigt einen (in einer eingeblendeten Bildunterschrift als solchen bezeichneten) Rechtsanwalt sowie den Namen der Sendereihe ("Konflikte") und die vom Kläger verwendete Senderkennung. Die Beurteilung des Rekursgerichtes, damit könne von einem völlig unwesentlichen Teil der Sendung keine Rede sein, ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden. Die Beklagte versucht offensichtlich, sich auf diese Weise den technischen und organisatorischen Aufwand des Klägers ebenso wie das Ansehen von dessen Sendungen im allgemeinen bzw. der Sendereihe "Konflikte" im besonderen für eigene Zwecke mühelos zunutze zu machen, was dem Schutzzweck des § 76a Abs 1 UrhG widerspricht (SZ 63/193 = MR 1990, 230 (zust. M. Walter) = ÖBl 1991, 188 = GRURInt 1991, 653 - Oberndorfer Gschichtn).

Die Verwirkungslehre wurde von der österreichischen Rsp auch für den Bereich des Immaterialgüterrechts wiederholt abgelehnt (JBl 1962, 48 mwN für das MSchG; ÖBl 1983, 50 - Purocel für § 9 UWG; ÖBl 1991, 26 - Kunstfeind zum Wettbewerbsrecht). Daß der Kläger über längere Zeit hinweg in Kenntnis der (vor dem 22. 5. 1997 erfolgten) Rechtsverletzung durch die Beklagte untätig geblieben wäre, ist im übrigen nicht schon dadurch bescheinigt, daß die Redaktion der Sendung "Konflikte" im Mai 1997 eine Ablichtung der beanstandeten Werbebeilage zugesandt erhielt und der Informationsintendanz des Klägers im Juni 1997 ein Inserat der Beklagten mit dem beanstandeten Standbild bekannt geworden ist; eine Kenntnis vertretungsbefugter Organe des Klägers von der Urheberrechtsverletzung lange vor Klageeinbringung am 16. 7. 1998 hat die Beklagte hingegen nicht einmal behauptet.

Die Beklagte hat sowohl in ihrer Äußerung zum Provisorialantrag vom 28. 7. 1998 (ON 2) als auch in ihrer weiteren Stellungnahme vom 1. 9. 1998 (ON 6) den Standpunkt vertreten, im Hinblick auf ein ihr zustehendes "Zitatrecht" zur Verbreitung des von ihr aufgenommenen Lichtbildes jedenfalls berechtigt zu sein, ohne dabei deutlich zwischen bereits erfolgter Rechtsverletzung und allfälliger zukünftiger Verwendung des Lichtbildes zu unterscheiden. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen das Vorliegen von Wiederholungsgefahr angenommen hat, hält sich diese Meinung im Rahmen der Rechtsprechung, wonach derjenige, der im Prozeß weiterhin die Auffassung vertritt, zur beanstandeten Handlung berechtigt zu sein, und seinen Rechtsverstoß verteidigt, im allgemeinen schon durch dieses Verhalten zu erkennen gibt, daß es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe dieser Art nicht ernstlich zu tun ist (stRsp ua SZ

51/87 = EvBl 1978/205 = ÖBl 1978, 127 - Umsatzbonus II; ÖBl 1995, 81

= MR 1994, 204 - Glasfenster mwN). Daß die Beklagte trotz Berufung

auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr daran festhält, durch die beanstandete Handlung keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben, weckt nämlich in der Regel nur dann keine Bedenken an seiner Sinnesänderung, wenn er einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet (stRsp ua ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort; ÖBl 1998, 31 - Telefaxwerbung); dies ist hier nicht geschehen.

Abgesehen davon, daß bei der Fassung des Unterlassungsgebotes immer auf die Umstände des einzelnen Falles abzustellen ist, steht auch das vom Rekursgericht gebilligte Unterlassungsgebot durchaus im Einklang mit den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich das Gebot am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren hat (ÖBl 1980, 46 - Hol Dir Geld vom Staat; SZ 69/284 uva), es aber auch Umgehungen durch den Vepflichteten nicht allzu leicht ermöglichen soll (ÖBl 1993, 36 - Ronald Leitgeb uva). Bei Schaffung eines Unterlassungstitels kann daher die tatsächlich verübte Handlung bei ihrer Beschreibung (unter Erfassung des Kerns der Verletzungshandlung) allgemeiner gefaßt und ihr so ein breiterer Rahmen gegeben werden, damit unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruches nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; 4 Ob 58/98b ua).

Der Revisionsrekurs war mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtssätze
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