JudikaturJustiz4Ob13/23z

4Ob13/23z – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Verein *, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 47.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2022, GZ 1 R 136/22k-24, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 8. August 2022, GZ 57 Cg 24/22p 16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben .

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:

I. Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung ehrenbeleidigender, kreditschädigender und wettbewerbswidriger Handlungen und Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustands, worauf die Klage gerichtet ist, wird der beklagten Partei

3. ab sofort verboten, in Papierform oder im Internet, Flyer zu verbreiten mit Behauptungen des Inhalts, S* wäre nicht bereit, eine Verbesserung in der Schweinehaltung voranzutreiben, S* wäre als Lebensmittelhändler bekannt, der die Entwicklung zu mehr Tierwohl bremse und er wäre einer der größten Bremser in Richtung verbesserter Tierhaltung oder mit sinngleichen Behauptungen, all dies insbesondere mit Illustration eines Schweines auf dem Weg zum „Vollspaltenbodenverbot“, der durch eine von S* und A* gespannte rote Linie versperrt wird, oder unter Verwendung ähnlicher oder sinngleicher Illustrationen;

4. ab sofort verboten, Behauptungen auf der Website * aufzustellen und/oder die Behauptungen sonst zu verbreiten,

b. den Konsument:innen werde Fleisch von Schweinen aus tierquälerischer Intensivtierhaltung mit Vollspaltenböden von Lebensmittelmärkten wie S* aufgezwungen;

c. S* zeige sich von allen Supermarktketten am allerwenigsten bereit, den Ausstieg der österreichischen Schweinebranche aus der Haltung auf Vollspaltenboden zu unterstützen;

sowie sinngleiche Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten.

5. Der beklagten Partei wird geboten, sämtliche Fotos, auf denen die im Punkt 3 dieser einstweiligen Verfügung genannten Flyer, Banner und Transparente abgebildet sind, von der Website * binnen drei Werktagen zu entfernen.

6. Der beklagten Partei wird geboten, binnen drei Werktagen sämtliche Berichte von ihrer Website * zu entfernen, in denen die in Punkt 4.b. und c. dieser einstweiligen Verfügung genannten Behauptungen aufgestellt werden.

7. Die einstweilige Verfügung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits über die Unterlassungsklage erlassen.

II. Der darüber hinausgehende Sicherungsantrag, der beklagten Partei werde

1. ab sofort verboten,

a. Flyer, Fotos und Berichte über Missstände in der Schweinehaltung und damit verbundenes Tierleid zu verbreiten und/oder

b. Banner und Transparente öffentlich zur Schau zu stellen,

in oder auf denen jeweils behauptet wird, dass S* für derartige Missstände verantwortlich sei, insbesondere unter Verwendung der Aufforderungen „SPAR T euch das“, „SPAR T euch die Vollspaltenboden-Tierquälerei“, „S*! verkauft Vollspaltenboden-Tierquälerei“ oder sinngleicher Aufforderungen, unter Benützung des Logos

mit Beifügung von triefenden Blutstropfen und unter Hinzufügung eines „T“

oder eines „!“, welche der S*-Tanne

nachempfunden sind und unter Verwendung von Fotos verendeter oder verletzter Schweine;

2. ab sofort verboten, in Papierform oder im Internet, Flyer zu verbreiten, in denen ein Zusammenhang zwischen S* und grausamen Folgen der Schweinehaltung geschaffen wird, insbesondere durch Abbildung verendeter oder verletzter Schweine in Verbindung mit einem S* Logo oder in Verbindung mit für S*-Werbefolder typischen Elementen, wie große rote Kreise mit weißen Rabattangaben oder Verwendung des Worts „Hammerpreis“, insbesondere den nachstehenden Flyer zu verbreiten:

oder mit diesem ähnliche Flyer zu verbreiten;

4. ab sofort verboten, Behauptungen auf der Website * aufzustellen und/oder die Behauptungen sonst zu verbreiten,

a. Die S*-Kette sei mitverantwortlich für das Grauen bzw den Horror in den österreichischen Schweinestallungen,

sowie sinngleiche Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten.

5. Der beklagten Partei werde geboten, sämtliche Fotos, auf denen die in den Punkten 1. und 2. dieser einstweiligen Verfügung genannten Flyer, Banner und Transparente abgebildet sind, von der Website * binnen drei Werktagen zu entfernen.

6. Der beklagten Partei werde geboten, binnen drei Werktagen sämtliche Berichte von ihrer Website * zu entfernen, in denen ein Zusammenhang zwischen der gefährdeten Partei und Missständen in der Schweinehaltung, insbesondere der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden hergestellt, insbesondere durch die in Punkt 4.a. dieser einstweiligen Verfügung genannte Behauptung, und/oder in denen über die Aktionen der beklagten Partei gegen die klagende Partei berichtet wird, insbesondere auch durch Berichte über Kundgebungen und Demonstrationen;

wird abgewiesen .

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig und die weitere Hälfte davon endgültig selbst zu tragen und ist schuldig, der beklagten Partei die Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen, das sind 4.206,65 EUR (darin 478,65 EUR USt und 1.334,75 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin ist eine im Lebensmitteleinzelhandel tätige Aktiengesellschaft, der Beklagte ist ein Verein mit dem Ziel der Verhinderung bzw Verringerung von Tiermissbrauch und Tierausbeutung. Der Beklagte wendet sich insbesondere gegen die Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden, die der EU-Richtlinie zur Schweinehaltung von 2008 widersprechen. Diese Haltungsform führt im Vergleich zur ökologischen Haltung zu einer höheren Verletzungs- und Mortalitätsrate der Tiere, die vermehrt schmerzhafte Gelenke, Wunden an Hufen, Lungenentzündung und Leberwürmer sowie Klauenverletzungen erleiden. Im Sommer 2022 wurde von Seiten der Regierung verkündet, dass in den österreichischen Schweinemastbetrieben ab 2040 Vollspaltenböden verboten werden sollen. Der Beklagte kritisierte mittels Presseaussendung die lange Übergangsfrist, lobte jedoch diesen Schritt in Richtung Verbesserung des Tierwohls und reklamierte dies als Erfolg seiner bisherigen Bemühungen. Derzeit stammt der größte Teil des verkauften Schweinefleisches im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel, bezogen auf die Klägerin und alle Mitbewerber, aus konventioneller Schweinehaltung mit Vollspaltenböden. Ebenso wie die anderen großen Lebensmitteleinzelhändler verkauft die Klägerin Fleisch mit dem A*-Gütesiegel regelmäßig im Zusammenhang mit Aktionen und Rabatten. Sie bietet Schweinefleisch auch mit Preisreduktionen bis zu 50 % an. Die Klägerin verkauft aber auch Schweinefleisch im Rahmen von Tierwohl-Projekten. Sie tritt unter anderem in Presseaussendungen und Werbebroschüren für Tierwohl ein. Nicht bescheinigt ist, dass die Klägerin von allen Supermarktketten am meisten ein Verbot des Vollspaltenbodens behindert oder bei dem für Tierwohl-Entwicklungen zentralen Preisverhandlungen am meisten von allen Supermärkten preisdrückend auftritt. Nicht bescheinigt ist weiters, dass die Klägerin Tierwohl Entwicklungen verzögert oder verhindert. Der Beklagte deckte in den letzten drei Jahren zahlreiche Schweinebetriebe mit A*-Gütesiegel auf, in denen katastrophale Zustände herrschten. Im Sommer 2022 organisierte der Beklagte Demonstrationen vor mehreren Filialen der Klägerin gegen Schweinehaltung auf Vollspaltenböden. Bei den auf diesen Demonstrationen verteilten Flyern sowie auf Transparenten wurde das Unternehmenskennzeichen der Klägerin

vom Beklagten derart abgeändert, dass der rote Balken bluttriefend dargestellt, das grüne Tannensymbol auf ein „T“ abgeändert wurde und das so veränderte Logo mit hinzugesetzten Sprüchen zu lesen war als „SPAR T euch die Vollspaltenboden-Tierquälerei!“ und „SPAR T euch das!“:

[2] Das Layout der vom Beklagten bei denDemonstrationen verteilten Flyer entspricht den S* Flugblättern der Klägerin,

wobei auf der ersten Seite das S*-Logo ebenfalls in der veränderten Form mit triefendem Blut abgedruckt und mit der anschließenden Wortfolge als „SPAR T euch das!“ zu lesen war. Statt den auf den Flugblättern der Klägerin üblicherweise abgedruckten und zum Verkauf angebotenen Artikeln wurden Schockbilder von verletzten und verendeten Schweinen wie folgt abgedruckt:

[3] Auf den folgenden Seiten der vom Beklagten verteilten Flugblätter war unter anderem Folgendes veröffentlicht:

VERANTWORTUNG SIEHT ANDERS AUS

[...] Der Fleischkonsum ist in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen. Ermöglicht hat das der immer niedrigere Preis für Fleisch. Das wiederum ist ein zweifelhafter Erfolg der Haltung in Intensivtierhaltungen, die nicht auf die Bedürfnisse oder Tiere Rücksicht nehmen, sondern die Minimierung der Kosten als Ziel haben. Vorangetrieben wurde dieses System auch durch die permanente Bewerbung von BILLIGFLEISCH mittels Rabatt-Aktionen. Der Lebensmittelhandel forderte die Landwirtschaft auf, immer billiger zu liefern, die Kunden und Kundinnen wurden mittels Tiefpreishammer in die Geschäfte getrieben. Die Bewerbung von BILLIGFLEISCH ist alltäglich, in Werbeprospekten auf Plakaten, im Internet, im Radio und Fernsehen – überall wird auf Rabattaktionen auf Fleisch hingewiesen. Nicht gespart wurde gleichzeitig mit dem Hinweis auf die angebliche Qualität und die vertrauenswürdige Herkunft. Das A*-Gütesiegel war und ist ein gutes Werkzeug, den Menschen ein gutes Gewissen einzureden. Obwohl das Niveau auch im Schweinefleischbereich praktisch ident ist mit dem gesetzlichen Mindeststandard. Das rot-weiß-rote Zeichen sorgt für Zufriedenheit bei den Kunden und Kundinnen und hilft dabei, über die schrecklichen Zustände in der Intensivtierhaltung hinwegzutäuschen.

DIE KONSUMENT:INNEN SIND SCHULD!?

[...] Deshalb fordert der [Beklagte] von den Supermärkten korrekte Information, ein Ende der Manipulation und ein den Bedürfnissen der Menschen angepasstes Angebot.

S* IM FOKUS DER KRITIK

S* ist der Marktführer im österreichischen Einzelhandel. Trotz direkten Bemühungen des [Beklagten], über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren, war S* bisher nicht bereit, eine Verbesserung in der Schweinehaltung voranzutreiben. Halbherzig wurden Tierschutz-verbesserte Markenprogramme in geringem Ausmaß im Kühlregal angeboten. Auch aktuell ist S* als der Lebensmitteleinzelhändler bekannt, der die Entwicklung zu mehr Tierwohl bremst. Auch die A* stellt sich quer und möchte nur minimale Veränderungen umsetzen. So sind diese beiden Unternehmen S* und A* – neben der Agrarindustrie – die größten Bremser in Richtung verbesserter Tierhaltung.

EINKAUFSZETTEL = STIMMZETTEL

Als Konsument:innen werden wir nicht nur vom Handel beeinflusst, wir können auch steuern. Bei welchem Geschäft wir einkaufen und was wir dort kaufen entscheidet darüber, wie sich das Angebot entwickelt. Politische Wahlen finden nur alle paar Jahre statt. Der Einkaufszettel ist ein wesentlicher Faktor, den wir verantwortungsvoll gestalten sollten!

[4] Darunter wurde eine Illustration eines Schweines abgebildet, von dem eine mit „Tierschutz“ umschriebene Linie zum anderen mit „Vollspaltenboden-Verbot“ bezeichneten Punkt verläuft, die in der Mitte durch eine rote Linie, führend von „S*“ zu „A*“ durchtrennt und ab dort nur noch strichliert Richtung „Vollspaltenbodenverbot“ verlaufend führt.

[5] Auf der darauffolgenden Seite wurde unter der auf rotem Balken abgedruckten Überschrift „Wollen die Menschen Tierleid auf Vollspaltenboden?... Nein!“ ein Bild mit einem Schwein auf Stroh mit der Übertitelung „STROH statt BETON!“ und daneben ein verschmutztes bzw verendetes Schwein auf einem Vollspaltenboden mit der Übertitelung „NEIN zum Vollspaltenboden!“ abgebildet.

[6] Darunter war folgender Text abgedruckt:

Helfen Sie mit, das Leid der Schweine zu beenden – kontaktieren Sie S*! [E-Mail-Adresse].

[7] Unter diesem Vermerk war der Vereinsname des Beklagten abgedruckt.

[8] Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Werknutzungsrechte ihres Logos sowie des Layouts ihrer Flugblätter.

[9] Im Mai und Juni 2022 veröffentlichte der Beklagte auf der von ihm betriebenen Homepage diverse Artikel über die von ihm organisierten Demonstrationen vor den Filialen der Klägerin samt Fotos von den Demonstrationen und dem auf Bannern in der beschriebenen Form vom Beklagten veränderten S*-Logo mit folgendem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:

Der Lebensmittelhandel beeinflusst die österreichische Landwirtschaft massiv und das seit Jahrzehnten. Darauf macht der [Beklagte] in dieser Aktionswoche aufmerksam. Proteste vor österreichischen S*-Einrichtungen sollen auf das Problem hinweisen: Das Tierleid liegt in den Regalen.

[...]

Heute demonstrieren Tierschützer:innen vor S*- Niederlassungen [...]. Die S*-Kette ist Marktführer und mitverantwortlich für das Grauen in den Österreichischen Schweinestallungen. Seit vielen Jahren macht der [Beklagte] schon auf die völlig artwidrige Haltung in den österreichischen Tierfabriken aufmerksam. Wirklich reagiert hat S* bisher nicht. Unter [dem Geschäftsführer] wurden die [...] Fleischwerke (S*) ausgebaut, das Tierleid verschlimmerte sich in Österreich. Ob sich unter dem neuen S*-Chef [...] etwas ändert, wird sich am Freitag zeigen. Da treffen die Großen des Lebensmitteleinzelhandels mit dem Tierschutzminister [...] zusammen. Ziel ist eine Branchenlösung, ein Commitment zur Reduzierung des Tierleids.

[...]

Heute informiert der [Beklagte] vor der S* Zentrale [...], morgen wird die grausige Wahrheit vor der Nobelfiliale [...] präsentiert. Die Konsument-Innen sollen wissen, aus welcher ekelhafter Herkunft ihr A*-Fleisch stammt!

Der S*-Werbehammer schlägt erbarmungslos zu und trifft die Konsument:innen unerwartet. Mehr als 90 % der Konsument: innen wollten laut aktueller Umfrage kein Fleisch von Schweinen aus tierquälerischer Intensivhaltung mit Vollspaltenböden. Aber trotzdem wird ihnen dieses von Lebensmittelmärkten wie S* aufgezwungen. Die millionenstarke Werbemaschinerie hämmert und hämmert es immer wieder in die Köpfe der Menschen: billig und billiger soll es sein, die Qualität sei gesichert und die Herkunft garantiert.

Warum lassen sich die Käufer:innen in die Irre führen?

Vertreter:innen der Fleisch-Industrie zeigen immer wieder auf die niedrigen Verkaufszahlen und bestätigen damit den Erfolg der Täuschungs-Taktik. Im Glauben daran, hohe Qualität zu bekommen, greifen viele Konsument:innen zum „normalen“ Fleisch mit der A*-Grafik anstatt zu Fleisch aus artgemäßer Tierhaltung. Durch die Aufklärungskampagne des [Beklagten] sollen Konsument:innen davor geschützt werden, gutgläubig Tierleid zu genießen.

[...].

[...] R* bei Schweine Vollspaltenboden vorbildlich, S* hinkt hinterher – Demos.

Der Lebensmitteleinzelhandel spielt für die Tierwohlqualität in der Schweinehaltung eine entscheidende Rolle, R* fordert Vollspaltenverbot, S* sieht zu wenig Konsuminteresse.

Die Verhandlungen über das sogenannte Tierschutzpaket der Regierung komme nun in die heiße Phase, vor dem Sommer sollen die Reformen beschlossen werden. R* prescht da mit seinen Marken [...] vor und fordert ein Verbot des Vollspaltenbodens in der Schweinehaltung. Ab Oktober 2022 soll das Frischfleisch in diesen beiden Supermarktketten sukzessive auf Mehrflächenbuchten mit Stroheinstreu und doppeltem Platz umgestellt werden. S* dagegen trottet hinterher. Zwar lehne man auch den Vollspaltenboden ab, wurde nach R*s Initiative verkündet, aber Konsument:innen seien schwer für Tierwohl-Programme zu gewinnen und man setze auf das A* „Güte“siegel mit dem vom [Beklagten] und anderen NGOs kritisierten Mindeststandards, der nicht einmal mit dem miesesten Standard in Deutschland mithalten kann. Nach einem Gespräch mit S*, bei dem die Supermarktkette bekräftigt hat, beim A* Mindeststandard zu bleiben, demonstriert der [Beklagte] nun immer wieder vor der Firmenzentrale [...], zuletzt vorgestern und in der Vorwoche (der [Beklagte] berichtete). Am 8. Juni 2022 gibt es einen neuen runden Tisch aller namhaften Supermarktketten bei Tierschutzminister [...]. Bis dahin, so hofft der [Beklagte], kann auch S* auf den Kurs eingeschworen werden, aus dem Schweine-Vollspaltenboden-Fleisch auszusteigen. […]

[10] Am 28. 6. 2022 veröffentlichte der Beklagte eine APA OTS-Presseaussendung mit folgendem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:

Proteste [des Beklagten] gegen S* reißen nicht ab: den Worten sollen Taten folgen. [Der Beklagte] fordert: Kein Aktionsfleisch, Ausstieg aus Schweinefleisch von Vollspaltenboden-Haltung, Haltungskennzeichnung nicht von A*- sondern unter Mitarbeit von Tierschutz. Von allen Supermarktketten hat sich S* am allerwenigstens bereit gezeigt, den Ausstieg der österreichischen Schweinebranche aus der Haltung aus Vollspaltenboden zu unterstützen. So wollte man nicht einmal wenigsten bis 2033 komplett auf Strohschweine umsteigen. Zusätzlich konterkariert S* mit ständigen Aktionen für Billigfleisch jede verbesserte Tierhaltung. Beim runden Tisch mit Tierschutzminister [...] bekannte man sich zwar zu einer Haltungskennzeichnung, die aber von der A* unter Ausschluss von Tierschutzorganisationen entwickelt werden sollte. Diese sieht vor, dass das mieseste Fleisch aus dem Ausland als „Basis“ bezeichnet wird und das mieseste A*-Gütesiegel-Fleisch als „Standard“, beides braun gefärbt. Darüber dann soll die Tierhaltung als „Gut“ bezeichnet werden, obwohl die Tiere nicht ins Freie dürfen, nicht einmal in einem Wintergarten. So schaut eine Haltungskennzeichnung aus, wenn der Tierschutz von der Mitarbeit ausgeschlossen wird! Deshalb protestiert der [Beklagte] heute wieder vor der S*-Zentrale [...]. Am Wochenende gab es zusätzlich Proteste vor S* in […].

[11] Die Klägerin beantragte zur Sicherung ihrer mit Klage geltend gemachten Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bis zur Rechtskraft der Entscheidung über diese die Erlassung folgender einstweiliger Verfügung:

Zur Sicherung des Anspruchs der gefährdeten Partei wider die Gegnerin der gefährdeten Partei auf Unterlassung ehrenbeleidigender, kreditschädigender und wettbewerbswidriger Handlungen und Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustands, worauf die Klage gerichtet ist, wird der Gegnerin der gefährdeten Partei

1. ab sofort verboten,

a. Flyer, Fotos und Berichte über Missstände in der Schweinehaltung und damit verbundenes Tierleid zu verbreiten

und/oder

b. Banner und Transparente öffentlich zur Schau zu stellen, in oder auf denen jeweils behauptet wird, dass S* für derartige Missstände verantwortlich sei, insbesondere unter Verwendung der Aufforderungen „SPAR T euch das“ „SPAR T euch die Vollspaltenboden-Tierquälerei“ „S*! verkauft Vollspaltenboden Tierquälerei“ oder sinngleicher Aufforderungen, unter Benützung des Logos S* mit Beifügung von triefenden Blutstropfen und unter Hinzufügung eines „T“ oder eines „!“, welche der S*-Tanne nachempfunden sind und unter Verwendung von Fotos verendeter oder verletzter Schweine;

2. ab sofort verboten, im ´n Papierform oder im Internet, Flyer zu verbreiten, in denen ein Zusammenhang zwischen S* und grausamen Folgen der Schweinehaltung geschaffen wird, insbesondere durch Abbildung verendeter oder verletzter Schweine in Verbindung mit einem S*-Logo oder in Verbindung mit für S* Werbefolder typischen Elementen, wie große rote Kreise mit weißen Rabattangaben oder Verwendung des Worts „Hammerpreis“, insbesondere den [oben abgebildeten] Flyer zu verbreiten oder mit diesem ähnliche Flyer zu verbreiten;

3. ab sofort verboten, in Papierform oder im Internet, Flyer zu verbreiten mit Behauptungen des Inhalts, S* wäre nicht bereit eine Verbesserung in der Schweinehaltung voranzutreiben, S* wäre als Lebensmittelhändler bekannt, der die Entwicklung zu mehr Tierwohl bremse und er wäre einer der größten Bremser in Richtung verbesserter Tierhaltung oder mit sinngleichen Behauptungen, all dies insbesondere mit Illustration eines Schweines auf dem Weg zum „Vollspaltenbodenverbot“, der durch eine von S* und A* gespannte rote Linie versperrt wird, oder unter Verwendung ähnlicher oder sinngleicher Illustrationen;

4. ab sofort verboten, Behauptungen auf der Website * aufzustellen und/oder die Behauptungen sonst zu verbreiten,

a. Die S*-Kette sei mitverantwortlich für das Grauen bzw. den Horror in den österreichischen Schweinestallungen;

b. den Konsumenten:innen werde Fleisch von Schweinen aus tierquälerischer Intensivtierhaltung mit Vollspaltenböden von Lebensmittelmärkten wie S* aufgezwungen.

c. S* zeige sich von allen Supermarktketten am allerwenigsten bereit, den Ausstieg der österreichischen Schweinebranche aus der Haltung auf Vollspaltenboden zu unterstützen;

sowie sinngleiche Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten.

5. Der Gegnerin der gefährdeten Partei wird geboten, sämtliche Fotos, auf denen die in den Punkten 1., 2. und 3. dieser einstweiligen Verfügung genannten Flyer, Banner und Transparente abgebildet sind, von der Website * binnen drei Werktagen zu entfernen.

6. Der Gegnerin der gefährdeten Partei wird geboten, binnen drei Werktagen sämtliche Berichte von ihrer Website * zu entfernen, in denen ein Zusammenhang zwischen der gefährdeten Partei und Missständen in der Schweinehaltung, insbesondere der Schweinehaltung auf Vollspaltböden hergestellt, insbesondere durch eine oder mehrere der in Punkt 4. dieser einstweiligen Verfügung genannten Behauptungen, und/oder in denen über die Aktionen der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen die gefährdete Partei berichtet wird, insbesondere auch durch Berichte über Kundgebungen und Demonstrationen.

[12] Dazu brachte die Klägerin vor, mit diesen Aktionen im Zusammenhang mit der vom Beklagten betriebenen Kampagne habe sie der Beklagte tatsachenwidrig und bewusst zum Sündenbock für aktuelle Bedingungen konventioneller Schweinehaltung gemacht und durch öffentlichkeitswirksame, einseitige Diskreditierung ihres Unternehmens im Wettbewerb zu anderen Lebensmitteleinzelhändlern nachhaltig geschädigt. Der Beklagte versuche, sie als Einkäuferin von Schweinefleisch für seine Zwecke im Zusammenhang mit der Förderung von Tierwohl in der Schweinehaltung rechtswidrig und missbräuchlich zu instrumentalisieren und zu erreichen, dass sie die österreichischen Schweinebauern unter Druck setze, ihre konventionelle Schweinehaltung schneller umzustellen, als dies bisher gesetzlich vorgeschrieben sei. Sämtliche vom Beklagten in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptungen seien unwahr, ehrenrührig und kreditschädigend iSv § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB sowie herabsetzend iSv § 7 UWG. Auch von sämtlichen anderen, vom Beklagten als vorbildlich dargestellten großen Lebensmitteleinzelhändlern werde Schweinefleisch aus Vollspaltenbodenhaltung im großen Ausmaß verkauft und würden Rabatte und Aktionen im gleichen Umfang wie von der Klägerin angeboten. Sowohl beim Logo als auch beim Flugblatt der Klägerin handle es sich um ein Werk iSv § 1 UrhG, an dem der Klägerin die exklusiven Werknutzungsrechte zustünden. Der Beklagte habe ihr Logo unrechtmäßig für eigene Zwecke zur Herabsetzung der Klägerin verwendet und bearbeitet und auf seiner Website sowie auf Plakaten, Bannern und Flyern veröffentlicht und damit in die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin eingegriffen. Daraus resultiere ein Anspruch nach dem UrhG auf Beseitigung sämtlicher Fotos auf der Website, auf denen das verunstaltete Logo der Klägerin oder Bearbeitungen hiervon abgebildet seien.

[13] Der Beklagte wendete ein, bei sämtlichen beanstandeten Äußerungen handle es sich um zulässige politische Werturteile, denen ein wahres Tatsachensubstrat zugrunde liege. Er setze sich schon jahrelang für ein Verbot der Schweinehaltung in der Haltungsform Vollspaltenböden ein und organisiere zu diesem Zweck auch immer wieder Demonstrationen vor Geschäften der Klägerin und berichte laufend über den Umgang der Klägerin mit dieser Thematik. Hintergrund dafür sei, dass die Vollspaltenhaltung die Mortalitäts- und Verletzungsrate der Schweine erheblich erhöhe. Der Durchschnittsleser könne seine Äußerungen nur so verstehen, dass es sich um die Meinung des Beklagten handle. Es sei subjektiv und unterliege dem persönlichen Empfinden, was unter „Tierquälerei“ zu verstehen sei, sodass ein subjektiver Maßstab zur Beurteilung der Äußerungen heranzuziehen sei. Die Klägerin verkaufe nach wie vor Schweinefleisch aus Vollspaltenbodenhaltung im großen Umfang, sodass sie jedenfalls mitverantwortlich für die an ihr kritisierte Tierquälerei sei. Als Haupttäterin sei die Klägerin nie bezeichnet worden. Selbst in den von der Klägerin als Tierwohl-Projekte ins Leben gerufenen Produkten seien nach wie vor auf 60 % der Flächen Vollspaltenböden erlaubt. Bei den Protestaktionen sei immer auf die Involvierung und Verantwortung des gesamten Lebensmittelhandels hingewiesen worden. Zwei Drittel des Fleisches der Klägerin würden mit billigen Aktionspreisen verkauft. Andere Lebensmittelketten seien innovativ mit diversen Aktionen und Presseaussendungen im Zusammenhang mit der Umstellung des gesamten Frischfleisches auf österreichische Herkunft und der Forderung des Endes der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden vorgeprescht. Im Gegensatz dazu habe die Klägerin kein Entgegenkommen gezeigt. Eine allenfalls vorzunehmende Interessenabwägung falle jedenfalls für den Beklagten aus. Tierschutz als legitimer Vereinszweck sowie das Recht der Öffentlichkeit auf einen Meinungsbildungsprozess in einer wichtigen Frage von überwiegend öffentlichem Interesse seien für die Interessenabwägung zu Gunsten der Äußerungen des Beklagten ausschlaggebend. Zwischen den Parteien liege kein Wettbewerbsverhältnis vor. Der Beklagte habe auch keine Absicht zur Förderung fremden Wettbewerbs. Es fehle auch bei sämtlichen Aktionen oder Flugblättern des Beklagten jegliche Bezugnahme auf Mitbewerber. Das Bestehen eines Werknutzungsrechts der Klägerin an ihrem Logo sowie dem Layout der Flugblätter werde bestritten. In der Form des Logos liege ein allenfalls urheberrechtlich geschütztes Werk vor, das durch die Übernahme in satirischer und persiflierender (parodistischer) Form eine zulässige Bearbeitung erfahren habe.

[14] Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Durch die beanstandeten Äußerungen sowie das diffamierend verunstaltete S*-Logo, aus dem Blut triefe, sowie den auf den Bannern gleichzeitig im Hintergrund abgebildeten, verendeten bzw qualvoll leidenden Schweinen suggeriere der Beklagte, dass Blut an den „Händen“ der Klägerin klebe, die Klägerin für derartige Missstände in der Schweinehaltung und damit verbundene Tierqualen jedenfalls (durch den mit anderen großen Lebensmitteleinzelhändlern gezogenen Vergleich) hauptverantwortlich sei, damit auch selbst Tierquälerei begehe, für diese verantwortlich sei und sämtliche Bestrebungen in Zusammenhang mit Tierwohl-Verbesserungen sowie Verbesserungen bei der Tierhaltung und dem Verbot von Vollspaltenböden bremse, blockiere und verhindere. Gleichzeitig werde vermittelt, dass sich gerade durch dieses Verhalten der Klägerin das Tierleid in Österreich verschlimmere und Österreichs Schweine Höllenquallen litten, wobei die Klägerin durch dieses Leid profitiere. Damit werde der Klägerin auch der Straftatbestand der Tierquälerei vorgeworfen. Die Behauptungen seien unwahr. Aus dem bescheinigten Sachverhalt lasse sich nicht ableiten, dass die Klägerin – im Vergleich zu den übrigen großen Lebensmitteleinzelhändlern – bremsend in Sachen Tierwohl-Verbesserungen bzw der Forderung des Verbots von Vollspaltenböden agieren würde, noch dass sie in irgendeiner Form unmittelbar beteiligt oder verantwortlich am Tierleid sei, dieses verschlimmere bzw Haupttäter bei der Förderung von Tierquälerei in der Schweinehaltung sei. Auch von anderen Lebensmitteleinzelhändlern werde Schweinefleisch im Rahmen von Rabattaktionen angeboten, sodass eine „chronische Aktionitis“ gerade der Klägerin nicht erkennbar sei. Vielmehr sei bescheinigt, dass der Klägerin in den letzten Jahren Verbesserungen zum Zwecke des Tierwohls und der Tierhaltung bei Schweinefleisch stets ein wichtiges Anliegen gewesen seien und sie diesbezüglich zahlreiche Initiativen und Aktionen gesetzt habe, wie dies auch durch die Einführung zahlreicher Tierwohl-Produktlinien, die den Erwerb von Tierwohl Fleischprodukten förderten, bescheinigt und belegt sei. Zudem komme der überwiegende Teil der österreichischen Schweinemast aus konventioneller Tierhaltung mit Vollspaltenböden, auch bei den übrigen Lebensmitteleinzelhändlern. Allfällige vermehrte Bekenntnisse anderer Lebensmitteleinzelhändler in der Öffentlichkeit zu verbesserten Tierwohl- und Tierhaltungsbedingungen sowie vermehrter Vermarktung von Tierwohl-Schweinefleisch änderten nichts daran, dass (auch) die übrigen Lebensmitteleinzelhändler bislang in großem und überwiegendem Umfang Schweinefleisch aus konventioneller Tierhaltung mit Vollspaltenboden verkauften, sodass von einem Aufzwingen von Schweinefleisch aus „tierquälerischer Intensivhaltung mit Vollspaltenböden“ durch die Klägerin keine Rede sein könne. Auch sei eine allfällige „Übermacht“ bzw übermäßige Einflussnahme der Klägerin auf die A* und damit indirekt eine Verhinderung verbesserter Standards beim A*-Gütesiegel durch die Klägerin nicht bescheinigt. Dem Beklagten sei daher nicht die ihm obliegende Bescheinigung gelungen, dass die Klägerin – im Vergleich zu den übrigen großen Lebensmitteleinzelhändlern – diesbezüglich bremsend agieren würde bzw hauptverantwortlich für das Tierleid sei. Vielmehr habe er durch das Herausheben eines Lebensmitteleinzelhändlers, nämlich der Klägerin, im Rahmen einer gezielten Kampagne mit Demonstrationen, bei denen Banner und Plakate aufgestellt sowie Flugblätter verteilt worden seien, auf denen auch in unsauberer, ungustiöser, abstoßender und diffamierender Weise plastisch und verbal der Klägerin Tierquälerei vorgeworfen werde, sowie mit den angeführten Behauptungen und Vorwürfen versucht, drastisch auf das Problem der für die Tiere in der Haltungsform auf Vollspaltenböden bestehenden und Tierleid verursachenden Zustände hinzuweisen und durch Aufzeigen eines konstruierten, tatsächlich aber nicht bestehenden Verhaltens der Klägerin (Bremsen und Verhindern von Maßnahmen zu verbessertem Tierwohl und Verbesserungen in der Tierhaltung) Druck auf die Klägerin auszuüben, um über diesen Weg, der auch dazu führe, dass sich Kunden von der Klägerin abwendeten und bei Konkurrenzbetrieben Schweinefleisch kauften, um die – zweifelsfrei positiven – Bestrebungen für mehr Tierwohl und ein früheres Verbot von Vollspaltenböden durchzusetzen. Die aufgestellten Behauptungen in Zusammenhang mit dem in diffamierender Weise verunstalteten S*-Logo und den angefügten Parolen und Wortfolgen sowie den verunstalteten und an das Layout der Flugblätter der Klägerin angelehnten Flyern stellten damit ehrenbeleidigende und kreditschädigende Behauptungen dar und erfüllten die Tatbestände des § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB. Auch der Unterlassungsanspruch nach § 7 UWG bestehe zu Recht. Die erforderliche Wettbewerbsabsicht setze kein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien voraus. Der Beklagte bezwecke die Beeinflussung der Marktverhältnisse, indem er fremden Wettbewerb insofern fördere, als er durch die unwahren Behauptungen in Form von reißerischen Parolen und Diffamierungen des Unternehmens der Klägerin bewirken wolle, dass sich Kunden der Klägerin von dieser abwendeten und nicht mehr bei dieser, sondern bei deren Wettbewerbern Schweinefleisch kauften. Diese Beeinflussung der Marktverhältnisse zu Gunsten der anderen Lebensmitteleinzelhändler sei vom Beklagten beabsichtigt, um Druck auf die Klägerin auszuüben, sodass die Wettbewerbsabsicht offenkundig gegeben sei. Der klageweise geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 81 UrhG sei nicht Inhalt des Sicherungsbegehrens, wohl aber der Beseitigungsanspruch nach § 82 Abs 1 UrhG. Beim S* Logo handle es sich, ebenso wie bei den Flugblättern mit dem S*-Logo sowie deren Ausgestaltung mit in roter Farbe und roten Kreisen hervorgehobenen Aktionen, jeweils um eigentümliche geistige Schöpfungen, sohin um Werke iSd § 1 UrhG, an denen der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte zustünden. Mit dem verunstalteten und diffamierend veränderten Logo des Beklagten sowie den verunstalteten Flugblättern liege keine Neuschöpfung i Sd § 5 Abs 2 UrhG vor. Diese Verunstaltung sei auch nicht als Parodie durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, weil dieses eine Herabsetzung des Gegners durch unwahre Bezichtigungen eines verwerflichen Verhaltens nicht rechtfertige.

[15] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bemaß den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Der Ausdruck „Tierquälerei“ in den beanstandeten Kampagnentexten sei zwar nicht im Sinne eines strafrechtlich relevanten Vorwurfs aufzufassen, damit sei aber für den Beklagten nichts gewonnen, weil nicht bescheinigt sei, dass die Klägerin das Tierleid in besonderer Weise fördere. Vielmehr spreche sie sich für eine artgerechte Tierhaltung aus und ihre Verkaufs- und Rabattpolitik bei Schweinefleisch unterscheide sich nicht von jener ihrer Konkurrentinnen. Daher könne von einem „Aufzwingen“ der Klägerin gegenüber den Konsumenten nicht die Rede sein. Bei unwahren Tatsachenbehauptungen oder bei Werturteilen, die auf unrichtigen Tatsachenbehauptungen gründen, gebe es kein Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Anspruchsgrundlage des § 1330 ABGB sei daher erfüllt. Dasselbe gelte für den Tatbestand der Herabsetzung nach § 7 UWG, zumal die Absicht des Beklagten, fremden Wettbewerb zu fördern, nicht völlig zurücktrete; schließlich ließen die Äußerungen des Beklagten den Schluss zu, dass es ihm gerade darum gehe, auf die Klägerin wirtschaftlichen Druck auszuüben, indem er deren Kunden dazu bewege, zumindest Schweinefleisch nicht mehr bei ihr, sondern bei Mitbewerbern einzukaufen. Auch der Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG bestehe zu Recht.

[16] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Sicherungsantrag der Klägerin abzuweisen. Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[17] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage im Zusammenhang mit der freien Meinungsäußerung zulässig und teilweise berechtigt .

[18] 1.1. Die Klägerin stützt ihr Sicherungsbegehren zunächst auf § 1330 ABGB. Diese Norm schützt die Ehre von Personen und ihren Ruf. § 1330 Abs 1 ABGB erfasst Ehrenbeleidigungen, die zugleich Tatsachenbehauptungen sein können; Abs 2 erfasst hingegen nur unwahre rufschädigende Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch Werturteile (vgl etwa 6 Ob 79/07x; Danzl in KBB 7 , § 1330 ABGB Rz 2 mwN).

[19] 1.2. Werturteile geben eine rein subjektive Meinung des Erklärenden wieder und können daher objektiv nicht überprüft werden (RS0079408 [T6]; RS0125071). Charakteristisch für Werturteile ist also, dass sie keinem Wahrheitsbeweis zugänglich sind ( Kissich in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.05 § 1330 Rz 11). Wesentlich für eine Tatsachenbehauptung ist hingegen, dass sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist, sodass sie nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann (RS0031815 [T7, T17, T19]; RS0032212).

[20] 1.3. Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Das gilt auch für die Beurteilung des Bedeutungsinhalts einer Aussage (RS0031883 [insb T1]). Dabei sind auch der Zusammenhang, in den die Äußerung gestellt wird, die Form, in der sie gebracht wird, der Gegenstand, den sie betrifft, und alle sonstigen Umstände, die für den Eindruck auf das angesprochene Publikum maßgebend sein können, zu beachten; dabei kann ein und dieselbe Äußerung je nach den Umständen bald als Tatsachenbehauptung, bald als Werturteil aufzufassen sein (RS0078409; RS0031815). Auch der Anlass für die inkriminierte Äußerung ist zu beachten (RS0123666). Im Zusammenhang mit einer Rechtsfolgenbehauptung wird umso eher ein Werturteil vorliegen, je weniger diese einfach aus dem Gesetz abzulesen ist, sondern auf einem Vorgang der persönlichen Erkenntnisgewinnung beruht, je eingehender die Grundlagen dieses Erkenntnisprozesses dargestellt werden, und je deutlicher zum Ausdruck kommt, dass eine subjektive Überzeugung im geistigen Meinungsstreit vertreten wird (RS0112211).

[21] 1.4. Auch bei Werturteilen, die in Rechte anderer eingreifen, ist ein zumindest ausreichendes Tatsachensubstrat erforderlich und daher zu prüfen, ob ein wertender Vorwurf zumindest auf ein im Kern wahres Tatsachensubstrat zurückgeführt werden kann (vgl etwa 6 Ob 51/08f Pkt 3 mwN; RS0032201 [T5, T9, T11, T19]). Im Rahmen politischer Auseinandersetzungen und bei „Public Figures“ genügt jedoch bereits ein „dünnes Tatsachensubstrat“ für die Zulässigkeit einer Wertung (RS0032201 [T23]; RS0127027).

[22] 1.5. Auch bei Privatpersonen und privaten Vereinigungen werden die Grenzen zulässiger Kritik weiter gezogen, sobald sie die politische Bühne, also die Arena der politischen Auseinandersetzung, betreten (RS0115541 [T16]; RS0054817 [T21, T27, T34, T35]). Wer in Fragen der politischen Haltung gezielt Einfluss nehmen will, muss das Risiko öffentlicher, auch scharfer abwertender Kritik seiner Ziele auf sich nehmen und Polemik gegen seine Person hinnehmen (6 Ob 100/20d, Pkt 2.4. = RS0115541 [T45]). Diese Grundsätze gelten nicht nur für parteipolitische Äußerungen, sondern sind auch auf gesellschaftspolitische Aussagen anzuwenden. Der selbstständig Tätige muss sich in seinem beruflichen Bereich auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breitere Öffentlichkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen (6 Ob 198/21t; RS0008990 [T37]). Für Beschränkungen von politischen Aussagen oder einer Debatte über Fragen des öffentlichen Interesses besteht dabei nur ein sehr enger Ermessensspielraum (RS0075552 [T14]). Ob eine politische Äußerung nach Art 10 EMRK gerechtfertigt erscheint, ist zusammengefasst an der politischen Bedeutung der Stellungnahme, am Gewicht des Anlassfalls, an der Form und Ausdrucksweise sowie dem danach zu unterstellenden Verständnis der Erklärungsempfänger zu messen (RS0075552 [T15]).

[23] 2.1. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall ist für die Prüfung zunächst nach den verschiedenen beanstandeten Äußerungen und den in der einstweiligen Verfügung erlassenen Verboten zu differenzieren.

[24] 2.2. Die Unterlassungsbegehren zu den Spruchpunkten 1., 2., 4.a. und 6. wollen es dem Beklagten im Wesentlichen verbieten, generell eine Verantwortung der Klägerin bzw einen Zusammenhang zwischen dieser und den Missständen in der Schweinehaltung durch Vollspaltenböden zu äußern. Bescheinigt ist aber, dass die Klägerin – ebenso wie andere Lebensmitteleinzelhandelskonzerne – überwiegend Schweinefleisch aus konventioneller Herstellung (Vollspaltenboden) vertreibt. Soweit der Beklagte daher allgemein den Zusammenhang zwischen dem Lebensmittelhandel der Klägerin und der Schweinezucht herstellt, liegen keine falsche Tatsachenbehauptungen nach § 1330 Abs 2 ABGB vor, ist doch der nötige Zusammenhang zwischen der Verkaufspraxis der Klägerin und den aufgezeigten Missständen in der Schweinehaltung bescheinigt. Die Klägerin, die gerichtsnotorischerweise über eine bedeutende Marktmacht verfügt (vgl 16 Ok 2/15b, dort auch zur „Aktionitis“ im Lebensmitteleinzelhandel) hätte es ja in der Hand, vermehrt jene Produkte anzubieten, die nach höheren Tierwohlstandards erzeugt werden.

[25] 2.3. Das Rekursgericht legte die Äußerungen des Beklagten zur „Tierquälerei“ im Zusammenhang mit den Vollspaltenböden zu Recht nicht im Sinne eines strafrechtlich relevanten Vorwurfs, sondern im Sinne eines Werturteils dahin aus, dass der Beklagte damit große Qualen für die betroffenen Tiere durch Vollspaltenböden in der Schweinehaltung anspricht (vgl etwa 6 Ob 245/97s). Diese Auslegung ergibt sich insbesondere aus den Transparenten des Beklagten, seinem öffentlichen Eintreten für Tierschutz, seinen Presseaussendungen und den bei Demonstrationen verteilten Flyern, in denen von einem geforderten bzw zu unterstützenden Vollspaltenbodenverbot die Rede ist. Der verständige und unbefangene Adressat der Äußerungen des Beklagten wird Aussagen wie „Der Lebensmittelhandel beeinflusst die österreichische Landwirtschaft massiv…“ oder „Der Lebensmitteleinzelhandel spielt für die Tierwohlqualität in der Schweinehaltung eine entscheidende Rolle…“ nicht in dem Sinn interpretieren, dass die Klägerin tatsächlich Tiere quält, sondern dass sie durch den (überwiegenden) Verkauf von Schweinefleisch aus Vollspaltenbodenhaltung einen (wesentlichen) Beitrag zu vermehrtem Tierleid leistet. Diese Äußerungen sind als Teil einer politischen Diskussion über Tierschutz zu sehen. Für Einschränkungen politischer Äußerungen oder Diskussionen in Angelegenheiten des öffentlichen Interesses billigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Vertragsstaaten nur einen sehr engen Beurteilungsspielraum zu (RS0123667 [T5]). Nur wenn ein Eingriff iSv Art 10 Abs 2 EMRK „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ war oder doch verhältnismäßig ist und einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht, darf er erfolgen (6 Ob 216/22s mwN).

[26] 2.4. Dem Rekursgericht ist darin nicht zu folgen, dass die Äußerungen des Beklagten laut den Spruchpunkten 1., 2., 4.a. und 6. (korrelierend zu 4.a.) nicht gerechtfertigt seien, weil es sich bei der Klägerin um keinen Tierhaltungsbetrieb oder Zoo, sondern einen Einzelhandelsbetrieb handle, der keine Tiere halte. Im Gesamtzusammenhang ist nämlich keine der Äußerungen des Beklagten dahingehend zu verstehen, die Klägerin selbst würde Tiere in der dargestellten Form halten. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin im Zusammenhang mit Lebensmittelhandel angeführt wird. In den Äußerungen des Beklagten liegt insofern also keine Tatsachenbehauptung, die Klägerin wäre selbst unmittelbar als Tierhalterin für die dargestellten Missstände verantwortlich. Vielmehr liegt darin insgesamt der Vorwurf, die Klägerin sei als Lebensmittelhändlerin, die (auch) Produkte aus Vollspaltenbodenhaltung anbietet, für das damit verbundene Tierleid verantwortlich. Diese „Verantwortung“ ist aber keiner objektiven Wahrheitsüberprüfung zugänglich, sondern ein Werturteil über die Verantwortlichkeit eines Beteiligten innerhalb einer Absatzkette für mit den vertriebenen Produkten in Zusammenhang stehende Um- bzw Missstände. Wenn aber nach dem bescheinigten Sachverhalt der größte Teil des verkauften Schweinefleisches im österreichischen Lebensmittelhandel, bezogen auf alle Mitbewerber und eben auch die Klägerin, aus konventioneller Schweinehaltung mit Vollspaltenböden stammt und diese Haltungsform mit im Vergleich zu ökologischer Haltung höheren Verletzungs- und Mortalitätsraten sowie vermehrt schmerzhaften Gelenken, Wunden an Hufen, Lungenentzündungen, Leberwürmern und Klauenverletzungen bei den Tieren einhergeht, besteht im Sinne des Rechts auf freie Meinungsäußerung in dieser Angelegenheit von öffentlichem Interesse ein zumindest diesbezüglich ausreichendes Tatsachensubstrat für das Werturteil des Beklagten, die Klägerin, die solche Produkte anbietet, trage eine Verantwortung für diese Umstände.

[27] 2.5. Dass die Klägerin offensichtlich nur eine Mitverantwortung treffen kann, da sie selbst keine unmittelbare Tierhaltung betreibt, ändert nichts an der Berechtigung des Beklagten, das im Sinne eines zulässigen subjektiven Werturteils als „Verantwortung“ zu äußern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Konzern, dem die Klägerin angehört, nach eigenem unstrittigen Vorbringen eine Vielzahl von Supermärkten im In- und Ausland betreibt, insofern also in der Öffentlichkeit bekannt ist, und sich die Klägerin selbst am Diskurs zur Tierwohl Problematik öffentlich beteiligte. Die mit den Äußerungen des Beklagten für die Klägerin verbundenen negativen Folgen wiegen hier bei einem auf ein ausreichendes Tatsachensubstrat gestützten Werturteil jedenfalls nicht so schwer, dass sie das ausgesprochene generelle Unterlassungsgebot rechtfertigen könnten, zumal auch der Klägerin die Möglichkeit offen steht, im Rahmen der Meinungsfreiheit den Aktionen des Beklagten allfällige Gegenargumente entgegenzusetzen. Auch die gewählte Form der Darstellung mit „Schockbildern“ ändert an diesem Ergebnis nichts, schützt die Meinungsfreiheit doch auch schockierende Äußerungen (RS0050067). Da insoweit dem Beklagten kein Wertungsexzess anzulasten ist (vgl RS0031883 [T33]), erweist sich das von den Vorinstanzen ausgesprochene Verbot, generell eine Verantwortung der Klägerin bzw einen Zusammenhang zwischen dieser und den Missständen in der Schweinehaltung durch Vollspaltenböden zu äußern, als zu weitgehend.

[28] 2.6. Es ist dem Beklagten im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit auch nicht verwehrt, nur an der Klägerin Kritik zu äußern. Im Meinungsdiskurs besteht für Private, die bestimmte allgemeine Verhaltensweisen (hier: Verkauf von Schweinefleisch aus Vollspaltenbodenhaltung) kritisieren, keine Pflicht, sämtliche Akteure, die dieses Verhalten allenfalls auch setzen, vollständig zu nennen (vgl Grabenwarter/Frank , B-VG Art 7 Rz 13, wonach Privatpersonen keine allgemeine Gleichbehandlungspflicht trifft). Das Sicherungsbegehren zu den Spruchpunkten 1., 2., 4.a. und (soweit mit 4.a. korrespondierend) zum Spruchpunkt 6. ist daher auf Basis von § 1330 Abs 1 und 2 ABGB sowie § 7 UWG nicht berechtigt.

[29] 3.1. Die Klägerin stützt ihr Sicherungsbegehren, das ausdrücklich zwar nur „gemäß §§ 382 Z 4 und 5 EO, § 24 UWG“ begehrt wird, im Rahmen ihres Vorbringens (implizit) auch auf § 81 UrhG im Zusammenhang mit ihrem Logo und der Gestaltung ihres Flugblatts. Bei der graphischen Gestaltung ihres Firmennamens ist die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Werkhöhe jedenfalls erreicht. Hinsichtlich der Gestaltung ihres Flugblatts („Layout“) ist dies aber fraglich (vgl RS0076397), kann jedoch aus nachstehenden Gründen dahinstehen:

[30] 3.2. Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt erkannt, dass dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung entgegenstehen kann ( Kucsko-Stadlmayer in Kucsko/Handig , urheber.recht 2 Vor §§ 41 ff UrhG Rz 9 mwN). So erachtete der Senat zu 4 Ob 37/22b die verfremdende Verwendung eines Lichtbildes eines Politikers im Zusammenhang mit einem Aufruf zu einer (Gegen-)Demonstration in verfassungskonformer Auslegung des Zitatrechts gemäß § 42f UrhG als gerechtfertigt.

[31] 3.3. Nach § 42f Abs 1 UrhG darf ein veröffentlichtes Werk zum Zweck des Zitats vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benutzt werden, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Die Verwendung des Werks muss Zitat- und Belegfunktion haben (RS0117771; RS0124069). Ein nach § 42f UrhG zulässiges Bildzitat muss etwa erkennbar der Auseinandersetzung mit dem übernommenen Werk dienen, etwa als Beleg oder Hilfsmittel der eigenen Darstellung. Es muss eine innere Verbindung zwischen dem eigenen und dem fremden Werk hergestellt werden (4 Ob 81/17s [Pkt 3.3.1.], Bild des Wilderers ; 4 Ob 7/19m [Pkt 2.2.], Schlagersänger mit Kopftuch ; 4 Ob 3/21a, Mittelfinger [Rz 9]). Die Nutzung des zitierten Werks gegenüber den Aussagen des Nutzers muss daher akzessorischer Natur sein (EuGH C-516/17, Spiegel Online GmbH [Rn 79]). Das Zitat eines geschützten Werks darf zudem nicht so umfangreich sein, dass es die normale Verwertung des Werks beeinträchtigt oder die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers ungebührlich verletzt werden (EuGH C-516/17, Spiegel Online GmbH [Rn 79]).

[32] 3.4. Im Rahmen dieser Prüfung ist auch zu berücksichtigen, ob die Verneinung der freien Werknutzung einem dringenden sozialen Bedürfnis im Sinne der Judikatur des EGMR zur Notwendigkeit eines Eingriffs in die Meinungsäußerungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft dient. Erforderlich ist eine Abwägung der vom Urheber oder seinem Werknutzungsberechtigten verfolgten Interessen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung (RS0115377), wobei das Grundrecht ohne den Eingriff nur unzureichend ausgeübt werden können muss (RS0115377 [T12]; 4 Ob 42/12y [Pkt 3.3.], Einspruch S .; 4 Ob 3/21a, Mittelfinger [Rz 10 mwN]).

[33] 3.5. Die Verwendung von Layout und Logo der Klägerin erfolgt im konkreten Fall als Bezugnahme auf die unternehmerische Tätigkeit und das Produktangebot der Klägerin im Zusammenhang mit der Kritik des Beklagten an der konventionellen Schweinehaltung mit Vollspaltenboden und insofern in akzessorischer Natur. Die Verwertung ihrer Unternehmenskennzeichen durch die Klägerin in ihrer unternehmerischen Tätigkeit wird durch die Aktionen des Beklagten auch nicht ungebührlich verletzt. Der Zweck der Verwendung von Logo und Layout der Klägerin durch den Beklagten ist die Bezugnahme auf die Tätigkeit der Klägerin, auf die sich auch die Kritik des Beklagten bezieht. Dabei werden die Unternehmenskennzeichen im Ergebnis parodiert (vgl zu Parodien nun auch explizit § 42f Abs 2 UrhG), und zwar in einer Weise, die es dem durchschnittlichen Betrachter auch deutlich erkennbar macht, dass es sich etwa um keinen Flyer der Klägerin selbst, sondern um die Kritik des Beklagten handelt. Damit beeinträchtigt die Darstellung – auch einschließlich der vorgenommenen Änderungen – nicht unmittelbar die sonstige wirtschaftliche Verwertung des Logos, sondern ist Ausdruck der kritischen Auseinandersetzung mit der unternehmerischen Tätigkeit, die die Klägerin unter diesem Logo führt. Die konkrete Ausgestaltung mit dem stilisierten herablaufenden Blut und den verwendeten „Schockbildern“ weist, wenn auch in besonders massiver Form, weil sich der Beklagte gegen behauptetes Leid von Tieren wendet, einen Bezug zum Thema der Kritik auf. Im Sinne der obigen Ausführungen schlägt somit insgesamt auch hier die Interessenabwägung zu Gunsten der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten aus. Der Sicherungsantrag zu den Spruchpunkten 1. und 2. ist daher auch nach § 81 UrhG – sofern überhaupt nach dem UrhG geschützt – nicht berechtigt. Dasselbe gilt für die im Spruchpunkt 5. genannten Flyer, Banner und Transparente gemäß den Spruchpunkten 1. und 2. Ist die Verwendung von Layout und Logo der Klägerin zulässig, bedarf es auch keiner Entfernung und besteht daher der diesbezügliche Beseitigungsanspruch nicht zu Recht.

[34] 4.1. Mit der Behauptung, die Klägerin wäre nicht bereit, eine Verbesserung in der Schweinehaltung voranzutreiben, sie wäre als Lebensmittelhändlerin bekannt, die die Entwicklung zu mehr Tierwohl bremse und sie wäre eine der größten Bremserinnen in Richtung verbesserter Tierhaltung (Spruchpunkt 3.), weist der Beklagte der Klägerin eine aktive Rolle in der Verhinderung von mehr Tierschutz zu. Dasselbe gilt für die Behauptung, die Klägerin zeige sich von allen Supermarktketten am allerwenigsten bereit, den Ausstieg aus der Vollspaltenbodenhaltung zu unterstützen (Spruchpunkt 4.c.). Allerdings haben die Tatsacheninstanzen als nicht bescheinigt erachtet, dass die Klägerin von allen Supermarktketten am meisten ein Verbot des Vollspaltenbodens behindert oder bei dem für Tierwohl-Entwicklungen zentralen Preisverhandlungen am meisten von allen Supermärkten preisdrückend auftritt, sowie dass die Klägerin Tierwohl Entwicklungen verzögert oder verhindert.

[35] 4.2. Wenn auch die Klägerin durch ihren Absatz an die Letztverbraucher eine nicht unmaßgebliche Rolle in der Verbreitung des durch Vollspaltenbodenhaltung erzeugten Schweinefleisches und damit mittelbar an der Tierquälerei selbst spielt, so ist damit noch nicht gesagt, dass sie am meisten das Vollspaltenbodenverbot verhindert und nicht bereit wäre, eine Verbesserung in der Schweinehaltung voranzutreiben bzw am allerwenigsten bereit sei, den Ausstieg der österreichischen Schweinebranche aus der Haltung auf Vollspaltenboden zu unterstützen. Dagegen spricht schon die – ebenfalls bescheinigte – Teilnahme der Klägerin an Tierwohl Projekten. Die hier gegenständlichen Vorwürfe des Beklagten sind unrichtige Tatsachenbehauptungen iSv § 1330 Abs 2 ABGB.

[36] 4.3. Dasselbe gilt für die Behauptung, die Klägerin würde den Konsumenten Fleisch von Schweinen aus tierquälerischer Intensivtierhaltung mit Vollspaltenböden „aufzwingen“ (Spruchpunkt 4.b.). Dies entspricht schon deshalb nicht der Bescheinigungslage, weil es die Vorinstanzen als bescheinigt erachteten, dass die Klägerin auch Schweinefleisch im Rahmen von Tierwohl Projekten verkauft. Von einem „Aufzwingen“ der Vollspaltenböden-Ware kann daher keine Rede sein.

[37] 4.4. Der Sicherungsanspruch zu den Spruchpunkten 3., 4.b. und 4.c. ist somit gemäß § 1330 ABGB gerechtfertigt, nicht aber nach § 7 UWG, weil die für die Erfüllung dieses Tatbestands erforderliche Wettbewerbsabsicht (hier allenfalls Förderung fremden Wettbewerbs) dann fehlt, wenn sie gegenüber den anderen Motiven ganz in den Hintergrund tritt (RS0077766). Hier ist die Äußerung des Beklagten, ein Mitbewerber der Klägerin sei „bei Schweine Vollspaltenboden vorbildlich“ im Zusammenhang mit seinem generellen Vorwurf an die Klägerin zu sehen, zu wenig gegen die Vollspaltenbodenhaltung zu tun. Seine „politische“ Botschaft steht daher im Vordergrund und nicht das Bestreben, den Wettbewerb eines anderen (noch größeren) Konzerns im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels zu fördern.

[38] 4.5. Die Beseitigungsansprüche zu Spruchpunkt 5. im Zusammenhang mit den Illustrationen laut Spruchpunkt 3. und zu Spruchpunkt 6. im Zusammenhang mit den Behauptungen laut den Spruchpunkten 4.b. und 4.c. gründen auf § 20 ABGB iVm § 1330 Abs 2 ABGB.

[39] 5. Zusammenfassend ist das Sicherungsbegehren zu den Spruchpunkten 3., 4.b., 4.c., 5. (soweit mit 3. korrespondierend) und 6. (soweit mit 4.b. und 4.c. korrespondierend) berechtigt und im Übrigen nicht berechtigt. Dem Revisionsrekurs des Beklagten ist somit teilweise Folge zu geben und der angefochtene Beschluss dahin abzuändern, dass zu den Spruchpunkten 3., 4.b. und 4.c. die begehrte einstweilige Verfügung zu erlassen und zu 5. und 6. teilweise zu erlassen und der Sicherungsantrag im Übrigen abzuweisen ist.

[40] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Parteien haben annähernd gleichteilig obsiegt.

Rechtssätze
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