JudikaturJustiz4Ob126/21i

4Ob126/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätin Dr. Kodek sowie den Hofrat MMag. Matzka als weitere Richter in der Unterhaltssache des am ***** 2003 geborenen M***** S*****, infolge der „außerordentlichen Revisionsrekurse“ der Mutter N***** S*****, vertreten durch Mag. Theresia Koller, Rechtsanwältin in Wien,

I. gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 10. Februar 2021, GZ 20 R 146/20z, 20 R 147/20x 276, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 15. September 2020, GZ 21 Pu 78/16p 239, bestätigt wurde,

II. gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 15. März 2021, GZ 20 R 1/21b 281, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 11. November 2020, GZ 21 Pu 78/16p 261, bestätigt wurde,

III. gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 23. April 2021, GZ 20 R 68/21f 297, womit der Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 19. Februar 2021, GZ 21 Pu 78/16p 274, zurückgewiesen wurde,

den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Akt wird hinsichtlich des „ außerordentlichen Revisionsrekurses“ gegen die Entscheidung ON 276 dem Erstgericht zurückgestellt.

II. Der „ außerordentliche Revisionsrekurs“ gegen die Entscheidung ON 281 wird zurückgewiesen.

III. Der Akt wird hinsichtlich des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ gegen die Entscheidung ON 297 dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu I:

[1] Das Erstgericht verpflichtete die Mutter zu einem monatlichen Unterhaltsbetrag an den nunmehr volljährigen M***** S***** in Höhe von 295 EUR (sowie zu Unterhalt für die Vergangenheit). Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[2] Dagegen erhob die Mutter einen „ außerordentlichen Revisionrekurs “, der dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt wurde.

[3] Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage.

[4] Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

[5] Im Unterhaltsbemessungsverfahren hat das Rekursgericht keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 59 Abs 2 AußStrG vorzunehmen, weil der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Maßgeblich ist grundsätzlich allein der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Dabei ist regelmäßig auf den laufenden Unterhalt abzustellen, während außerdem begehrte bereits fällige Ansprüche nicht zusätzlich zur dreifachen Jahresleistung zu bewerten sind (RIS Justiz RS0122735 [T5, T8]).

[6] Ausgehend davon übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands daher nicht 30.000 EUR (36 x 295 EUR = 10.620 EUR).

[7] Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat das Erstgericht dieses Rechtsmittel – auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (RS0109623 [T13]). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

Zu II:

[8] Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichts vom 14. Juli 2020, wurde die Mutter nach § 382a EO zu einem vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 141,50 EUR an M***** S***** verpflichtet. Mit Beschluss vom 11. November 2020 wies das Erstgericht den Antrag der Mutter ab, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit dieses Beschlusses aufzuheben. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[9] Der dagegen erhobene „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Mutter ist jedenfalls unzulässig:

[10] Im Verfahren über eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO gilt nach § 78 Abs 1 EO die Bestimmung des § 528 ZPO ( RS0002321 [T9]), auch wenn sie im Rahmen eines außerstreitigen Verfahrens erlassen wird ( RS0006135 [T5] ). Damit findet § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (Konformatssperre) auch im Verfügungsverfahren Anwendung ( 1 Ob 616/92 ; 4 Ob 241/17w ). § 402 Abs 1 EO nimmt nur Sachentscheidungen von der Unanfechtbarkeit bestätigender Beschlüsse aus (RS0097225). Konformatsbeschlüsse betreffend die Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung zu einer einstweiligen Verfügung sind damit gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unanfechtbar ( 4 Ob 241/17w = RS0097225 [T12]). Der Revisionsrekurs gegen den Konformatsbeschluss des Rekursgerichts ist daher unzulässig.

Zu III:

[11] Das Erstgericht verpflichtete mit rechtskräftigem Beschluss vom 25. August 2020 den Vater zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag an M***** S***** in Höhe von 600 EUR.

[12] Mit Antrag vom 1. Februar 2021 beantragte die Mutter, die Erhöhung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf insgesamt 1.185 EUR, also zu weiteren 585 EUR. Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter mangels Legitimation zurück. Das Rekursgericht wies ihren Rekurs mangels Vertretungsbefugnis zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[13] Dagegen erhob die Mutter einen „ außerordentlichen Revisionsrekurs “, der dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt wurde.

[14] Auch diese Vorgangsweise widerspricht aus den zu I. angeführten Gründen der Rechtslage.

[15] Im Hinblick auf die von der Mutter angestrebte Unterhaltserhöhung auf 585 EUR übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands auch hier nicht 30.000 EUR, sodass nur eine Zulassungsvorstellung in Betracht kommt. Der Akt ist damit auch in diesem Umfang dem Erstgericht zurückzustellen.

Rechtssätze
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