JudikaturJustiz3Ob76/07h

3Ob76/07h – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*****GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Brandauer, Dr. Bernd Roßkothen und Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei S***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Preßl-Endl-Heinrich-Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (§ 355 EO), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 25. Jänner 2007, GZ 53 R 473/06z-23, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. Juli 2007, GZ 53 R 473/06z-28, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 22. September 2006, GZ 9 E 1099/06m-13, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Strafbeschluss vom 22. September 2006 in seinen Punkten lit a) und b) (Verhängung einer Geldstrafe von je 6.000 EUR) wiederhergestellt wird.

Die Kosten des am 25. Mai 2005 bei Gericht eingelangten - als Straf- und nicht als Exekutionsantrag zu wertenden - Antrags werden mit 1.435,52 EUR (darin 862,94 EUR Barauslagen und 95,43 EUR USt), jene des am 15. Juni 2005 bei Gericht eingelangten Strafantrags mit 572,58 EUR (darin 95,43 EUR USt) bestimmt.

Die von der verpflichteten Partei zu ersetzenden Rekurskosten werden mit 1.410,66 EUR (darin 235,11 EUR USt) und die Revisionsrekurskosten mit 1.692 EUR (darin 282 EUR USt) bestimmt.

Text

Begründung:

Vorauszuschicken ist: Der bis zur ON 23 die Unterlassungsexekution betreffende erstgerichtliche Akt AZ 9 E 2350/05f erliegt unter ON 12 im Akt AZ 9 E 1099/06m des Erstgerichts.

Mit einstweiliger Verfügung (EV) des Landesgerichts Salzburg wurde der verpflichteten Partei verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs irreführende Deklarationen über von ihr vertriebene Produkte, „hier" Substral Naturen Surfinienerde, Substral Naturen Blumenerde 40 l und Substral Terra Magma Geranienerde 70 l dadurch zu machen, dass diese Blumenerden über eine gewisse (im Einzelnen angegebene) Menge Nährstoff verfügen, während diese Blumenerden tatsächlich einen deutlich geringeren (im Einzelnen zahlenmäßig angegebenen) Gehalt an diesen Nährstoffen (Stickstoff und Phosphat) aufweisen.

Auf Grund dieses Exekutionstitels begehrte die betreibende Partei mit dem beim Erstgericht am 25. Mai 2005 eingelangten Schriftsatz (ON 1 in ON 12) die Bewilligung der Unterlassungsexekution gegen die verpflichtete Partei (in der Folge: 1. Exekutionsantrag). Sie brachte vor, die verpflichtete Partei habe gegen den Exekutionstitel dadurch verstoßen, dass sie am 22. und 28. April 2005 vier Packungen ihrer näher bezeichneten Pflanzenerden unrichtig deklariert habe. Diese Erden habe die betreibende Partei an den genannten Tagen in Baumärkten gekauft. Auf den Verpackungen seien im Einzelnen angegebene Nährstoffwerte genannt worden, die - wie eine Untersuchung ergeben habe - weit über den tatsächlich vorhandenen Werten gelegen seien.

Mit Strafantrag vom 13. Juni 2005, bei Gericht eingelangt am 15. Juni 2005 (ON 4 in ON 12) beantragte die betreibende Partei die Verhängung einer weiteren Geldstrafe mit dem Vorbringen, am 2. Juni 2005 seien durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (im Folgenden nur „AGES") abermals Pflanzenerden der verpflichteten Partei gekauft worden, die „gröblichst" gegen die EV verstoßen. Bei fünf Packungen solcher Erden seien vom Sollgehalt abweichende Werte festgestellt worden. Beiden Anträgen lagen als Beweismittel Prüfberichte der AGES bei, aus denen jeweils der Einzelhändler, bei dem die Proben entnommen wurden, sowie das Datum des Ankaufs hervorgeht.

Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 17. Juni 2005 (ON 6 in ON 12) sowohl den 1. Exekutionsantrag als auch den Strafantrag mangels Schlüssigkeit ab.

Das Gericht zweiter Instanz hob mit Beschluss vom 1. September 2005 (ON 9 in ON 12) diese Entscheidung zur Gänze auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 20.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Den Anträgen mangle es an einem konkreten Vorbringen, in welchen Baumärkten bzw. wo überhaupt die von der verpflichteten Partei vertriebenen Erden gekauft worden seien. Das Erstgericht hätte im Hinblick auf dieses fehlende Vorbringen einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen. Auch Strafanträge seien grundsätzlich einer Verbesserung zugänglich. Das behauptete Zuwiderhandeln sei in allen Fällen bei (deutlich) geringerem als dem deklarierten Nährstoffgehalt vom Titel umfasst. Die Zustellung dieser zweitinstanzlichen Entscheidung erfolgte im September 2005. Die verpflichtete Partei erhob dagegen Rekurs an den Obersten Gerichtshof.

Noch ehe die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorlag, beantragte die betreibende Partei am 8. März 2006 auf Grund der EV neuerlich die Exekution gemäß § 355 EO (in der Folge: 2. Exekutionsantrag). Sie brachte dazu vor, die verpflichtete Partei habe dem Unterlassungsgebot zuwider gehandelt, indem sie nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels Substral Naturen Blumenerde mit einem im Zeitpunkt der Auslieferung deutlich geringeren Stickstoffgehalt als dem auf den Verpackungen deklarierten Mindestsollgehalt in den geschäftlichen Verkehr gebracht habe. Die von der betreibenden Partei beauftragte AGES habe jeweils in der B*****, Substral Naturen Blumenerde erworben und zwar am 30. Juni 2005 einen Sack Substral Naturen Blumenerde 40 l + 10 l (WWF Logo mit der Chargennummer 5039A11448) und am 7. Dezember 2005 einen Sack Substral Naturen Blumenerde 20 l WWF Logo mit der Chargennummer 01851222. Nach den Prüfberichten der AGES hätten die untersuchten Erden statt des deklarierten Gehalts von 200 bis 600 mg/l Stickstoff einen Stickstoffgehalt von 74 mg/l (Substral Naturen Blumenerde 40 l + 10 l WWF Logo) bzw. 13 mg/l (Substral Naturen Blumenerde 20 l WWF Logo) aufgewiesen. Weiters werde die Exekution zur Hereinbringung der Kosten des Antrags durch Pfändung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Partei befindlichen beweglichen körperlichen Sachen aller Art und die Pfändung zur Einziehung der in § 296 EO angeführten Papiere beantragt. Zur Strafbemessung verwies die betreibende Partei auf die Marktführerschaft der verpflichteten Partei, die mit Blumenerden einen jährlichen Umsatz von etwa 3,5 Mio EUR erziele. Zur Bescheinigung wurden ua Prüfberichte der AGES und die Bilanz der verpflichteten Partei für das Jahr 2004 vorgelegt. Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 9. März 2006, ON 2, auf Grund dieses 2. Exekutionsantrags die Exekution (2. Exekutionsbewilligung) und verhängte über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 6.000 EUR. In der Bilanz scheine der Firmenwert mit 1,1 Mio EUR auf, sodass von einer gesteigerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszugehen sei. Mit dem Vertrieb eines Produkts mit geringeren als deklarierten Nährstoffwerten sei ein Wettbewerbsvorteil verbunden, weil die Höhe des Nährstoffgehalts für die Kaufentscheidung des Kunden von Einfluss sein könne. Bei der Bemessung der Strafe sei zu berücksichtigen, dass zwar erstmals eine Zwangsmaßnahme zu setzen gewesen sei, dieser aber ein zweifacher Verstoß zugrunde liege. Um dem Zweck einer Beugestrafe zu entsprechen, sei daher eine Geldstrafe von 6.000 EUR angemessen und notwendig.

Mit Beschluss vom 27. Juni 2006, AZ 3 Ob 280/05f (ON 18 in ON 12), wies der Oberste Gerichtshof den gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss vom 1. September 2005 gerichteten Rekurs der verpflichteten Partei als absolut unzulässig zurück, weil eine Entscheidung, mit der das Rekursgericht dem Erstgericht einen Verbesserungsauftrag (auch nach § 54 Abs 3 EO) erteile, absolut unanfechtbar sei.

Nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erteilte das Erstgericht der betreibenden Partei mit Beschluss vom 3. Juli 2007 (ON 19 in ON 12) einen entsprechenden Verbesserungsauftrag. Das Rekursgericht bestätigte mit Beschluss vom 3. August 2006, ON 9, die 2. Exekutionsbewilligung; sie ist seit diesem Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen.

Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 18. September 2006 (ON 21 in ON 12) ergänzte die betreibende Partei in Entsprechung des ihr erteilten Verbesserungsauftrags ihren 1. Exekutionsantrag sowie ihren Strafantrag in Ansehung der am 2. Juni 2005 behaupteten Verstöße. Sie brachte nunmehr vor, die verpflichtete Partei habe gegen den Titel (EV) dadurch verstoßen, dass sie nach Eintritt von dessen Vollstreckbarkeit nachstehende Produkte in den geschäftlichen Verkehr gebracht habe, welche zu folgenden Zeitpunkten an folgenden Orten verkauft worden seien:

Am 22. April 2005 an Mitarbeiter der betreibenden Partei a) eine Packung Substral Naturen Surfinien- und Kübelpflanzenerde 40 l, Chargennummer *****, verkauft von der Firma H*****; b) eine Packung Substral Naturen Balkonblumenerde 70 l, Chargennummer *****, verkauft vom R*****; c) eine Packung Substral Terramagma Geranienerde 80 l, Chargennummer *****, verkauft von der Firma P***** und d) eine Packung Substral Naturen Pflanzenerde 40 l, Chargennummer *****, verkauft vom R*****, wobei der tatsächliche Stickstoffgehalt unter dem deklarierten gelegen sei, nämlich zu a) nur 33 mg/1 statt deklarierter 300-650 mg/l, zu b) nur 81 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l, zu c) nur 139 mg/l statt deklarierter 200-500 mg/l und zu d) nur 91 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l;

am 2. Juni 2005 an Mitarbeiter der AGES e) je eine Packung Substral

Naturen Blumenerde 70 l WWF-Logo Chargennummer ***** und Substral

Naturen Blumenerde 40 1 + 10 1 WWF-Logo, Chargennummer *****, verkauft von der O*****; f) eine Packung Substral Naturen Pflanzenerde 70 l WWF-Logo, Chargennummer *****, verkauft von der M*****, und g) eine Packung Substral Naturen Blumenerde 40 l + 10 l WWF-Logo, Chargennummer *****, verkauft von der Firma D*****, wobei der tatsächliche Stickstoffgehalt unter dem deklarierten gelegen sei, nämlich zu e) nur 132 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l (70 l) bzw. 114 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l (40 l + 10 l), zu f) nur 40 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l und zu g) nur 46 mg/l statt deklarierter 200-600 mg/l.

Weiters brachte die betreibende Partei vor, das Verhalten der verpflichteten Partei sei von der EV umfasst, weil sich aus dem Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 3. August 2006 AZ 53 R 175/06a ergebe, dass nach dem gewöhnlichen Wortsinn des Exekutionstitels keine Einschränkung des allgemein gehaltenen Verbots der irreführenden Deklaration über vertriebene Produkte abzuleiten sei. Die verpflichtete Partei sei mit einem Jahresumsatz von 3,5 Mio EUR Marktführerin. Es ergebe sich ein Gesamtumsatz von zumindest 2,1 Mio EUR allein im Bereich von Blumenerden in einem Jahr. Laut der beim Firmenbuchgericht eingebrachten Bilanz für das Geschäftsjahr 2003/2004 hätten die Umsatzerlöse in diesem Geschäftsjahr mindestens 6,25 Mio EUR betragen; der Bilanzgewinn habe sich auf 1,087.770,97 EUR belaufen, sodass eine empfindliche Geldstrafe zu verhängen sei. Dass mittlerweile auf Grund desselben Exekutionstitels bereits eine Exekutionsbewilligung erteilt worden war, ließ die betreibende Partei in ihrem Verbesserungsschriftsatz - aus welchen Gründen immer - unerwähnt, sondern brachte lediglich vor, „den Exekutionsantrag vom 13. März 2005 und den Antrag auf neuerliche Verhängung einer Beugestrafe vom 13. Juni 2005 voll aufrecht" zu erhalten. Das Erstgericht verhängte in Vollziehung der mit Beschluss vom 9. März 2006, ON 2, bewilligten Exekution (2. Exekutionsbewilligung) auf Grund der verbesserten Anträge vom 13. Mai 2005 (Einlangen bei Gericht am 25. Mai 2005; ON 1 in ON 12; 1. Exekutionsantrag) und 13. Juni 2005 (Einlangen bei Gericht am 15. Juni 2005; ON 4 in ON 12; Strafvollzugsantrag) mit Beschluss vom 2. September 2006, ON 13, über die verpflichtete Partei je eine Geldstrafe von 6.000 EUR und bestimmte die weiteren Exekutionskosten der betreibenden Partei. Dazu führte es aus, im Hinblick darauf, dass zur Durchsetzung desselben Anspruchs nicht mehrfach dieselbe Exekution bewilligt werden könne, seien beide Anträge als Strafvollzugsanträge zu werten. Auf Grund des im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Exekutionsbewilligung noch anhängigen Rechtsmittelverfahrens betreffend die Abweisung des 1. Exekutionsantrags und des Strafvollzugsantrags sei objektiv die Geltendmachung der darin aufgezeigten Verstöße im Rahmen des am 8. März 2006 einlangenden Antrags auf Exekutionsbewilligung nicht „möglich" gewesen. Bei der Strafbemessung sei zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Verstöße die Exekutionsbewilligung noch nicht an die verpflichtete Partei zugestellt gewesen sei, sodass die dort verhängte Geldstrafe nicht zu erhöhen sei. Für jeden Strafvollzugsantrag sei eine gesonderte Strafe zu verhängen. Zur Strafbemessung sei auf den Exekutionsbewilligungsbeschluss zu verweisen.

Das Rekursgericht wies über Rekurs der verpflichteten Partei mit Beschluss vom 25. Jänner 2007, ON 23, den 1. Exekutionsantrag sowie den Strafvollzugsantrag vom 15. Juni 2005 zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, der betreibende Gläubiger könne schon vor Erledigung seines Exekutionsbewilligungsantrags Strafanträge stellen; werde der Exekutionsbewilligungsbeschluss und damit der erste Strafbeschluss aufgehoben, so ersetze der nächste Strafbeschluss die Exekutionsbewilligung. Die betreibende Partei hätte daher weitere Strafanträge (im Verfahren AZ 9 E 2350/05f) stellen müssen. Die Bewilligung der nun verbesserten Anträge sei nach dem mittlerweiligen Vorliegen der Exekutionsbewilligung nicht mehr erreichbar. In ihrem Revisionsrekurs wendet sich die betreibende Partei gegen diese Rechtsansicht und nimmt den Standpunkt ein, die Exekutionsanträge seien als Einheit zu sehen. Der 2. Exekutionsantrag habe eingebracht werden müssen, weil der erste Antrag - wie sich später herausgestellt habe - zu Unrecht abgewiesen worden sei. Der 2. Exekutionsantrag sei daher „als Antragstellung im Rahmen des gesamten Exekutionsverfahrens" zu werten und nachträglich als Strafvollzugsantrag zu verstehen, weil die zu diesem Zeitpunkt abgewiesene und sodann nach Verbesserung bewilligte Exekution die 2. Exekutionsbewilligung ersetze. Jeder Exekutionsantrag nach dem 1. Exekutionsantrag sei als Strafantrag iS eines minus zu einem Exekutionsbewilligungsantrag zu werten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

1. Vorerst ist zu prüfen, ob die mittlerweile erfolgte Aufhebung der EV auf das vorliegende Exekutionsverfahren von Einfluss ist. Nach Eintritt der Rechtskraft des klagestattgebenden Titelurteils über den Unterlassungsanspruch (AZ 4 Ob 268/05y vom 14. Februar 2006) beantragte die hier verpflichtete Partei die Aufhebung der EV infolge Fristablaufs. Die Entscheidung, mit der in Stattgebung dieses Antrags die EV aufgehoben wurde, erwuchs im August 2007 in Rechtskraft (AZ 4 Ob 96/07g vom 7. August 2007). Wie bereits in dieser zuletzt genannten Entscheidung zum Ausdruck kommt, wirkt die Aufhebung einer EV infolge Zeitablaufs nach § 399 Abs 1 Z 2 EO im Regelfall nicht auf den Zeitpunkt der Bewilligung der EV zurück, sondern lediglich auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des im Hauptverfahren ergangenen Unterlassungsurteils, hier also auf Februar 2006. Wegen davor liegender Titelverstöße kann die gefährdete Partei auf Grund der EV weiterhin Exekution führen (E. Kodek in Angst, EO, § 399 Rz 14; Konecny, Zur Wirksamkeit einstweiliger Verfügungen nach Ablauf der Verfügungsfrist, ÖBA 1997, 987 ff [990]). Da sämtliche von der betreibenden Partei geltend gemachten Verstöße gegen die EV davor liegen und auch der 1. Exekutionsantrag lange davor bei Gericht eingebracht wurde, hat die rechtskräftige Aufhebung der EV keinen Einfluss auf das vorliegende Exekutionsverfahren. Dieses ist vielmehr fortzuführen.

2. Dem Verpflichteten muss bewusst sein, dass sein Verhalten am Exekutionstitel und nicht etwa an der - oft geraume Zeit später ergangenen - Exekutionsbewilligung zu messen ist, weil nur so dem repressiven Charakter der Vollstreckung eines Unterlassungsgebots entsprochen werden kann. Es soll keine Zeitspanne geben, in der der Verpflichtete sanktionslos gegen den wirksamen Exekutionstitel verstoßen könnte (3 Ob 151/93 = SZ 66/132; 3 Ob 187/93; 3 Ob 21/00k; RIS-Justiz RS0013515; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 41; vgl. auch Klicka in Angst, EO, § 355 Rz 15). Daraus folgt:

Die hier vorliegende Verzögerung in der Erlassung der 1. Exekutionsbewilligung kann nicht dazu führen, dass die nach Behauptung der betreibenden Partei bis dahin nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der EV von der verpflichteten Partei begangenen Verstöße sanktionslos bleiben könnten. Solche Verstöße gegen das Unterlassungsgebot sind mit Strafvollzugsanträgen geltend zu machen; dem Umstand, ob das im Strafvollzugsantrag behauptete Zuwiderhandeln vor oder nach Zustellung der Exekutionsbewilligung geschehen ist, kommt keine Bedeutung zu (3 Ob 168/99y = SZ 72/194; RIS-Justiz RS0027927).

Im vorliegenden Fall brachte die betreibende Partei wegen behaupteter nachfolgender Verstöße jedoch statt eines Strafvollzugsantrags einen weiteren (2.) Exekutionsantrag ein, obwohl das Verfahren über den davor gestellten 1. Exekutionsantrag noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Diesen (1.) Exekutionsantrag hielt sie nach Verbesserung auch noch zu einem Zeitpunkt aufrecht, zu dem bereits eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung vorlag. Wurde zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs bereits eine bestimmte Exekution bewilligt, dann darf aber zufolge der materiellen Rechtskraft des Exekutionsbewilligungsbeschlusses nicht neuerlich eine völlig gleichartige Exekution zur Durchsetzung desselben Anspruchs (Titels) bewilligt werden. Die betreibende Partei hätte daher nach § 355 EO bei neuerlichem Zuwiderhandeln nur mit einem Antrag auf Verhängung einer weiteren Strafe erfolgreich sein können (3 Ob 95, 96/94 = NZ 1995, 32 [Hoyer] = RZ 1995/46, 181; Klicka aaO Rz 12; Höllwerth aaO Rz 38 - „Grundsatz der Einheit des Exekutionsverfahrens").

Zu prüfen bleibt, ob der 1. Exekutionsantrag seinem Inhalt nach in einen Strafantrag umzudeuten ist. Obgleich die betreibende Partei trotz bereits vorhandener Exekutionsbewilligung ausdrücklich und dezidiert erklärte, den „Exekutionsantrag vom 13. Mai 2005 [gemeint der am 25. Mai 2005 bei Gericht eingelangte] ... voll aufrecht" zu erhalten und auch noch in ihrem Revisionsrekurs den Standpunkt vertritt, dieser 1. Exekutionsantrag sei als Antrag auf Erlassung eines Exekutionsbewilligungsbeschlusses zu verstehen, lautet ihr im Revisionsrekurs gestellter Rechtsmittelantrag doch auf „Wiederherstellung der stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung". Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass es dem betreibenden Gläubiger darum geht, dass nach Bewilligung der Exekution diese wegen eines weiteren Zuwiderhandelns vollzogen wird. Es ist daher davon auszugehen, dass der Exekutionsantrag als „minus" den Antrag auf Verhängung einer weiteren Strafe enthält (3 Ob 95, 96/94; Klicka aaO), weswegen der 1. Exekutionsantrag als Strafantrag zu werten ist. Dem Revisionsrekurs ist auch insofern Folge zu geben, soweit er sich gegen die Zurückweisung des am 15. Juni 2005 eingelangten Strafvollzugsantrags (verbessert am 18. September 2006) wendet. Bei diesem ging es dem betreibenden Gläubiger erkennbar darum, die Exekution - nach Verbesserung - durch Verhängung einer Geldstrafe nunmehr zu vollziehen (vgl. 3 Ob 15/89 = MR 1989, 104). Da ein in der Folge erfolgreich verbesserter Schriftsatz so zu behandeln ist, als wäre er bereits im Zeitpunkt seiner ersten Einbringung mängelfrei gewesen (Jakusch in Angst, EO, § 54 Rz 55), gilt der Strafantrag als am 15. Juni 2005 (mängelfrei) eingebracht. Die darin behaupteten Verstöße vom 2. Juni 2005 konnten geltend gemacht werden, ohne dass der betreibenden Partei eine „Vermengung der Vollzugsstufen" zur Last zu legen wäre, beginnt doch die neue Vollzugsstufe erst mit dem 2. Exekutionsantrag vom 8. März 2006 (und den darin behaupteten Verstößen vom 30. Juni 2005 und 7. Dezember 2005). Die Meinung des Rekursgerichts, die betreibende Partei hätte im 2. Exekutionsantrag zugleich auch die behaupteten Verstöße vom 2. Juni 2005 geltend machen müssen, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Denn es wäre eine frühere Vollzugsstufe betroffen, wegen der schon der am 15. Juni 2005 bei Gericht eingelangte Strafantrag eingebracht war, ohne dass darüber rechtskräftig entschieden war.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass mit der Einbringung eines neuen Strafantrags eine neue Vollzugsstufe beginnt und der betreibende Gläubiger darin alle Zuwiderhandlungen gegen den Titel seit der vorausgegangenen Vollzugsstufe geltend machen muss, zu denen es bis zu dem der Einbringung des Strafantrags vorangehenden Tag gekommen ist (3 Ob 77/93 = JBl 1995, 120 [Oberhammer]; 3 Ob 319/98b ua, zuletzt 3 Ob 50/06h; RIS-Justiz RS0012389). Eingebracht ist der Strafantrag mit dem Tag der Postaufgabe oder dem Überreichen bei Gericht. Strafanträge, die eine frühere Vollzugsstufe betreffen, sind abzuweisen. Es besteht kein Anlass, von dieser klaren und leicht nachzuvollziehenden Regelung abzugehen.

Nach dem mittlerweiligen Vorliegen des rechtskräftigen Exekutionsbewilligungsbeschlusses ist der (verbesserte) Strafvollzugsantrag vom 15. Juni 2005 nunmehr zu bewilligen. Dies führt zur Wiederherstellung des erstgerichtlichen Strafbeschlusses (dessen lit a und lit b), insoweit auf Grund des - als Strafantrag zu wertenden - am 25. Mai eingelangten Antrags und auf Grund des (verbesserten) Strafantrags vom 15. Juni 2005 eine Geldstrafe von je 6.000 EUR über die verpflichtete Partei verhängt wurde. Die vom Erstgericht verhängte Strafe von je 6.000 EUR entspricht der Art und Schwere des Zuwiderhandelns; ein Vorbringen, die Höhe dieser Strafe wäre in anderer Weise auszumessen, wird von der Revisionsrekurswerberin nicht erstattet.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm den §§ 50, 40 und 41 ZPO.

Die Kosten des am 25. Mai 2005 bei Gericht eingelangten als Strafantrag zu wertenden Schriftsatzes sind inklusive Barauslagen und der Umsatzsteuer (auf Basis TP 2) mit 1.435,52 EUR zu bestimmen. Eine Entlohnung nach TP 7 Abs 1 gebührt nur für die Vornahme von Geschäften außerhalb der Rechtsanwaltskanzlei, die in der Regel von einem Rechtsanwaltsgehilfen besorgt werden. Da der Ankauf von Blumenerden zwecks deren Untersuchung in einer Untersuchungsanstalt nicht zu diesen Geschäften zu zählen ist, sind dafür keine Kosten zuzusprechen. Für den Ankauf der Erden gebührt Barauslagenersatz nur im Umfang von 18,64 EUR, weil die übrigen Rechnungsbelege den im Strafantrag geltend gemachten Verstößen nicht zuordenbar waren. Die Kosten des am 15. Juni 2005 bei Gericht eingelangten Strafvollzugsantrags sind mit 572,58 EUR zu bestimmen. Der in diesem Strafantrag geltend gemachte Barauslagenersatz gebührt nicht, weil die behaupteten Auslagen nicht nachgewiesen wurden. Die Kosten der Verbesserung der Strafvollzugsanträge sind - weil durch ein Verschulden des betreibenden Gläubigers entstanden - nicht zur Rechtsdurchsetzung notwendig (3 Ob 178/99v; Jakusch aaO § 74 Rz 15). Die Kosten des Rekurses ON 8 in ON 12 waren zuzusprechen, nicht jedoch Kosten für die Rekursbeantwortung der betreibenden Partei ON 22a zum Rekurs der verpflichteten Partei ON 17: Die Rekursbeantwortung ist nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienend anzusehen, weil das Rechtsmittelverfahren nach der EO - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - einseitig ist, es sei denn, die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren durch Anhörung des Gegners ist aus besonderen Gründen geboten (3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26 ua).

Dies war hier nicht der Fall.

Rechtssätze
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