JudikaturJustiz3Ob50/04f

3Ob50/04f – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Univ. Prof. Dr. Justin S*****, und 2. Hofrat Dr. Wolfgang ***** S*****, beide vertreten durch Dr. Gert Paulsen, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichtete Partei Dr. Christian ***** S*****, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Erwirkung von Unterlassungen, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 5. Februar 2004, AZ 1 R 263/03a, 264/03y, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16. Februar 2004, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte den Betreibenden aufgrund des Anerkenntnisendbeschlusses vom 10. Februar 2003 wider den Verpflichteten "zur Erwirkung der Unterlassung jeder weiteren Störung durch Abstellen von Fahrnissen im Haus ... und durch das Bewohnen des Hauses ..." die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte über den Verpflichteten eine Geldstrafe von 150 EUR. In Entsprechung zahlreicher weiterer Strafanträge der Betreibenden verhängte das Erstgericht weitere Geldstrafen.

Der Verpflichtete erhob gegen die Betreibenden, im Wesentlichen auf die Behauptung gestützt, er halte sich in dem im Titel genannten Haus nur auf, wohne aber dort nicht und sei wegen des anhängigen Konkursverfahrens über die Fahrnisse nicht verfügungsberechtigt, Klage gemäß § 36 EO oder § 35 EO und beantragte die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens. Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag mit der Begründung ab, der Verpflichtete habe keine Gefahr behauptet, wonach mit dem Ersatz von zu Unrecht verhängten Geldstrafen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zu rechnen wäre (ON 131).

Wegen weiterer von den Betreibenden behaupteter 20-maliger Verstöße gegen den Exekutionstitel verhängte das Erstgericht eine weitere Geldstrafe von 900 EUR (ON 138).

Der Verpflichtete beantragte im erwähnten Impugnationsverfahren die Unterbrechung bis zur rechtskräftigen Beendigung der von ihm beim Erstgericht angestrengten Verfahren, welche über die von ihm erhobene Eigentumsfreiheitsklage sowie die Irrtumsanfechtung hinsichtlich des Anerkenntnisendbeschlusses vom 10. Februar 2003 anhängig seien. Die Unterbrechung wurde vom Erstgericht - bei Rechtsmittelverzicht aller Streitteile - ausgesprochen.

Seit 18. Dezember 2003 ist betreffend den Verpflichteten beim Erstgericht zu AZ 3 P 1/04v ein Sachwalterbestellungsverfahren anhängig.

Gegen die erstgerichtlichen Beschlüsse, mit denen der Aufschiebungsantrag des Verpflichteten (verbunden mit der Impugnationsklage) abgewiesen und eine weitere Geldstrafe von 900 EUR verhängt wurde (ON 138), richteten sich Rekurse des Verpflichteten mit den Anträgen, die beantragte Aufschiebung zu bewilligen und die gestellten Strafanträge abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Beschluss übermittelte das Rekursgericht die Akten dem Erstgericht als Pflegschaftsgericht mit der Verständigung, dass sich für das Rekursgericht beim Verpflichteten zumindest mit Beziehung auf dieses Exekutionsverfahren Anzeichen auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 273 ABGB ergeben haben. Das Rekursgericht unterbrach daraufhin das Exekutionsverfahren bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts. Der Verpflichtete habe zwar zunächst Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung erhoben, sich aber dieses Mittels, das die Exekutionsführung unzulässig machen könnte, begeben, indem er selbst die Unterbrechung des Impugnationsprozesses - nur in diesem könnte seine Behauptung, nicht im im Titel genannten Haus zu wohnen, geprüft werden - beantragt habe. Er habe es auch als im Besitzstörungsverfahren Unterlegener unterlassen, sein Recht im ordentlichen Verfahren (Petitorium) durchzusetzen. Abgesehen davon, dass sich der Verpflichtete dadurch - im Hinblick auf das anhängige Konkursverfahren - für ihn zwar möglicherweise nicht allzu große vermögensrechtliche Nachteile zuziehe, bestehe aber vor allem die Gefahr, dass über ihn eine Haft gemäß § 355 EO verhängt werde, ihm also die Freiheit entzogen werden könnte. Es ergäben sich daher schon daraus Zweifel, ob der Verpflichtete, der Jurist sei, die Tragweite dieses Exekutionsverfahrens und der von ihm in diesem Zusammenhang gesetzten Handlungen erkennen könne. Damit lägen aber Anzeichen für das Vorliegen einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung iSd § 273 ABGB vor, welche die Prozessfähigkeit des Verpflichteten zumindest auch für das weitere Exekutionsverfahren in Zweifel ziehen ließen und die Vorgangsweise gemäß § 6a ZPO notwendig machten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Verpflichteten ist unzulässig.

Verständigt ein Gericht gemäß § 6a ZPO das Pflegschaftsgericht, so hat es das bei ihm geführte Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 190 Abs 1 ZPO zu unterbrechen (stRsp; SZ 60/56, JBl 1999, 536 = NZ 2000, 309 uva; RIS-Justiz RS0035234). Handelt es sich aber um eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 190 Abs 1 ZPO, so ist der entsprechende Beschluss gemäß § 192 Abs 2 ZPO anfechtbar (RZ 1988/39 ua, zuletzt 3 Ob 63/01p; RIS-Justiz RS0037720).

Da die Sondervorschrift des § 519 ZPO nur für das Berufungsverfahren und nicht für das Rekursverfahren gilt, ist der Beschluss des Rekursgerichts demnach anfechtbar. Für die Zulässigkeit des Rekurses ist allerdings gemäß § 78 EO § 528 ZPO maßgebend, weil der dort verwendete Ausdruck "Revisionsrekurs" jeden Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz umfasst (3 Ob 2322/96h mwN; Kodek in Rechberger2 § 528 ZPO Rz 1). Ist daher der Rekurs nicht gemäß § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, so setzt die Zulässigkeit gemäß dem vorangehenden Abs 1 voraus, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage der dort bezeichneten Art abhängt (3 Ob 2322/96h mwN; Kodek aaO). Das Rekursgericht hätte daher gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 1 und 3 ZPO aussprechen müssen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, allenfalls 20.000 EUR übersteigt und bejahendenfalls der Rekurs zulässig ist oder nicht. Das Unterbleiben dieses Ausspruchs ist hier aber ohne Bedeutung, weil jedenfalls das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zu verneinen ist.

Die Lösung der Frage, ob das Rekursgericht zu Recht dem Pflegschaftsgericht eine Verständigung iSd § 6a ZPO übermittelt und deshalb zu Recht das Verfahren unterbrochen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und geht daher in ihrer Bedeutung über den Anlassfall nicht hinaus (stRsp; RIS-Justiz RS0106166). In einem solchen Fall ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof aber nur zulässig, wenn dem Rekursgericht eine auffallende Fehlbeurteilung anzulasten wäre (3 Ob 2322/96h mwN). Eine derartige korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vermag der Verpflichtete nicht aufzuzeigen, auch wenn er nun ausführt, eine Eigentumsfreiheitsklage und eine Klage auf Irrtumsanfechtung des Anerkenntnisendbeschlusses eingebracht zu haben.

Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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