JudikaturJustiz3Ob255/13s

3Ob255/13s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1. L***** AG, *****, 2. H*****, 3. M*****, 4.A*****, 5. G*****, 6. E*****, 7. F*****, und 8. T*****, sämtliche vertreten durch Piaty Müller Mezin Schoeller, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die verpflichteten Parteien 1. G*****, 2. E*****, 3. M***** und 4. P*****, die verpflichteten Parteien zu 1., 2. und 4. vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer und Univ. Doz. Dr. Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien zu 1., 2. und 4. gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 18. Oktober 2013, GZ 3 R 335/13f, 3 R 336/13b, 3 R 337/13z, 3 R 338/13x, 3 R 339/13v, 3 R 340/13s, 3 R 341/13p, 3 R 342/13k, 3 R 343/13g, 3 R 344/13d 53, womit infolge von Rekursen der verpflichteten Parteien zu 1., 2. und 4. die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innsbruck vom 2. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 11, vom 5. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 13, vom 8. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 15, vom 9. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 17, vom 10. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 19, vom 11. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 21, vom 15. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 25, und vom 17. Juli 2013, GZ 21 E 3386/13g 27, in der Hauptsache zum Teil abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Rekursgericht zur Ergänzung seiner Entscheidung durch gesonderte Bewertungsaussprüche übermittelt.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen bewilligten den betreibenden Parteien gegen die verpflichteten Parteien rechtskräftig die Exekution nach § 355 EO und verhängten über diese Geldstrafen. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind zahlreiche, mit mehreren gesonderten Strafanträgen geltend gemachte Verstöße gegen den Exekutionstitel, wegen der vom Erstgericht mit mehreren Strafbeschlüssen, von denen in einem über eine Vielzahl von (beinahe täglich) gestellten Strafanträgen erkannt wurde, Geldstrafen verhängt wurden, die das Rekursgericht reduzierte. Dieser Vielzahl von Strafbeschlüssen liegt die Behauptung mehrfacher, zum Teil unterschiedlicher Verstöße gegen den Exekutionstitel zugrunde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „insgesamt“ 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

1. Zunächst ist klarzustellen, dass ungeachtet der Bestätigung der Entscheidungen des Erstgerichts zum Vorliegen der Titelverstöße durch das Rekursgericht dazu keine bestätigende Entscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO vorliegt, die die Revisionsrekurse insofern absolut unzulässig machen würde. Eine teilweise bestätigende Entscheidung ist nämlich dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Die Exekutionserwirkung einer Unterlassung durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen oder Haft sind innerlich zusammengehörige Begehren. Das gilt auch für die der Exekutionsbewilligung nachfolgende Strafanträge zu den Fragen, ob ein Titelverstoß erfolgte und welche Strafe dafür zu verhängen ist (3 Ob 75/12v mwN).

2. Eine Entscheidung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei kann derzeit aber noch nicht ergehen, weil nicht feststeht, ob der Oberste Gerichtshof funktionell zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 78 EO iVm § 528 ZPO zuständig ist.

2.1. Bei einem Rechtsmittel gegen die Verhängung einer Geldstrafe, bei dem die Bestrafung an sich Beschwerdegegenstand ist, besteht der Entscheidungsgegenstand nicht iSd § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ausschließlich in Geld (3 Ob 132/10y mwN; 3 Ob 88/13g), sodass ein pauschaler Bewertungsausspruch nicht ausreicht, sondern eine gesonderte Bewertung für jeden einzelnen Verstoß vorzunehmen ist, jedenfalls soweit sie kein gemeinsames Schicksal haben müssen (s 3 Ob 192/06s, 3 Ob 54/07y, 3 Ob 129/08d, 3 Ob 238/09k, 3 Ob 132/10y und 3 Ob 88/13g) . Bei Ahndung mehrerer Verstöße mittels einer Entscheidung über einen Exekutions- oder Strafantrag, mit dem mehr als ein Verstoß geltend gemacht wird, ist daher eine gesonderte Bewertung für jeden einzelnen von der zweiten Instanz behandelten Verstoß erforderlich, kann doch auch hier das Ergebnis zumindestens für einzelne gesonderte Tathandlungen unterschiedlich ausfallen (RIS Justiz RS0120039 [T1]).

2.2. Im vorliegenden Fall kann aus dem Bewertungsausspruch des Rekursgerichts nicht entnommen werden, dass es für die Verstöße gegen den Exekutionstitel jeweils einen 30.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstand annahm.

Das Gericht zweiter Instanz wird demnach in sinngemäßer Anwendung der §§ 430, 423 ZPO eine gesonderte Bewertung des Entscheidungsgegenstands für jeden Verstoß nachzutragen haben (RIS Justiz RS0041371). Je nach dem Ergebnis der Bewertung wird das Rechtsmittel der verpflichteten Partei allenfalls nach einem Verbesserungsversuch (RIS Justiz RS0109501) als Abänderungsantrag (§ 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO) vom Gericht zweiter Instanz zu behandeln oder als außerordentlicher Revisionsrekurs (§ 528 Abs 2a iVm § 507b Abs 3 ZPO) wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen oder als absolut unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO) zurückzuweisen sein.

Rechtssätze
3
  • RS0109501OGH Rechtssatz

    27. Juni 2023·3 Entscheidungen

    Hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel gegen das vom Berufungsgericht nach dem 31. Dezember 1997 gefasste Urteil rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte, fehlt der Revision jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht gestellt werde, ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; denn im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien, dann hat es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags.