JudikaturJustiz3Ob125/14z

3Ob125/14z – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. August 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*****, Frankreich, vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. A*****, wegen 255.024,96 EUR sA, über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. März 2013, AZ 47 R 295/13z, mit dem ein Berichtigungsantrag der verpflichteten Partei zum Teil zurückgewiesen und zum Teil abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte dem Betreibenden mit Beschluss vom 25. Juli 2013 antragsgemäß zur Hereinbringung einer Kapitalforderung von restlichen 255.024,96 EUR, samt 4 % Zinsen pro Jahr aus 123.543,81 EUR seit 1. April 1998 bis 16. Mai 2012, 4 % Zinsen pro Jahr aus 378.558,61 EUR seit 2. März 2004 bis 16. Mai 2012 und 4 % Zinsen pro Jahr aus 255.024,96 EUR seit 17. Mai 2012, Kosten von 20.666,93 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. März 2013, Kosten von 2.450,41 EUR samt 4 % Zinsen seit 12. Juni 2013 sowie der Exekutionsantragskosten die Fahrnisexekution, die Forderungsexekution nach § 294 EO sowie die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung. In Feld 10 des Exekutionsantrags nannte der Betreibende als Drittschuldnerin unter anderem die Rechtsanwaltskammer Wien. In Ansehung der Drittschuldnerin Rechtsanwaltskammer Wien führte er zum Rechtsgrund der Forderung aus: „S Sonstiges und zwar Pfändung der dem Verpflichteten gegenüber der Drittschuldnerin zustehenden Guthaben aus den Vorsorgeeinrichtungen der Rechtsanwaltskammer Wien Teil a und Teil B.“

Gegen diese Exekutionsbewilligung erhob der Verpflichtete teilweise Rekurs. Dieser richtete sich ua gegen die Bewilligung der Exekution auf „Guthaben aus den Vorsorgeeinrichtungen der Rechtsanwaltskammer Wien Teil a und B“; weiters gegen die im Feld 11 des Exekutionsantrags angeführten kapitalisierten Zinsen aus dem Kapital und aus den Kosten von 206.114,02 EUR und 287,71 EUR, soweit sie die nach Ansicht des Verpflichteten richtig berechneten Beträge von maximal 205.898,09 EUR und 284,54 EUR (und damit auch die Gesamtsumme der aushaftenden Forderung) überschreiten würden.

Mit dem Beschluss des Rekursgerichts vom 7. November 2013 wurde dem Rekurs teilweise Folge gegeben. Die Forderungsexekution gegenüber der Drittschuldnerin Rechtsanwaltskammer Wien wurde in Punkt 3.a) ab) dahin abgeändert, dass dem Betreibenden die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung des der verpflichteten Partei als Anspruchsberechtigter gegen den Drittschuldner Rechtsanwaltskammer Wien angeblich zustehenden „Arbeitseinkommens oder der angeblich zustehenden sonstigen Bezüge gemäß § 290a EO bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderungen und Kosten dieses Antrags ohne Rücksicht auf ihre Benennung und Berechnungsart“ bewilligt wurde. Außerdem wurde die Bewilligung mit einer Pfändungsbeschränkung (§ 291a EO) versehen. Die Begründung dazu lautet unter anderen: „Ob nun dem Verpflichteten aus dieser Versorgungseinrichtung ein Guthaben zusteht oder nicht, ist bei der Exekutionsbewilligung nicht zu prüfen. Zutreffend ist allerdings, dass Ruhe-, Versorgungs- und andere Bezüge für frühere Arbeitsleistungen nur nach Maßgabe des § 291a oder des § 291b EO gepfändet werden dürfen (§ 290a Abs 1 Z 4 EO). Nach Abs 2 umfasst die Pfändung der in Abs 1 genannten Leistungen alle Beträge, die im Rahmen des der gepfändeten Forderung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses geleistet werden, sowie auch alle Vorteile aus diesen Tätigkeiten ohne Rücksicht auf ihre Benennung und Berechnungsart. […] Enthält der Exekutionsantrag wie hier keinen Hinweis auf die beschränkte Pfändbarkeit, ist er nicht abzuweisen, sondern aufgrund der von Amts wegen zu berücksichtigenden Pfändungsbeschränkungen unter Bezugnahme auf die Tabelle zu bewilligen [...]. In diesem Umfang war der Exekutionsbewilligungsbeschluss daher mit der entsprechenden Beschränkung zu versehen.“ Zur Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung von Zinsen aus dem betriebenen Kapital wurde die erstgerichtliche Entscheidung aufgehoben und dem Erstgericht diesbezüglich die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen, da der vom Betreibenden in Feld 11 des Exekutionsantrags eingetragene Saldo der Zinsen aus Kapital von 206.114,02 EUR mit dem in Feld 7 dazu angeführten Zinsenlauf in Widerspruch stehe, weil deren Berechnung entsprechend einer detaillierten Darstellung in der Begründung der Rekursentscheidung (S 10/11) nur einen Betrag von 206.072,52 EUR ergebe.

Nach Verbesserungsaufträgen an den Betreibenden bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 „die Fahrnis- und Forderungsexekution sowie die zwangsweise Pfandrechtsbegründung hinsichtlich der Liegenschaft [...] auch zur Hereinbringung von je 4 % Zinsen pro Jahr aus EUR 123.543,81 vom 01. 04. 1998 bis 16.05.2012, aus EUR 378.558,61 vom 02. 03. 2004 bis 16.05.2012 und aus EUR 255.024,96 seit 17. 05. 2012“. Der Betreibende habe seine Angaben bezüglich der begehrten Zinsen aus Kapital in Feld 11 des Exekutionsantrags nunmehr berichtigt, sodass diese nunmehr mit den in Feld 7 darüber gemachten Angaben übereinstimmen würden (und auch titelkonform seien). Diese (ergänzende) Exekutionsbewilligung erwuchs in der Hauptsache unbekämpft in Rechtskraft.

Am 7. März 2014 beantragte der Verpflichtete beim Rekursgericht die Berichtigung der Rekursentscheidung vom 7. November 2013, und zwar

1. auf Seite 10 (in der Begründung) der angeführten Tagesanzahl der 1. Zinsenstaffel auf 5.159 Tage sowie der Zinsenbeträge der 1. und 2. Zinsenstaffel auf 69.791,58 EUR und auf 124.158,73 EUR;

2. auf Seite 2 (im Spruch) dadurch, dass die Worte „Arbeitseinkommens oder angeblich zustehenden sonstigen Bezüge“ durch die Worte „Guthaben aus den Vorsorgeeinrichtungen der RAK Wien Teil a und B“ ersetzt und die Worte „ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart“ gestrichen werden.

Das Rekursgericht wies den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 20. März 2014 zu Punkt 1. zurück und zu Punkt 2. ab (Punkt I.); gleichzeitig nahm es eine amtswegige Berichtigung vor und ersetzte die Worte „Arbeitseinkommens oder angeblich zustehenden sonstigen Bezüge“ durch die Worte „Bezüge aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien, Teile a und B“, wobei es die Worte „ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart“ im berichtigten Spruch beließ (Punkt II.).

Eine Berichtigung der Tagesanzahl und Zinsenbeträge habe zu unterbleiben, da die vom Rekursgericht erzielten Ergebnisse seinem Entscheidungswillen entsprochen hätten. Im Übrigen sei in diesem Punkt ein schutzwürdiges Interesse des Verpflichteten nicht erkennbar.

Das Rekursgericht sei in seiner Rekursentscheidung davon ausgegangen, dass der auch für den Verpflichteten erkennbare Wille des Betreibenden in Wahrheit nicht auf die Pfändung eines (mit einer laufenden oder einmaligen Leistung nicht in Einklang zu bringenden) Guthabens des Verpflichteten bei der Versorgungseinrichtung, sondern auf die dort genannten angeblich zustehenden Leistungen gerichtet gewesen sei. In diesem Sinne sei Punkt 3.a) ab) der Rekursentscheidung zu berichtigen. Die Pfändung der in § 290a Abs 1 EO genannten Leistungen umfasse alle Beträge, die im Rahmen des der gepfändeten Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses geleistet würden. Der Rekurssenat sei aufgrund der legistischen Wortwahl „insbesondere“ in § 290a Abs 2 EO der Meinung, dass eine Beschränkung der Formulierung „ohne Rücksicht auf ihre Benennung und Berechnungsart“ auf die in Abs 1 Z 1 und 2 leg cit genannten Leistungen vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Eine Berichtigung im Sinne des Antrags des Verpflichteten habe daher nicht dem Entscheidungswillen des Rekursgerichts entsprochen. Allerdings sei von Amts wegen der erste Absatz des Spruchpunkts 3.a) ab) dahingehend zu berichtigen, dass die Wortfolge „angeblich zustehenden Arbeitseinkommens oder der angeblich zustehenden sonstigen Bezüge“ durch die Formulierung „angeblich zustehenden Bezüge aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien, Teile a und B“ zu ersetzen sei, da dazu eine offensichtliche Diskrepanz zwischen dem Spruch und der Begründung vorliege.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Verpflichteten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Stattgebung des Berichtigungsantrags, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an das Rekursgericht. Bei der Berechnung der Zinsen handle es sich um klar erkennbare Rechenfehler, die dem Willen des Rekursgerichts nicht entsprächen. Die Berichtigung des Spruchpunkts 3.a ab) gehe über den Exekutionsantrag, der nur auf „Guthaben ...“ gerichtet gewesen sei, hinaus und verstoße damit gegen § 405 ZPO, was das Rekursgericht nicht gewollt haben könne. Die Belassung der Worte „ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart“ im berichtigten Spruch entspreche auch nicht dem in der Begründung geäußerten Willen des Rekursgerichts und entspreche nicht dem Wortlaut des § 290a Abs 2 Satz 2 EO, der sich nur auf die im Abs 1 Z 1 und 2 genannten Leistungen beziehe.

Rechtliche Beurteilung

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat zwar als Rekursgericht, funktionell aber als Erstgericht entschieden, sodass die Zulässigkeit des Rekurses nach § 514 ZPO zu beurteilen ist. Der Rekurs ist daher unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zulässig ; eine der in § 517 und § 528 Abs 2 ZPO genannten Rechtsmittelbeschränkungen liegt nicht vor (2 Ob 98/08p; RIS Justiz RS0115511; Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 § 528 ZPO Rz 14). Auch die Zulässigkeitsbeschränkung nach § 419 Abs 2 Satz 2 ZPO greift nicht, weil keine weitere anfechtbare Entscheidung im Hauptverfahren (über die bereits rechtskräftige Exekutionsbewilligung) ergehen kann (7 Ob 125/12a; 6 Ob 235/06m; vgl auch RIS Justiz RS0121303). Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt .

1. Die Tragweite der Exekutionsbewilligung ist, auch wenn sie in Rechtskraft erwächst, auf die nach § 63 EO in den Exekutionsbewilligungsbeschluss aufzunehmenden Angaben beschränkt. Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hat aber keinen Einfluss auf den Inhalt des betriebenen Anspruchs, für den allein der Exekutionstitel maßgebend ist. Wird daher die Exekution für einen Anspruch bewilligt, der im Exekutionstitel keine Deckung findet, wird damit keine über den Inhalt des Exekutionstitels hinausgehende Leistungsverpflichtung begründet (3 Ob 48/95; Jakusch in Angst ² § 3 EO Rz 30a). § 63 Z 2 EO fordert für den Inhalt des Beschlusses, mit dem die Exekution bewilligt wird, unter anderem „den zu vollstreckenden Anspruch unter genauer Bezeichnung seines Inhaltes und Gegenstandes, sowie aller etwaigen Nebengebühren; bei verzinslichen Forderungen ist der Zinsfuß und der Tag anzugeben, von welchem an die Zinsen rückständig sind; ...“.

Eine Kapitalisierung des Zinsenanspruchs zählt daher gar nicht zu den notwendigen Angaben bei der Exekutionsbewilligung (und wurde in den Spruch des Beschlusses des Erstgerichts vom 5. Dezember 2013 dementsprechend auch nicht aufgenommen), weshalb sie auch nicht in Rechtskraft erwächst. Abgesehen davon würde eine zu Lasten des Verpflichteten fehlerhafte Berechnung seine durch den Exekutionstitel bestimmte Leistungsverpflichtung gar nicht abändern. Ein Nachteil des Verpflichteten im Sinne der Beeinträchtigung seiner Rechtsposition aus der allenfalls fehlerhaften Berechnung durch den Betreibenden im Exekutionsantrag (oder nachfolgenden Modifizierungen) und der Begründung des Rekursgerichts im Aufhebungsbeschluss vom 7. November 2013 ist daher nicht zu erkennen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist aber Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Berichtigungsantrags das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses (RIS Justiz RS0041630; RS0037976). Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn es zum Punkt 1. des Berichtigungsantrags ein schutzwürdiges Interesse des Verpflichteten verneinte.

2. Der wiedergegebenen Begründung der Rekursentscheidung vom 7. November 2013 kann sowohl entnommen werden, dass der Rekurssenat ein „Guthaben“ des Verpflichteten aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien für rechtlich irrelevant erachtete, als auch, dass er von der Geltung des § 290a Abs 2 Halbsatz 2 EO für alle in Abs 1 genannten Leistungen ausgeht.

Der damit dokumentierte Entscheidungswille rechtfertigt daher die amtswegig vorgenommene Berichtigung des Spruchs der Rekursentscheidung vom 7. November 2013 auf „Bezüge aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien, Teile a und B“; denn die Entscheidungsberichtigung nach § 419 ZPO ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichtes entsprochen hat (RIS Justiz RS0041418 [T7]).

Sobald aber der Spruch durch die Entscheidungsgründe gedeckt erscheint, ist eine Berichtigung des Spruchs ausgeschlossen; es liegt in diesem Falle eben keine offenbare Unrichtigkeit iSd § 419 Abs 1 ZPO, dh kein klar erkennbarer Irrtum des Gerichts, vor. Die Korrektur eines solchen Urteilsspruchs kann daher grundsätzlich nur im Rechtsmittelwege erfolgen (RIS Justiz RS0041517). Es ist daher auch in der Belassung der Worte „ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart“ im berichtigten Spruch kein Fehler der Vorinstanz zu erkennen.

3. Der Rekurs des Verpflichteten muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 74 EO.

Rechtssätze
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