JudikaturJustiz2Ob235/13t

2Ob235/13t – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Stärker, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch die Wiedenbauer Mutz Winkler Pramberger Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, wegen 65.620,84 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. September 2013, GZ 3 R 108/13x 70, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. April 2013, GZ 29 Cg 199/09x 66, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

J***** K***** war Mitglied des Vorstands der Beklagten. Vor Beendigung seines Vorstandsmandats schloss er mit der Beklagten, vertreten durch ein weiteres Vorstandsmitglied, einen Konsulentenvertrag für die Zeit nach seinem Ausscheiden. In der Folge wurde eine Vertragsergänzung vorgenommen, nach der J***** K***** berechtigt sein sollte, sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf die Klägerin zu übertragen. Nach erfolgter Zession fordert die Klägerin von der Beklagten nunmehr den ausständigen Werklohn aus der Konsulententätigkeit in Höhe des Klagsbetrags. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Vertrag und hilfsweise auch auf ungerechtfertigte Bereicherung.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Beratervertrag sei nicht rechtswirksam zustande gekommen, weil für seinen Abschluss auf Seiten der Beklagten wegen der Vorstandszugehörigkeit des J***** K***** gemäß Satzung und Geschäftsordnung des Aufsichtsrats ausschließlich dieser für die Vertretung der Beklagten zuständig gewesen wäre.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Aus den vom Erstgericht genannten Gründen versage zwar die vertragliche Grundlage für die Klagsforderung. Das Erstgericht habe sich aber mit der Bereicherung als subsidiär geltend gemachtem Anspruchsgrund nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin habe sich zwar nur lapidar und ohne weitere Substantiierung und Bezifferung auf den Rechtstitel der ungerechtfertigten Bereicherung gestützt. Bei unschlüssigen Klagen sei aber zwingend ein Verbesserungsversuch vorzunehmen und das Gericht habe vor einer Klagsabweisung wegen Unschlüssigkeit im Rahmen seiner Prozessleitungspflicht eine Präzisierung zu ermöglichen.

Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Verhältnis der Vertretungsnormen von Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft sowie zur Nachwirkung des angenommenen Vertretungsmangels des Aufsichtsrats bei Rechtsgeschäften zwischen ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern und der Gesellschaft fehle.

Die Beklagte nimmt in ihrem Rekurs auf diese Rechtsfrage in keiner Weise Bezug. Sie wendet sich ausschließlich gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der richterlichen Prozessleitungspflicht. Die Klägerin habe in ihrer Berufung eine Verletzung der Prozessleitungspflicht des Erstgerichts gar nicht geltend gemacht. Diese sei nicht von Amts wegen aufzugreifen, sondern sie setze eine Rüge in der Berufung voraus. Ein amtswegiges Aufgreifen sei nur im Falle einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Zusammenhang mit einem sekundären Verfahrensmangel geboten. Dies würde hier aber erfordern, dass sich aus dem Tatsachenvorbringen der Klägerin zumindest im Ansatz auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ergeben würde, was aber nicht der Fall sei.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung , den Rekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig .

1. Wird die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage von den Parteien in den Rechtsmitteln nicht releviert, werden im Übrigen aber von den Parteien keine erheblichen Rechtsfragen aufgeworfen, so sind die Rechtsmittel unzulässig (RIS Justiz RS0080388 [T1]). Ein Rekurs gegen einen Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist zurückzuweisen, wenn der Rechtsmittelwerber nur Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS Justiz RS0048272 [T11]).

2. Die Frage, ob ein bestimmtes Vorbringen Anlass zu einer Erörterung beziehungsweise Anleitung dieser Partei durch das Gericht geben könnte, ist schon von vornherein so einzelfallbezogen, dass darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS Justiz RS0114544).

3. Die Manuduktionspflicht des Gerichts hat sich im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen. Nur in diesem Bereich ist auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen, dass das Begehren schlüssig gemacht werde (RIS Justiz RS0108818).

4. Unterlässt der Richter die ihm nach § 182 ZPO obliegende Pflicht, auf die für die Entscheidung erheblichen Angaben und das erforderliche Beweisanbieten zu dringen, weil er von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts ausgeht, dann liegt der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vor, weil dem Urteil Feststellungsmängel anhaften, die zu seiner Aufhebung führen müssen (RIS Justiz RS0037106).

5. Sekundäre Feststellungsmängel sind vom Berufungsgericht bei Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge von Amts wegen wahrzuznehmen (RIS Justiz RS0114379).

6. Hier hat das Erstgericht zu dem wenn auch nur unsubstantiiert vorgetragenen Anspruchsgrund der Bereicherung nicht auf dessen Substantiierung gedrungen und folglich keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen. Das Berufungsgericht ist daher vertretbar vom Vorliegen eines in der Rechtsrüge der Berufung der Klägerin geltend gemachten sekundären Feststellungsmangels des Ersturteils ausgegangen. Es stellt jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin, sie habe „ordnungsgemäß zahlreiche positive Ergebnisse geliefert“ als zwar relevant für den geltend gemachten Bereicherungsanspruch, nicht aber als ausreichend konkret für die rechtliche Beurteilung erachtete.

7. Im Übrigen kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten, wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist (RIS Justiz RS0042179).

8. Zusammengefasst ist das Berufungsgericht vertretbar vom Nichtvorliegen der Spruchreife aus und mit Aufhebung und Zurückverweisung vorgegangen. Der Rekurs der beklagten Partei war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 52 ZPO.

Rechtssätze
6