JudikaturJustiz1Ob45/99w

1Ob45/99w – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Erik K*****, und 2. Markus K*****, beide ***** vertreten durch Dr. Helmut Michlmayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Alexander V*****, 2. Berta B*****, und 3. Christa G*****, sämtliche vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Rechtswirksamkeit eines Legats (Streitwert S 600.000, ) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 1998, GZ 13 R 224/97z 14, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Oktober 1997, GZ 27 Cg 65/97w 10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit S 180.899,12 (darin S 22.443,32 Umsatzsteuer und S 46.804, - Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kodizill vom 29. 1. 1990 verfügte die am 1. 11. 1994 verstorbene Erblasserin, daß eine bestimmte Liegenschaft zu gleichen Teilen Eigentum der beiden Kläger und zweier weiterer Personen werden sollte. Mit Testament vom 24. 6. 1991 setzte die Verstorbene 10 Personen, unter anderem die beiden Kläger, die drei Beklagten und die beiden neben den Klägern im Kodizill bedachten Personen zu gleichen Teilen als Erben ihres Vermögens ein. Die drei Beklagten bestritten die Gültigkeit des Kodizills aus dem Jahre 1990 und beantragten die Einantwortung des Nachlasses entsprechend den Erbquoten. Die mit dem Kodizill vermachte Liegenschaft wurde mit Kaufvertrag vom 4. 12. 1996 um den Kaufpreis von 2 Mio S verkauft; dieser Betrag wurde treuhändig bei einem Notar hinterlegt. Am 8. 4. 1997 wurde der Nachlaß der Verstorbenen allen 10 Erben rechtskräftig eingeantwortet. Alle Erben hatten eine bedingte Erbserklärung abgegeben.

Die Kläger begehrten die Feststellung, daß das Legat der Verstorbenen vom 29. 1. 1990 gültig sei. Das Kodizill sei durch das später errichtete Testament nicht aufgehoben worden. Daher sei der beim Notar erliegende Kaufpreis für die mit dem Kodizill vermachte Liegenschaft zu je einem Viertel an die Kläger als Legatare auszuzahlen. Der Umstand, daß sie im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens jeweils Erbserklärungen aufgrund des Testaments vom 24. 6. 1991 abgegeben haben, sei nicht als Anerkenntnis der Ungültigkeit des Kodizills zu beurteilen, denn die Kläger seien vom Substituten des Gerichtskommissärs unrichtig dahin belehrt worden, daß das später errichtete Testament die Ungültigkeit des Kodizills bewirke. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, daß der für die Liegenschaft erzielte Kaufpreis erst nach Klärung der Frage der Rechtswirksamkeit des Kodizills ausbezahlt werden sollte, sodaß ein rechtliches Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung bestehe.

Die Beklagten wendeten ein, das Kodizill sei angesichts des später verfaßten Testaments unwirksam. Der Wille der Verstorbenen sei in dieser Richtung zu deuten. Durch die Abgabe von Erbserklärungen hätten die Kläger die ausschließliche Gültigkeit des Testaments anerkannt. Da die Kläger für den Fall der Rechtswirksamkeit des Kodizills auf der Grundlage des Kaufvertrags, mit dem die im Kodizill genannte Liegenschaft veräußert wurde, bereits Zahlung an sich begehren könnten und entsprechend dem dem Notar erteilten Treuhandauftrag der Auszahlung nichts entgegenstünde, sei die Einbringung einer Feststellungsklage verfehlt.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Nach dem Willen der Erblasserin habe das Kodizill trotz des später errichteten Testaments aufrecht bleiben sollen. Die Erbserklärungen (unter anderem auch der Kläger) seien aufgrund einer Rechtsauskunft des Substituts des Gerichtskommissärs abgegeben worden, das Kodizill sei durch das spätere Testament aufgehoben und daher ungültig. Erst im Zuge der Verhandlungen über den Verkauf der Liegenschaft sei hervorgekommen, daß das Kodizill doch gültig sein könne. Der Kaufpreis für die Liegenschaft sei treuhändig bei einem Notar hinterlegt und zwischen den Erben sei vereinbart worden, daß dessen Auszahlung erst nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens erfolgen solle. Das Feststellungsbegehren sei zulässig, weil dadurch Klarheit über die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien geschaffen und künftige Streitigkeiten verhindert werden könnten.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 52.000 und S 260.000 übersteige; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt. Nach dem Willen der Verstorbenen habe das Kodizill auch nach der Testamentserrichtung aufrecht bleiben sollen. Die Kläger hätten aber schon die Leistungs klage - auf Auszahlung des Erlöses aus dem Verkauf der Liegenschaft erheben können, weshalb es an dem für das Begehren erforderlichen Feststellungsinteresse mangle. Eine Feststellungsklage sei im Legatstreit trotz einer schon möglichen Leistungsklage zwar ausnahmsweise zulässig, aber nur dann, wenn der Legatar mittels eines positiven Feststellungsurteils beim Verlassenschaftsgericht noch vor Beendigung des Verfahrens eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG erwirken und das Legat in der Folge verbüchern lassen könne. Dieser Ausnahmsfall sei hier nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, daß auch die Drittbeklagte sowohl im Berufungs wie auch im Revisionsverfahren Partei war bzw ist. Der Hinweis in der Revisionsbeantwortung, lediglich der Erst und die Zweitbeklagte hätten als Vertreter der Verlassenschaft Berufung erhoben, verfängt nicht. In der am 12. 3. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage wurde richtigerweise die Verlassenschaft als beklagte Partei in Anspruch genommen, weil der Nachlaß erst mit Beschluß vom 8. 4. 1997 eingeantwortet wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde die erst nach der Einantwortung möglich gewordene Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei nicht vorgenommen. Auch das Erstgericht bezeichnete in seinem Urteil die Verlassenschaft, vertreten durch die nunmehr beklagten drei erbserklärten Erben, als beklagte Partei. In der Berufungsschrift wurde allerdings zwar ebenfalls die Verlassenschaft als beklagte Partei und Berufungswerberin, als deren Vertreter wurden aber nur mehr der Erst und die Zweitbeklagte angeführt. Allein aus dem Umstand, daß die Drittbeklagte im Rechtsmittelschriftsatz nicht als Vertreterin der beklagten Partei genannt wurde, läßt sich indes noch nicht erschließen, daß sie sich am Verfahren nicht mehr beteiligen wollte. Es mangelt nämlich nicht nur an einer entsprechenden Erklärung, sondern die Beklagtenseite hat auch der Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei in der Berufungsverhandlung (auf die nunmehr drei beklagten Parteien, also unter Einschluß der Drittbeklagten) auch nicht widersprochen. Damit war davon auszugehen, daß sich auch die Drittbeklagte als eine die Gültigkeit des Kodizills bestreitende Erbin am Verfahren beteiligte. Die Tatsache, daß der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung nur für den Erstbeklagten und die Zweitbeklagte eingeschritten ist, hinderte gemäß § 491 ZPO nicht die Verhandlung über die nach der Aktenlage auch von der Drittbeklagten erhobene Berufung. Erst im Revisionsverfahren brachte der Vertreter der Beklagten nunmehr klar zum Ausdruck, daß sich die Drittbeklagte nicht mehr am Verfahren beteiligen wollte, weshalb sie auch keine Revisionsbeantwortung erhob. Eine Feststellung, daß die Drittbeklagte nicht mehr Partei des Revisionsverfahrens sei, ist demnach ebensowenig möglich wie der begehrte Auftrag an das Berufungsgericht zur Berichtigung der zweitinstanzlichen Entscheidung.

Das Gericht zweiter Instanz führte zutreffend aus, daß Feststellungsklagen nur subsidiär zulässig sind und es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse mangelt, wenn schon eine Leistungsklage möglich ist (6 Ob 2051/96b; SZ 68/156; SZ 63/51; Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 11 zu § 228). Ebenso zutreffend zitierte es die Rechtsprechung, daß die Feststellungsklage im Legatstreit ausnahmsweise trotz der schon möglichen Leistungsklage zulässig ist, sofern der Legatar mit einem positiven Feststellungsurteil beim Verlassenschaftsgericht noch vor Beendigung des Verfahrens eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG erwirken und das Legat in der Folge verbüchern lassen kann (7 Ob 731/83; SZ 48/86; SZ 22/5; Eccher in Schwimann ABGB2 Rz 4 zu § 684). Ist eine solche Antragstellung beim Verlassenschaftsgericht allerdings nicht mehr möglich, so muß der Legatar grundsätzlich die Leistungsklage erheben (6 Ob 2051/96b). Aus dem Umstand, daß der Kaufpreis für die im Kodizill genannte Liegenschaft treuhändig bei einem Notar erlegt wurde und daß dessen Auszahlung nach der Abmachung zwischen den Erben erst "bei rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahrens" erfolgen soll (Ersturteil S. 6), folgt jedoch, daß die Einbringung einer Leistungsklage angesichts des hier begehrten Feststellungsurteils nicht mehr erforderlich sein wird, weil zwischen den Beteiligten ohnehin abgemacht ist, daß der Treuhänder den bei ihm erlegten Betrag entsprechend dem Ausgang des Verfahrens an die danach Berechtigten entweder an die Kläger als Vermächtnisnehmer oder an die Erben, darunter auch die Beklagten, auszufolgen haben wird. Darauf, daß bei Klagseinbringung noch keine Einantwortungsurkunde erlassen war und ein Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG noch möglich gewesen wäre, kommt es demnach gar nicht an: Haben die Erben wie festgestellt den Klägern zugesichert, daß diesen bei Obsiegen im Feststellungsstreit der ihrem Vermächtnis entsprechende Anteil am treuhändig erlegten Kaufpreis für die vermachte Liegenschaft auszufolgen sei, so ist eine auf Zustimmung zur Ausfolgung durch den Treuhänder gerichtete Klage nicht mehr erforderlich. Auf Ausfolgung des Betrags selbst könnten die Beklagten gar nicht erfolgreich in Anspruch genommen werden, weil der Geldbetrag bei einem Treuhänder erliegt. Der vorliegende Fall ist daher durchaus jenem vergleichbar, in dem die Verbücherung des Legats aufgrund der Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG unmittelbar erreicht werden kann, kann doch auch hier aufgrund des Feststellungsurteils und der nach den Feststellungen bereits vorliegenden Zustimmung durch die Erben, darunter die Beklagten, die Auszahlung des treuhändig erlegten Betrags unmittelbar beim Treuhänder erwirkt werden.

Daß die Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts die (rechtskräftige) Einantwortung des Nachlasses überdauert, soweit danach Aufgaben zu besorgen sind, die noch zur Abhandlungspflege gehören, wie etwa auch die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG (1 Ob 611, 612/93; aber auch 6 Ob 2051/96b), trifft zwar zu, ist aber hier deshalb nicht von Bedeutung, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Verbücherung eines Legats geht.

Das Feststellungsinteresse der Kläger ist somit entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz aufgrund der besonderen Sachlage zu bejahen.

Soweit die Beklagten ins Treffen führen, die Kläger hätten sich im Verlassenschaftsverfahren ausschließlich auf das von der Erblasserin verfaßte Testament als Erbrechtstitel berufen, sodaß es ihnen schon deshalb verwehrt wäre, die Feststellung der Gültigkeit des Kodizills zu begehren, ist ihnen zu erwidern, daß die Ersetzung eines zunächst geltend gemachten Berufungsgrunds durch einen anderen bis zur Einantwortung auch noch durch entsprechende Prozeßerklärungen im Erbrechtsstreit zulässig ist (NZ 1996, 273; NZ 1992, 8; NZ 1984, 192); das muß wohl auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem sich die Erben noch rechtzeitig auf ein ihnen ausgesetztes (Prä )Legat berufen haben, wodurch sie ihren Berufungsgrund an sich nur ergänzt haben. Die Einantwortung erfolgte erst mit Beschluß vom 8. 4. 1997; mit der am 12. 3. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage wurde der zunächst geltend gemachte Erbrechtstitel durch die Berufung auf das Kodizill ergänzt.

Es trifft zu, daß die Klage eines auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprechers nach herrschender Ansicht eine negative Feststellungsklage ist und ihr Begehren auf die Feststellung der Unwirksamkeit des vom Beklagten in Anspruch genommenen Erbrechtstitels zu richten ist. Grundsätzlich hat eine positive Entscheidung über die Erbberechtigung eines Klägers im Rahmen einer Erbrechtsklage nicht zu ergehen (NZ 1996, 273; 8 Ob 505/91; JBl 1990, 51; JBl 1987, 655; SZ 56/180). Das bedeutet aber nicht, daß es einem Erbansprecher nicht möglich wäre, zusätzlich zur Erbrechtsklage eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO über das Bestehen seines Erbrechts oder die Gültigkeit eines Kodizills zu erheben (JBl 1987, 655), insbesondere wenn eine solche Klagsführung im Fall der Klagsstattgebung zu einem für das Rechtsverhältnis der Parteien eindeutigen Ergebnis führt (EvBl 1967/449).

In Stattgebung der Revision ist das Ersturteil demnach in der Hauptsache wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Soweit es um die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens geht, ist auf den von den Beklagten erhobenen und zum Großteil berechtigten Kostenrekurs Bedacht zu nehmen. Die Klage wurde richtigerweise gegen die Verlassenschaft nach der Verstorbenen als beklagte Partei gerichtet, es stand also den beiden Klägern zum Zeitpunkt der Klagseinbringung, der für die Berechnung der Pauschalgebühren erster Instanz maßgeblich ist, nur eine Partei gegenüber. Demnach erhöht sich die Pauschalgebühr für das Verfahren erster Instanz von S 13.520 nur um 10 % (für einen Streitgenossen), beträgt also S 14.872. Zu diesem Betrag sind aber noch S 80, - an berechtigterweise verzeichneten Fahrtkosten hinzuzuzählen, sodaß sich die Barauslagen mit S 14.952 errechnen. Für die als Kostenrekurs zu honorierende Berufung im Kostenpunkte gebühren den Beklagten Kosten auf der ersiegten Bemessungsgrundlage (§ 11 RATG), also auf Basis von S 3.380, weshalb die Rekurskosten von S 1.242,56 (beinhaltend S 112,96 USt) in Abzug zu bringen sind.

Rechtssätze
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