JudikaturJustiz1Ob249/02b

1Ob249/02b – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Johann F*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft in ***** infolge Revisionsrekurses der erbl. Töchter Ingeborg G*****, und Elisabeth F*****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Schneider, öffentlicher Notar in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. April 2002, GZ 42 R 560/01s, 561/01p 35, womit der Beschluss und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 11. Oktober 2001, GZ 3 A 343/00p 22 und 23, teils bestätigt und teilweise aufgehoben bzw bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Soweit die Aufhebung von Punkt 6 des Beschlusses ON 22 begehrt wird, wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben, soweit hingegen die Aufhebung von Punkt 9 und zum Teil von Punkt 10 dieses Beschlusses beantragt wird, wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

In seinen Punkten 7 und 8 wird der in den Punkten 1 bis 5 sowie 11 unangefochten gebliebene Beschluss ON 22 und ferner die Einantwortungsurkunde sowie der rekursgerichtliche Beschluss, soweit er sich auf diese Teile des angefochtenen Beschlusses und die Einantwortungsurkunde bezieht, aufgehoben; dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Testament vom 7. 4. 1995 setzten der Verstorbene und seine Gattin einander wechselseitig zu alleinigen Erben ein. Sie verfügten in diesem Testament weiters, dass nach dem Tode des Überlebenden der Nachlass ihren fünf Töchtern zu gleichen Teilen zufallen solle.

Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens beantragten die Revisionsrekurswerberinnen die Schätzung und Inventierung des Nachlasses, woraufhin ein Inventar errichtet wurde.

Das Erstgericht nahm im "Mantelbeschluss" ON 22 die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts durch die erbl. Witwe zur Kenntnis (Punkt 1), nahm die von dieser zum gesamten Nachlass auf Grund des Testaments vom 7. 4. 1995 abgegebene unbedingte Erbserklärung zu Gericht an und erachtete das Erbrecht durch dieses Testament für ausgewiesen (Punkt 2), nahm die Erklärungen der Revisionsrekurswerberinnen, den ihnen auf Grund des Gesetzes zustehenden Pflichtteil in Anspruch zu nehmen und die Schätzung und Inventierung des Nachlasses zu verlangen, zur Kenntnis (Punkt 3), legte das Inventar mit einem Reinnachlass vom 62.603,30 S der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde (Punkt 4), ermächtigte die Witwe, über mehrere Guthaben zu verfügen (Punkt 5), sprach aus, dass das Testament vom 7. 4. 1995 durch die von der Witwe abgegebene Erbserklärung erfüllt sei (Punkt 6), erließ die Einantwortungsurkunde und erklärte mit deren Rechtskraft die Verlassenschaftsabhandlung für beendet (Punkt 7), übermittelte die Akten dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien zum Zweck der Gebührenbemessung (Punkt 8), bestimmte die Gebühren des Gerichtskommissärs einschließlich eines 30 % igen Zuschlags mit 15.888 S und trug die Zahlung dieser Summe der Witwe auf (Punkt 9), bestimmte die Gebühren mehrerer Sachverständiger und trug den Revisionsrekurswerberinnen die Zahlung dieser Gebühren auf (Punkt 10), und nahm letztlich die Forderungsanmeldung eines Krankenhauses im Betrag von 2.208 S zur Kenntnis (Punkt 11). Mit der Einantwortungsurkunde ON 23 wurde der Nachlass nach dem Verstorbenen auf Grund des Testaments vom 7. 4. 1995 der Witwe, die sich ohne die Rechtswohltat des Inventars unbedingt zur Erbin erklärt hatte, eingeantwortet.

Im Zuge des Rekursverfahrens stellte das Rekursgericht den Akt an das Erstgericht zurück, damit es die erstinstanzlichen Beschlüsse auch drei weiteren Nacherbinnen zustelle (ON 26). Dieser Aufforderung kam das Erstgericht nach.

Das Rekursgericht wies einen von drei weiteren Nacherbinnen erhobenen Rekurs unangefochten zurück. Dem von den Revisionsrekurswerberinnen erhobenen Rekurs, mit dem sie die Punkte 6 bis 10 des Mantelbeschlusses und die Einantwortungsurkunde bekämpften, gab es teilweise Folge. Es bestätigte die zum Teil unberührt gebliebene erstinstanzliche Entscheidung ON 22, in deren Punkten 4 sowie 6 bis 9 und hob Punkt 10 dieses Beschlusses in dem dort erteilten Zahlungsauftrag mit dem Auftrag, insoweit neuerlich zu entscheiden, auf. Die Einantwortungsurkunde ON 23 wurde bestätigt. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige; der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, soweit es die Bestätigung von Punkt 9 des Mantelbeschlusses betreffe, sei er aber jedenfalls unzulässig. Die Bestimmung im Testament vom 7. 4. 1995, dass nach dem Tod des überlebenden Ehegatten der Nachlass den fünf Töchtern zufallen solle, stelle eine fideikommissarische Substitution dar. Demnach sei unter Beiziehung der voraussichtlichen Nacherben ein Inventar errichtet worden. Da nur bewegliches Vermögen vorhanden sei und weder minderjährige noch sonstige begünstigte Personen nachberufen seien, genüge die bloße Verständigung der Nacherben von der letztwilligen Anordnung. Das Erstgericht habe durch eine Rechtspflegerin entschieden, obwohl bei Anordnung einer Substitution die Erledigung der Verlassenschaftssache dem Richter vorbehalten sei. Die unrichtige Gerichtsbesetzung sei mangels rechtzeitiger Rüge geheilt worden, sodass die geltend gemachte Nichtigkeit "nicht mehr aufzugreifen" sei. Der PKW, dessen Schätzung die Revisionsrekurswerberinnen begehrten, habe sich zum Todeszeitpunkt nicht mehr im Besitz des Erblassers befunden und daher nicht mehr zum Nachlass gehört. Demnach sei der Verlassenschaft das mit Punkt 4 des Mantelbeschlusses genehmigte Inventar zu Grunde zu legen. Zumal sämtliche Nacherben von der Substitution verständigt worden seien, sei das Testament durch die Abgabe der Erbserklärung als erfüllt anzusehen. Der Nachlass habe der Witwe ohne weitere Beschränkungen eingeantwortet werden können. Der vom Gerichtskommissär begehrte 30 % ige Zuschlag zu seinen Gebühren sei sachlich gerechtfertigt. Der an die Revisionsrekurswerberinnen gerichtete Auftrag zur Entrichtung der Sachverständigengebühren sei aber gesetzlich nicht gedeckt und somit aufzuheben; insoweit müsse das Erstgericht eine neue Entscheidung treffen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs zweier erbl. Töchter ist teilweise unzulässig und auch nur zum Teil berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, dass die Revisionsrekurswerberinnen Punkt 4 des Mantelbeschlusses (Inventar mit einem Reinnachlass von S 62.603,30) in zweiter Instanz (ON 24) nicht bekämpft hatten, sodass es einer "Bestätigung" dieses Punktes durch das Rekursgericht nicht bedurfte. Bekämpft wurden lediglich die Punkte 6 bis 10 des Mantelbeschlusses und die Einantwortungsurkunde (S 2 des Rekurses ON 24), sodass die Punkte 1 bis 5 und 11 des Mantelbeschlusses ON 22 unangefochten geblieben und damit in Rechtskraft erwachsen sind.

Die Revisionsrekurswerberinnen machen geltend, dass das erstinstanzliche Verfahren wegen unrichtiger Besetzung des Gerichts unzulässige Entscheidung durch eine Rechtspflegerin nichtig sei. Die behauptete Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz ist aber bereits vom Rekursgericht verneint worden, weshalb sie im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann. Dies gilt auch für das außerstreitige Verfahren: Der Oberste Gerichtshof ist an die die betreffende Nichtigkeit verneinende Entscheidung des Rekursgerichts gebunden (ÖA 2002, 38; 1 Ob 174/02y, 185/02s; 1 Ob 264/01g; SZ 65/84).

Nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Die Entscheidung über die Gebühren des Gerichtskommissärs (Punkt 9 in ON 22) ist eine Entscheidung im Kostenpunkt (EFSlg 91.569; 4 Ob 2198/96f), weshalb der Revisionsrekurs insoweit als unzulässig zurückzuweisen ist.

Soweit die Rechtsmittelwerberinnen ihrer Erklärung zufolge die Aufhebung der Entscheidung des Rekursgerichts auch insoweit begehren, als dieses Punkt 10 des Mantelbeschlusses zum Teil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen hat (arg. "vollinhaltlich aufzuheben", [S 2 des Revisionsrekurses]), mangelt es schon an Rechtsmittelausführungen, die eine Berechtigung des Revisionsrekurses in diesem Umfang erkennen ließen. Das Gericht zweiter Instanz hat aber ohnehin ausgeführt, der an die Revisionsrekurswerberinnen erteilte Auftrag zur Zahlung der Sachverständigengebühren sei unzulässig gewesen, und deshalb den im Punkt 10 des Mantelbeschlusses enthaltenen Zahlungsauftrag und nur diesen beseitigt. Es ist nicht zu erkennen, warum diese aufhebende Entscheidung rechtsirrig erfolgt sein sollte. Der Auftrag zur Zahlung von Sachverständigengebühren gehört im Übrigen ebenso wie der Auftrag zum Erlag eines Sachverständigengebührenvorschusses zu den Beschlüssen über die Gebühren der Sachverständigen iSd § 14 Abs 2 Z 3 AußStrG (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2, Rz 7 zu § 528), weshalb der Revisionsrekurs insoweit von vornherein absolut unzulässig ist.

Soweit der Revisionsrekurs gegen Punkt 6 des Mantelbeschlusses gerichtet ist, ist er nicht berechtigt. In diesem Punkt sprach das Erstgericht bestätigt durch das Rekursgericht aus, das Testament vom 7. 4. 1995 sei durch die von der Witwe abgegebene Erbserklärung erfüllt. Gemäß § 157 AußStrG hat der Erbe in der "Testamentsausweisung" darzutun, dass er die ihm in den §§ 158 bis 161a AußStrG auferlegten Pflichten erfüllt hat. Von einer solchen Erfüllung durch die Witwe ist hier auszugehen:

Ein Fall des § 158 Abs 1 AußStrG liegt nicht vor, denn zum Nachlass gehört kein Liegenschaftsvermögen und die Substitution hat auch kein bewegliches Vermögen zum Gegenstand, wofür Minderjährige oder Pflegebefohlene oder im § 159 AußStrG genannte Personen und Anstalten nachberufen wären. Gemäß § 158 Abs 2 AußStrG genügt es aber in den übrigen Fällen, dass dargetan wird, dass die Nachberufenen gerichtlich oder außergerichtlich von der letztwilligen Anordnung Nachricht erhalten haben. Die Revisionsrekurswerbinnen selbst kannten die letztwillige Anordnung; den weiteren drei Töchtern des Erblassers wurde sie im Zwischenverfahren noch vor der Entscheidung des Rekursgerichts kundgetan. Damit ist auch diesem Erfordernis des § 158 Abs 2 AußStrG Genüge getan worden.

Die Sicherstellung der zur Nacherbschaft gehörigen Gelder, Wertpapiere oder Einlagebücher haben die Rechtsmittelwerberinnen nie gefordert. Die Art der Sicherung der Nacherben ist in § 158 Abs 2 AußStrG geregelt. Eine Sicherstellung durch "Ergänzung der Einantwortungsurkunde" (siehe S 6 des Revisionsrekurses) ist dort nicht vorgesehen. Die "ungenaue und missverständliche Formulierung" des § 158 Abs 2 AußStrG (vgl EvBl 2002/67) hat hier keinerlei Bedeutung. Die soeben zitierte Entscheidung besagt nämlich nur, es sei nicht notwendig, die zur Erbschaft gehörenden Gelder, Wertpapiere und Einlagebücher auf Verlangen bei einem Kreditinstitut zu hinterlegen, vielmehr sei Genüge getan, wenn für den Wert Sicherheit geleistet werde, wobei auch Hypotheken und Bürgen nicht ausgeschlossen seien.

Die Revisionsrekurswerberinnen führen selbst aus, sie hätten die Aufnahme eines vormals im Eigentum des Erblassers gestandenen PKW in das Hauptinventar niemals begehrt (S 5 des Revisionsrekurses). Dieser PKW war auch nicht ins Inventar aufzunehmen, weil er sich zum Zeitpunkt des Todes nicht im Eigentum oder Besitz des Erblassers befunden hat; dies haben die Rechtsmittelwerberinnen auch gar nicht behauptet. Bei nicht ins Inventar gehörigen Gegenständen hat aber auch keine Schätzung im Zuge des Abhandlungsverfahrens zu erfolgen (siehe §§ 92 ff AußStrG).

Auf die Ausführungen zur "unrichtigen Rechtsmittelbelehrung" braucht nicht weiter eingegangen werden, weil das Rekursgericht ohnehin seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses dahin abgeändert hat, dass es den Revisionsrekurs mit Ausnahme des den Kostenpunkt betreffenden Beschlusspunktes für zulässig erklärte. Diese Ausführungen im Beschluss vom 10. 9. 2002 sind einwandfrei und klar.

Soweit die Rechtsmittelwerberinnen auf ihren Rekurs vom 3. 11. 2001 und ihre Stellungnahme vom 24. 1. 2002 verweisen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die bloße Verweisung auf Inhalt und Anträge einer früheren Rechtsmittelschrift nicht zulässig ist (vgl Kodek aaO Rz 1 zu § 506).

Berechtigt ist der Revisionsrekurs insoweit, als die Einantwortungsurkunde und der korrespondierende Punkt 7 des Mantelbeschlusses nicht die Beschränkung der Erbin durch die fideikommissarische Substitution enthalten. Dies ist gemäß § 174 Abs 2 Z 3 AußStrG unabdingbares Erfordernis der "Einantwortungsverordnung" (SZ 68/61; vgl SZ 25/293; Feil, Verfahren außer Streitsachen2 Rz 4 zu §§ 174 bis 177 AußStrG). In Stattgebung des Revisionsrekurses sind daher die Einantwortungsurkunde ON 23 sowie die Punkte 7 und 8 des Mantelbeschlusses (Punkt 8 ist von der Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung abhängig) aufzuheben, und das Erstgericht wird die Beschränkung der Erbin durch die fideikommissarische Substitution in diese Beschlüsse aufzunehmen haben. Eine Abänderung durch den erkennenden Senat selbst kommt abgesehen davon, dass die Rechtsmittelwerberinnen nur einen Aufhebungsantrag stellten deshalb nicht in Frage, weil die Substituten mit Bestimmtheit zu bezeichnen sind (Feil aaO), die Identität einer der beiden Rekurswerberinnen mit der im Testament zuletzt genannten Tochter aber auf Grund unterschiedlichen Familiennamens derzeit nicht verlässlich feststeht.

Dem Revisionsrekurs ist demnach teilweise Folge zu geben.

Rechtssätze
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