JudikaturJustiz1Ob2359/96k

1Ob2359/96k – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Verlassenschaft nach der am ***** verstorbenen Mechthild L*****, vertreten durch die Zweitklägerin als erbserklärte Alleinerbin, 2. Emma D*****, beide vertreten durch Dr.Max Urbanek, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagten Parteien 1. Mag.Winfried L*****, 2. Hedwig S*****, beide vertreten durch Dr.Siegfried Dillersberger und Dr.Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Anfechtung einer letztwilligen Erklärung (Streitwert S 1,500.000, ) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 25.September 1996, GZ 2 R 212/96k 7, womit der Beschluß des Landesgerichts Innsbruck vom 21.August 1996, GZ 41 Cg 189/96d 2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Nachlaß des Vaters der Zweitklägerin wurde dessen Witwe, der Mutter der Zweitklägerin und der Beklagten, als Alleinerbin eingeantwortet. Diese Erbin ist ebenfalls verstorben. Die erstklagende Verlassenschaft nach ihr wird von der Zweitklägerin als erbserklärter Alleinerbin, der die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde, vertreten. Aufgrund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens nach dem Vater der Zweitklägerin und der Beklagten wurde ob einzelner im Eigentum des Erblassers gestandener Liegenschaften aufgrund der Amtsurkunde des Verlassenschaftsgerichts das Eigentumsrecht für den Erstbeklagten vorgemerkt und schließlich infolge Rechtfertigung einverleibt.

Mit ihrer am 12.8.1996 beim Erstgericht eingelangten Klage brachten die Klägerinnen vor, daß der Vater der Zweitklägerin und der Beklagten bei Abfassung seines undatierten handschriftlichen ergänzenden Testaments in einem wesentlichen Irrtum befangen gewesen sei, sodaß diese letztwillige Anordnung, die als Vermächtnis den Titel für die Verbücherung des Eigentumsrechts des Erstbeklagten an den eingangs genannten Liegenschaften gebildet habe, gemäß § 570 ABGB ungültig sei. Würden die Klägerinnen mit ihrem Begehren durchdringen, käme das Testament des Erblassers vom 8./16.5.1983 zur Wirkung, das eine dem Willen des Erblassers entsprechende Aufteilung enthalte. Für den Fall, daß beide Testamente als Einheit anzusehen wären, werde auch das letztgenannte datierte Testament angefochten, in welchem Falle die gesetzliche Erbfolge einträte, die ebenfalls zu einer dem Willen des Erblassers entsprechenden Berücksichtigung der einzelnen Erben führe. Es werde daher begehrt, die handschriftliche Verfügung des Erblassers vom 8./16.5.1983, überschrieben mit „Mein Testament“, und das „ergänzende Testament“ ohne Datum, beide dem Abhandlungsverfahren zugrundegelegt, allenfalls nur das handschriftliche „ergänzende Testament“ ohne Datum, wegen Irrtums des Erblassers für unwirksam zu erklären. Gleichzeitig beantragten die Klägerinnen, diese Klage auf den Liegenschaften anzumerken, bei welchen aufgrund des „ergänzenden Testaments“ zugunsten des Erstbeklagten als Vermächtnisnehmers das Eigentumsrecht verbüchert worden sei.

Das Erstgericht bewilligte die Klagsanmerkung antragsgemäß.

Infolge Rekurses des Erstbeklagten änderte das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der Klägerinnen auf Anmerkung der Klage auf den im einzelnen bezeichneten Liegenschaften abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar S 50.000, - übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Das Rekursgericht führte dazu aus, über die Bewilligung einer Streitanmerkung sei allein aufgrund des Klagsvorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden. Als rechtliche Grundlage für die begehrte Streitanmerkung komme lediglich § 61 Abs 2 GBG in Betracht. Diese Bestimmung setze unter anderem voraus, daß die Wiederherstellung des früheren Buchstands verlangt werde. Schon daran fehle es im vorliegenden Fall, weil aufgrund eines stattgebenden Urteils eine Änderung des tatsächlichen Buchstands nicht möglich wäre. Auch eine Wiederaufnahme des mit rechtskräftiger Einantwortungsurkunde abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahrens nach dem Vater der Erstklägerin und der Beklagten sei nicht möglich, weil diese Einrichtung dem Verfahren außer Streitsachen fremd sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Es entspricht nunmehr ständiger Rechtsprechung, daß bei Erbschaftsklagen die Streitanmerkung zulässig ist. Das wird damit begründet, daß der siegreiche Erbansprecher mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils die Stellung eines eingeantworteten Erben erlange und daher rückwirkend Universalsukzessor des Erblassers werde (SZ 23/353; SZ 44/38; NZ 1993, 45; 3 Ob 40/94). Dem rechtskräftig eingeantworteten Erben wurde unter Berufung auf § 547 ABGB auch für eine Klage wegen Nichtigkeit eines vom Erblasser abgeschlossenen Übereignungsgeschäfts die Streitanmerkung bewilligt (SZ 26/135; NZ 1993, 45). Dem so legitimierten, jedoch nicht verbücherten Erben wird als außerbücherlichem Eigentümer auch das Recht eingeräumt, die Anmerkung der Rangordnung zu beantragen (NZ 1990, 235). Auch dem ruhenden Nachlaß wurde unter Hinweis auf § 547 letzter Satz ABGB die Legitimation zuerkannt, die Anmerkung einer Klage wegen angeblicher Ungültigkeit des Vermächtnisses zu erwirken. Der Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Buchstands stehe der Verlassenschaft zu, weil der Erblasser bei Ungültigkeit des Titels durch die Eintragung des Bedachten in seinem Eigentumsrecht und somit in einem bücherlichen Recht verletzt worden wäre (3 Ob 526/92; NZ 1993, 45).

Gleichgültig, ob die Klage vom ruhenden Nachlaß oder vom eingeantworteten Erben erhoben wird, ist jedenfalls unter anderem Voraussetzung der Bewilligung der Streitanmerkung gemäß § 61 Abs 1 GBG, daß die Einverleibung aus dem Grunde der Ungültigkeit bestritten und die Wiederherstellung des vorherigen bücherlichen Standes begehrt wird. Das Begehren der Löschungsklage richtet sich daher auf Unwirksamerklärung und Löschung der bekämpften bücherlichen Eintragung (SZ 41/151; SZ 48/111; JBl 1982, 546; SZ 60/237; SZ 62/80). Dies erhellt schon daraus, daß die Wirkung der Streitanmerkung nicht nur im § 61 Abs 2 GBG geregelt ist, sondern auch im § 65 Abs 2 GBG, wonach dann, wenn durch ein rechtskräftiges Urteil oder einen Vergleich die bestrittene Einverleibung ganz oder teilweise aufgehoben wird, auf Ansuchen des Klägers die Vornahme der Löschung der bestrittenen Einverleibung in der im Urteil oder im Vergleich ausgedrückten Art und Ausdehnung zu bewilligen ist (SZ 60/237). Von diesem Grundsatz der Voraussetzungen für die Bewilligung der Streitanmerkung hat die Rechtsprechung schon aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts keine Ausnahmen zugelassen. Auch die von den Revisionswerberinnen zitierte Entscheidung 5 Ob 585/78 hatte ein Klagebegehren zum Gegenstand, das unter anderem auf Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten gerichtet war. Der Hinweis der Revisionswerberinnen auf die Möglichkeit der Anmerkung einer Teilungsklage (§ 830 ABGB) muß schon deshalb fehlgehen, weil dieses Begehren mit jenem auf Feststellung der Ungültigkeit des der Einverleibung zugrundeliegenden Titels nichts gemein hat.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß über die Bewilligung der Streitanmerkung aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden ist (NZ 1983, 172; NZ 1993, 45; 8 Ob 522/95). Die Klägerinnen haben aber ihr Klagebegehren keineswegs auf Unwirksamerklärung und Löschung der bücherlichen Eintragung des Eigentumsrechts des Erstbeklagten gerichtet. Nach ihrem ausdrücklichen Vorbringen streben sie die Beseitigung der letztwilligen Anordnung des Erblassers deshalb an, um sei es aufgrund Testaments oder Gesetzes zu einem gerechteren Verteilungsschlüssel zu gelangen. Damit wird aber von den Klägerinnen nicht die grundbücherliche Eintragung bekämpft, sondern lediglich die Lösung einer für ein allfälliges späteren Verbücherungsbegehen relevanten Vorfrage begehrt.

Es ist daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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