JudikaturJustiz1Ob129/14y

1Ob129/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Dr. Andreas König und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ing. P***** H*****, vertreten durch Offer Partner KG Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 9.600,55 EUR sA und Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. März 2014, GZ 3 R 17/14t 14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 25. November 2013, GZ 17 C 155/13z 10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Mieter einer im 3. Obergeschoß des Hauses der Klägerin gelegenen Wohnung, in der er seit seiner Geburt lebt. Ursprünglicher Mieter war sein Vater. Nach dessen Tod im Jahr 1984 bewohnten der Beklagte und seine Mutter die Wohnung gemeinsam. Der Beklagte hatte nach dem Ableben seiner Mutter am 29. 10. 2000 keine Erklärung abgegeben, dass er einen Eintritt in das gegenständliche Mietverhältnis ablehne.

Nach dem Tod seiner Mutter wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 28. 2. 2001 unter dem Betreff „Neuberechnung des Hauptmietzinses“ an den Beklagten, wies darauf hin, dass das Hauptmietverhältnis nach dem Tod von dessen Mutter mit ihm fortgesetzt gelte, und forderte ihn zur Entrichtung des nach § 46 Abs 2 MRG ermittelten Mietzinses zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten ab 1. 1. 2001 auf. Ein gleichlautendes Schreiben übermittelte dem Beklagten auch der damalige Rechtsvertreter der Klägerin.

Der Beklagte ließ die Forderung der Klägerin durch seinen Anwalt prüfen, der dem Vertreter der Klägerin mitteilte, dass die für die geltend gemachte Erhöhung des Hauptmietzinses erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Danach wandte sich der damalige Vertreter der Klägerin erst wieder mit Schreiben vom 22. 1. 2002 an den Beklagten, teilte diesem die Erhöhung des Mietzinses gemäß § 45 MRG mit und forderte ihn zur Zahlung des erhöhten Mietzinses ab 1. 3. 2002 auf. Entsprechend den gesetzlichen Anhebungen des Hauptmietzinses wurde der Beklagte in der Folge wiederholt aufgefordert, den nach § 45 MRG erhöhten Mietzins zu zahlen. Solche Schreiben ergingen an den Beklagten am 11. 5. 2005, 22. 9. 2006, 23. 10. 2008 und zuletzt am 4. 11. 2011. Der Beklagte hat die jeweiligen Erhöhungen akzeptiert und den sich unter Zugrundelegung des § 45 MRG ergebenden Mietzins laufend bezahlt.

Mit Schreiben vom 15. 3. 2013 forderte der Anwalt der Klägerin den Beklagten unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28. 2. 2001 rückwirkend ab 1. 1. 2001 zur Zahlung des sich unter Bedachtnahme auf die in § 46 Abs 2 MRG in der jeweils geltenden Fassung genannten Höchstbeträge ermittelten Mietzinses auf. Dazu errechnete er einen Rückstand bis einschließlich März 2013 von 34.230,12 EUR netto und den künftig fällig werdenden Mietzins mit 488,74 EUR zuzüglich USt und Betriebskosten.

Der Beklagte zahlte weiterhin den unter Zugrundelegung des § 45 MRG ermittelten Bestandzins.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 9.600,55 EUR sA sowie die Räumung des vom Beklagten gemieteten Bestandobjekts und brachte dazu im Wesentlichen vor, der Beklagte sei nach dem Tod seiner Mutter in das bestehende Hauptmietverhältnis eingetreten. Gemäß § 46 Abs 2 iVm Abs 1 MRG könne sie daher mit Ausnahme verjährter Ansprüche auch rückwirkend eine Anhebung des Mietzinses begehren. Dass sie zuvor bereits den Mindesthauptmietzins gemäß § 45 MRG geltend gemacht habe, begründe keinen Verzicht auf die bereits seit dem Jahr 2001 vorliegenden Voraussetzungen für die von ihr mit Schreiben vom 15. 3. 2013 geltend gemachte Anhebung nach § 46 Abs 2 MRG. Ungeachtet dessen habe der Beklagte weder den geforderten Rückstand bezahlt, noch die laufenden Mietzinszahlungen an die Vorschreibung angepasst.

Der Beklagte wendete ein, er habe die Berechtigung der Klägerin zur Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß § 46 MRG bereits in Reaktion auf deren Schreiben vom 28. 2. 2001 bestritten, worauf ihm die Klägerin durch ihren damaligen Vertreter den monatlichen Hauptmietzins zuzüglich Betriebskostenakontierung bekannt gegeben und in weiterer Folge den wertbeständigen Mietzins gemäß § 45 MRG angesprochen habe, ohne dass sie bis zum Schreiben vom 15. 3. 2013 auf die ursprünglich begehrte Anhebung nach § 46 Abs 2 MRG zurückgekommen wäre. Damit habe die Klägerin auf ihren Anspruch gemäß § 46 MRG schlüssig verzichtet. Ein Mietzinsrückstand bestehe auch deshalb nicht zu Recht, weil er im Jahr 1980 einzelne desolate Fenster des Mietobjekts saniert habe, wozu jedoch die Klägerin als Bestandgeberin verpflichtet gewesen wäre. Im Jahr 2002 habe er die übrigen desolaten Fenster ausgetauscht, weswegen ihm ein sofort fälliger Ersatzanspruch in Höhe der notwendigen Investitionen von 1.958,53 EUR bzw 14.910,10 EUR zustehe. Mit diesen Beträgen werde compensando aufgerechnet. Jedenfalls treffe ihn an einem allfälligen Rückstand kein grobes Verschulden.

Das Erstgericht wies das Leistungs- und das Räumungsbegehren ab. Dabei ging es von einem stillschweigenden Verzicht der Klägerin auf jegliche rückwirkende Erhöhung des Mietzinses gemäß § 46 Abs 2 MRG vor dem Schreiben vom 15. 3. 2013 aus. Die Frage der Berechtigung der Mietzinserhöhung nach § 46 Abs 2 MRG sei zwischen den damaligen Rechtsvertretern der Parteien im Korrespondenzweg divergierend behandelt worden, weswegen der Beklagte bei objektiver Betrachtungsweise aus der jahrelangen Untätigkeit der anwaltlich vertretenen Gegenseite den Eindruck gewinnen habe können, dass der damalige Rechtsstandpunkt seines Vertreters, eine Erhöhung sei rechtlich gar nicht möglich, akzeptiert worden sei. Hinzu komme, dass in der Folge mehrfach Erhöhungen des nach § 45 Abs 1 MRG erhöhten Mietzinses erfolgt seien, weswegen von einem stillschweigenden Verzicht auf jegliche rückwirkende Erhöhungen ausgegangen werden könne. Zwar erfasse das Klagebegehren auch einen Mietzinsteilbetrag von 245,12 EUR netto, der auf April 2013 entfalle. Dabei handle es sich unter Berücksichtigung der Anhebungsregel des § 46b MRG aber ebenfalls um einen „vergangenen“ Anhebungsteilbetrag. Darüber hinaus würden die festgestellten Vorgänge auch die Annahme eines Verzichts auf die Anhebung des Mietzinses gemäß § 46 Abs 2 MRG für die Zukunft rechtfertigen.

Die Frage des Fenstertausches sei für die Beurteilung der Erhöhungsmöglichkeit nach § 46 Abs 2 MRG unbeachtlich, weil derartige Umstände von den Parteien ursprünglich überhaupt nicht releviert worden seien. Der Austausch der Fenster im Jahr 1980 sei schon vom Zeitraum her iSd § 10 MRG nicht mehr relevant, jener aus dem Jahr 2002 habe für die Vorgänge im Jahr 2001 noch keine Rolle spielen können.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Dabei ging es ebenfalls von einem stillschweigenden Verzicht der Klägerin auf jede rückwirkende, aber auch künftige Erhöhungen nach § 46 Abs 2 MRG aus und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage eines stillschweigenden Verzichts auf Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem höchst zulässigen Betrag nach § 46 Abs 2 MRG auch für die Zukunft soweit für das Berufungsgericht überschaubar keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, weil eine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen zu korrigieren ist; sie ist im Sinne ihres Eventualantrags auch berechtigt.

1. Gemäß § 46 Abs 2 MRG darf der Vermieter vom in das Hauptmietrecht Eintretenden, sofern er nicht dem Personenkreis des § 46 Abs 1 MRG angehört, ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Wohnung nach § 16 Abs 2 bis 6 MRG im Zeitpunkt des Eintritts zulässigen Betrag, höchstens aber [derzeit] 3,43 EUR je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat, verlangen, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger ist. Diese Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses darf der Vermieter in den Fällen des § 46 Abs 1 MRG auch ab dem Zinstermin begehren, zu dem alle dort genannten Eintretenden auf Dauer die Wohnung verlassen haben oder volljährig geworden sind. Der dem Vermieter im Gegenzug für einen ihm aufgedrängten Mietvertragspartner zustehende Mietzinserhöhungsanspruch entsteht dem Grunde nach schon durch den Eintritt in den Mietvertrag (vgl 5 Ob 174/12t = wobl 2013/67).

2. Die Bestimmung des § 46 Abs 2 MRG sieht keine Präklusivfrist vor, innerhalb der das Recht zur Anhebung ausgeübt werden müsste (dazu 2 Ob 546/95), weswegen

der Vermieter eine Erhöhung des Hauptmietzinses innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist auch rückwirkend geltend machen kann (RIS Justiz RS0048293). Die Ausübung des Rechts selbst ist nur durch die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB begrenzt ( T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 46 MRG Rz 9).

3. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Weiterführung des Mietverhältnisses als Alleinmieter durch den Beklagten nach dem Tod seiner Mutter grundsätzlich den Erhöhungstatbestand nach § 46 Abs 2 MRG begründete. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen liegt auch kein Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung ihres Rechts nach dieser Bestimmung vor.

3.1 Bei der Beurteilung der Frage, ob ein schlüssiger Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist besondere Zurückhaltung und Vorsicht geboten (RIS-Justiz RS0014190). Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS-Justiz RS0014190; RS0014229) und kein Zweifel möglich ist, dass das Verhalten des Berechtigten den Verzichtswillen zum Ausdruck bringen soll (RIS-Justiz RS0014217).

3.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann ein (schlüssiger) Verzicht auf Aufwertungsbeträge nur dann angenommen werden, wenn im Hinblick auf das Vorliegen besonderer Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ernstlich gewollt ist und der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche sowie unter Berücksichtigung aller Umstände den zweifelsfreien Schluss ziehen durfte und auch tatsächlich gezogen hat, dass der Berechtigte ernstlich auf seinen Anspruch verzichtet; dabei sind an einen schlüssigen Verzicht auf die Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses hinsichtlich erst zu leistender Beträge strengere Anforderungen zu stellen als hinsichtlich bereits eingeforderter, bezahlter und unbeanstandet entgegengenommener Beträge (5 Ob 582, 583/90 mwN; vgl auch 6 Ob 2243/96p = wobl 1998/53 [ Schauer ]; RIS-Justiz RS0014189; Würth in Rummel , ABGB³ §§ 1092 bis 1094 Rz 19).

3.3 Zwar wurde von einem Teil der Rechtsprechung ein schlüssiger Verzicht des Bestandgebers auf die Nachzahlung vereinbarter Aufwertungsbeträge etwa dann bejaht, wenn der Vermieter unaufgewertete Bestandzinse vorschrieb und die entsprechenden Zahlungen des Bestandnehmers für einen längeren Zeitraum unbeanstandet entgegennahm (RIS-Justiz RS0014387; Schubert in Rummel , ABGB³ §§ 988, 989 Rz 11). Begründet wurde diese Ansicht damit, dass es in solchen Fällen gegen Treu und Glauben verstoße, eine Zinsnachzahlung zu begehren, die der Bestandnehmer vielleicht dann gar nicht mehr leisten könne, wobei der Bestandgeber aber aus der Nichtzahlung dennoch die Rechtsfolge der vorzeitigen Auflösung des Bestandvertrags ableiten könnte (6 Ob 2243/96p mwN; RIS Justiz RS0014192). Dem zuletzt erwähnten Argument ist der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 2 Ob 63/08s (immolex 2009/68 [ Edelhauser ]) unter Hinweis auf einen Teil der Lehre ( Harrer in Schwimann , ABGB³ § 1444 Rz 17; Schaue r, wobl 1998/53 [Glosse]) mit der Begründung entgegengetreten, dass der Bestandnehmer durch die kurze Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB ohnedies vor übermäßigen Nachzahlungen geschützt ist. Allein der zeitlichen Komponente kommt damit für die Annahme eines schlüssigen Verzichts auf eine Aufwertung des Bestandzinses noch keine ausschlaggebende Bedeutung zu. So stellt etwa selbst die Nichteinforderung des erhöhten Mietzinsbetrags aufgrund einer Zinsanpassungsklausel über einen Zeitraum von 20 Jahren keinen schlüssigen Verzicht auf künftige Erhöhungsbegehren dar (1 Ob 202/07y = RIS-Justiz RS0014193 [T7] = RS0014190 [T36]).

3.4 Die der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Beurteilung eines schlüssigen Verzichts auf die Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses zugrunde liegenden Wertungen kommen auch hier zum Tragen. Die bloße Unterlassung der Geltendmachung der Erhöhung des Hauptmietzinses auf den Höchstbetrag nach § 46 Abs 2 MRG auch über einen längeren Zeitraum begründet damit noch keinen schlüssigen Verzicht (vgl 2 Ob 546/95; 5 Ob 166/08k). Ohne Vorliegen besonderer, im jeweiligen Einzelfall für einen schlüssigen Verzicht sprechender Umstände ist daher davon auszugehen, dass der Bestandgeber innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist auch ein Erhöhungsbegehren nach § 46 Abs 2 MRG rückwirkend geltend machen kann (vgl RIS-Justiz RS0048293).

4. Die Vorinstanzen gründen ihre Beurteilung, wonach die Klägerin auf eine Erhöhung gemäß § 46 Abs 2 MRG schlüssig verzichtet habe, im Wesentlichen auf den zwischen den auch damals bereits anwaltlich vertretenen Streitteilen im Jahr 2001 geführten Schriftverkehr. Danach ist der Beklagte durch seinen Rechtsvertreter dem Erhöhungsbegehren der Klägerin mit dem Hinweis entgegengetreten, dass die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 46 Abs 2 MRG aus rechtlichen Erwägungen nicht vorlägen. In der Folge hat die Klägerin eine auf § 45 MRG gestützte Erhöhung des Hauptmietzinses geltend gemacht, die der Beklagte ebenso wie die nachfolgenden Erhöhungen des auf Grundlage dieser Gesetzesstelle gebildeten Hauptmietzinses akzeptiert hat, ohne dass das ursprüngliche Begehren der Klägerin weiter thematisiert worden wäre. Das Verhalten der Klägerin hat damit bis zum Schreiben vom 15. 3. 2013 faktisch der vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht entsprochen, nach der die Weiterführung des Mietverhältnisses durch ihn nach dem Tod seiner Mutter kein Recht auf Anhebung des Mietzinses nach § 46 Abs 2 MRG begründe. Ein Verhalten, das der (unrichtigen) Annahme entspricht, dass ein solches Recht gar nicht bestehe, ließ für den Beklagten aber gerade den für die Annahme eines schlüssigen Verzichts erforderlichen eindeutigen, zweifelsfreien und zwingenden

Schluss nicht zu, die Klägerin habe auf ein ihr tatsächlich zustehendes Recht endgültig aufgeben wollen. Dass die Klägerin eine auf § 45 Abs 1 MRG gestützte Erhöhung begehrte, ist ebenfalls eine Folge der vom Beklagten vertretenen Auffassung, der Klägerin stehe ein Anspruch nach § 46 Abs 2 MRG nicht zu, und rechtfertigt damit ebenfalls nicht den Schluss auf einen darauf gerichteten Verzicht der Klägerin.

5. Aus der in § 46b MRG verwendeten Formulierung „sein Anhebungsbegehren“ wird abgeleitet, dass der Gesetzgeber nur ein einziges Anhebungsbegehren im Auge hatte (5 Ob 302/02a = RIS Justiz RS0117695; vgl auch T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch aaO Rz 4 zu § 46b MRG), wenn nicht ein Fall schrittweiser Anhebung nach § 46a Abs 2 bis 4 MRG vorliegt. Da entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ein schlüssiger Verzicht der Klägerin auf ihr Anhebungsrecht nicht vorliegt, erübrigt sich auch eine Unterscheidung zwischen einer rückwirkenden und künftigen Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß § 46 Abs 2 MRG. Sie kann eine Erhöhung des Hauptmietzinses innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist auch rückwirkend geltend machen (vgl 5 Ob 174/12t). Dem stehen auch die vom Beklagten angeführten Investitionen für einen Fenstertausch in den Jahren 1980 und 2002 nicht entgegen, weil nach § 46 Abs 2 vorletzter Satz MRG eine Anhebung des Hauptmietzinses nur so lange nicht zulässig wäre, als dem Hauptmieter unter Annahme einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses für vor dem 1. 3. 1994 getätigte Aufwendungen noch Ersatzansprüche nach § 10 MRG zustünden. Davon kann für die Investitionen des Beklagten im Jahr 1980 schon nach seinem Vorbringen nicht ausgegangen werden. Die von ihm im Jahr 2002 getätigten Investitionen sind, worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, hier nicht von Relevanz. Auf die übrigen Argumente der Klägerin, die sie gegen das Vorliegen eines schlüssigen Verzichts vorbringt, und zum Teil auch zum Gegenstand ihrer Mängelrüge macht, muss nicht mehr eingegangen werden.

6. Für die Verwirklichung des Auflösungstatbestands des § 1118 zweiter Fall ABGB genügt generell objektiver Verzug des Bestandnehmers, ein Verschulden an den eingetretenen Rückständen ist nicht erforderlich (5 Ob 177/11g; RIS-Justiz RS0020991). Der Beklagte hat eine prozessuale Aufrechnungseinrede erhoben und sich dazu auf Investitionen für den Fenstertausch in den Jahren 1980 und 2002 berufen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Berechtigung der Auflösungserklärung ist der Zeitpunkt ihrer Zustellung. Ein zu diesem Stichtag bestehender Zinsrückstand ist mangels einer bis dahin erfolgten Aufrechnungserklärung ungeachtet des Bestands allfälliger aufrechenbarer Gegenforderungen nicht getilgt (RIS Justiz RS0021065). Die Vertragsauflösung nach § 1118 zweiter Fall ABGB wird daher durch eine erst nach Zugang der Auflösungserklärung ausgesprochene Aufrechnung (hier durch die prozessuale Aufrechnungseinrede) nicht berührt (1 Ob 30/05a = SZ 2005/54).

7. Sind jedoch, wie hier, die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG anzuwenden, kann der Mieter das nachträgliche Unwirksamwerden der bereits wirksam abgegebenen Auflösungserklärung bewirken, wenn er den geschuldeten Betrag zahlt und nachweist, dass ihn an dem eingetretenen Rückstand kein grobes Verschulden trifft (5 Ob 177/11g mwN; vgl auch RIS Justiz RS0021103). Der Beklagte hat im Verfahren erster Instanz eingewendet, dass ihn an einem allfälligen Mietzinsrückstand kein grobes Verschulden treffe, und dazu auf die unklare Rechtslage verwiesen. In einem solchen Fall entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass bei einer Verbindung von Leistungs- mit Räumungsbegehren über den behaupteten Zahlungsrückstand zwingend mit Teilurteil zu entscheiden ist (RIS Justiz RS0111942; vgl auch T. Hausmann aaO § 33 MRG Rz 43 mwN).

8. Der Erstrichter hat in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. 10. 2013 mit Bezug auf den vom Beklagten eingewendeten Verzicht erklärt, die Verhandlung insofern auf den Grund des Anspruchs einzuschränken, als zunächst die Berechtigung der Klägerin zur Anhebung gemäß § 46 Abs 2 MRG geprüft werde, und dadurch den Parteien gegenüber zu erkennen gegeben, dass es ein Beweisverfahren zur Beurteilung der Höhe des Rückstands noch nicht abführen werde. Unter diesen Umständen ist der Hinweis in den Feststellungen des Erstgerichts, wie die Klägerin in ihrem Schreiben vom 15. 3. 2013 die von ihr unter Berufung auf § 46 Abs 2 MRG vorgenommene Erhöhung berechnet habe, und welcher Differenzbetrag zu dem vom Beklagten im korrespondierenden Zeitraum bezahlten Mietzins sich daraus berechne, auch keine taugliche Grundlage zur Fällung eines Teilurteils durch den Obersten Gerichtshof. Das führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen im gesamten Umfang und zur Zurückverweisung der Rechtsache an das Erstgericht, das im aufgezeigten Sinn ein Verfahren über den von der Klägerin geltend gemachten Mietzinsrückstand abzuführen haben wird.

9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 50 Abs 1 ZPO.

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