JudikaturJustiz15Os121/94

15Os121/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kamptner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Imran S***** und Ulrike E***** wegen des - zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 StGB) begangenen - Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 Z 3 SGG, teilweise als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Imran S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 19.April 1994, GZ 18 Vr 1562/93-53a, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr.Strasser, des Vertreters des Zollamts Feldkirch als Finanzstrafbehörde erster Instanz, Oberrat Mag.Fleischhacker, und des Verteidigers Dr.Litschauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Imran S***** laut den Punkten A I, A IV, A VI und A VIII des Urteilssatzes wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, sowie im Schuldspruch laut Punkt C des Urteilssatzes wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB teils demzufolge, teils gemäß § 290 Abs 1 StPO auch in den den Angeklagten S***** betreffenden Strafaussprüchen - jedoch unter Aufrechterhaltung der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung, über die Einziehung des sichergestellten Suchtgiftes gemäß §§ 13 Abs 1 und 16 Abs 3 SGG sowie über die Einziehung des sichergestellten (verfälschten) Reisepasses gemäß § 26 Abs 1 StGB - aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Imran S***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe

A/ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten (großen) Menge ausmacht, als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen ein- und ausgeführt bzw in Verkehr gesetzt, indem er

I/ von März 1992 bis August 1992 in Langenthal (Bern) und Oensingen (Solothurn) dem Sokol M***** insgesamt 300 Gramm Heroin kommissionsweise verkaufte;

IV/ im Oktober und November 1992 im Raume Oensingen und Basel gemeinsam mit (der diesbezüglich rechtskräftig verurteilten) Ulrike E***** Albert J*****, Ramush I***** und anderen Personen insgesamt 1,5 kg Heroin verkaufte bzw zum Verkauf weitergab;

VI/ Ulrike E***** (die bereits rechtskräftig verurteilt wurde, im März 1993 in Mannheim insgesamt 50 Gramm Heroin verkauft sowie 40 Gramm Heroin aus der Bundesrepublik in die Schweiz geschmuggelt und dem Beat S***** übergeben zu haben) dadurch zu diesen unter Punkt A V 1 und 2 des Anklagesatzes genannten Straftaten bestimmte, daß er ihr die 90 Gramm Heroin zum Weiterkauf übergab;

VIII/ Ulrike E***** (die bereits rechtskräftig verurteilt wurde, im Mai 1993 80 Gramm Heroin-Kokain-Gemisch aus Tschechien in die Bundesrepublik Deutschland geschmuggelt und in Mannheim verkauft zu haben) zu dieser unter Punkt A VII des Anklagesatzes genannten Straftat dadurch bestimmte, daß er ihr in Pilsen 80 Gramm Heroin-Kokain-Gemisch mit dem Auftrag übergab, diese nach Mannheim zu schmuggeln und dort zu verkaufen;

C/ am 16.September 1992 in Oensingen (Solothurn) außer dem Fall des Abs 1 Ulrike E***** mit Gewalt, nämlich durch Versetzen zahlreicher heftiger Schläge gegen Kopf und Oberkörper, zur Vornahme und Duldung des mehrmaligen Beischlafs genötigt,

und hiedurch (zu A I, A IV, A VI und A VIII) das Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 2 und Z 3 SGG und (zu C) das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich (zu A III) das in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangene Verbrechen nach § 12 Abs 1 dritter Fall und Abs 3 Z 3 SGG als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, (zu B II) das Vergehen nach § 16 Abs 1 fünfter Fall SGG, (zu D) das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB und (zu F) das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG als Beteiligter nach § 11 zweiter Fall FinStrG wird Imran S***** nach § 28 Abs 1 StGB, § 12 Abs 3 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Jahren und nach § 37 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 3,500.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zehn Monate Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.November 1964 in Smire (Kosovo) geborene "jugoslawische" (der Sache nach wohl: serbisch-montenegrinische) Staatsangehörige Imran S***** (zugleich mit der österreichischen Staatsbürgerin Ulrike E*****, deren Urteil durch ungenütztes Verstreichenlassen der Rechtsmittelfrist seitens des öffentlichen Anklägers und des Zollamtes Feldkirch in Rechtskraft erwachsen ist) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise in Form des Versuches nach § 15 StGB, teilweise in Form der Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB (A I, A III, A IV, A VI, A VIII), des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (B II)), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (C), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (D) sowie des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG als Bestimmungstäter nach § 11 "zweite Alternative" FinStrG (F) schuldig erkannt und nach § 12 Abs 3 SGG (zu ergänzen: § 28 Abs 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und gemäß § 37 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 3,500.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu zehn Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 StGB wurde die Vorhaft vom 5.Juli 1993, 0.30 Uhr, bis 19.April 1994, 20.45 Uhr, (ersichtlich sowohl auf die Freiheitsstrafe als auch auf die Geldstrafe) angerechnet. Gemäß §§ 13 Abs 1 und 16 Abs 3 SGG wurden die sichergestellten Suchtgifte und gemäß § 26 Abs 1 StGB der bei Imran S***** sichergestellte verfälschte Reisepaß eingezogen.

Nach dem Inhalt des erstgerichtlichen Schuldspruchs haben

(zu A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der großen Menge ausmacht, ein- und ausgeführt [bzw teilweise auszuführen versucht] und in Verkehr gesetzt, indem

I/ Imran S***** von März 1992 bis August 1992 in Langenthal (Bern) und Oensingen (Solothurn) - also jeweils in der Schweiz - dem Sokol M***** insgesamt 170 Gramm Heroin kommissionsweise verkaufte;

II/ Ulrike E***** zu dem von Pajazit T***** am 16.September 1992 begangenen Schmuggelversuch von 12,8 kg Heroin (51,8 %ig) aus Österreich in die Schweiz (St.Margareten) beitrug, indem sie ihn von der Schweiz nach Bludenz führte, damit dieser dort das Schmuggelfahrzeug zum unmittelbaren Schmuggel übernehmen konnte, und beim Grenzübertritt direkt vor ihm herfuhr;

III/ Imran S***** vor dem 16.September 1992 in der Schweiz über Ramush I***** den Pajazit T***** zu der unter A II angeführten Straftat dadurch bestimmte, daß er den Auftrag zum Schmuggel dieser 12,8 kg gab;

IV/ Imran S***** und Ulrike E***** im Oktober und November 1992 gemeinsam dem Albert J*****, dem Ramush I***** und anderen Personen im Raume Oensingen und Basel - demnach in der Schweiz - insgesamt 1,5 kg Heroin verkauften bzw zum Verkauf weitergaben;

V/ Ulrike E***** im März 1993

1. 10 Gramm Heroin in Mannheim - in Deutschland - verkaufte;

2. 40 Gramm Heroin in Mannheim verkaufte sowie (weitere) 40 Gramm Heroin aus Deutschland in die Schweiz schmuggelte und dem Beat S***** übergab;

VI/ Imran S***** (zu ergänzen: in Mannheim) die Ulrike E***** zu den unter A V angeführten Weiterverkäufen dadurch bestimmte, daß er ihr die 90 Gramm Heroin zum Weiterverkauf übergab;

VII/ Ulrike E***** im Mai 1993 80 Gramm Heroin-Kokain-Gemisch aus Tschechien in die Bundesrepublik Deutschland schmuggelte und in Mannheim verkaufte;

VIII/ Imran S***** die Ulrike E***** zu der unter A VII angeführten Straftat dadurch bestimmte, daß er ihr in Pilsen (Tschechien) 80 Gramm Heroin-Kokain-Gemisch mit dem Auftrag übergab, diese nach Mannheim zu schmuggeln und dort zu verkaufen;

(zu B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar

I/ Ulrike E***** ...

II/ Imran S***** am 5.Juli 1993 in Wilhelmsburg (NÖ) ein Briefchen Heroin besessen;

(zu C) Imran S***** am 16.September 1992 in Oensingen/Solothurn (Schweiz) außer dem Fall des Abs 1 die Ulrike E***** mit Gewalt, nämlich durch Versetzen zahlreicher heftiger Schläge gegen deren Kopf und Oberkörper, zur Vornahme und Duldung des mehrmaligen Beischlafs genötigt;

(zu D) Imran S***** im Juni 1993 bei einem Zollamt in Österreich einen jugoslawischen Reisepaß lautend auf Sokol M*****, in welchen er sein Foto eingeklebt hatte, mithin eine verfälschte öffentliche ausländische Urkunde, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, durch Vorweisen bei einem nicht bekannten Zollamt bei seiner Einreise aus "Jugoslawien" (gemeint: einem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens) zum Beweis eines Rechtes (zu ergänzen: und einer Tatsache), nämlich zum Nachweis [zu ergänzen: der berechtigten Einreise unter] einer falschen Identität, benützt (richtig: gebraucht);

(zu E) Ulrike E***** ...

(zu F) Imran S***** durch die unter A III angeführte Tat den Pajazit T***** dazu bestimmt, ein Suchtgift, auf welches Eingangsabgaben in der Höhe von 3,584.000 S entfallen und hinsichtlich dessen ein Schmuggel (nach Österreich) begangen worden war, (in Bludenz - US 12) an sich zu bringen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die allein auf die Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****, der keine Berechtigung zukommt.

Der Verteidiger beantragte in der Hauptverhandlung (586) die "Einvernahme der Zeugen, die der Angeklagte Imran S***** in seinem Brief vom 4.5.1994 [Beilage ./A der Kopien-Mappe] angeführt hat, zum Beweis dafür, daß er sowohl in der Schweiz als auch in Kosovo in ordentlichen gesellschaftlichen Verhältnissen gelebt, einen einwandfreien Leumund genossen und nie mit Drogen gehandelt hat, weiters zum Beweis dafür, daß er während seines Aufenthaltes mit Ulrike E***** in Kosovo dieser keine Drogen verschaffte und auch zum Beweis dafür, daß während der Beziehung zu Ulrike E***** diese von ihm nicht geschlagen wurde bzw nicht drogenabhängig gemacht wurde".

Das Schöffengericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, "daß die Beweisthemen zu unbestimmt sind und weil es sich um Negativ- bzw Erkundungsbeweise handelt" (586), bzw weil "das Beweisthema ungeeignet ist, auf die Entscheidung der Strafsache irgendeinen Einfluß zu üben" (US 25).

Der Beschwerde zuwider wurde der Angeklagte durch das bekämpfte (zutreffend begründete) Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Nach Inhalt und Zielsetzung läuft nämlich der in Rede stehende (allerdings schon vom Ansatz her verfehlte und zu unbestimmt gefaßte, daher einer sachlichen Erörterung nicht zugängliche) Antrag im Kern lediglich auf die Überprüfung des vom Angeklagten behaupteten einwandfreien Lebenswandels in der Schweiz und in Kosovo - demnach auf einen bloß für die Strafbemessung relevanten, vom Erstgericht ohnedies als Milderungsgrund berücksichtigten Umstand - hinaus. Sollte damit aber auch bewiesen werden, daß der Angeklagte die inkriminierten Delikte im Zusammenhang mit Heroin und die Vergewaltigung an Ulrike E*****

nicht begangen hat (vgl: " ... nie mit Drogen gehandelt"; "daß Ulrike

E***** von ihm nicht geschlagen ... wurde"), wäre der Nichtigkeitswerber bei der gegebenen Sachlage verpflichtet gewesen, im Beweisantrag jene Umstände konkret anzuführen, aus denen zu erwarten war, daß durch die Aussagen der in seiner Eingabe vom 4.Mai 1994 namentlich angeführten Zeugen seine leugnende Verantwortung tatsächlich bestätigt worden wäre (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 19 und 90). Im übrigen wird dem Angeklagten gar nicht vorgeworfen, der Ulrike E***** "in Kosovo Drogen verschafft" und/oder sie "drogenabhängig" gemacht zu haben. Schließlich könnte auch keiner der beantragten Zeugen bestätigen, daß "Ulrike E***** von ihm nicht geschlagen wurde", weil nach der Aktenlage während der Vergewaltigung keine dritte Person im Zimmer anwesend war, was nicht einmal der Angeklagte behaupten konnte (574). Abgesehen davon ist auf den aus später darzulegenden Erwägungen gefällten Freispruch im Faktum C zu verweisen.

Demnach erfolgte die Abweisung des gestellten Beweisantrages durch den Gerichtshof zu Recht, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Aus deren Anlaß war jedoch im Sinne der Anregung der Generalprokuratur gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß die Schuldsprüche laut den Punkten A I, A IV, A VI und A VIII sowie laut Punkt C des Urteilssatzes mit dem ungerügt gebliebenen, dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO wegen "des Fehlens der inländischen Gerichtsbarkeit" (vgl Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 9 b E 15 und die dort zitierte neuere Judikatur) behaftet ist.

Für die Reichweite der österreichischen Strafgerichtsbarkeit kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob es sich um eine Inlandstat oder um eine Auslandstat handelt. Für Inlandstaten gilt § 62 StGB, der die uneingeschränkte Geltung des Territorialitätsprinzips normiert und demzufolge die österreichischen Strafgesetze für alle Straftaten gelten, die im Inland von wem immer an wem immer begangen worden sind. Ob der Täter Inländer oder Ausländer ist, spielt ebensowenig eine Rolle wie die Nationalität des Opfers; maßgebend ist allein der inländische Tatort. Ein solcher liegt gemäß § 67 Abs 2 StGB im Sinne der geltenden Einheitstheorie vor, wenn der Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen, im Inland liegt (Leukauf/Steininger Komm3 Vorbem. §§ 62 ff RN 10 sowie § 62 RN 1 und § 67 RN 6; Liebscher im WK § 62 Rz 1 und § 67 Rz 9 ff). Dabei genügt es, wenn im Inland bloß ein Zwischenerfolg eingetreten ist oder nach den Vorstellungen des Täters hier hätte eintreten sollen (Leukauf/Steininger aaO § 67 RN 5; Liebscher aaO § 67 Rz 15).

Bei Auslandstaten ist zu unterscheiden, ob sie unabhängig von den Gesetzen des Tatortes nach österreichischem Strafrecht zu ahnden sind (§ 64 StGB) oder ob die Anwendbarkeit der österreichischen Strafgesetze davon abhängt, daß die Tat auch nach den Gesetzen des Tatortes mit Strafe bedroht ist, in welchem Fall (nur) bei Erledigung des Strafanspruchs im Ausland auch der inländische Strafanspruch erloschen ist (§ 65 StGB; neuerlich Leukauf/Steininger aaO Vorbem. § 62 ff RN 10 mwN; Liebscher aaO § 65 Rz 22 ff).

Gemäß § 64 Abs 1 Z 4 StGB werden seit dem Inkrafttreten des StRÄG 1987 nach den österreichischen Strafgesetzen unabhängig von den Strafgesetzen des Tatortes unter anderem die nach § 12 Suchtgiftgesetz 1951 von einem Ausländer im Ausland begangenen strafbaren Handlungen (schon, aber auch nur dann) bestraft, wenn durch die Tat österreichische Interessen verletzt worden sind oder der Täter nicht ausgeliefert werden kann. Dabei genügt für die Verletzung österreichischer Interessen "jeder Bezug der Tat zu Österreich", zB, wenn dem Täter das Suchtgift im Ausland zwecks Einfuhr nach Österreich überlassen wird oder wenn das Suchtgift nur durch Österreich durchgeführt werden soll (Leukauf/Steininger aaO § 64 RN 17 mit Judikaturhinweisen; Liebscher aaO § 64 Rz 33). Mit anderen Worten: Wurden durch die Auslandstaten der vorbezeichneten Art eines Ausländers österreichische Interessen nicht verletzt, ist (im Gegensatz zu Auslandstaten eines Österreichers, der in keinem Fall ausgeliefert werden darf - § 12 Abs 1 ARHG -, wie dies bei der Mitangeklagten E***** zutrifft) die österreichische Strafgewalt auch dann gegeben, wenn entweder die Auslieferung (etwa gemäß § 14 ARHG) unzulässig ist oder Bemühungen um die Auslieferung erfolglos geblieben sind. Seit dem StRÄG 1987 genügt es aber nicht mehr

(insoweit ist die bis dahin geltende Judikatur: EvBl 1982/79 = JBl

1982/270 = ÖJZ-LSK 1982/24; Foregger/Litzka SGG2 § 12 Anm XI;

überholt), daß die Auslieferung etwa bloß deshalb nicht erfolgte, weil es die dafür zuständigen Stellen, insbesonders die Staatsanwaltschaft, an der nötigen Initiative fehlen lassen hat (Leukauf/Steininger aaO § 64 RN 18).

In rechtsirriger Nichtbeachtung dieser vorgenannten Rechtsgrundsätze gelangte das Erstgericht zu den verfehlten Schuldsprüchen des Angeklagten S***** in den Punkten A I, A IV, A VI und A VIII des Urteilssatzes. Denn nach den diese Schuldsprüche tragenden Urteilskonstatierungen (US 2 ff, 9, 14 f) war (und ist) der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger, demnach Ausländer; bei all den genannten Straftaten lag der Tatort im Ausland (und zwar in den Fakten A I und A IV in der Schweiz, im Faktum A VI in Deutschland und im Faktum A VIII in Tschechien sowie in Deutschland) und in keinem der zitierten Fälle wurden österreichische Interessen verletzt. Nach der Aktenlage liegt aber auch kein Anhaltspunkt dafür vor, daß die Auslieferung des Beschwerdeführers in die drei genannten Staaten unzulässig wäre oder Bemühungen der zuständigen österreichischen Strafverfolgungsbehörden um dessen Auslieferung dorthin erfolglos geblieben seien.

Daraus folgt, daß die österreichischen Strafgesetze auf die in Rede stehenden Suchtgiftdelikte (A I, A IV, A VI und A VIII) nicht anzuwenden sind. Sonach ist das Urteil insoweit mit einem ungerügt gebliebenen, jedoch vom Obersten Gerichtshof - weil zum Nachteil des Beschwerdeführers ausschlagend - gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet.

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß bei den - (auch) in Österreich verwirklichten - Schuldspruchsfakten A III und F die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (zutreffend) ergangenen Schuldsprüche anders gelagert sind.

Bestimmungstäter im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB ist nämlich, wer einen anderen dazu veranlaßt, eine strafbare Handlung auszuführen, dh dafür ursächlich wird, daß sich dieser andere zu ihrer Ausführung entschließt (Leukauf/Steininger aaO § 12 RN 27). Gelingt es ihm, im Bestimmten den Tat(= Handlungs)entschluß zu erwecken, ist seine Tätigkeit abgeschlossen, der Erfolg somit eingetreten (Fabrizy im WK RN 67 zu § 12), unabhängig davon, ob in der Folge die Tat des unmittelbaren Täters vollendet wurde oder im Versuchsstadium geblieben ist. Letztere Fallgestaltung führt zufolge der faktischen Beziehung zwischen dem Bestimmenden und der zu verleitenden Tat allerdings nur zur Haftung des Bestimmenden wegen Versuchs des angesonnenen Delikts (Leukauf/Steininger aaO RN 38 und 39 zu § 12 sowie auch RN 35 zu § 64 und Fabrizy aaO RN 70 zu § 12).

Auf die vorliegenden Fälle bezogen bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer durch die am 16.September 1992 in der Schweiz über den Mittelsmann Ramush I***** an Pajazit T***** gerichtete telefonische Aufforderung, die bereits nach Österreich geschmuggelten 12,8 kg Heroin im präparierten PKW von Bludenz nach Solothurn zu bringen, mithin aus Österreich auszuführen, den Tatentschluß in Pajazit T***** erweckt hat (US 11 f), die inkriminierten Delikte in Österreich zu verüben, wobei hinsichtlich der Abgabenhehlerei des Genannten (Übernahme des von Ruzhdi B***** nach Österreich eingeschmuggelten Suchtgiftes) Deliktsvollendung eintrat, es hingegen hinsichtlich der Ausfuhr aus Österreich beim Versuch blieb.

Zur Aburteilung des Angeklagten S***** wegen des von ihm in der Schweiz begangenen Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (C) hingegen wäre ein österreichisches Gericht bei der vorhandenen Sachkonstellation gemäß § 65 Abs 1 Z 2 StPO nur dann zuständig gewesen, wenn der im Inland betretene Beschwerdeführer aus einem anderen Grund als wegen der Art oder der Eigenschaft seiner Auslandstat nicht an das Ausland (Schweiz) ausgeliefert werden könnte. Ein Auslieferungshindernis der genannten Art (etwa Fehlen der identen Norm; Vorliegen eines politischen Deliktes; rechtsverbindliche Erklärung der schweizerischen Regierung, daß die Auslieferung nicht begehrt wird oder Entfall der Strafbarkeit nach § 65 Abs 4 StGB) ist der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Aus all dem folgt, daß auch der Schuldspruch des Imran S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung rechtsirrig (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) ergangen ist.

Den aufgezeigten materiell-rechtlichen, dem Angeklagten S***** zum Nachteil gereichenden Nichtigkeitsgrund hatte der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzugreifen, die davon berührten Schuldsprüche zu kassieren und insoweit - in der Sache selbst erkennend - den Angeklagten von dem wider ihn erhobenen Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen.

Diese Sachentscheidung hätte an sich nur eine Neubemessung der nach dem allgemeinen Strafrecht (hier: nach § 12 Abs 3 SGG) verhängten Freiheitsstrafe erforderlich gemacht, nicht aber auch eine Neubemessung der nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Geldstrafe, weil der Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG unberührt blieb (RZ 1993/83, 13 Os 21/93, 11 Os 44/78; aM 14 Os 30/92). Dem Schöffengericht, das keine gesonderten Strafzumessungserwägungen für die beiden Strafaussprüche anstellte, unterlief indessen ein als Nichtigkeit beider Strafaussprüche iSd § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO anzusehender Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil es ungeachtet der gesonderten Sanktion für das Finanzvergehen ein Zusammentreffen zweier Verbrechen mit drei Vergehen als erschwerend wertete, also auch das Finanzvergehen unzulässigerweise in den Erschwerungsgrund des § 33 Z 1 StGB miteinbezog (SSt 56/63, 15 Os 1/93, 11 Os 33/92, 15 Os 69/91, 12 Os 138/90 uam).

Auch diese vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeit war von Amts wegen aufzugreifen und daher der Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz ebenfalls aufzuheben.

Bei der Neubemessung der nach § 12 Abs 3 SGG iVm § 28 Abs 1 StGB zu verhängenden Freiheitsstrafe wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen (A III, B II, D), die ungewöhnlich hohe Heroinmenge überdurchschnittlicher Qualität, die Gewinnsucht des Angeklagten und den Umstand, daß er den Reisepaß nicht nur gebraucht, sondern auch selbst verfälscht hat, als erschwerend, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, dessen Geständnis zum Faktum D und die behördliche Sicherstellung des Heroins als mildernd. Bei der Strafneubemessung für das Finanzvergehen war kein Umstand erschwerend, der bisher ordentliche Lebenswandel hingegen mildernd.

In Abwägung der Zahl und des Gewichtes der aufgezählten Strafzumessungsgründe sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB sowie § 23 Abs 1 bis 3 FinStrG) entspricht die nach § 12 Abs 3 SGG (Strafdrohung ein bis fünfzehn Jahre) ausgemessene Freiheitsstrafe von acht Jahren ebenso wie die nach § 37 Abs 2 FinStrG (kumulativ) verhängte Geldstrafe (Strafdrohung bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages von 3,584.000 S) im Betrag von 3,5 Mio S, im Fall deren Uneinbringlichkeit zehn Monate Ersatzfreiheitsstrafe, sowohl dem gravierenden Schuldgehalt als auch dem bedeutenden Unrechtsgehalt der Straftaten.

Sohin war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtssätze
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