JudikaturJustiz13Os117/10w

13Os117/10w – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. November 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Saadati als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ludovit K***** wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 3, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 12. August 2010, GZ 49 Hv 29/10z 46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der dem Schuldspruch I zu Grunde liegenden Taten nach § 130 vierter Fall StGB, im Schuldspruch II sowie demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die auf die Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ludovit K***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und (richtig:) 3, 130 vierter Fall StGB (I) sowie mehrerer Vergehen der Annahme, der Weitergabe oder des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit vom 18. Mai 2010 bis zum 20. Mai 2010 in Sautern im einverständlichen Zusammenwirken mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter

(I) in drei Angriffen im Urteilstenor genannten Geschädigten ein Rennfahrrad, einen Fahrradhelm, Fahrradschuhe und handschuhe, ein Mountainbike, fünf Softgewehre, eine Softpistole, einen Werkzeugkoffer und diverses Zubehör im Gesamtwert von rund 7.100 Euro gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in Gebäude und Aufbrechen von Sperrvorrichtungen weggenommen sowie

(II) zwei falsche englische Kennzeichentafeln mit dem Vorsatz besessen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich in eigenen Beweiswerterwägungen zur vom Erstgericht den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend als unglaubwürdig verworfenen (US 5 bis 7) Verantwortung des Beschwerdeführers und wendet sich somit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) auf die Annahme von Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) anstelle unmittelbarer Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) zielt, geht sie schon im Ansatz fehl, weil die Beteiligungsform nach § 12 StGB kein Gegenstand der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO ist ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 646).

Die Behauptung, Gewerbsmäßigkeit (hier: § 130 StGB) setze unmittelbare Täterschaft voraus, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass zum Nachteil des Angeklagten mehrfach das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Gewerbsmäßigkeit setzt voraus, dass es dem Täter darauf ankommt, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung eine zumindest für einen längeren Zeitraum wirksame Einkommensquelle zu erschließen ( Jerabek in WK² § 70 Rz 7). Da das angefochtene Urteil zur insoweit wesentlichen zeitlichen Komponente keine Feststellungen trifft, sondern sich ohne jeden Sachverhaltsbezug in der Wiedergabe der verba legalia erschöpft (US 5), leidet es hinsichtlich des Schuldspruchs I an einem Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 8).

Der Tatbestand des § 224a StGB bezieht sich ausschließlich auf besonders geschützte Urkunden iSd § 224 StGB. Nach den Urteilskonstatierungen besaß der Angeklagte falsche englische Kennzeichentafeln (US 5), also falsche ausländische öffentliche Urkunden. Diese sind aber nur dann vom Schutzbereich des § 224 StGB umfasst, wenn sie durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, was auf ausländische Kfz Kennzeichentafeln gerade nicht zutrifft ( Kienapfel/Schroll in WK² § 224 Rz 38).

Die Subsumtion nach § 130 vierter Fall StGB (I) und der Schuldspruch II waren daher von Amts wegen schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die daraus resultierende Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird hinsichtlich der Falsifikate (II) nach entsprechender Information des Angeklagten (§ 262 erster Satz StPO) zu prüfen sein, ob im Fall hinreichender Ausführungsnähe (§ 15 Abs 2 StGB; vgl US 5, wonach der Angeklagte die Kennzeichentafeln „im Straßenverkehr verwenden wollte“) der Tatbestand des § 223 Abs 2 StGB im Stadium des Versuchs (§ 15 StGB) verwirklicht worden ist ( Kienapfel/Schroll in WK 2 § 224 Rz 66).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO, wobei die amtswegige Maßnahme von der Kostenersatzpflicht nicht umfasst ist ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12).

Rechtssätze
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