JudikaturJustiz13Os103/06f

13Os103/06f – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald W***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Juni 2006, GZ 10 Hv 92/06t-21, sowie dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald W***** des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB

(1.) und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. an einem nicht näher bekannten Tag Anfang Oktober 2005 in Leibnitz eine falsche Urkunde, nämlich den auf seinem Computer selbst erstellten, auf den Falschnamen Harald Lagner lautenden Führerschein im Rechtsverkehr durch Vorweisen bei Angestellten der Raiffeisenbank zum Nachweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich insbesondere seiner falschen Identität, gebraucht, mithin die im § 223 Abs 2 StGB mit Strafe bedrohte Handlung in Beziehung auf eine inländische öffentliche Urkunde begangen;

2. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Benützung eines falschen unbaren Zahlungsmittels oder einer falschen Urkunde zu einer Handlung verleitet, die diese oder andere am Vermögen schädigte, und zwar

a. in 10 Angriffen zwischen 28. und 31. Oktober 2005 in Wagna, Bezirk Leibnitz, Verantwortliche des Lokals S*****, durch die Vorgabe Harald Lagner zu heißen und zur Benützung der auf diesen Falschnamen ausgestellten Kreditkarte der American Express Bank Ltd berechtigt zu sein, zur Auszahlung von Bargeld (Schaden von Thomas L***** und Adelheid Wö***** insgesamt 6.000 Euro);

b. an einem nicht näher bekannten Tag im November 2005 in Wagna, Bezirk Leibnitz, Verantwortliche des Autohauses O***** durch die Vorgabe den Leasingvertrag für den Ankauf des PKW Ford C-Max finanzieren zu können und zu wollen, zur Übergabe des bezeichneten Fahrzeuges (Schaden über 3.000 Euro, jedoch nicht über 50.000 Euro);

c. in Neutillmitsch, Bezirk Leibnitz, Gottfried S***** durch die Vorgabe Ing. Hans Lagner zu heißen und ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, zur Herausgabe des PKW Audi A6 im Wert von 14.900 Euro, wobei es jeweils beim Versuch blieb, und zwar aa. am 16. Jänner 2006 auch durch die Benützung falscher Urkunden, indem er den Antrag für die Leasingfinanzierung mit dem angeführten Falschnamen und für die E***** KEG unterfertigte, sowie einen selbst erstellten Verdienstnachweis der Wi***** Gruppe über einen Nettoverdienst von 3.212,30 Euro vorlegte und eines falschen Beweismittels, indem er eine Farbkopie des zu Punkt 1. angeführten Führerscheins vorlegte;

bb. am 16. Februar 2006 auch durch die Benützung einer falschen Urkunde, indem er die Farbkopie eines selbst erstellten Beleges über die angeblich am 15. Februar 2006 erfolgte Einzahlung des Kaufpreises vorlegte;

d. am 7. Juli 2005 in Kaindorf auch durch die Benützung eines falschen Beweismittels, indem er die im Geburtsdatum und der Nummer veränderte Kopie seines Reisepasses vorwies, sowie weiters behauptete, über ein Jahresnettoeinkommen von 54.000 Euro zu verfügen, Verantwortliche der A***** Ltd Deutschland zur Ausstellung von zwei Kreditkarten, Small-Business-Gold-Card (laut S 195) und Gold-Card, wodurch infolge 16 Angriffen die A***** Ltd einen Vermögensschaden von 1.435,19 Euro erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten nominell aus Z 9 lit a iVm 10 (der Sache nach Z 10) des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Subsumtionsrüge geht mit dem gegen die „rechtliche Unterstellung des vom Schuldspruch erfassten Sachverhalts unter § 147 Abs 1 Z 1, 148 2. DF StGB" gerichteten Vorbringen, die zehn Tathandlungen zu Schuldspruch 2.a. seien - mangels jeweiligen Überschreitens der Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB oder Verwendung eines falschen unbaren Zahlungsmittels - jeweils für sich gesehen nicht als schwerer Betrug im Sinne des § 147 StGB zu beurteilen, über die Anordnung des § 29 StGB (vgl dazu auch 14 Os 65/99, JBl 2000, 262 mit Anm von Schmoller) hinweg. Sie leitet solcherart nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb trotz der erstgerichtlichen Feststellung, wonach sämtliche Tathandlungen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (teils im Sinne des § 147 Abs 1 Z 1, teils des § 147 Abs 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, begangen wurden (US 2, 6, 7, 8, 9), die - angestrebte - Beurteilung einzelner Taten nach § 146 StGB Einfluss auf die Zusammenfassung aller Betrugstaten zu einer Subsumtionseinheit und damit die rechtliche Unterstellung unter §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB haben sollte (§ 29 StGB; vgl Ratz in WK² § 29 Rz 1, 4 - 10; derselbe, WK-StPO § 281 Rz 401, 403, 568, 578, 588, 652; § 285d Rz 12; siehe im Übrigen Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148 Rz 6 ff).

Im Übrigen übersieht der Beschwerdeführer, dass nicht nur falsche, sondern auch entfremdete unbare Zahlungsmittel, die zur Täuschung benützt wurden, betrugsqualifizierend iS des § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB sind. Der Begriff der „entfremdeten" unbaren Zahlungsmittel, also solcher über die der Täter nicht oder nicht alleine verfügen darf, ist der Überschrift des § 241e StGB entlehnt (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 147 Rz 28/9). Darunter fallen auch „eigene" Kreditkarten, die der Täter - wie hier (US 6) - durch Täuschung vom Aussteller erlangt hat (vgl Schroll in WK² § 241e Rz 7 f). Dass das Erstgericht die vom Angeklagten durch Täuschung über seine wahre Identität von der A***** Ltd herausgelockte Kreditkarte irrig als „falsches" unbares Zahlungsmittel bezeichnet hat, ändert daran nichts.

Anzumerken bleibt, dass die Verwendung der einfachen Fotokopie einer falschen oder verfälschten Urkunde zur Täuschung eine qualifikationsbegründende Sonderform der Benützung der abgelichteten Urkunde darstellt, sodass die unter Punkt 2. c. aa des Schuldspruchs beschriebene Vorlage einer Farbkopie des gefälschten Führerscheins des Angeklagten als Urkundenbetrug zu qualifizieren ist (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 147 Rz 15 mwN; Kienapfel/Schroll in WK² § 223 Rz 219), während das Erstgericht demgegenüber rechtsirrig die Verwendung eines falschen Beweismittels (§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB) angenommen hat. Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen bestand zu einem amtswegigen Vorgehen des Obersten Gerichtshofs jedoch kein Anlass (vgl außerdem 11 Os 121/04 mwN). Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde zur Folge (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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