JudikaturJustiz11Os155/82

11Os155/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 1983

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Februar 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wanke-Czerwenka als Schriftführerin im Einziehungsund Verfallsverfahren betreffend Peter A und Fa Dr. Erich B Nachfolger wegen § 1 Abs 1 lit b und c PornG (§ 33 Abs 2 MedienG und § 3 f PornG) über die von den Beteiligten Peter A und der Fa Dr. Erich B Nachfolger gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 24. Juni 1982, GZ 4 Vr 3623/80-17, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Vertreters der Beteiligten Dr. Kurbos und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Fa Dr. Erich

B Nachfolger werden zurückgewiesen.

II. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Beteiligten Peter A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die objektive Verwirklichung des Tatbestandes nach dem § 1 Abs 1

lit b und c PornG auch in Beziehung auf die Filme 'Bruder und Schwester' (Punkt III B a), 'School Doctor' (Punkte III B 2 und V b), 'Piss Orgy' (Punkt III B 4) und 'Pussy Cat' (Punkt III B 5), die Tonbandkassette 'Nachhilfestunde' (Punkt IV B 1) und die Druckschriften 'Liebestaumel' (Punkt IV A 5), 'Weekend Sex Nr 39' (Punkt V A 2), 'Weekend Sex Nr 30' (richtig: Nr 38 - Punkt V A 3), 'Dame sucht Nr 4' (Punkt VIII A 1), 'Weekend Sex Nr 10' (Punkt VIII A 4), 'Zwinger Nr 3' (Punkt VIII A 5), 'Sweet Teens' (Punkt VIII A 8) und 'Weekend Sex Nr 7' (Punkt VIII A 10) sowie im Ausspruch über den Verfall der genannten Medienwerke aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Peter A teils zurückgewiesen, teils verworfen; seine Berufung wird zurückgewiesen. III. Desgleichen wird die Beschwerde über den Kostenpunkt zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß dem § 1 Abs 3 PornG in Verbindung mit dem § 33 Abs 2 MedienG 'und gemäß §§ 3 Abs 1 und 4 PornG' auf 'den Verfall' von Druckschriften, Tonbandkassetten und Filmen erkannt, weil durch die von den Versandfirmen 'Dr. Erich B Nachfolger', Halstenbeck, BRD, und 'H-Ges.m.b.H.', Wiesbaden, BRD, vorgenommene entgeltliche übermittlung von Exemplaren der betroffenen Werke an den Grazer Buchhändler Peter A der 'objektive Tatbestand' des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit b und c PornG erfüllt worden sei. Dabei handelt es sich um die Druckschriften 'Teenage Sex Nr 13', 'Sex Bizarre Nr 26', 'Sex Bizarre Nr 27', 'Partnertausch', 'Teenage Sex Nr 14', 'Teenage Sex Nr 6', 'Color Climax Nr 108', 'Exciting Nr 13', 'Teenage Sex Nr 15', 'Die unersättlichen Geschlechter', 'Liebestaumel', 'Bahnhofsmädchen', 'Sex im Schwimmbad', 'Film Index 81', 'Weekend Sex Nr 39', 'Weekend Sex Nr 30' (nach der Aktenlage: Nr 38), 'Weekend Sex Nr 45', 'Weekend Sex Nr 47', 'Eroticon Nr 3', 'Dame sucht Nr 4', 'Sex OM Special Nr 3', 'Ejakulation', 'Weekend Sex Nr 10', 'Zwinger Nr 3', 'Climax Live', 'Monster Memmen', 'Sweet Teens', 'Weekend Sex Nr 8' und 'Weekend Sex Nr 7', um die Filme 'Bruder und Schwester', 'School Doctor', 'Piss Orgy' und 'Pussy Cat', um den Videofilm 'Climax of Copenhagen' sowie um die Tonbandcassetten 'Nachhilfestunde', 'Die neue Nachtschwester', 'Feine Damen' und 'Lustfinger'.

Dieses Urteil bekämpfen Peter A und die Firma Dr. Erich B Nachfolger (letztere in Ansehung der von ihr gelieferten Medienstücke) mit gemeinsam ausgeführter Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, wobei jeder der Beschwerdeführer die Stellung eines Medieninhabers (Verlegers) reklamiert und die einem solchen im § 41 Abs 5 MedienG eingeräumte Rechtsmittelbefugnis beansprucht.

Auf keinen der Beschwerdeführer treffen allerdings die in der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 Z 8 MedienG umschriebenen Voraussetzungen zu, denen zufolge Medieninhaber (Verleger) ist, wer ein Medienunternehmen (§ 1 Abs 1 Z 6 MedienG) oder einen Mediendienst (§ 1 Abs 1 Z 7 MedienG) betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch 'Inverkehrbringen' (vgl Hartmann-Rieder RN 3 zu § 1 Z 8 MedienG) der Medienstücke besorgt. Diese alternative Definition ('oder sonst') der Z 8 l c soll keine wesensmäßige (medienrechtliche) Differenzierung zwischen Medieninhaber einerseits und Verleger anderseits schaffen, sondern trägt bloß dem Umstand Rechnung, daß Medienwerke nicht nur aus einem Medienunternehmen hervorgehen können (vgl Hartmann-Rieder, Erläuterungen zu § 1 Z 8 MedienG). Die inhaltliche Gleichstellung der Begriffe Medieninhaber und Verleger, wie sie in der Z 8 des § 1 MedienG zum Ausdruck kommt (vgl Foregger, MedienG, JAB zu den Z 6 und 8, S 18 und 19), bringt es aber mit sich, daß eine Person, deren Aufgabe sich in der Veranlassung oder Besorgung der Verbreitung eines Medienwerkes erschöpft, nicht als Verleger (im Sinn des MedienG) angesehen werden kann (vgl Hartmann-Rieder, RN 6 zu § 1 Z 8 MedienG sowie die nur unter diesem Gesichtspunkt verständlichen, auch den Verleger - im medienrechtlichen Sinn - betreffenden Vorschriften über die Redaktionsstatuten im § 5 Abs 2 MedienG, über das Veröffentlichungsbegehren im § 12 oder über das Impressum im § 24 MedienG.) Wer als Verleger in Betracht kommt, muß daher daneben auch an der inhaltlichen Gestaltung und Herstellung des Medienwerkes (zumindest) teilhaben.

Demgemäß sind Händler - wie die beiden Beschwerdeführer -, welche erst nach der 'Inverkehrbringung' bzw nach dem Erscheinen - also dem Heraustreten aus dem Bereich des Medienunternehmens - die (weitere) Verteilung der Medienstücke besorgen, keine Verleger (oder Medieninhaber) im Sinn des § 1 Abs 1 Z 8 MedienG.

Keinem der beiden Beschwerdeführer kommt daher die dem Medieninhaber (Verleger) vom Mediengesetz eingeräumte prozessuale Position zu. Allerdings schließen die ergänzenden Verfahrensbestimmungen des § 41 MedienG die Anwendung des § 444 Abs 1 StPO über die Beteiligtenstellung von Personen, die ein Recht auf die vom Verfall oder von der Einziehung bedrohten Sachen haben oder ein solches Recht geltend machen, nicht aus (anderer Meinung: 13 Os 72, 96/82). Die Sondernorm des § 41 Abs5

MedienG, welche (auch) dem Medieninhaber (Verleger) die Stellung eines Einziehungsbeteiligten einräumt, hat nämlich in ihrem Regelungsbereich keinen sich mit dem § 444 Abs 1

StPO deckenden und daher insoweit die Geltung der Strafprozeßordnung ausschließenden, sondern einen die genannte Bestimmung ergänzenden Inhalt, weil einem Medieninhaber (Verleger) an den von der Einziehung bedrohten Medienstücken selbst keine Privatrechte (im Sinn des § 444 Abs 1 StPO) zustehen müssen, er aber ungeachtet dessen als entfernter Beteiligter ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Abwendung der Einziehung oder überhaupt am Ausgang des Verfahrens gegen den unmittelbar Beteiligten (zB Eigentümer) haben kann (vgl in diesem Zusammenhang die Haftungsbestimmung des § 35 Abs 1 MedienG).

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall macht nun die Firma Dr. Erich B Nachfolger keine Rechte an den von der Einziehung bedrohten Sachen geltend, sondern leitet ihre Rechtsmittellegitimation lediglich aus der bloß behaupteten Position eines Medieninhabers (Verlegers) ab. Da dieser Firma eine derartige Stellung aber nicht zukommt, war sie unter diesem Gesichtspunkt weder zur Beteiligung am selbständigen Verfahren noch zur Ergreifung von Rechtsmitteln gegen das Urteil berechtigt, weshalb ihre Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zurückzuweisen waren.

Hingegen stützte der Beschwerdeführer Peter A seine Verfahrensbeteiligung auch auf die Behauptung, Eigentümer der betroffenen Sachen zu sein (ON 11 d.A), in welcher Eigenschaft er als Einziehungsbeteiligter im Sinn des § 444 Abs 1 StPO zur Bekämpfung des Urteils legitimiert ist. Soweit allerdings in der aus dieser Erwägung zulässigen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Peter A unter verschiedenen Gesichtspunkten Verstöße gegen den § 33 Abs 4

MedienG releviert werden, genügt der generelle Hinweis, daß der Beschwerdeführer nach dem Gesagten nicht Medieninhaber (Verleger) ist und es daher an einem von einem Berechtigten gestellten Antrag im Sinn der genannten Gesetzesstelle fehlt, weshalb das Unterbleiben eines gerichtlichen Auftrags, die Wahrnehmbarkeit der die strafbare Handlung begründenden Stellen von einer weiteren Verbreitung der Medienstück zu beseitigen, keine Beeinträchtigung von bezüglichen Rechten des Beschwerdeführers zur Folge haben konnte. Auf diesen Teil des Vorbringens erübrigt es sich daher weiter einzugehen. Der Beteiligte Peter A stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde nominell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 1, 2, 3, 4, 5, 9 lit a ('allenfalls 10') und 11 des § 281 Abs 1 StPO

Dem unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 1 und 3 des § 281 Abs 1 StPO erstatteten Vorbringen, daß der Gerichtshof bei Fällung der Entscheidung möglicherweise nicht gehörig besetzt war und außerdem das Ersturteil nicht verkündet wurde, ist durch den Inhalt des Beratungsprotokolls (ON 16 d.A) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. September 1982, ON 21 d.A, der Boden entzogen. Sollte die Wiederherstellung der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung vor der Urteilsverkündung unterblieben sein, wäre darin zwar ein Verstoß gegen den § 231 (letzter Satz) StPO zu erblicken, jedoch könnte insoweit eine Nichtigkeit im Sinn der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO schon deswegen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß eine solche Formverletzung auf die Entscheidung keinen nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO).

Der Beschwerdeführer Peter A erblickt in der seiner Antragstellung zuwiderlaufenden Verwendung der sichergestellten Exemplare der eingezogenen Medienwerke im Rahmen der Beweisführung in der Hauptverhandlung eine Nichtigkeit im Sinn der Z 2 und 4 des § 281 Abs 1 StPO, weil diese Beweisstücke gesetzwidrig beschlagnahmt worden seien. Abgesehen davon, daß der § 281 Abs 1 Z 2 StPO nur die Verlesung eines Schriftstücks über einen ausdrücklich im Gesetz für nichtig erklärten Vorgang des gerichtlichen Vorverfahrens betrifft (Foregger-Serini, StPO3, 341) und derartige Umstände vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt werden, ist zudem die hiezu vertretene Auffassung verfehlt, daß die Beschlagnahme nur unter den Voraussetzungen des § 146 StPO zulässig gewesen wäre. Nach der Aktenlage wurde die Beschlagnahme der Beweisgegenstände von der gemäß dem § 24 StPO einschreitenden Bundespolizeidirektion Graz vorgenommen und in der Folge vom Gericht aufrecht erhalten, nachdem das Zollamt Graz anläßlich der Zollabfertigung der betroffenen Ware in Erfüllung der Verpflichtung nach dem § 84 StPO eine Strafanzeige erstattet hatte. Selbst wenn alle Beweisgegenstände vor der Amtshandlung des Zollamtes Graz im Postweg befördert worden sein sollten - wie das Erstgericht annahm (S 146 d. A) -, war die Beschlagnahme durch die §§ 98 und 143 StPO gedeckt (siehe hiezu Mayerhofer, Beschlagnahme von Postsendungen, in ÖJZ 1968, 235). Die Vorschriften der §§ 146 ff StPO schließen grundsätzlich die Beschlagnahme einer bestimmten Postsendung nicht aus, sondern enthalten Sonderregelungen im Blick auf Art 10 Staatsgrundgesetz, der sich im übrigen nur auf 'Briefe' im eigentlichen Sinn bezieht (VfSlg 938, siehe bei Mayerhofer-Rieder, Pkt 6 zu § 145 StPO).

Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Vorschriften des § 36 MedienG und der im Zeitpunkt der Beschlagnahmeverfügung in Geltung gestandenen §§ 37 f PresseG vermögen seinen Standpunkt nicht zu stützen, weil darin die Beschlagnahme aller (zur Verbreitung bestimmten) Medienstücke (bzw Druckwerke im Sinn des Pressegesetzes) einer Auflage geregelt ist, nicht aber die im vorliegenden Fall behördlich verfügte Sicherstellung einzelner Exemplare zu Beweiszwecken. Die von einer Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme ausgehende Verfahrensrüge erweist sich somit schon von ihrer Prämisse her als unbegründet.

Der in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Mängelrüge erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe die Beweismittel nicht angegeben, auf welchen die Feststellungen über den Inhalt der Medienwerke beruhen, versagt ebenfalls, weil dem Ersturteil ohnehin zu entnehmen ist, daß Konstatierungsgrundlage die Besichtigung bzw Anhörung der Medienwerke in der Hauptverhandlung war. Bei seinem auf gleicher Ebene liegenden Einwand, dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 24. Juni 1982 könne eine Beweisaufnahme durch Anhörung der Tonbandkassetten 'Nachhilfestunde' und 'Die neue Nachtschwester' nicht entnommen werden, übersieht der Beschwerdeführer auch, daß ein derartiger Verfahrensvorgang ausdrücklich beurkundet ist (S 142 f

Rechtssätze
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