JudikaturBVwG

W200 2317719-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
06. Oktober 2025

Spruch

W200 2317722-1/4E

W200 2317719-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen

1. die festgestellte Höhe im Behindertenpass, OB: 63810957100068, ausgestellt am 16.06.2025 durch das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS), und

2. den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 13.06.2025, OB: 63810957100070, betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass

beschlossen:

A)

1. In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.

2. In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG sowohl gegen A) 1. als auch gegen A) 2. nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 vom Hundert (vH) bzw. Prozent und u. a. der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Dem letzten zugrundeliegenden Gutachten vom 19.09.2022 ist folgende Einstufung zu entnehmen:

„Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.“

Zudem wurde eine Nachuntersuchung für 08/2024 festgelegt, da eine Besserung von Leiden 1 möglich schien.

Zur „Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ war im Gutachten u. a. Folgendes festgehalten worden:

„es besteht ein merklich eingeschränktes Gangbild, es wird ein Einpunktstock verwendet, wobei eine merkliche Stand- und Gangunsicherheit besteht. In Zusammenwirken mit dem festgestellten organischen Psychosyndrom und der expressiven Sprachstörung ist eine maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichend begründbar“.

Gegenständliche Verfahren:

Die (aufgrund der Befristung gestellten) Anträge des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises sowie eines Behindertenpasses (mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“) langten am 10.10.2024 beim Sozialministeriumservice (in der Folge: SMS; belangte Behörde) ein.

Vom Beschwerdeführer wurden mehrere (medizinische) Unterlagen nachgereicht.

Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.04.2025 erstatteten Gutachten vom 22.04.2025 stellte der Gutachter einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 Prozent fest. Ein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Gutachten nicht (mehr) festgestellt.

Soweit hier von Relevanz wurde in diesem Gutachten Folgendes festgehalten:

„Derzeitige Beschwerden:

Der AW selbst kann kaum etwas zu seinen Problemen sagen, da er deutliche Schwierigkeiten in der Expression hat (dies bei Vorgutachten nicht auffällig, damals Wortfindungsstörungen bzw. motorische Teilaphasie im Neuro-Status) […]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief Intern kardiologische angiologische Gruppenpraxis, 13.11.2024

arterielle Hypertonie, St. p. ICB hochparietat links 12/18, mittelgradige AS, NIDDM, CAVK I

Befundbericht Klink Ottakring, 5. Med. Ambulanz, 14.5.2024

Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie, CAVK Plaques 20%, HP rechts, Aphasie, kognitive Störung, T2Diabetes mellitus (OAD), arterielle Hypertonie, mittelgradige AS, Hyperurikämie, Gichtarthrose, Steatosis hepatis

Mitgebrachter Befund

Befundbericht Klinik Ottakring, Lipidambulanz, 18.1.2023

Diagnosen idem

Untersuchungsbefund: […]

Klinischer Status – Fachstatus:

HN: stgl. unauffällig

Sprache: vorbekannte expressive Teilaphasie, heute expressiv kaum möglich, eine Ostentation nicht auszuschließen

OE: links unauffällig, rechts: Schulterschmerz wird angegeben, grobe Kraft schwer prüfbar (Compliance), proximal KG 4, distal 4-5,

MER geringgradig erhöht rechts, VdA möglich, Tonus nicht erhöht, Feinmotorik rechts etwas eingeschränkt

UE: links unauffällig, rechts: grobe Kraft distal KG 4, proximal KG 4, Vorfußheben 3-4 (Ostentation?) Babinski negativ, MER rechtsbetont auslösbar

Gesamtmobilität – Gangbild:

Stand: unauffällig

Gang: mittelschrittig ohne Stockeinsatz ausreichend schnell und sicher möglich, geringe spast Komponente re

Status Psychicus:

aufgrund deutlicher Sprachbarriere sowie berichteter expressiver Aphasie eingeschränkt beurteilbar

Aufforderungen werden mit einer geringen Latenz jedoch adäquat durchgeführt, Stimmung ausgeglichen imponierend, keine produktive Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung, bezüglich eines vordiagnostizierten organischen Psychosyndroms keine sichere Aussage möglich

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 3 im GdB nicht angehoben, da kein maßgeblich ungünstiges Zusammenwirken besteht

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Hyperlipidämie – da Laborbefund, daraus keine kalkülsrelevante Funktionseinschränkung resultierend

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 1 wird um 2 Stufen niedriger eingestuft, da Verbesserung des Gangbildes, organisches Psychosyndrom nicht durch eine aktuelle psychologische Testung bestätigt bzw. graduier.t Leiden 3 wird um 1 Stufe höher eingestuft

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Absenkung des Gesamt GdB um 2 Stufen auf 50%

[…] Dauerzustand […]

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine, es besteht ein merklich, jedoch nicht maßgeblich eingeschränktes Gangbild, dem AW ist es möglich allenfalls unter Zuhilfenahme einfacher Hilfsmittel kurze Wegstrecken (300-400m) selbständig zurückzulegen, das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht maßgeblich beeinträchtigt, die Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum ist aspektmäßig nicht maßgeblich eingeschränkt, eine diesbezügliche psychologische Untersuchung zum Nachweis ausgeprägter Defizite liegt nicht vor.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Ja Nein Nicht geprüft

x Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie

oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach

Pos. 09.03. GdB: 20 v.H. […]

x Erkrankungen des Verdauungssystems, Hypertonie (Pos.05.01)

und Herzerkrankungen nach Pos. 05.02. sowie 05.05. bis 05.07.

GdB: 20 v.H.

Begründung:

Zusatzeintragung "Begleitperson" kann aufgrund der vorliegenden Befunde bzw. der Untersuchung ho. nicht weiter begründet werden“

Mit Schreiben vom 02.05.2025 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Beweisverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 13.06.2025 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass ihm ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent und den näher genannten Zusatzeintragungen ausgestellt werde.

Mit Schreiben vom 16.06.2025 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Behindertenpass.

Mit Bescheid vom 13.06.2025 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Es erfolgte fristgerecht die Erhebung einer Beschwerde sowohl gegen den Bescheid vom 13.06.2025 als auch gegen die im Behindertenpass festgestellte Höhe des GdB. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass der festgestellte GdB nicht angemessen sei und die tatsächlichen gesundheitlichen Einschränkungen nicht in vollem Umfang berücksichtige. Der Beschwerdeführer sei in erheblichem Maß in seiner Selbständigkeit eingeschränkt und auf tägliche Unterstützung angewiesen. Er sei pflegebedürftig und werde im häuslichen Umfeld ausschließlich von seiner Ehefrau gepflegt. Ein eigenständiges Nützen öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht möglich – sowohl aufgrund körperlicher als auch kognitiver Einschränkungen. Sogar grundlegende Alltagsverrichtungen wie Einkäufe, Arztbesuche oder die Körperpflege könnten nicht ohne Hilfe durchgeführt werden. Die dauerhafte Betreuung und Hilfe belegten, dass eine stärkere Beeinträchtigung vorliege als es der festgestellte GdB von 50 Prozent widerspiegle. Ein höherer GdB wäre gerechtfertigt.

Das SMS legte dem Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge die Akten zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die beiden zu beurteilenden Verfahren werden gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes sechs Wochen.

Gemäß § 26 Abs. 1 ZustG wird das Dokument, wenn die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet wurde, zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt.

Die Beschwerde vom 28.07.2025 gegen den am 16.06.2025 versandten Bescheid des SMS vom 13.06.2025 betreffend die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und die festgestellte Höhe im am 16.06.2025 ausgestellten Behindertenpass ist somit rechtzeitig.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde offensichtlich das Bescheiddatum mit dem Datum des Parteiengehörs vom 02.05.2025 verwechselt, mit welchem er darauf hingewiesen worden war, dass ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 Prozent bestehe und die medizinischen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nicht vorlägen.

Zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG:

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind (VwGH 27.01.2016, Ra 2015/08/0178, Rechtssatz 1).

Der Umstand, dass gegebenenfalls (punktuelle) ergänzende Einvernahmen durchzuführen wären, rechtfertigt nicht die Zurückverweisung; vielmehr wären diese Einvernahmen, sollten sie wirklich erforderlich sein, vom Verwaltungsgericht – zweckmäßigerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung – durchzuführen (VwGH 27.01.2016, Ra 2015/08/0178, Rechtssatz 4).

In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, Rechtssatz 1).

Wie im Verfahrensgang ausgeführt, beantragte der Beschwerdeführer in den vorliegenden Verfahren aufgrund der Befristung die neuerliche Ausstellung eines Behindertenpasses samt Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ sowie eines Parkausweises.

Der befasste Neurologe und Allgemeinmediziner hielt im aktuellen Gutachten vom 22.04.2025 unter „Derzeitige Beschwerden“ fest, dass der Beschwerdeführer deutliche Schwierigkeiten in der Expression habe, dies sei beim Vorgutachten nicht auffällig gewesen, damals seien Wortfindungsstörungen vorgelegen bzw. sei eine motorische Teilaphasie im Neuro-Status beschrieben worden.

Im „Status psychicus“ wurde festgehalten, dass dieser „aufgrund deutlicher Sprachbarriere sowie berichteter expressiver Aphasie eingeschränkt beurteilbar“ sei. Weiters führte der Sachverständige aus: „Aufforderungen werden mit einer geringen Latenz jedoch adäquat durchgeführt, Stimmung ausgeglichen imponierend, keine produktive Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung, bezüglich eines vordiagnostizierten organischen Psychosyndroms keine sichere Aussage möglich.“

Die Beurteilung von Leiden 1 im Gutachten gestaltet sich wie folgt:

Zur „Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ hielt der Gutachter zudem u. a. Folgendes fest: „die Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum ist aspektmäßig nicht maßgeblich eingeschränkt, eine diesbezügliche psychologische Untersuchung zum Nachweis ausgeprägter Defizite liegt nicht vor.“

Aufgrund der angeführten Ausführungen des Sachverständigen zur vorliegenden „deutlichen Sprachbarriere“, wird zunächst auf § 39a AVG hingewiesen:

„§ 39a. (1) Ist eine Partei oder eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, stumm, gehörlos oder hochgradig hörbehindert, so ist erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher (Amtsdolmetscher) beizuziehen. Die §§ 52 Abs. 2 bis 4 und 53 sind anzuwenden.

(2) Als Dolmetscher im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die Übersetzer.“

Aufgrund der bestehenden Sprachbarriere, die der Gutachter selbst im Gutachten festgehalten hat und wegen der aus dem Gutachten hervorgehenden fehlenden psychologischen Testung in Muttersprache, um die Ausprägung eines zusätzlichen organischen Psychosyndroms feststellen zu können, ist für den erkennenden Senat evident, dass der Sachverhalt ungeklärt ist und der Beschwerdeführer jedenfalls psychologisch (in seiner Muttersprache) zu begutachten ist (vgl. § 4 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung, wonach erforderlichenfalls Experten aus anderen Fachbereichen – beispielsweise Psychologen – zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen sind) und in weiterer Folge erneut von einem Facharzt/einer Fachärztin für Neurologie zu begutachten ist – dies in Anwesenheit eines Dolmetschers/einer Dolmetscherin für die Muttersprache des Beschwerdeführers.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte die Entscheidung über die Höhe des Gesamtgrades der Behinderung und über die beantragte Zusatzeintragung ohne hinreichende Ermittlungstätigkeiten bzw. hat das SMS bloß ansatzweise Ermittlungen getätigt.

Die Ausprägung eines zusätzlichen organischen Psychosyndroms ist unklar. Ebenso ist diese relevant für die Entscheidung über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“, zumal für die letzte Vornahme der Zusatzeintragung die Ausführungen im Gutachten vom 19.09.2022 maßgeblich waren, wonach „ein merklich eingeschränktes Gangbild [besteht], es wird ein Einpunktstock verwendet, wobei eine merkliche Stand- und Gangunsicherheit besteht. In Zusammenwirken mit dem festgestellten organischen Psychosyndrom und der expressiven Sprachstörung ist eine maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichend begründbar“. Zudem wurde im aktuellen Gutachten unter „Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ auf das Fehlen einer psychologischen Untersuchung betreffend die Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum hingewiesen.

Im weiteren Verfahren wird daher der Beschwerdeführer – nach psychologischer Begutachtung (inklusive entsprechender Testung) in seiner Muttersprache durch eine/einen vom SMS bestimmte/n Psychologin/Psychologen – jedenfalls zu einer Untersuchung zu einem Facharzt/einer Fachärztin für Neurologie zu laden sein. Der Untersuchung wird ein Dolmetscher/eine Dolmetscherin beizuziehen sein. Der Neurologe/die Neurologin wird im Gutachten die Ergebnisse der psychologischen Begutachtung zu berücksichtigen haben.

Ebenso wird im weiteren Verfahren das Beschwerdevorbringen zu berücksichtigen sein.

Nach Gewährung des Parteiengehörs an den Beschwerdeführer hat das SMS die Entscheidung zur Höhe des Gesamtgrades der Behinderung sowie zur beantragten Zusatzeintragung zu treffen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Der EGMR hat mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. VwGH 01.09.2022, Ra 2021/03/0163, mwN).

Der für diese Entscheidung maßgebliche Ermittlungsstand in den vorliegenden Verfahren ist aufgrund der Aktenlage geklärt. Die Akten lassen diesbezüglich erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG sowohl gegen A) 1. als auch gegen A) 2. nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.