Spruch
W208 2285083-1/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Fachinspektor XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Martin DERCSALY, Landstraßer Hauptstraße 146/6/B2, 1030 WIEN, gegen Spruchpunkt I. des Disziplinarerkenntnisses der Bundesdisziplinarbehörde vom 01.12.2023, GZ 2022-0.056.313-45, mit dem die Disziplinarstrafe der Geldbuße verhängt wurde, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgeben und Fachinspektor XXXX vom Vorwurf er habe als Gerichtsvollzieher des Oberlandesgerichtes XXXX , am Bezirksgericht XXXX im Zeitraum 02.02.2021 bis 26.08.2021 eine stark verminderte Arbeitsleistung erbracht, indem er an folgenden Tagen
I. überhaupt keine Vollzugstätigkeit geleistet hat und in der Justizapplikation VJ keine Schreibzeiten erfasst hat:
6 Tage im Februar 2021: 04.02.2021, 10.02.2021, 12.02.2021, 16.02.2021, 25.02.2021, 26.02.2021;
6 Tage im März 2021: 05.03.2021, 10.03.2021, 17.03.2021, 18.03.2021, 26.03.2021, 29.03.2021;
11 Tage im April 2021: 01.04.2021, 02.04.2021, 07.04.2021, 08.04.2021, 12.04.2021, 14.04.2021, 21.04.2021, 22.04.2021, 23.04.2021, 29.04.2021, 30.04.2021;
9 Tage im Mai 2021: 03.05.2021, 05.05.2021, 06.05.2021, 07.05.2021, 10.05.2021, 12.05.2021, 13.05.2021, 14.05.2021, 27.05.2021;
5 Tage im Juni 2021: 03.06.2021, 23.06.2021, 24.06.2021, 25.06.2021, 30.06.2021;
7 Tage im Juli 2021: 12.07.2021, 15.07.2021, 16.07.2021, 20.07.2021, 21.07.2021, 22.07.2021, 23.07.2021;
4 Tage im August 2021: 06.08.2021, 12.08.2021, 25.08.2021, 26.08.2021;
sowie
II. nur Vollzugstätigkeit und Schreibzeiten von unter vier Stunden geleistet bzw erfasst hat:
9 Tage im Februar 2021: 02.02.2021, 03.02.2021, 05.02.2021, 08.02.2021, 09.02.2021, 11.02.2021, 15.02.2021, 22.02.2021, 24.02.2021;
11 Tage im März 2021: 01.03.2021, 02.03.2021, 03.03.2021, 09.03.2021, 12.03.2021, 15.03.2021, 19.03.2021, 22.03.2021, 25.03.2021, 30.03.2021, 31.03.2021;
7 Tage im April 2021: 15.04.2021, 16.04.2021, 19.04.2021, 20.04.2021, 26.04.2021, 27.04.2021, 28.04.2021;
8 Tage im Mai 2021: 04.05.2021, 11.05.2021, 20.05.2021, 21.05.2021, 25.05.2021, 26.05.2021, 28.05.2021, 31.05.2021;
11 Tage im Juni 2021: 01.06.2021, 04.06.2021, 10.06.2021, 11.06.2021, 14.06.2021, 15.06.2021, 16.06.2021, 21.06.2021, 22.06.2021, 28.06.2021, 29.06.2021;
3 Tage im Juli 2021: 05.07.2021, 06.07.2021, 14.07.2021;
13 Tage im August 2021: 03.08.2021, 04.08.2021, 05.08.2021, 10.08.2021, 11.08.2021, 13.08.2021, 17.08.2021, 19.08.2021, 20.08.2021, 23.08.2021, 24.08.2021, 27.08.2021, 31.08.2021
und damit gegen § 43 Abs 1 BDG 1979, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, schuldhaft verstoßen und damit eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 Abs 1 BDG begangen habe, freigesprochen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer und Beschuldigte (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde seit 04.12.2018 als Gerichtsvollzieher beim Oberlandesgericht XXXX (OLG) mit einem Vollzugsgebiet im Sprengel des Bezirksgerichts XXXX (BG) verwendet.
2. Am 29.09.2021 erstattete der Präsident des OLG als Dienstbehörde Disziplinaranzeige, Zl Jv 8204/21a-11b, und verfügte gleichzeitig die vorläufige Suspendierung des BF (ON 1).
3. Die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) sprach am 02.11.2021, GZ 2021-0.688.741-5, die Suspendierung des BF aus (ON 5).
4. Am 02.11.2021 fasste die BDB einen Einleitungsbeschluss (EB), GZ 2021-0.688.741-6 (zugestellt an den BF am 04.11.2021) (ON 6).
Dort ist – soweit für das Beschwerdeverfahren noch relevant angeführt (Hervorhebung durch Unterstreichung durch BVwG – er stehe im Verdacht, er habe „im Zeitraum Juli 2020 bis August 2021“ als Gerichtsvollzieher des Oberlandesgerichtes XXXX
[…] 2. an 67 Arbeitstagen keine Arbeitsleistung sowie an weiteren 131 Arbeitstagen eine teils erheblich unter 4 Stunden liegende Arbeitsleistung erbracht […]“
In der Begründung des EB (Seiten 28 und 29) sind die Tage konkret aufgelistet.
Die in den nicht mehr relevanten Spruchpunkten 1, 3 und 4 im EB aufgelisteten Verdachtsgründe waren: „Schreibtischvollzüge“ in 65 Fällen, Vollzugshandlungen entgegen § 30 Abs 2 EO an Sonn- und Feiertagen und in der Nachtzeit in 398 Fällen sowie die Nichtmeldung der Änderung seines Wohnsitzes.
5. In der Folge fasste die BDB am 24.11.2021 aufgrund der bei der BDB am 02.11.2021 und am 03.11.2021 eingelangten Nachtragsanzeigen vom 22.10.2021 (ON 7) und 25.10.2021 (ON 8) einen zweiten EB, GZ 2021-0.688.741-11, (zugestellt an den BF am 30.11.2021) (ON 11).
6. Ein zwischenzeitlich aufgrund einer ebenfalls erfolgten Strafanzeige der Dienstbehörde bei der Staatsanwaltschaft XXXX eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen § 302 Abs 1 StGB zu XXXX wurde am 11.11.2022 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt (ON 14) und der daraufhin gestellte Antrag auf Fortführung gemäß § 195 StPO mit Beschluss vom 30.06.2023 zu XXXX abgewiesen (ON 18).
7. Am 21.09.2023 und 01.12.2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der BDB statt, die mit folgendem Disziplinarerkenntnis endete (Auszug aus der schriftlichen Ausfertigung – Hervorhebungen durch BVwG – datiert mit 01.12.2023, dem Rechtsvertreter des BF am 14.12.2023 zugestellt, ON 45):
„I. [Der BF] ist schuldig, er hat im Zeitraum Februar bis August 2021 in XXXX als Gerichtsvollzieher des Oberlandesgerichtes XXXX eine stark verminderte Arbeitsleistung erbracht.
[Der BF] hat hiedurch gegen § 43 Abs 1 BDG 1979, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, schuldhaft verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 Abs 1 BDG begangen.
Über [den BF] wird deswegen gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe eines Monatsbezuges verhängt.
II. [Der BF] wird von den gegen ihn erhobenen Disziplinarvorwürfen, er habe im Zeitraum Juli 2019 bis zu seiner vorläufigen Suspendierung am 29.09.2021 in XXXX als Gerichtsvollzieher des Oberlandesgerichtes XXXX
1. in 65 Fällen fingierte Vollzugsberichte erstattet und „Schreibtischvollzüge“ vorgenommen, also die Vornahme von Vollzugshandlungen zur Erlangung von Vergütungen und Fahrtkosten behauptet, ohne sie tatsächlich gesetzt zu haben.
2. im Zeitraum Juli bis Dezember 2020 an 20 Arbeitstagen keine Arbeitsleistungen sowie an weiteren 67 Tagen eine teils erheblich unter 4 Stunden liegende Arbeitsleistung erbracht,
3. in 398 Fällen Vollzugshandlungen entgegen § 30 Abs 2 EO an Samstagen, Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr vorgenommen,
4. die Änderung seines Wohnortes im November 2020 entgegen § 53 Abs 2 Z 4 BDG 1979 nicht gemeldet,
5. in den Verfahren XXXX u.a. (Beilage ./C1), XXXX (./C3), XXXX (./C4) und XXXX (./C5) sich Vermögensverzeichnis-Formulare von den verpflichteten Parteien „auf Vorrat“ unterfertigen lassen um diese dann – wenn es in seine Vollzugstour passt – zu datieren und die Aufnahme des Vermögensverzeichnisses in den Vollzugsberichten vorzuspiegeln, ohne die Vollzugsorte zum Berichtszeitpunkt aufgesucht oder die Verpflichteten zu diesem Zeitpunkt gesehen zu haben,
6. im Verfahren XXXX (Beilage ./C2) des BG XXXX das am 30.07.2019 vom Verpflichteten abgegebene Vermögensverzeichnis, das am Schreibtisch des Beschuldigten vorgefunden wurde, unterdrückt, zumal die Abgabe des Vermögensverzeichnisses weder in der VJ erfasst noch die betreibende Partei darüber verständigt wurde und auch kein entsprechender Vollzugsbericht des Beschuldigten in der VJ dazu vorliegt,
gemäß § 126 Abs 2 BDG 1979 freigesprochen. [...].“
In der Begründung der BDB gibt es keinen Hinweis an welchen konkreten Tagen die Arbeitsleistung nicht bzw nur unter vier Stunden erbracht wurde. Das erschließt sich erst aus der Begründung des EB.
8. Mit Bescheid der BDB vom 21.09.2023, GZ 2022-0.056.313-32, wurde die Suspendierung des BF gemäß § 112 Abs 6 BDG aufgehoben (ON 32).
9. Mit Schriftsatz vom 19.12.2023 brachte der BF durch seinen Rechtsvertreter gegen Spruchpunkt I. des oben angeführten Disziplinarerkenntnisses innerhalb offener Frist Beschwerde ein und beantragte den angefochtenen Spruchpunkt ersatzlos aufzuheben sowie das Disziplinarverfahren einzustellen (ON 47). Eine Beschwerde des Disziplinaranwaltes erfolgte nicht. Die Beschwerde langte am 24.01.2024 beim BVwG ein.
10. Das BVwG sprach den BF mit Erkenntnis vom 29.04.2024, W208 2285083-1/2E (zugestellt am 03.05.2024) frei, weil es aufgrund der mangelhaften Begründung der BDB übersehen hatte, dass der BF nur für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 vom Vorwurf, er hätte keine bzw nur eine unter vier Stunden liegende Arbeitsleistung erbracht, freigesprochen worden war.
11. Die darauffolgenden Revisionen sowohl der BDB als auch des Disziplinaranwaltes (eingelangt am 04.06.2024) waren daher erfolgreich und hob der VwGH mit Erkenntnis vom 05.09.2024, Ra 2024/09/0037 das Erkenntnis des BVwG vom 29.04.2024 auf. Er wies daraufhin, dass der Schuldspruch der BDB vollkommen unkonkret gewesen und im fortzusetzenden Verfahren, konkrete Feststellungen zu der verminderten Arbeitsleistung zu dem vom Freispruch nicht erfassten Zeitraum im Rahmen einer durchzuführenden Verhandlung zu treffen sein werden.
12. Das BVwG forderte mit Schreiben vom 09.10.2024 zur Verhandlungsvorbereitung diverse Informationen von der Präsidentin des OLG an (OZ 11). Diese wurden schließlich in mehreren Tranchen bis Jänner 2025 vorgelegt (OZ 12, 13, 14).
13. Am 07.04. 2024 fand eine Verhandlung vor dem BVwG statt bei der neben dem BF folgende Zeugen gehört wurden: ADir XXXX ([S] letzte Vorgesetzte des BF am BG), ADir XXXX ([G] Vorgänger von S), XXXX ([B] ehemaliger Gerichtsvollzieher und Vorgänger des BF in demselben Vollzugsgebiet des BG), Dr. med. univ. XXXX ([D] Facharzt für Psychiatrie).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF
Der am XXXX geborene und in XXXX wohnhafte BF steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Zunächst war er Justizwachebeamter und begann dann ab 01.01.2018 seine einjährige Ausbildung zum Gerichtsvollzieher, die er mit Auszeichnung abschloss. Seit 04.12.2018 war er als Gerichtsvollzieher dem BG zugeteilt, wo er drei Monate lang als Aushilfe arbeitete. Ab 01.04.2019 wurde er durch Weisung mit einem eigenen Vollzugsgebiet (damals Nr. XXXX , aktuell, XXXX _ XXXX ) im Sprengel des OLG XXXX in XXXX betraut, wobei sein Büro am BG XXXX war.
Am 16.09.2021 meldete er nach einem Besuch seiner Hausärztin seine Arbeitsunfähigkeit und war im Krankenstand (mehr dazu unten). 13 Tage später, am 29.09.2021, wurde er vom Dienst suspendiert und sowohl bei der StA als auch der Disziplinarbehörde angezeigt (vgl vorne I.). Das Ende der Suspendierung wurde am 21.09.2023 in der Verhandlung vor der BDB ausgesprochen (Aufhebungsbescheid zugestellt am 03.10.2023, Rechtskraft nach Zustellung des Bescheides am 31.10.2023). Danach wurden dem BF zwei Tage dienstfrei gewährt, um ein neues Vollzugsgebiet für ihn zu finden, weil in der Zwischenzeit (mit Wirksamkeit 30.06.2023) das bisher von ihm betreute Vollzugsgebiet einem neu ernannten Gerichtsvollzieher XXXX zugewiesen wurde.
Am 06.10.2023 wurde er mittels Weisung in einer E-Mail mit einem neuen Vollzugsgebiet im OLG Sprengel XXXX ( XXXX _ XXXX ) betraut, dass allerdings im westlichen NIEDERÖSTERREICH (BG XXXX ) liegt. Der BF trat dort seinen Dienst nie an, weil er von 06.10.2023 bis 07.11.2023 Erholungsurlaub konsumierte und danach (ab 08.11.2023) mit der Diagnose „Überlastungsdespression“ wieder im Krankenstand war.
Die Dienstbehörde hat daraufhin, nach Einholung diverser ärztlicher Sachverständigengutachten, mit Bescheid vom 20.12.2024 die amtswegige Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG verfügt. Der BF hat diese beim BVwG angefochten (GZ W244 XXXX -1: Es fand am 26.03.2025 bereits eine Verhandlung statt und wird derzeit ein weiteres Sachverständigengutachten zur aktuellen Dienstfähigkeit bzw zum Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung eingeholt). Der BF ist dzt nach § 14 Abs 7 BDG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens beurlaubt.
Ein weiteres Beschwerdeverfahren gegen die Zuweisung des neuen (mit erheblich längeren Fahrzeiten verbundenen) Vollzugsgebietes mittels Weisung in einer E-Mail (Feststellungsbescheid vom 01.03.2024) war ebenfalls beim BVwG unter der GZ W244 XXXX -1 anhängig. Mit Erkenntnis vom 23.04.2025 sprach das BVwG aus, dass die Betrauung des BF mit dem neuen Vollzugsgebiet mittels Weisung, auf der Grundlage des § 482 EO iVm § 475 Abs 5 EO rechtmäßig war und wies die Beschwerde ab.
Er ist strafrechtlich und disziplinär unbescholten. Das Strafverfahren, dass gegen Ihn wegen Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 StGB) iZm ihm in der Disziplinaranzeige vorgeworfenen Handlungen bzw Unterlassungen geführt wurde, wurde von der StA am 11.11.2022 eingestellt. Ein Fortführungsantrag der Finanzprokuratur wurde mit Beschluss des OLG vom 30.06.2023 abgewiesen (ON 18).
Der BF hat am 29.11.2024 eine Amtshaftungsklage gegen die Republik wegen Mobbing am LGZ XXXX eigebracht ( XXXX ).
Sein Bruttomonatsbezug zum Zeitpunkt des Erkenntnisses der BDB betrug ungekürzt € 2.599,30.
Er ist ledig hat keine Sorgepflichten. Er hat Verbindlichkeiten iHv € 10.000,-- für einen offenen Privatkredit, für den er ca. € 300,00 EUR im Monat zurückzahlt.
Er litt mit Beginn des Endes des ersten COVID-Lockdown (dauerte von 16.03.2020 bis 15.05.2020, die Einschränkungen in der Gerichtsvollziehertätigkeit endeten mit 25.05.2020) an einem sich entwickelnden Burnout- bzw Überlastungssyndrom, auf Grund der Aktenrückstände die sich während dieser Zeit angesammelt hatten. Er hatte über 1.200 offene Vollzugsaufträge zum Stichtag 30.05.2020 lt AV vom 01.02.2022/ XXXX ). Sein damaliger Vorgesetzter XXXX (G), rief eine Arbeitsgruppe ins Leben, wo der BF durch Kollegen – die naturgemäß wenig begeistert waren, weil sie ebenfalls unter hohem Arbeitsdruck standen – unterstützt wurde. Was zur Folge hatte, dass die Rückstände mit Stichtag 04.08.2020 auf rund 600 anhängige Akten reduziert werden konnten (477 offene Vollzugsaufträge zum Stichtag 31.08.2020 lt AV vom 01.02.2022/ XXXX ). Danach gab es keine Unterstützung mehr, weil G nur mehr bis 30.09.2020 im Dienst war, sodann Urlaub abgebaut hat und in den Ruhestand trat.
Mit 01.01.2021 bekam der BF eine neue Vorgesetzte Frau ADir XXXX (S).
Der BF war seit dem 01.01.2021 keinen Tag krank. Er wollte sich selbst lange nicht eingestehen, dass er gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage war, dass ihm zugewiesene Arbeitspensum zu bewältigen. 14 Tage vor der Disziplinaranzeige am 16.09.2021 hat er dann aber seine Hausärztin, die Allgemeinmedizinerin (Dr. XXXX ) aufgesucht, die folgende Diagnose stellte: „Vegetat. Erschöpfungszustand, Vd. Auf burn out Syndrom.“ Am 16.09.2021 erfolgte diesbezüglich die erste Arbeitsunfähigkeitsmeldung. In der Folge war er bis zu seiner Suspendierung am 29.09.2021 und darüber hinaus im Krankenstand.
Die Hausärztin überwies ihn an den Facharzt für Psychiatrie Dr. med. univ. XXXX (D), wo er aber erst rund 3 Monate später am 03.02.2023 einen Termin bekam. In der Zwischenzeit ist er zu einem befreundeten Psychotherapeuten (einem ehemaligen Arbeitskollegen) gegangen, der im gratis geholfen hat (VHS 8).
Am 01.02.2022 nahm der BF eine Psychologische Beratung zur Burnout-Prävention (nach F43.0 Akute Belastungsreaktion) in der SYSTEMISCHEN PRAXIS XXXX in Anspruch.
G hielt in seinem Befundbericht für die Hausärztin vom 03.02.2022 (ON 18.4.1 – StA; Hervorhebung durch BVwG) nach einem Therapiegespräch mit dem BF zum Status des BF ua fest: „Belastbarkeit erheblich beeinträchtigt“ und diagnostizierte ein „Überlastungssyndrom Z.n, Hörsturz“. Im Befundbericht vom 25.09.2023 (ON 41) schrieb er: „Der Patient war erstmals im Februar 2022 in Behandlung in unserer Ordination. […] Damals musste der Patient zumindest 3 Monate auf einen Termin warten, zusätzlich entwickelte sich eine Überlastungssymptomatik über mindestens mehrere Monate wenn nicht Jahre. Es ist also davon auszugehen, dass der Patient zumindest seit Beginn des Jahres 2021 einer Überlastung ausgesetzt war die er nicht mehr kompensieren konnte.“
In der Verhandlung vor dem BVwG als sachverständiger Zeuge präzisierte der D, dass der BF typische Symptome für ein Überlastungssyndrom aufgewiesen habe, sich dieses langsam und ganz unterschiedlich mit dazwischenliegenden Stabilisierungsphasen entwickle und diese in weiterer Folge typischerweise auch zu einer Reduktion der Arbeitsleistung führten. Im Nachhinein könne man nicht feststellen, ab wann die Überlastung vorgelegen habe, das Tempo sei ganz unterschiedlich, man sei auf die Angaben der Patienten angewiesen. Seiner Dokumentation entnehme er, dass der BF angegeben habe, seit Ende des ersten COVID-Lockdown an den Symptomen gelitten zu haben (VHS 24 - 26).
1.2. Zum Sachverhalt
1.2.1. Der Arbeitsplatz des BF als Gerichtsvollzieher umfasst laut Arbeitsplatzbeschreibung folgende Tätigkeiten:
1.) Erhebungen und Vollzugswesen (70 %):
a) Auffinden und Überprüfung der Pfändbarkeit von Fahrnissen
b) Pfändung und Verwahrung von Fahrnissen
c) Erstellen von Protokollen und Berichten
d) Aufnahme von Vermögensverzeichnissen und Erstellen von Inventaren im Konkursverfahren
e) Durchführung von Verständigungen und Zustellungen
f) Abfragen in fachspezifischen elektronischen Datenbanken und Auswertungen
g) pfandweise Beschreibungen nach § 1101 ABGB
h) Exekution zur Herausgabe beweglicher Sachen
i) Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach § 382b EO (Wegweisungen)
j) Durchführung gerichtlich angeordneter Vorführungen (in Konkurs- und Pflegschaftsverfahren)
k) Überwachung von gerichtlich angeordneten Ersatzhandlungen
I) Durchführung von Kindesabnahmen
m) Organisation und Überwachung von Räumungen (sicherstellen besonders zu schützender Wert- und Rechtsträger, Aufnahme eines Räumungsprotokolls, Übergabe des Bestandsobjektes, Sicherstellung der ordnungsgemäßen Überstellung und Verwahrung von Räumungsgut
2.) Zahlungswesen und Geldmanagement (20 %):
a) Geldgebarung (entgegennehmen, überprüfen und quittieren des entgegengenommen Bargeldes)
b) tägliche Einsicht am Dienstkonto
c) Einzahlung, Überprüfung, Berechnung und Weiterüberweisung der eingezahlten Gelder der verpflichteten Partei
3.) Verkaufs- und Verwertungswesen (10 %):
a) Verkauf von Fahrnissen
b) (Online-)Versteigerung von Fahrnissen und gerichtlich beschlagnahmten Gegenständen (Organisation, Leitung und Abwicklung)
c) Erstellen von Protokollen, Berichten und Noten
d) Erfassen von Edikten in der elektronischen Ediktsdatei
Die vom BF als Gerichtsvollzieher zu erbringende Arbeitsleistung umfasst folgende Auslastungszielwerte: monatliche Aktenzuteilung von 350 in einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossenen städtischen Kerngebiet (Kategorie 1) bzw 280 Vollzugsaufträgen in einem verbauten städtischen oder in einem Agglomerationsgebiet, in dem ein Vollzug mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist (Kategorie 2). Zu diesen Vorgabewerten sind noch die amtswegig zugeteilten Vollzugsaufträge hinzuzurechnen. Die Summe der Werte (Vorgabewerte zzgl der amtswegig zugeteilten Vollzugsaufträge) entspricht der Auslastung, die von einer durchschnittlichen Gerichtsvollzieherin und einem durchschnittlichen Gerichtsvollzieher im Monat erledigt werden kann.
Der BF hatte als Gerichtsvollzieher keine gleitendende Dienstzeit, sondern unterlag einem Normaldienstplan im Ausmaß von 40 Wochenstunden, bei einer Dienstzeit von 07:30 bis 15:30 Uhr. In dieser Zeit hatte er Vollzugshandlungen durchzuführen, wobei es ihm oblag die Zeit seines Einschreitens zu wählen und er nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung (EO) auch außerhalb dieser Dienstzeit, an Sonn- und Feiertagen oder in der Nacht Vollzugshandlungen durchführen konnte bzw sogar musste, wenn der Zweck der Exekution anders nicht erreicht werden konnte (§ 30 EO). Eine Zeitkarte musste er nicht führen (OZ 14/5). Er hatte jedoch danach ua das Datum, die Uhrzeit, die Adresse und die Art der Vollzugshandlung als sogenannte Tagesberichte (TB) in die VJ eizutragen, wobei auch die Schreibzeiten (SZ) zu den einzelnen Geschäftszeiten bzw Uhrzeiten in der VJ elektronisch erfasst wurden.
Die außerhalb des Normdienstplanes anfallenden Mehrdienstleistungen waren pauschal durch die den Gerichtsvollziehern zuständige Vergütung abgedeckt (§ 480 EO). Das Gehalt eines Gerichtsvollziehers besteht aus einem Fixbetrag und dieser Vergütung die sich aus den eingebrachten Geldforderungen und Verwertungserlösen von Vermögenswerte berechnet. Auch für die Aufnahme von Vermögensverzeichnissen, den Einsatz von Zwangsverwaltern, bei Zwangsversteigerungen, Räumungen, pfandweisen Beschreibungen, Zustellungen etc erhielt er im Gesetz festgelegte Beträge als Vergütung (§§ 457 ff EO). Das bedeutet je schneller und erfolgreicher ein Gerichtsvollzieher arbeitet, desto mehr verdient er bzw ist die Höhe des Monatsbezuges abhängig von der Leistung.
Jeder Gerichtsvollzieher (so auch der BF) hat auch ein eigenes dienstliches Bankkonto auf das die eingebrachten Geldbeträge einzuzahlen sind und hatte er die Kontoeingänge in der VJ manuell zu erfassen.
Ein Gerichtsvollzieher muss eine gefestigte Persönlichkeit aufweisen, konfliktträchtige Situationen bewältigen können und ist durch den hohen Aktenanfall und gesetzliche Fristen einem hohen Zeitdruck ausgesetzt. Neben hohem Fachwissen ist Kommunikations- und Konzentrationsfähigkeit, Eigenverantwortung, Verlässlichkeit, Genauigkeit, Flexibilität sowie insb die Fähigkeit zur Stressbewältigung erforderlich (OZ 14).
1.2.2. Der BF der seine Grundausbildung erst im Dezember 2018 abgeschlossen hatte, arbeitete seit 01.04.2019 selbstständig in einem zugewiesen Vollzugsgebiet. Er hatte ein schwieriges Vollzugsgebiet (Kategorie 2) vom seinem seit 30.04.2019 in den Ruhestand getretenen Kollegen ( XXXX [B]) zu übernehmen. B hatte über 15 Jahre Erfahrung in diesem Gebiet und eine Organisation der Abarbeitung von Vollzugsaufträgen (Akten) mit denen der BF nicht zurechtkam und das auch dessen damaliger Vorgesetzter G als chaotisch aber funktionierende bezeichnete. Es erfolgte keine Einschulung des BF durch den B. Zum Stichtag 30.04.2019 (also nach nur einem Monat) waren bereits 817 Vollzugsaufträge anhängig (lt AV vom 01.02.2022/ XXXX ). Das ist mehr als das Doppelte, als das was ein durchschnittlicher Gerichtsvollzieher zu schaffen hat.
Schwierig war das Gebiet deshalb, weil es sich auch um Stadtrandgebiete (weniger große Wohnblöcke, wo gleich mehrere Akten an einer Adresse erledigt werden können) handelte, die Fahrzeiten länger und das Klientel besser situiert und daher schwieriger bei der Kommunikation war.
Der Anfall von neuen Akten pro Monat ist dort aber etwas geringer als in den anderen Vollzugsgebieten des BG (etwa 300 bis 400 Akten pro Monat). Tatsächlich bekam der BF vom Mai 2019 bis Oktober 2019 (November und Dezember 2019 war er auf einem Ausbildungskurs) zwischen 215 und 342 Akten pro Monat neu zugewiesen. Erledigt hat er zwischen 119 und 297 Akten pro Monat). Sein erfahrener Vorgänger B erledigte von Jänner 2018 bis April 2019 pro Monat zwischen 169 und 351 Akten (OZ 14).
Dem BF gelang es zunächst die Anzahl der anhängigen Vollzugsaufträge geringfügig zu reduzieren, dennoch waren zu den Monatsstichtagen von Juni bis September 2019 zwischen 722 und 741 Vollzugsaufträge anhängig. Nach seinem Ausbildungskurs (November und Dezember 2019 wurden die anhängigen Vollzugsaufträge durch die laufenden Eingänge kontinuierlich immer höher. Zum Stichtag 31.12.2019 hatte er bereits 1.157 und zum Stichtag 30.05.2020 1.213 offene Vollzugsaufträge (lt AV vom 01.02.2022/ XXXX ). Was seinen damaligen Vorgesetzten G zu der bereits oben beschriebenen Hilfsaktion bewog, weil er den Eindruck hatte, dass der fachlich gute BF durch die Aktenberge überfordert und zunehmend frustriert war.
Ab September 2020 war der BF bei der Aktenbearbeitung wieder auf sich alleine gestellt. Der Stand der anhängigen Vollzugsaufträge betrug zum Stichtag 31.08.2020 noch 477 offene Akten (lt AV vom 01.02.2022/ XXXX ).
Danach stieg der Aktenstand wieder an und erreichte nachdem der BF in den Monaten September bis Dezember 2020 nur einzelne Urlaubstage genommen hatte, nach einem längeren Urlaub im Jänner (16 Tage) zum Stichtag 31.01.2021 den Stand von 723 offenen Akten.
Der Anstieg im Urlaub ist darauf zurückzuführen, dass eine Urlaubsvertretung nur in besonderen Einzelfällen nach vorheriger Absprache mit einem Kollegen erfolgt und der Akteneingang in dieser Zeit weiterläuft.
Der BF erhielt zwischen Februar 2021 und August 2021 – trotz seines bereits erheblichen Rückstandes – die in der unten angeführten Tabelle dargestellte neue Zuweisung von Akten und erbrachte die ebenso dargestellten Erledigungen.
Der Tabelle unten sind die gem dem EB in der VJ nachvollziehbare Erfassung von Tagesberichten von konkreten Vollziehungshandlungen (TB) zu entnehmen, wobei Datum und Uhrzeit jene der Vollzugshandlung sind. Die Eintragungen erfolgen in der Praxis oft auch erst mehrere Tage nach der tatsächlichen Vollzugshandlung. Weiters sind die Schreibzeiten (SZ) jeden Tages zu entnehmen, wo der BF in der VJ Vollzugshandlungen erfasst hat, sowie die Summe der Tage wo Vollzüge vorgenommen wurden (Vollzugstage).
Wochenende und Feiertage sind farblich türkis dargestellt, lila (bzw kursiv) wo ihm auf Grund der Eintragungen nur eine Arbeitsleistung unter 4 Stunden vorgeworfen wird und rot (zusätzliche Anmerkung kE), wo keine Eintragungen in die VJ erfolgt ist und ihm der Vorwurf gemacht wird, keine Leistung erbracht zu haben bzw sich „dienstfrei“ genommen zu haben.
Quellen sind die OZ 13 Beilage ./A „Daten aus der Tabelle zu Vollzugs- und Schreibzeiten“, wobei die Schreibzeiten jene sind, die in der Originaldatei blau unterlegt sind und in der Kopie dadurch erkennbar sind, dass ausschließlich die Spalten, Datum, Uhrzeit, Aktenzeichen befüllt sind sowie die Beilage ./B „Überprüfung BF durch Vorgesetzte S und Analyse der Arbeitsleistung von Februar 2021 bis August 2021“. (Die farbliche Markierung dient der besseren Übersichtlichkeit). Ebenso eingetragen ist der in diesem Zeitraum genossene Erholungsurlaub.
Februar 2021
Zuweisungen Erledigungen Vollzugstage
257 113 13
April 2021
Zuweisungen Erledigungen Vollzugstage
243 17 9
Mai 2021
Zuweisungen Erledigungen Vollzugstage
176 152 14
August 2021
Zuweisungen Erledigungen Vollzugstage
207 135 20
Aus diesen Tabellen geht zusammengefasst hervor:
Seine Abwesenheiten aufgrund von Urlaub von Februar 2021 bis August 2021:
Erholungsurlaub des BF: 17.02.2021, 18.02.2021, 19.02.2021, 06.04.2021, 09.04.2021, 18.06.2021, 01.07.2021, 02.07.2021, 08.07.2021, 09.07.2021, 13.07.2021, 19.07.2021, 26.07.2021, 27.07.2021, 28.07.2021, 29.07.2021, 30.07.2021, 02.08.2021, 16.08.2021;
Er hat teilweise auch an Urlaubstagen Vollziehungshandlungen gesetzt: 26.07.2021, 02.08.2021.
Er hat vereinzelt an Samstagen, Sonn- und Feiertagen Vollziehungshandlungen gesetzt: 20. und 21.02.2021; 06., 13., 20., 21., 28.03.2021; 25.04.2021, 01.05.2021, 15., 16., 29.05.2021; 26.06.2021; 04. und 31.07.2021; 08., 15.; 21; 25.08.2021.
Er hatte von Februar bis August 2021 keine Krankenstandstage.
Dass er an den folgenden Tagen in die VJ unter vier Stunden Vollzugstätigkeiten und SZ eingetragen hat (Beilage ./A und Beilage ./B, EB S 28,29):
9 Tage im Februar 2021: 02.02.2021, 03.02.2021, 05.02.2021, 08.02.2021, 09.02.2021, 11.02.2021, 15.02.2021, 22.02.2021, 24.02.2021
11 Tage im März 2021: 01.03.2021, 02.03.2021, 03.03.2021, 09.03.2021, 12.03.2021, 15.03.2021, 19.03.2021, 22.03.2021, 25.03.2021, 30.03.2021, 31.03.2021
7 Tage im April 2021: 15.04.2021, 16.04.2021, 19.04.2021, 20.04.2021, 26.04.2021, 27.04.2021, 28.04.2021
8 Tage im Mai 2021: 04.05.2021, 11.05.2021, 20.05.2021, 21.05.2021, 25.05.2021, 26.05.2021, 28.05.2021, 31.05.2021
11 Tage im Juni 2021: 01.06.2021, 04.06.2021, 10.06.2021, 11.06.2021, 14.06.2021, 15.06.2021, 16.06.2021, 21.06.2021, 22.06.2021, 28.06.2021, 29.06.2021
3 Tage im Juli 2021: 05.07.2021, 06.07.2021, 14.07.2021
13 Tage im August 2021: 03.08.2021, 04.08.2021, 05.08.2021, 10.08.2021, 11.08.2021, 13.08.2021, 17.08.2021, 19.08.2021, 20.08.2021, 23.08.2021, 24.08.2021, 27.08.2021, 31.08.2021
Wobei NICHT festgestellt werden kann, dass er in der übrigen auf 8 Stunden fehlenden Zeit, eine stark verminderte oder gar keine Arbeitsleistung erbracht hat, da neben den Eintragungen auch administrative Tätigkeiten zu verrichten waren, die nicht in der VJ einzutragen sind (dazu gleich unten).
Dass er an den folgenden Tagen (Montag bis Freitag) zwischen Februar und August 2021 in der VJ keine Vollzugstätigkeiten oder SZ eingetragen hat, obwohl er nicht auf Urlaub war (Beilage ./A und Beilage ./B, EB S 28):
6 Tage im Februar 2021: 04.02.2021, 10.02.2021, 12.02.2021, 16.02.2021, 25.02.2021, 26.02.2021,
6 Tage im März 2021: 05.03.2021, 10.03.2021, 17.03.2021, 18.03.2021, 26.03.2021, 29.03.2021
11 Tage im April 2021: 01.04.2021, 02.04.2021, 07.04.2021, 08.04.2021, 12.04.2021, 14.04.2021, 21.04.2021, 22.04.2021, 23.04.2021, 29.04.2021, 30.04.2021.
9 Tage im Mai 2021: 03.05.2021, 05.05.2021, 06.05.2021, 07.05.2021, 10.05.2021, 12.05.2021, 13.05.2021, 14.05.2021, 27.05.2021
5 Tage im Juni 2021: 03.06.2021, 23.06.2021, 24.06.2021, 25.06.2021, 30.06.2021
7 Tage im Juli 2021: 12.07.2021, 15.07.2021, 16.07.2021, 20.07.2021, 21.07.2021, 22.07.2021, 23.07.2021
4 Tage im August 2021: 06.08.2021, 12.08.2021, 25.08.2021, 26.08.2021
Daraus geht auch hervor, dass der BF sogar an zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Tagen (die unten noch einmal dargestellt werden) keine Vollzugstätigkeiten oder SZ eingetragen hat (Beilage ./A und Beilage ./B), wobei daraus auch ersichtlich ist, dass sich diese Zeiträume teilweise über Samstage, Sonntage, Feiertage und Urlaubstage erstreckten:
Diese Zeiträume sind auf Grund ihrer außergewöhnlichen Länge hervorzuheben und ist nach Ansicht der Vorgesetzten des BF (S) nicht vorstellbar, dass gleich mehrere Tage hintereinander nur administrative Tätigkeiten wahrgenommen werden und keine Vollzugstätigkeiten geleistet oder sonst nachvollziehbare Aktivitäten (SZ) in der VJ vorgenommen werden (VHS 14).
Der Zeuge G (der ehemalige Vorgesetzte) sah zwar administrative Tätigkeiten die mehr als einen vollen Tag dauern als ungewöhnlich an, zwei Tage am Stück könnten aber vorkommen (AS 16). Im April, Mai, Juni und Juli 2021 hatte der BF mehr als zwei Tage hintereinander.
Der Zeuge B (der Vorgänger des BF) hat durchschnittlich 2 – 3 Stunden pro Tag für Administration im Büro als ausreichend angesehen (AS 21).
Dass der BF an Tagen wo er nichts in die VJ eingetragen hat, gearbeitet und administrative bzw organisatorische Tätigkeiten durchgeführt hat, kann mit diesen Tabellen dennoch nicht widerlegt werden.
Die administrativen Tätigkeiten die nicht in der VJ zu dokumentieren waren sind: Vorbereitungsarbeiten z.B. Telefonate, Termine koordinieren, Akten durchsehen („lustrieren“), prüfen ob Vermögensverzeichnisse vorhanden sind, Konkurseröffnungen, Berechnungen, Vorbereitung von Pfändungen, Verkaufs- und Versteigerungsverfahren ausschreiben und organisieren, diverse Registerabfragen tätigen, Fahrtrouten planen etc. (BF VHS 6, Zeuge G VHS 16, Zeugin S VHS 10). Wobei der BF eine genaue Arbeitsweise an den Tag gelegt und jede Aktenseite eines zugewiesenen Aktes gelesen hat. Er hat sich auch bemüht jene Akten prioritär zu bearbeiten, bei denen die 4 Monate Berichtspflicht schon abgelaufen bzw knapp vor Ablauf war. Dass hat dazu geführt, dass er weite Fahrtstrecken in Kauf genommen hat und die Erledigung von jüngeren Akten, die auf dem Weg oder in der Umgebung gewesen wären, nicht durchgeführt hat, weil diese Zeit gekostet hätten, obwohl diese bei einer effizienten Vorgangsweise auch relativ leicht erledigen werden hätten können.
Die Vorgesetzte (die sich in einem anderen Gerichtsgebäude befand und für rund 26 andere Gerichtsvollzieher ebenfalls verantwortlich war) hatte zwar keine direkte Wahrnehmung über die Anwesenheit des BF im Büro, aber tagesaktuell Einsicht in die VJ und damit auf dessen Eintragungen. Sie hat insgesamt – trotz der offensichtlichen Rückstände und auffälligen tageweisen Nichteintragungen – nur zwei Gespräche mit dem BF über dessen Arbeitsleistung bzw Erledigungszahlen geführt. Anleitungen zur besseren Diensterfüllung hat sie ihm dabei nicht gegeben, sondern ihm disziplinäre Konsequenzen bei weiterhin unterdurchschnittlicher Arbeitsleistung angedroht.
Der BF hatte auch Homeoffice, diese wurde ebenfalls nicht eingeschränkt, sodass eine verstärkte Dienstaufsicht möglich gewesen wäre.
Es kann daher NICHT festgestellt werden, dass er an den (auch mehreren) Tagen, keine Arbeitsleistung erbracht hat, da neben den Eintragungen auch administrative Tätigkeiten zu verrichten waren und er nach diesen Tagen oft eine zweistellige Anzahl von Vollzugshandlungen gesetzt hat.
Ein Vergleich der Erledigungszahlen des BF mit seinem Vorgänger und anderen Gerichtsvollziehern zeigt jedoch deutlich, dass er dennoch unterdurchschnittliche Leistungszahlen hatte:
Der BF hat im Zeitraum Februar 2021 bis August 2021 folgende Zuteilungen/Erledigungen aufzuweisen (Vollzugstage, Pfändungen, Vermögensverzeichnisse (VVZ), Räumungen) (ON 27, OZ 14):
Der Durchschnittswert (Zuteilungen/Erledigungen) der anderen Gerichtsvollzieher am BG XXXX in diesem Zeitraum war (OZ 14):
Der Vorgänger des BF in demselben Sprengel, B, (der über 15 Jahre Berufserfahrung im Sprengel des BG verfügte und seit Mai 2019 im Ruhestand ist) erbrachte im Zeitraum Februar 2018 – März 2019 folgende Leistungen (OZ 14):
Die Durchlaufzeiten (also jene Zeit die ein Akt bei einem Gerichtsvollzieher von der Zuteilung bis zur Erledigung anhängig ist unterscheiden sich beim BF im Vergleich zu den anderen Gerichtsvollziehern im OLG-Sprengel XXXX erheblich. So brauchte der BF von Jänner 2021 – August 2021 126 Tage, während der Durchschnitt im OLG-Sprengel XXXX bei 73 Tagen lag.
Es ist – auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade bzw Erfahrung – insb auffällig, dass die Anzahl der Vollzugstage, der Pfändungen und der Vermögensverzeichnisse beim BF vergleichsweise erheblich niedriger ist und müsste sich ein höherer Administrations- und Organisations- und Planungsaufwand in nachfolgend besseren Vollzugsergebnissen niederschlagen, was beim BF aber nicht der Fall war.
Im Gegenteil, stieg der Stand der gesamt bei ihm anhängigen Vollzugsaufträge ab dem Stichtag 31.01.2021 wie folgt (Werte jeweils zum Monatsletzten):
Februar 788, März 745, April 905, Mai 975, Juni 855, Juli 1027 und August 989.
Der BF hatte angesichts dieses Anstieges, eines erfolgten informellen Gesprächs über seine Arbeitsleistung Ende März/Anfang April 2021 und der schon erfolgten formellen Verwarnung durch seine Vorgesetzte S am 01.06.2021 sowie der von ihm wahrgenommenen zunehmenden gesundheitlichen Probleme (Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme) – die er aber anlässlich der beiden Gespräche gegenüber der Vorgesetzten S nicht klar kommunizierte – unter immer stärkeren Druck und sah schließlich ein, dass er ärztliche Hilfe benötigt. Am 16.09.2021 begab er sich zu seiner Hausärztin, die die oa Prognose (Erschöpfungszustand, Verdacht auf Burnout) stellte.
Der BF war auf Grund der seit Beginn seiner Tätigkeit hohen Aktenstände (er übernahm im April 2019 über 800 Akten) permanent überfordert, selbst nach der Hilfsaktion im Sommer 2020 hatte er immer noch über 500 Akten offen und zwischendurch hatte er sogar über 1000 offene Akten. Es liegt auf der Hand, dass bei derart großen Rückständen der administrative Aufwand stark erhöht ist und schon der bloße Umstand den Überblick bewahren zu müssen, bzw schon verloren zu haben, einen enormen Stress auslöst.
Er konnte obwohl er sehr guten Fachkenntnisse hatte, nicht mit den erheblichen organisatorischen Anforderungen der Praxis umgehen und sich in Ruhe organisieren. So wurde er langsam krank (nahm die Symptome am Anfang nicht ernst und ging nicht in Krankenstand), konnte sich schließlich auch in Urlauben nicht mehr erholen und schließlich war er dienstunfähig.
Ob der BF in Zukunft wieder dienstfähig werden wird, steht noch nicht endgültig fest. Die Sachverständigengutachten haben jedenfalls zur (noch nicht rechtskräftigen) amtswegigen Ruhestandsversetzung des BF, trotz seines erst geringen Lebensalters von 45 Jahren, geführt.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass durch die oa Daten – insb die (fehlenden) Eintragungen in der VJ und die Statistiken die klar die unterdurchschnittlichen Vollzugsergebnisse und die stark steigende Rückstände belegen – nicht automatisch auf zu geringes zeitliches Engagement bzw tatsächlich nicht verrichtete Dienstzeit (Faulheit) geschlossen werden kann, weil diese schlechten Zahlen von Anfang an durch das organisatorische Unvermögen des BF mit großen Aktenmengen umzugehen, die richtige Prioritäten zu setzen, die Routen effizient zu planen und die richtige zeitliche Balance zwischen Vollzug und diesen vorbereitende Administration (die auch bei versierten Gerichtsvollziehern zumindest 50 % der Zeit ausmanchen) zu finden, bedingt waren. Dazu kam im Februar 2021 bis August 2021 seine beginnende psychische Erkrankung, die zunehmed und in einer Wellenbewegung zu seiner stark verminderten Arbeitsleistung führten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der BF bestreitet, dass er eine stark verminderte Arbeitsleistung, wie im Erkenntnis der BDB vorgeworfen, erbracht hätte (Beschwerde, Seite 3). Der Zeuge G (der Vorgesetzte des BF bis 30.09.2020) habe ausgesagt, dass der BF sehr bemüht gewesen sei, die Rückstände die während der Pandemie und aufgrund des Chaos, dass sein Vorgänger hinterlassen habe, angefallen sei, aufzuarbeiten.
Der Zeuge G war im nunmehr noch verfahrensrelevanten Zeitraum zwar bereits im Ruhestand, hat beim BVwG aber glaubhaft ausgesagt, dass der BF motiviert und fachlich gut gewesen sei, durch die Aktenberge aber frustriert und überfordert (VHS 17). Das zeigt, dass der BF offenbar nicht in der Lage war, sei gutes theoretische Fachwissen derart in die Praxis umzusetzen, dass er zumindest dem Durschnitt entsprechende Erledigungszahlen erreichte.
Der BF musste gleich zu Beginn seiner Tätigkeit hohe Rückstände (817 Akten vom Vorgänger) und ein schwieriges Vollzugsgebiet übernehmen, das ergibt sich aus dem Aktenvermerk (AV) vom 01.02.2022/ XXXX ). Er kannte das Vollzugsgebiet nicht, wurde nicht von seinem Vorgänger eingeschult (VHS 20) und hatte dieser auch eine Aktenorganisation, die nach den Ausführungen des G als Chaos zu bezeichnen war (BDB, ON 30, 37). Dazu kam noch ein längerer Ausbildungskurs und die Pandemie.
Die Hilfsaktion die sein Vorgesetzter G ins Leben rief, weil der BF von November 2019 bis Mai 2020 Monate mit Rückstände von über 1000 Akten hatte, trug ihm bei manchen Kollegen keine Sympathien ein, weil diese zusätzliche Arbeit leisten mussten und ihn als „faul“ abstempelten, weil der BF bis dahin nur in wenigen Monaten (Juli 2019, Februar 2020, Juni 2020, Juli 2020) die von ihm erwarteten rund 300 Erledigungen erreichte (BDB, ON 30, 47; OZ 21). Dass sich unter diesen Bedingungen ein Gefühl der Frustration und Überforderung beim BF einstellte, ist nachvollziehbar und wird durch die Zeugenaussage des G belegt, der den BF zum Zeitpunkt, wo er selbst in den Ruhestand ging an einem Scheideweg sah (VHS 17). Wobei dem G durchaus bewusst war, dass der BF weitere Unterstützung vor allem in organisatorischer Hinsicht bedurfte, um in die richtige Richtung zu gehen (VHS 18).
Diese Unterstützung bekam der BF aber vom Stellvertreter des G nicht (der BF gab auch nicht an, dass er diesen darum gebeten hätte) und die durch die Hilfsaktion erzielte Reduktion des Aktenstandes auf unter 500 Akten im August 2020 stieg wieder an und wurde nach einem längeren Urlaub des BF im Jänner 2021 zunichtegemacht, weil in dieser Zeit die Rückstände wieder auf über 700 Akten (OZ 21) angestiegen waren. Es ist nachvollziehbar, dass es dem BF nach Bemerken dieses neuerlichen massiven Anstieges nachdem er sich einen Überblick über die neu hereingekommen Akten verschafft hatte, gesundheitlich „nicht mehr so gut ging“ (BDB, ON 30, 22).
Die Zeugin S gab glaubhaft an, dass sie bereits im März/April 2021 ein informelles Gespräch mit dem BF stattgefunden habe, nachdem ihr die schlechten Zahlen aufgefallen waren. Zu diesem Gespräch sei jedoch kein Protokoll erstellt worden. Es sei um die Erledigungen gegangen und der BF habe bei diesem Gespräch noch nicht gesagt, dass er Hilfe brauche (VHS 11). Der BF bestritt, dass es dieses Gespräch und gab an, dass er sich an dieses Gespräch nicht erinnern könne (VHS 28). Es mag sein, dass er sich nicht erinnern kann oder will, es liegt jedoch außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass eine neu bestellte Vorgesetzte, die den Auftrag hat monatlich stichprobenartig die Erledigungszahlen zu kontrollieren, bei derart nach unten abweichenden Zahlen, wie sie der BF hatte, zur Tagesordnung übergegangen wäre. Es entspricht auch dem gängigen Führungsverhalten zuerst das informelle Gespräch zu suchen. Die diesbezügliche Erinnerungslücke des BF liegt möglicherweise darin begründet, dass er eine Amtshaftungsklage wegen Mobbing, ua durch die S, eingebracht hat.
Tatsächlich verbesserten sich seine Leistungen im März (309 Erledigungen/22 Vollzugstage) im Vergleich zum Februar (113/13), was ein deutliches Indiz dafür ist, dass das Gespräch stattfand und sich der BF „zusammengerissen“ hat (wie er bei der BDB, allerdings zum folgenden Gespräch formulierte – BDB, ON 30, 22). Aussagepsychologisch ist es erklärbar, dass sich beim BF vor dem Hintergrund seiner Überzeugung, dass die S ihn mobbe, die Erinnerungen zu den beiden Gesprächen seine Arbeitsleistung betreffend, vermischt haben bzw er diese Erinnerung verdrängt.
Auf die Frage in der Verhandlung, was er sich gedacht habe, als er das erste Mal auf eine nicht zufriedenstellende Arbeitsleistung angesprochen worden sei, führte der BF wiederum aus, dass es nur ein Gespräch gegeben habe, bei dem ihm dargelegt worden sei, dass seine Arbeitsleistung „ein wenig“ zu gering wäre. Es seien die Gründe dafür erläutert worden, welche sein Urlaub den ganzen Jänner (das ist richtig) und die erste Februarwoche (tatsächlich waren es nur drei Tag in der dritten Februarwoche) gewesen sei und er einen Aktenberg aufzuarbeiten gehabt habe. Wenn ein Gerichtsvollzieher auf Urlaub gehe, passiere in seiner Abwesenheit nichts. Die Fristen und die Zuweisung würden weiterlaufen. Lediglich bei einer längeren Krankheit würden bereits angesetzte Termine, z.B. für Räumungen, von Kollegen wahrgenommen. Er habe bei dem Gespräch auch kundgetan, dass er Hilfe benötige, weil das alleine durch ihn nicht zu bewältigen sei. Es sei durchaus üblich, dass einem dann durch andere Kollegen geholfen werde, er habe ja selbst auch drei Monate einem Kollegen geholfen. Es sei dann ausgemacht worden, dass er sich mit der S das nächste Monat noch einmal zusammensetzen würde, die Zuweisung könne man ja nicht beeinflussen. Sie habe gesagt, sie habe keine Ressourcen. Zu diesem zweiten Gespräch sei es dann nicht mehr gekommen (VHS 6).
Bei der BDB gab der BF an, er habe der S gesagt, dass er wegen der Rückstände Hilfe brauche, von seinen gesundheitlichen Problemen habe er nichts bzw keine Details erklärt, nur dass er sich nicht konzentrieren könne (BDB, ON 30, 23).
Als sich die Zahlen im April (17/9) und Mai (152/14) erneut verschlechterten – was nach der Aussage des Psychologen D erklärbar ist, weil sich das Überlastungssyndrom schleichend und nicht linear entwickeln kann und immer wieder Stabilisierungsphasen vorhanden sind und es sich typischer Weise auf die Arbeitsleistung auswirkt (VHS 24) –, kam es am 01.06.2021 zu einem formalen Gespräch zwischen dem BF und der S das protokolliert wurde. In dem Gespräch wurde der BF auf seine wenig zufriedenstellende Arbeitsleistung im April und Mai 2021 hingewiesen (Protokoll vom 01.06.2021 (Beilage ./D).
Im Protokoll vom 01.06.2021 (das sowohl vom BF als auch von der S unterschrieben wurde), ist dazu lediglich angeführt, dass er gesagt habe, dass er sich durch die COVID-Situation gehemmt gefühlt habe, aber ab sofort die volle Arbeitsleistung erbringen werde, in die Kanzlei wechseln – was sie ihm angeboten habe – habe er nicht wollen. Es ist im Protokoll auch vermerkt, dass ihm gesagt wurde, dass seine Arbeitsleistung unter genauer Beobachtung bleibe und es zu dienstrechtlichen Konsequenzen kommen werde, wenn sich diese nicht verbessere.
Nachdem formellen Gespräch verbesserten sich die Erledigungszahlen und die Vollzugstage im Juni auf 306/15, sanken aber im Juli 2021 wieder auf 35/7. Wobei zwar einzuräumen ist, dass der BF im Juli 11 Tage im Urlaub war, abgesehen von den Wochenenden aber 11 Arbeitstage mit Normdienstzeit verblieben und an 7 dieser Tage keine Eintragungen in die VJ erfolgten. Der BF gab an, dass er nach diesem Gespräch versucht habe, die älteren Akten, da wo die Viermonatsfrist schon fast abgelaufen gewesen sei, prioritär zu bearbeiten, wies dabei jedoch gleichzeitig darauf hin, dass dabei ein größerer Zeitaufwand wegen längerer Fahrzeiten entstehe und die Fristen der täglichen Eingänge weiterlaufen würden (VHS 7).
Die S hatte auch dafür gesorgt, dass ihm einige ältere Akten von einem Kollegen ( XXXX ) abgenommen wurden (VHS 11).
Das brachte aber keine nennenswerte Erleichterung für den BF bzw eine Verminderung der wieder erheblich angestiegenen Rückstände. Der Rückstand betrug Ende Mai 975 Akten und sank im Juni auf 852, um Ende Juli einen Höchststand von 1027 Akten zu erreichen (OZ 21).
Dieser Verlauf und die großen Unterschiede in den Erledigungszahlen zeigen, dass der BF wusste, dass er unter Beobachtung stand und sich bemühte bessere Leistungen zu erbringen, was ihm dann aber nur für kurze Zeit gelang und ihm offenbar derart viel Substanz kostete, dass er erschöpft war und danach die Zahlen wieder abfielen.
Diese Verläufe und die Aussagen des Psychologen D zeigen – entgegen der Ansicht des Disziplinaranwaltes (VHS 29) – klare Anzeichen einer die Schuld ausschließenden Überlastung die zunehmend Krankheitswert hatte. D hat auch ausgesagt – und deckt sich das mit dem Eindruck den der BF in der Verhandlung hinterlassen hat und mit seiner Amtshaftungsklage wegen Mobbing – dass der BF eine für ein Überlastungssyndrom typische dysphorische Stimmunglage (weniger traurig als zornig) an den Tag legt. Belastungsintoleranz, Antriebslosigkeit, kognitive Störungen, Schlafstörungen, depressive Stimmung und gelegentlichen Ängstlichkeit, wäre weitere idealtypische Symptome, welche beim BF vorgelegen seien (VHS 24).
Der BF führt in seiner Beschwerde an, die von der Zeugin S (die Vorgesetzte des BF ab 01.01.2021) gewählten Mittel die Arbeitsleistung des BF festzustellen, seien nicht geeignet (Beschwerde, Seite 6). Bei der BDB hat er ausgeführt, dass die S nicht feststellen könnte, wann er arbeite und nur die Zeiten gewertet hätte, wann er in der VJ gearbeitet habe bzw dort etwas eingetragen habe und die anderen 80 % der Zeit nicht.
Sodann räumte er aber ein, dass er im Februar 2021 schon weniger gearbeitet habe, da es ihm schon ein bisschen schlechter gegangen sei, aber er habe nicht nichts gearbeitet. Es gebe auch „offline“ (gemeint außerhalb der VJ) viel zu tun, man könne aufgrund der großen Rückstände stundenlang Akten schlichten (BDB, ON 30, 21).
Die im Vergleich mit dem Durchschnitt der anderen Gerichtsvollzieher deutlich weniger Erledigungen des BF (insbesondere in den Monaten Februar, April, Mai, Juli und August 2021) sind durch die Erledigungsstatistiken belegt und daher unstrittig, ebenso dass der BF fallweise über gleich mehrere Tage keine Eintragungen in der VJ gemacht hat bzw „nur“ administrative Tätigkeiten. Der Schluss, er habe in den Zeiten wo er nichts eingetragen habe, nichts gearbeitet, sich quasi dienstfrei genommen, ist aber ebensowenig haltbar wie der im EB geäußerte Verdacht, er habe am Wochenende eine rege Vollzugstätigkeit an den Tag gelegt, um seine Untätigkeit in der Normdienstzeit zu verschleiern (EB 30). Beweise für eine Untätigkeit in diesen Zeiten liegen nicht vor.
Zu Recht weist der BF auf die Zeugenaussage des G hin, der gesagt hat, dass die Vorbereitung von Vollzugsakten viel Zeit (Stunden) in Anspruch nehme, aber in der VJ nicht aufscheine (Beschwerde, Seite 7). Der BF behauptete, dass die Vollzugstätigkeit nur 20-30% ausmache, während die Bürotätigkeit 70-80% in Anspruch nehme (VHS 6, Beschwerde, Seite 8).
Der G hat das auch in der Verhandlung vor dem BVwG bestätigt und von rund 70 % Innendienst und 30 % Außendienst gesprochen (VHS 16), wobei er unter Außendienst jede Art von Interaktion mit einer Partei, die zu einem Vollzugsergebnis führt, verstanden wissen wollte, auch wenn diese am Gericht stattfinde (VHS 19). G sagte auch aus, dass es vorkommen könne, dass man auch zwei Tage am Stück in Vorbereitung und Organisation im Innendienst investieren müsse, um zu effizienteren Vollzugsergebnissen zu kommen (VHS 16).
Die Zeugin S sprach von einem Verhältnis 50% zu 50 % und räumte ein, dass zB Pfändungen aufwendiger wären (VHS 13). Die Zahl der Pfändungen war beim BF aber nachweislich gering (nur drei im März 2021).
Die Zeugin S gab zur administrativen Tätigkeit des „Lustrierens“, welches ein Durchsehen der Akten ohne nachvollziehbare Eintragungen im Tagesbericht darstellt, dass eine Abfrage ungefähr eine Minute in der VJ dauern würde, da würde der Name eingetragen und die Geschäftszahl und dann habe man das Ergebnis. In einer Woche schaffe man ohne besondere Anstrengung rund 1.000 Akten. Man könne auch im Vorfeld Noten schicken und die Parteien zur Zahlung auffordern. Wer mehr verschicke, habe auch einen höheren Kontoeingang (VHS 10). Die eingegangenen Zahlungen waren beim BF geringer als bei den anderen Gerichtsvollziehern. Auch hier ist aber kein Schluss auf „Faulheit“ des BF zulässig, weil die geringe Höhe der Zahlungen letztlich auch viele andere Ursachen haben kann, die der BF nicht beeinflussen konnte.
Der BF entgegnete auf die Frage, ob er für die „Lustrierung“ eines Aktes in der Regel eine Minute benötigt habe, dass dies eine Utopie sei. Es dauere von fünf Minuten bis zu einer Stunde, und komme auf den Umfang und die Art des Aktes an (bspw. Abfragen im Zulassungsregister zu, Melderegister, ob ein gültiges Vermögensregister vorhanden ist, dazu gebe es eine Datenbank). Er sehe sich grundsätzlich jede Seite eines Aktes an (VHS 27.28).
Der Zeuge G konnte die Zeitangabe von einer Minute nicht nachvollziehen (VHS 18).
Der Zeuge B gab den administrativen Aufwand mit zwei bis drei Stunden pro Tag an (VHS 21).
Im Ergebnis bedeuten diese Aussagen, dass zumindest ein erheblicher Zeitaufwand in organisatorische und administrative Tätigkeiten zu investieren ist, um anschließend effektive Vollzugshandlungen zu setzen. Je höher die Rückstände, desto höher der administrative Aufwand und der Zeitdruck auf Grund von Fristen und Berichtspflichten, weil mehr Akten durchgesehen und die diesbezüglichen Vollzugshandlungen koordiniert werden müssen. Auch mehr Anfragen sind zu beantworten. Der BF hat die administrativen Aktenvorbereitungen offenbar sehr genau gemacht, was zeitaufwendig ist, aber in der Folge nicht zu effektiveren Vollzügen geführt hat. Der Zeuge G attestierte ihm zwar hohes Fachwissen und Motivation, gleichzeitig aber auch Frustration und Überforderung mit den Aktenbergen. Diese Überforderung hat sich nach dem Abgang des G und der Auflösung der Arbeitsgruppe die ihn unterstützt hat offenbar wieder gesteigert und hat ihren Höhepunkt nach seinem langen Urlaub im Jänner 2021 erreicht, wo der BF viel zu viel Zeit in die Administration bzw Sichtung der Rückstände steckte und dabei die eigentliche Vollzugstätigkeit vernachlässigte. Der Zeuge G brachte diese Gefahr mit seiner etwas verklausulierten Aussage, dass der BF im Herbst 2020 an einer Kreuzung gestanden wäre, wo zwar die Hoffnung bestanden habe, dass er künftig die Aktenberge bewältigen werde aber auch die Gefahr bestanden habe, dass er ohne weitere Betreuung das nicht schaffe. Nach dem Abgang des G gab es aus Ressourcengründen keine weitere Unterstützung des BF, vielmehr fielen der neuen Vorgesetzten des BF, der S, sofort die unterdurchschnittlichen Leistungen auf.
Die Zeugin S führte an, dass es nicht vorstellbar sei, dass ein Gerichtsvollzieher gleich mehrere Tage hintereinander keine Vollzugstätigkeit eintrage. Es könne lediglich sein, dass mehrere Stunden Administration anfielen, wenn das Konto übergehe oder viele Pfändungen vorlägen. All das sei beim BF aber nicht der Fall gewesen. Die administrative Tätigkeit bestehe im Wesentlichen aus dem Herausnehmen der Akten aus dem Eingangsfach, dem Sortieren und „Lustrieren“ und allenfalls dem Ausrechnen. Der Kollege XXXX , der auch neu gewesen sei und dem BF nachgefolgt sei, habe wesentlich höhere Erledigungszahlen (VHS 14).
Auch der Zeuge G führte in diesem Zusammenhang an, dass es sein könne, dass es vorkommen könne, dass gleich „zwei Tage am Stück“, ausschließlich Administrationstätigkeiten zu machen sind und solche Investitionen in die Organisation im Innendienst zu effizienteren Vollzügen im Außendienst führen (VHS 16).
Der Zeuge B sprach diesbezüglich von zwei bis drei Stunden pro Tag und dass es vorkommen könne, dass man einen ganzen Tag im Büro sitze (VHS 21).
Daraus ergibt sich, dass mehrere Tage Administrationsdienst (Vorbereitung) zwar vorkommen können, aber die Ausnahme darstellen und in der Folge zu effizienteren Vollzügen führen müssten. Das war beim BF unstrittig nicht der Fall.
Die oben festgestellten Einträge bzw Nichteinträge in der VJ, die geringen Erledigungszahlen, langen Durchlaufzeiten und aufgebauten Rückstände sind unstrittig, zumal sie auf automatisiert erstellten Listen beruhen, welche von der Dienstbehörde vorgelegt wurden (Beilagen ./A und B). Sie wurden vom BF auch nicht substantiiert bestritten.
Sie sind aber nicht geeignet zu beweisen, dass der BF in der Zeit, wo er nichts eingetragen hat, nichts oder zu wenig gearbeitet hat.
Seine stark verminderte Arbeitsleistung ist vielmehr auf seine nicht effiziente Arbeitsweise bzw Organisation und seine – im Tatzeitraum (aber auch bereits das Jahr davor) – bestehende Überforderung durch die hohen und stetig ansteigenden Rückstände zurückzuführen.
Der Zeuge G hat die Überforderung und Frustration des BF durch die hohen Aktenstände in seinen Einvernahmen eindrucksvoll geschildert und ua auch angegeben, dass er selbst knapp 2 Jahre gebraucht habe, um sich in einem ähnlich schwierigen Gebiet zurechtzufinden (BDB, 37). Das BVwG verkennt dabei nicht, dass der BF rein rechnerisch im Februar 2021 ebenso schon 2 Jahre im Vollzugsgebiet arbeitete (wie der Senatsvoristzende der BDB in seinem Schlussplädoyer richtig anführte [VHS 29]). Der BF hatte aber bereits hohe Rückstände und eine chaotische Organisation von seinem Vorgänger zu übernehmen und führten die Coronawellen ab 16.03.2020 zu mehreren Lockdowns und Einschränkungen wie die Maskenpflicht, die zum Teil noch im Jänner 2021 galten. Wenngleich die Vollziehungsmaßnahmen ab Ende Mai 2020 (je nach Verfügbarkeit von Schutzausrüstung) wiederaufgenommen werden konnten und G bis August 2020 eine Arbeitsgruppe zur Entlastung des BF einrichtete, war dieser von Anfang an hoch belastet und blieb es im Wesentlichen auch.
2.2. Der Vorsitzende der BDB führte in der Verhandlung vor dem BVwG an, dass der BF erst nach seiner Suspendierung ärztliche Hilfe gesucht hätte und sei daher davon auszugehen, dass erst diese sowie das eingeleitete Straf- und Disziplinarverfahren die gesundheitlichen Probleme ausgelöst hätten. Dabei übersieht er, dass der BF bereits 10 Tage vor der Suspendierung (die am 29.09.2021 erfolgte) seine Hausärztin aufsuchte, weil er seine kognitiven Defizite wie Konzentrations- und Schlafstörungen – die auch schon davor bestanden, wie der D aussagte – nunmehr so intensiv wahrnahm, dass er sich nicht mehr für dienstfähig hielt.
Seit 16.09.2021 war er durch Dr. XXXX (Allgemeinmedizinerin) wegen eines Erschöpfungszustandes mit Verdacht auf Burnout-Syndrom im Krankenstand (Befundbericht vom 27.09.2023) und war das zeitlich vor der Suspendierung und den Anzeigen. Die den BF, wie er einräumte, überrascht hatten, weil diese statt eines weiteren Gesprächs erfolgten (VHS 6). Er hat dazu auch glaubhaft bei der BDB angegeben, dass er von Fr. Dr. XXXX (Richterin die der S übergeordnet war, VHS 5) rund ein Monat vor der Suspendierung auf seine mangelhafte Arbeitsleistung am Gang vor Kollegen angesprochen und ihm eine Besprechung angekündigt wurde (BDB 3). Diese wusste Bescheid und hat der S angeordnet sich noch die Zahlen im August anzusehen (BDB 41).
Nach dem Befund seines Psychiaters D, den er mangels Termin erst im Februar 2022 konsultieren konnte, war er seit Beginn 2021 (in der Verhandlung sprach der D sogar vom Ende des ersten COVID-Lockdowns [VHS 26]) eine Überlastung ausgesetzt gewesen, die er nicht mehr kompensieren konnte (Befundbericht vom 25.09.2023).
Der als sachverständige Zeuge zum Zustandekommen seines Befundberichtes einvernommene D hat in der Verhandlung glaubhaft ausgesagt, dass die Symptome die der BF geschildert habe, idealtypisch für ein Überlastungssyndrom sind, dass sich langsam entwickelt und sich auch typischer Weise auf die Arbeitsleistung auswirkt (VHS 24). Der BF habe ein klinisch eindeutiges Bild gezeigt, er sei abgemagert gewesen und habe durchgehend ein ausgeprägtes, dysphorisches Stimmungslage gehabt (VHS 25).
Der Schluss des Vorsitzende der BDB, dass erst die Disziplinarmaßnahmen und das Strafverfahren die Erkrankung des BF ausgelöst hätten, ist vor dem Hintergrund dieser fachkundigen Aussage und der festgestellten objektiven Überlastungssituation nicht haltbar und sind damit auch die stark schwankenden Monatserledigungen erklärt.
Der BF hat diese Überlastungssituation und die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme auch zweifellos erkannt (BDB 21: „Ich habe gemerkt, dass ich ausgebrannt war […] ich habe mich nicht mehr konzentrieren können “). Ob er diese explizit bei einem der nur zwei Gespräche mit der S angesprochen hat, dazu gehen die Aussagen der S und des B auseinander. Der BF gab an, er habe der S gesagt, dass es ihm nicht gut gehe, später sagte er, er habe das umschrieben, gesagt, dass er nicht mehr könne und keine Energie habe und dass er Hilfe brauche (BDB 22). Später antwortete er, als ihn der Vorsitzende der BDB mit der verneinenden Frage „Aber, dass Sie gesundheitliche Probleme haben, haben Sie ihr nicht mitgeteilt?“ konfrontierte: „Nein, ich habe ihr jetzt keine Details erklärt. Wie gesagt, dass ich jetzt Schlafstörungen habe, dass ich mich nicht konzentrieren kann, also die Details habe ich nicht gesagt. Aber ich denke einmal, es wird doch reichen, wenn ich dem Vorgesetzten sage, dass es mir nicht gut geht, dass ich das nicht schaffe.“
Die Zeugin S sagte hingegen bereits bei der BDB glaubhaft aus, dass sie ihn bereits im März/April 2021 gefragt habe, ob es ihm gesundheitlich gut gehe und er habe „ja“ gesagt. Er habe als Erklärung für die geringe Arbeitsleistung Corona angegeben (BDB 41). Das gab sie auch beim BVwG an (VHS 11).
Das BVwG geht auf Grund der vagen Aussagen des BF und der klaren Angaben der S davon aus, dass er der S bei der Besprechung am 01.06.2021 nicht ausreichend kommuniziert hat, dass er gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, dass ihm zugewiesenen Arbeitspensum (zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits wieder über 900 offene Vollzugsaufträge) zu bewältigen. Er hat selbst angegeben, dass er es sich nicht eingestehen wollte und es ihm auch wochenlang wieder gut gegangen sei, bis die Abstände immer kürzer geworden seien und er dann zum Arzt gegangen sei (BDB 21).
Die vom Rechtsvertreter in der Beschwerde beantragte Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (Beschwerde, Seite 13), zum Beweis dafür, dass der BF die Behandlungsbedürftigkeit der von ihm wahrgenommen Erschöpfung erst im September 2021 erkennen habe können – was der Vorsitzende der BDB in seinem Schlussplädoyer als nicht glaubhaft erachtete – wurde am Ende der Verhandlung vor dem BVwG zurückgezogen (VHS 30).
Letztlich kann die Frage, ob der BF seinen angegriffenen Gesundheitszustand seiner Treuepflicht entsprechend ausreichend kommuniziert bzw gemeldet hat, vor dem Hintergrund, dass sich der Vorwurf einer Meldepflichtverletzung nicht im EB findet, offen bleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Verfahren und Zuständigkeit
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Eine Verjährung gem § 94 Abs 1a BDG, wonach drei Jahre nach Zustellung des EB (ist im Gegenstand am 04.11.2021 erfolgt) keine Disziplinarstrafe mehr verhängt werden darf, liegt aufgrund der Hemmungszeiträume durch die Anhängigkeit beim BVwG (von 24.01.2024 bis 03.05.2024) beim VwGH (von 10.06.2024 bis 17.09.2024) und dann wieder beim BVwG (ab 17.09.2024 bis dato) noch nicht eingetreten.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, weil die Voraussetzungen § 135a BDG für eine Senatsentscheidung nicht vorliegen.
Zu A)
3.3.2. Zur Rechtslage
§ 43 Abs 1 BDG lautet:
Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.2005, 2002/12/0343, klargestellt, dass unter einer treuen und gewissenhaften Besorgung dienstlicher Aufgaben zu verstehen ist, dass der Beamte diese unter voller Hingabe und Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft wahrnimmt und andere Interessen als die des Dienstes den dienstlichen Interessen unterordnet, dass er eine qualitativ einwandfreie und auch mengenmäßig entsprechende Leistung zu erbringen hat. Siehe dazu auch VwGH vom 21.02.2021, 99/09/0126, worin ausgeführt wird: „Die Verpflichtung zu ‚gewissenhaftem Handeln‘ hält den Beamten zu einem fleißigen, sorgfältigen, genauen, zuverlässigen und aufrichtigen Verhalten bei Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben an. Dabei stellt ein besonderes Merkmal auch die Pflicht des Beamten dar, die dienstlichen Aufgaben ‚mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln‘ zu besorgen, worunter nicht nur die sachlichen Hilfsmittel zu verstehen sind, sondern auch die Pflicht, nach seinem Gewissen das Beste zu geben.“
Die fehlerhafte und nachlässige Arbeitsweise eines Beamten ist nur dann als Dienstvergehen zu qualifizieren, wenn eine Vielzahl von Mängeln erwiesen ist, die über das normale Versagen eines durchschnittlichen Beamten eindeutig hinausgehen und nicht Unvermögen, sondern echte Schuld vorliegt. Auch der fähigste und zuverlässigste Beamte macht gelegentlich Fehler und ist Schwankungen seiner Arbeitskraft unterworfen (VwSlg 10135 A/1980).
Welchen Umfang die Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten unter Bedachtnahme auf mögliche menschlich verständliche Fehlerquellen einnimmt, lässt sich im einzelnen nicht beschreiben. Hiebei kommt es wesentlich auf die dienstliche Stellung des Beamten und den Verwaltungszweig an, in dem er beschäftigt ist (VwGH 14.5.1980, 226/80, VwSlg 10135/A; VwGH 05.04.1990, 90/09/0008).
Auch im öffentlichen Dienst stehen wie in anderen Arbeitsbereichen keineswegs nur perfekt und fehlerfrei arbeitende „Mustermenschen" zur Verfügung. Mit einzelnen „schwachen Leistungen", einer gelegentlichen „Flüchtigkeit" oder Ähnlichem können normalerweise die Pflicht zur treuen, gewissenhaften und unparteiischen Besorgung der dienstlichen Aufgaben im Sinne des § 43 Abs 1 BDG 1979 nicht verletzt werden (so genannte Bagatellverfehlungen; Hinweis E 21. 02. 1991, 90/09/0171, und E 21. 02. 1991, 90/09/0181. VwGH 19.09.2001, 99/09/0202).
Grundsätzlich schuldet jeder Beamte nur eine im Ganzen durchschnittliche Leistung. Ein einmaliges Versagen ist allerdings dann gesondert zu werten, wenn es sich um eine vorsätzliche Widersetzlichkeit oder um eine bewusste Gleichgültigkeit gegenüber erteilten Weisungen handelt. Es kann aber im Einzelfalle auch Fahrlässigkeit (Hinweis E 13.12.1990, 89/09/0025) genügen, insbesondere dann, wenn wegen der voraussehbaren erheblichen Nachteile schon bei einem geringen Versagen eine erhöhte Sorgfalt geboten ist. Je näher die Möglichkeit von dienstlichen Auswirkungen einer Nachlässigkeit liegt oder je höher der mögliche Schaden abzusehen ist, desto geringere Grade der Fahrlässigkeit können dann schon vorwerfbar sein (VwGH 30.08.1991, 91/09/0084).
Das Vorliegen eines Verschuldens im Falle des Zuwiderhandelns gegen eine Dienstpflicht kann grundsätzlich dann verneint werden, wenn ein rechtmäßiges Verhalten nicht zumutbar ist. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens ist z.B. auf Übermüdung oder auch Überforderung infolge langandauernder schwerer Belastung bei einer (gefahrengeneigten) Tätigkeit Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall in ausreichendem Maße dargetan, dass er wegen Überforderung nicht in der Lage gewesen sei, das von ihm erwartete (umsichtige) Verhalten an den Tag zu legen, bzw. dass ein rechtmäßiges Verhalten in diesem Sinne für ihn in dieser Situation nicht zumutbar gewesen ist. Es kann auch nicht erkannt werden, wie anders als der Beschwerdeführer sich ein pflichtgetreuer, aber überlasteter Beamter verhalten hätte, als diesen Umstand seiner Dienstbehörde zu melden. In Anbetracht der auch seinen Vorgesetzten mitgeteilten Besorgnis des Beschwerdeführers, den Anforderungen nicht im erforderlichen Umfange gerecht werden zu können, wäre es vielmehr Aufgabe der Dienstbehörde gewesen, entsprechend der Fürsorgepflicht des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers dem Beamten gegenüber, durch eine dienstrechtliche Maßnahme mit Rücksicht auf den Dienstbetrieb und die Gefährdung der Leistungsfähigkeit des Beamten zu reagieren. Hier: Von der Verhängung eines Schuldspruches gegen den Beschwerdeführer wegen Vorliegens der im § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 genannten Umstände wäre abzusehen und der Beschwerdeführer freizusprechen gewesen (VwGH 19.09.2001, 99/09/0202).
3.3.1. Zu den vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen und zum Verschulden
Einleitend ist festzustellen, dass vom Vorwurf gegen den BF im noch verbleibenden Teil des von vornherein vage formulierten Spruchpunktes 2 des EB der lautete
„[…] 2. an 67 Arbeitstagen keine Arbeitsleistung sowie an weiteren 131 Arbeitstagen eine teils erheblich unter 4 Stunden liegende Arbeitsleistung erbracht […]“,
auf Grund der nach den rechtskräftigen Freisprüchen der BDB noch übriggeblieben ist, dass er [Ergänzungen in eckiger Klammer durch das BVwG aufgrund der Begründung des EB]
„im Zeitraum Februar bis August 2021 in XXXX [an 48 Arbeitstagen keine Arbeitsleistung sowie an weiteren 62 Arbeitstagen eine teils erheblich unter 4 Stunden liegende Arbeitsleistung] als Gerichtsvollzieher des Oberlandesgerichtes XXXX eine stark verminderte Arbeitsleistung erbracht habe“.
Dass die gänzliche Nichterbringung einer Dienstleistung an ganzen Tagen (oder auch nur stundenweise) eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs 1 BDG darstellt, liegt auf der Hand, weil den Beamten danach die Pflicht trifft, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen. Ob er das getan hat bzw im vorwerfbar ist, wenn er es nicht getan hat, ist im Einzelfall zu beurteilen (VwGH 19.09.2001, 99/09/0202).
Wie bereits der VwGH in seinem Erkenntnis vom 05.09.2024, Ra 2024/09/0037, im Gegenstand hingewiesen hat, waren die Feststellungen zu dem vom Freispruch nicht umfassten Zeitraum des Spruchpunkt 2 des EB vom 02.11.2021 - die schließlich zum ebenso unkonkreten Schuldspruch im angefochten Disziplinarerkenntnis vom vom 01.12.2024 geführt haben, wonach der BF „im Zeitraum Februar bis August 2021 stark verminderte Arbeitsleistung“ erbracht habe - zu unkonkret.
Zu Recht rügte der BF daher in seiner Beschwerde die mangelhaften bzw gänzlich fehlenden Sachverhaltsfeststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides.
Die erforderlichen Feststellungen wurde vom BVwG ua unter Heranziehung der Begründungen des EB vom 02.11.2021 (Tabellen Seiten 28 und 29) nunmehr nachgeholt. Dabei kam ans Licht, dass die Arbeitsleistung des BF an Hand der Datums- und Uhrzeitangaben seiner Eintragungen in der VJ (Tagesberichte und Schreibzeiten) erfolgt sind und daraus geschlossen wurde, dass der BF an einzelnen Tagen gar nichts geleistet habe bzw eine Arbeitsleistung von unter 4 Stunden erbracht habe. Die Zeiten, wo der BF administrative und organisatorische Arbeiten erledigte – die zwischen 50 und 80 % seiner Tätigkeit ausmachten – sind in der VJ aber nicht abgebildet.
Ein direkter Schluss aus den Nichteintragungen in der VJ darauf, dass der BF in der übrigen Zeit nichts gearbeitet hat, ist daher nicht möglich.
Noch dazu, wo der BF zwar grundsätzlich eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich zu absolvieren hatte aber keine Zeitkarte oder einen Überstundennachweis führen musste und nach eigenem Ermessen sowie den gesetzlichen Vorgaben auch an den Tagesrandzeiten und am Wochenende Vollziehungstätigkeiten durchzuführen hatte. Diese Überstunden wurden durch eine Leistungskomponente in seinem Monatsbezug (Vollzugsgebühren) abgegolten, die nach der EO (§ 457 ff) für konkrete Leistungen bezahlt wurde. Der BF verdiente also mehr, wenn er mehr Vollzugstätigkeiten setzte und weniger, wenn er weniger leistete bzw einbrachte.
Nach den Vorgaben des Justizministeriums soll bzw muss ein durchschnittlicher Vollzugsbeamter in einem schwierigen Vollzugsgebiet wie dem des BF (Kategorie 2) mindestens 280 Vollzugsaufträge pro Monat erledigen.
Der Durchschnittswert der Gerichtsvollzieher am BG (die teilweise auch einfachere Gebiete hatten) lag im Tatzeitraum pro Monat zwischen rund 290 bis 350 Erledigungen.
Der über lange Berufserfahrung verfügende Vorgänger des BF im gleichen Vollzugsgebiet erledigte zwischen rund 200 und 370 Vollzugsaufträge pro Monat.
Die vom BF erledigten Vollzugsaufträge waren im Jahr 2021 im Februar 113, im März 309, im April 17 (!), im Mai 152, im Juni 306, im Juli 35, im August 135. Sie lagen daher in 5 Monaten deutlich unter den Durchschnittswerten. Ein Beweis dafür, dass er in dem im EB genannten Zeitraum bzw seiner Dienstzeit sich nicht mit voller Hingabe seinem Beruf gewidmet hat, sind die Erledigungszahlen aber nicht. Der BF als Beamter schuldet ein redliches Bemühen. Er ist nicht zu einem bestimmten Erfolg verpflichtet und ist die Leistungsfähigkeit individuell sehr unterschiedlich.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die geringere Arbeitsleistung bzw Erledigungsquote eher dem organisatorischen Unvermögen des BF im Umgang mit hohen Aktenzahlen und seiner ineffizienten Arbeitsweise geschuldet war und nicht mangelnder Leistungsbereitschaft. Dazu ist noch einmal auf das Entlohnungsschema der Gerichtsvollzieher zu verweisen, das mangelnde Leistung mit geringerem Einkommen würdigt.
Der BF und seine Rechtsvertretung führen zusammengefasst an, dass die nur unterdurchschnittliche Erledigungsquote der BF seiner Überlastung bzw Erschöpfung in den genannten Monaten geschuldet war.
Dazu wurde festgestellt, dass der BF bereits bei der erstmaligen Übernahme des Vollzugsgebietes im April 2019 von seinem Vorgänger erhebliche Rückstände (rund 800 offene Akten) übernahm und schon von Anfang an mit dem Management dieses Aktenberges überfordert war, weil monatlich rund 200 neue Akten dazu kamen und er eine nicht effiziente Arbeitsweise hatte. Ein mehrerer Wochen dauernder Ausbildungskurs und die durch die Corona-Pandemie erzwungene Vollzugspause führten zu einem Anstieg auf über 1.200 offene Akten im Mai 2020.
Durch eine Unterstützungsaktion seines damaligen Vorgesetzten und von Kollegen wurde der Aktenstand bis Ende August 2020 auf rund 470 offene Akten gedrückt.
Durch die Neuzuweisungen und einem längeren Urlaub über den Jahreswechsel und im Jänner 2021 war der Aktenstand wieder über 700 Akten angewachsen. Dass der BF nach Rückkehr aus dem Urlaub damit neuerlich überfordert war, ist nachvollziehbar. Damit und mit dem langen Urlaub davor, der einen erhöhten Organisationsaufwand danach erforderlich machte, ist die niedrige Erledigungszahl im Februar zu erklären. Zu diesem Zeitpunkt litt er – wie sich später herausstellte – bereits an einem beginnenden Überlastungssyndrom durch den Dauerdruck der hohen Rückstände, der durch den Urlaub nur kurz gelindert wurde.
Dass sich der BF danach anstrengte zeigt die Erledigungszahl im März die über 300 lag, ihn aber wieder überforderte und Substanz kostete, sodass er im April massiv wenig erledigen konnte und im Mai immer noch nur rund die Hälfte der von ihm erwarteten Erledigungen. Nachdem ihn seine, seit Jänner neue Vorgesetzte die ihn zunächst Ende Märze noch informell und dann Anfang Juni formal mit den schlechten Zahlen konfrontierte und ihm mit disziplinären Konsequenzen drohte, steigerte er die Erledigungszahlen im Juni wieder auf knapp über 300, was aber zu massiveren Symptomen einer Erschöpfung führte und zur Folge hatte, das im Monat darauf (Juli) wieder massiv weniger erledigen konnte, zumal er da auch 11 Tage Urlaub genoss, in dem er aber sogar tageweise arbeitete, wie die Eintragungen in der VJ von Tagesberichten zeigen. Im August schaffte er dann nur Erledigungen unter dem Durchschnitt und suchte am 16.09.2021 seine Hausärztin auf, die ihn wegen Verdacht von Erschöpfungszustand, Verdacht auf Burnout, der sich später bestätigte, zum Psychiater schickte.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen und der schlüssigen und nachvollziehbaren (fach)ärztlichen Diagnosen, besteht für das BVwG nicht der geringste Zweifel, dass der BF sich zwar bemühte, aber auf Grund seines sich entwickelnden Überlastungssyndroms spätestens ab Beginne Februar 2021 nicht (mehr) in der Lage war, eine zumindest durchschnittliche Dienstleistung zu erbringen.
Auch der BDB-Senat ist ab Beginn 2021 von einer Überlastungssituation ausgegangen die zu den Minderleistungen geführt hat und vor dem Hintergrund der Arztbefunde auf ein Sachverständigengutachten verzichtet (2. BDB, 4). Das BVwG schließt sich dem an, die Aussagen des Facharztes in der Verhandlung waren – obwohl es sich dabei um den Arzt des BF handelte – überzeugend und glaubhaft. Insbesondere weil dieser auch einräumte, man müsse sich (auch hinsichtlich des Beginns der Symptome) auf die Aussagen des Patienten verlassen, manchmal würde sich der Zeitraum bei der Untersuchung dann sogar verlängern, weil die Patienten erst dann die Symptome reflektieren und draufkommen, dass diese schon früher vorgelegen seien (VHS 25).
Die geringe Arbeitsleistung in den angeführten Monaten ist daher im Unvermögen aufgrund seiner Defizite sich effizient zu organisieren und den Symptomen seiner Überlastung (die sich wieder aus seiner hohen und fast zweijährigen Dauerbelastung ergaben) zu sehen und ihm nicht als schuldhaft vorzuwerfen.
Zwar erfordert die Treuepflicht von einem Beamten im Krankheitsfall in den Krankenstand zu gehen, um seine volle Leistungsfähigkeit wiederherzustellen (VwGH 13.09.2001, 96/12/0299). Ob diese Pflicht bereits dann besteht, wenn es ihm auf Grund gesundheitlicher Probleme (die er möglicherweise nicht ausreichend ernst nimmt, weil es wieder Phasen gab, wo sich diese verbessert haben) nicht mehr ermöglichen zumindest eine Durchschnittsleistung zu erbringen bzw gewisse Erledigungszahlen zu erreichen, ist zu bezweifeln.
Der sachverständige Zeuge hat ausgesagt, dass sich das Überlastungssyndrom langsam entwickelt und es zwischendurch auch immer wieder zu Stabilisierungsphasen kommt und ist es dem BF daher nicht vorwerfbar, wenn er zunächst nicht erkannt hat, dass er vielleicht schon früher in den Krankenstand hätte gehen sollen.
Wie bereits in der Beweiswürdigung erwähnt ist eine allfällige Meldepflichtverletzung nicht Gegenstand des Vorwurfs im EB und kommt daher für die Begründung eines Schuldspruches ohnehin nicht in Frage.
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Vorgesetzten des BF bereits einen Verdacht in Richtung gesundheitlicher Ursachen für eine Überlastung auf Grund der stark wechselnden Leistungen und der hohen mehrjährigen Rückstände hatten. S gab an, ihn darauf angesprochen zu haben und habe er das verneint. Sie hatte auch keine Informationen zur Vorgeschichte von G erhalten.
Dieser Verdacht hätte – spätestens als er im September tatsächlich längere Zeit in den Krankenstand ging – zum Anlass genommen werden sollen, ihn einer Diensttauglichkeitsuntersuchung zuzuführen.
Das nun von der Dienstbehörde eingeleitete Verfahren zur Ruhestandsversetzung, dass durch entsprechende Sachverständigengutachten substantiiert ist, ist (wenngleich noch nicht rechtskräftig abgeschlossen) ein weiteres Indiz, das in diese Richtung deutet, weil die Ursache, – nachdem der BF schon seit seiner Suspendierung keinen Dienst mehr versieht – im Arbeitsumfeld zu suchen ist. Dass die psychischen Probleme des BF, die sich auf sein Leistungsvermögen ausgewirkt haben, erst durch die Disziplinar- und die Strafanzeige ausgelöst wurden, ist vor dem Hintergrund der Feststellungen zu den Leistungsschwankungen, der von Anfang an über der Zahl der zu erwartenden durchschnittlichen Erledigungen anhängigen offenen Vollzugsaufträge und des damit verbundenen Drucks sowie insb der glaubhaften Aussagen des sachverständigen Zeugen D nicht anzunehmen.
Im Übrigen wird im Hinblick auf die Nichterbringung eines zu erwartenden Arbeitserfolges auf die Bestimmungen der §§ 81 bis 90 BDG zur Leistungsfeststellung verwiesen, wo eine zweimaliger nachweislicher Ermahnung vorgesehen ist, wobei die zweite Ermahnung frühestens drei Monate und spätestens fünf Monate nach der ersten zu erfolgen hat.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden und im Hinblick auf die erforderliche Konkretisierung der Vorwürfe diese klar zu benennen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.