JudikaturBVwG

G310 2300719-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2024

Spruch

G310 2300719-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des nordmazedonischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RAST MUSLIU Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2024, Zl. XXXX :

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX 2023 um 11:40 Uhr bei der Einreise nach Österreich von der Polizei kontrolliert. Der BF war im Besitz eines gültigen nordmazedonischen Reisepasses. Er hat den erlaubten Aufenthalt von 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen überschritten. Die Polizei hob eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500,00 ein und gestattete dem BF die Weiterfahrt.

Am 17.02.2023 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anzeige der Fremdenpolizei XXXX nach dem FPG ein.

Am 06.10.2023 wurde dem BFA die mit 31.03.2023 datierte rechtskräftige Strafverfügung über EUR 500,00 wegen § 120 Abs 1a FPG übermittelt, wobei darauf vermerkt wurde, dass die Zustellung an den BF durch Hinterlegung erfolgte.

Mit dem Schreiben vom 14.11.2023 forderte das BFA den BF auf, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Einreiseverbots zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich und zu seinen privaten und familiären Verhältnissen zu beantworten. Dieses Parteiengehör wurde gemäß § 25 ZustG durch Öffentliche Bekanntmachung zugestellt.

Mit dem oben angeführten Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 FPG ein einjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Der Bescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung, in der darauf hingewiesen wird, dass dagegen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben werden kann, die innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids schriftlich beim BFA einzubringen ist. Diese wurde auch in eine der BF verständliche Sprache übersetzt. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte durch Öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG am 12.03.2024, da die Abfrage im Zentralen Melderegister negativ ausfiel. Die Zustellung galt nach Ablauf von zwei Wochen mit 26.03.2024 als bewirkt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete daher spätestens mit Ablauf des 23.04.2024.

Am 16.09.2024 langte beim BFA die Beschwerde des BF samt Vollmachtbekanntgabe seines nunmehrigen Rechtsvertreters postalisch ein. Es wurde beantragt den Bescheid aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Hilfsweise wurde ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Begründend wurde zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid dem BF erstmals am 19.08.2024 im Zuge einer Grenzkontrolle in XXXX zugestellt wurde, indem dieser dem BF durch die einschreitenden Beamten übergeben wurde. Die Beschwerde sei daher fristgerecht erhoben worden. In einem wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung der LPD Burgenland vom 21.08.2024 übermittelt.

Das BFA legte in weiterer Folge die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 16.10.2024, GZ: G310 2300719-1/3Z, wurde der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Folge gegeben und Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. Gem § 18 Abs 5 BFA-VG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit dem Schreiben des BVwG vom 21.10.2024 wurde dem BF Gelegenheit gegeben, zu der nach der Aktenlage verspäteten Einbringung der Beschwerde binnen einer Woche Stellung zu nehmen.

Mit dem am 23.10.2024 eingebrachten Schriftsatz wurde zum Verspätungsvorhalt Stellung genommen. Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, dass aus der Nachreichung der Beschwerdevorlage der belangten Behörde nicht hervorgehe, wann und wie Zustellung des gegenständlichen Bescheides erfolgt sei. Aus anwaltlicher Vorsicht werde vorgebracht, dass der belangten Behörde die Zustelladresse des BF immerzu bekannt gewesen sei. Im Falle einer Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung, sei diese nicht rechtswirksam gewesen, zumal der BF angehalten und einvernommen worden sei, sodass der belangten Behörde die Zustelladresse bekannt gewesen sei. Der BF habe erstmals am 19.08.2024 vom gegenständlichen Bescheid Kenntnis erlangt, indem dieser dem BF durch die einschreitenden Beamten im Zuge einer Grenzkontrolle in XXXX übergeben worden sei. Die Beschwerde sei somit fristgerecht eingebracht worden.

Nach Aufforderung durch das BVwG teilte der Rechtsvertreter des BF mit Schriftsatz vom 06.11.2024 mit, dass der BF am XXXX 2024 an der Grenzübergangsstelle XXXX , Straße XXXX angehalten worden sei. In weiterer Folge sei dem BF bekanntgegeben worden, dass über ihn ein Einreiseverbot verhängt worden sei. Daraufhin sei der BF in das Polizeianhaltezentrum XXXX , XXXX überstellt worden und sei ihm dort der Bescheid erstmalig ausgehändigt worden. Der BF sei zwei Tage in Verwahrungshaft angehalten worden und sei dann über die BBU ins Heimatland abgeschoben worden. In einem wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung der LPD Burgenland vom 21.08.2024 übermittelt.

Am 21.11.2024 langte das Rechtshilfeersuchen der Österreichischen Botschaft Pressburg beim BVwG ein. Demnach beantragte der BF am 29.06.2022 und am 23.01.2023 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in der Slowakischen Republik zum Zwecke der Ausübung einer Geschäftstätigkeit. In beiden Fällen wurde der Antrag abgelehnt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist ein nordmazedonischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in XXXX geboren.

Der BF verfügte niemals über eine Meldeadresse im Bundesgebiet.

Am 22.11.2023 wurde durch öffentliche Bekanntmachung gem. § 25 ZustG kundgemacht, dass für den BF beim BFA, Regionaldirektion Salzburg, der Bescheid vom 12.02.2024, GZ: XXXX , zur Abholung binnen zwei Wochen ab der Kundmachung bereitliegt. Am 26.03.2024 wurde der Anschlag abgenommen und die Zustellung galt damit als bewirkt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete daher spätestens mit Ablauf des 23.04.2024.

Die Beschwerde des BF langte am 16.09.2024 beim BFA ein.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die relevanten Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahren und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität und der Geburtsort des BF gehen widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt und dem IZR hervor. Aus der Anzeige der LPD XXXX vom 16.02.2023 ergibt sich, dass der BF im Besitz eines nordmazedonischen Reisepasses ist.

Das BFA führte am 22.11.2023, 11.12.2023, 12.02.2024, 12.03.2024 und 28.03.2024 eine Abfrage des Zentralen Melderegisters durch, wobei kein in Österreich befindlicher Wohnsitz des BF ermittelt werden konnte.

Das Dokument „Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung“ liegt im Akt ein. Dass ein derartiger Aushang erfolgt ist, wird vom BF nicht bestritten und sind auch keine Umstände ersichtlich, die zu einer gegenteiligen Annahme führen würden.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 13 Abs. 1 ZustG ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Gemäß § 8 Abs. 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Gemäß § 8 Abs. 2 ZustG ist, wenn diese Mitteilung unterlassen wird, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Gemäß § 23 Abs. 1 ZustG ist, hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.

Gemäß § 25 ZustG können Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Kundmachung an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Dokument bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Dokuments (§ 24 ZustG) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit der Kundmachung an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung die ultima ratio dar (VwGH 09.10.2001, 2001/05/0295; 28.10.2003, 2003/11/0056; VwGH 22.03.2021, Ra 2020/10/0036-15.) und darf daher nur verfügt werden, wenn keine andere Art der Zustellung möglich ist.

§ 25 ZustG ist infolge seiner Subsidiarität zu § 8 ZustG somit nicht anzuwenden, wenn ein Fall des § 8 ZustG vorliegt (vgl. VwGH 30.5.2007, 2006/19/0322, mwN).

Ein Vorgehen nach § 8 Abs. 2 ZustG iVm § 23 ZustG kommt somit - mangels Verletzung einer Mitteilungspflicht über eine Änderung der Abgabestelle - dann nicht in Betracht, wenn eine Partei (schon von Anfang an) keine Abgabestelle hatte (vgl. etwa VwGH 11.6.2015, Ra 2014/20/0184, mwN).

Der BF verfügte zu keinem Zeitpunkt über eine Abgabestelle im Bundesgebiet. Weder zum Zeitpunkt der Personenkontrolle durch die Polizei am XXXX 2023 noch im Zeitpunkt der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 14.11.2023 war der BF im Bundesgebiet gemeldet.

Ebenso unbestritten ist, dass der BF der belangten Behörde auch sonst keine Abgabestelle bekannt gegeben hat. Es ist daher im Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass der BF von Anfang an über keine Abgabestelle verfügt hat, weshalb ein Vorgehen der belangten Behörde nach § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG nicht in Betracht gekommen ist (vgl. im Übrigen dazu, dass auch eine Kontaktstelle gemäß § 19a MeldeG nach § 11 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG in Verfahren vor dem BFA keine Abgabestelle im Sinn des ZustG darstellt, VwGH 13.10.2022, Ra 2020/21/0508, Rn. 14).

Zu der - wie hier betreffend den Bescheid vom 12.02.2024 durch die belangte Behörde erfolgten - Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass an diese als ultima ratio ein strenger Maßstab anzulegen ist, weil mit der Zustellung für die Partei in der Regel weitreichende Rechtsfolgen, insbesondere der Beginn von Fristen, verbunden ist. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung ist daher als Ausnahmefall zu betrachten (vgl. etwa VwGH 22.3.2021, Ra 2020/10/0036, Rn. 9, mwN).

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung voraussetzt, dass die Behörde alle ihr zu Gebote stehenden Mittel für die Ermittlung der Abgabestelle und die ihr nach den Umständen zumutbaren amtswegigen Ermittlungen zu deren Erforschung ausgeschöpft hat. Für die Erfüllung ihrer Verpflichtung, die Abgabestelle einer Person festzustellen, kommen für die Behörde einerseits eine Anfrage an die Meldebehörden, andererseits aber auch Auskünfte von Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie die Abgabestelle des Empfängers kennen (etwa Angehörige, Nachbarn, etc.), in Betracht (vgl. etwa VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0037, Rn. 23, mwN).

Diesen Anforderungen wurde im vorliegenden Fall entsprochen. Die belangte Behörde hat alle ihr im Sinn der oben genannten Rechtsprechung des VwGH zu Gebote stehenden Mittel für die Ermittlung der Abgabestelle des BF ausgeschöpft, indem sie mehrmals eine Abfrage im Zentralen Melderegister durchgeführt hat. Es ergeben sich auch sonst keine Hinweise aus dem Verwaltungsakt, die auf eine Abgabestelle hindeuten würden.

Aus Sicht des erkennenden Gerichts wurden daher durch die belangte Behörde durch die mehrmaligen ZMR-Abfragen vor Kundmachung des Bescheides vom 12.03.2024 alle nach den Umständen zumutbaren amtswegigen Ermittlungen geführt, die nach den Umständen zweckmäßig erschienen.

Im Ergebnis war daher das Vorgehen der belangten Behörde den angefochtenen Bescheid gemäß § 25 Abs. 1 ZustG durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen, rechtmäßig. Da gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz ZustG das Dokument als zugestellt gilt, wenn seit der Kundmachung an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind, galt gegenständlich der Bescheid vom 12.02.2024 am 26.03.2024 als zugestellt, da die Kundmachung am 12.03.2024 erfolgte. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist endete daher mit dem 23.04.2024.

Da vor dem 23.04.2024 keine Beschwerde erhoben wurde, ist der Bescheid des BFA vom 12.02.2024, GZ: 1343329108/230377995, rechtskräftig.

Die Beschwerde wurde erst nach dem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist beim BFA eingebracht, sodass sie als verspätet zurückzuweisen ist.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte aus der Aktenlage geklärt werden, sodass die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt.

Zu Spruchteil B):

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das BVwG keine Rechtsfrage von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und die gegenständliche Entscheidung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abweicht.