JudikaturVwGH

Ra 2020/10/0036 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
22. März 2021

Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die Feststellung eines Missbrauchs zum einen voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde. Zum anderen setzt sie ein subjektives Element voraus, nämlich die aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtliche Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (vgl. EuGH 28.7.2016, Kratzer, C-423/15; 13.3.2014, SICES, C-155/13; 14.12.2000, Emsland-Stärke GmbH, C-110/99). Eine missbräuchliche Rechtsausübung ist nicht deshalb anzunehmen, weil der Kläger vor Klageerhebung eine gewisse Zeit hat verstreichen lassen (vgl. EuGH 23.3.2000, Diamantis, C-373/97). Entsprechend dieser Judikatur kann die Tatsache einer nicht zeitnah nach Kenntniserlangung von der Bescheiderlassung erfolgten Beschwerdeerhebung allein noch keine Missbrauchsabsicht dokumentieren.

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