JudikaturVwGH

Ra 2025/12/0010 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Holzinger und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des M D in S, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. August 2024, LVwG 414232/8/BZ/Hue, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. November 2023 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, verbotene Ausspielungen in der Form von Walzenspielen in einem näher genannten Lokal unternehmerisch zugänglich gemacht zu haben, indem er die Aufstellung und den Betrieb von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten zur Erzielung fortgesetzter Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen geduldet habe. § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) sei damit verwirklicht. Mit dem Straferkenntnis wurden über den Revisionswerber Geldstrafen in der Höhe von € 4.000, je Glücksspielgerät (sowie Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 22 Stunden) verhängt. Zudem wurde der Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 3.200, verpflichtet.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlungmit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides die verletzte Rechtsvorschrift des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit „drittes Tatbild“ ergänzt, das Glücksspielgesetz auf „idF BGBl. I Nr. 3/2023“ und die Strafsanktionsnorm auf „§ 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG“ korrigiert werden. Zudem sprach das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens einen Beitrag in der Höhe von € 6.400, zu leisten. Die Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte es für unzulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte seien zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle in einem öffentlich zugänglichen Bereich eingeschaltet und betriebsbereit aufgestellt gewesen und zur selbständigen und nachhaltigen Einnahmenerzielung betrieben worden. Das Spielergebnis dieser virtuellen Walzenspiele sei ausschließlich vom Zufall abhängig gewesen. Der Revisionswerber habe als Betreiber des Lokals die verbotenen Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht, obwohl er nicht im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz gewesen sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. November 2024, E 3868/2024 5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Zur Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe eine antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen. Es liege ein Verstoß gegen den in § 48 VwGVG normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz vor, weil das Gericht in der Verhandlung den Akteninhalt nicht verlesen habe und daher bei Fällung des Erkenntnisses nur auf die Zeugenaussagen hätte Rücksicht nehmen dürfen. Der einvernommene Zeuge habe jedoch keine Angaben zum Spielablauf und dem Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen getätigt.

9Gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur soweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder soweit es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 44 Abs. 5 leg. cit. entfallen ist. Abs. 2 leg. cit. besagt, dass eine Verlesung von Aktenstücken unterbleiben kann, wenn diese Aktenstücke von der Partei, die die Verlesung verlangt, selbst stammen oder wenn es sich um Aktenstücke handelt, die der die Verlesung begehrenden Partei nachweislich zugestellt wurden (vgl VwGH 12.3.2024, Ra 2022/12/0017, zu einem vergleichbaren Vorbringen).

10 Im vorliegenden Fall wurde im Verhandlungsprotokoll vom 13. August 2024 festgehalten, die Verfahrensparteien hätten erklärt, ihnen sei der Verfahrensakt bekannt und es werde auf eine wörtliche Verlesung der Aktenbestandteile verzichtet. Entgegen dem Revisionsvorbringen kann daher nicht von einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes aufgrund Verwertung von Beweismitteln, welche nicht in der Verhandlung vorgekommen sind, gesprochen werden.

Inwiefern das Verwaltungsgericht, welches seine Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt, zu den Eingriffsgegenständen und zum konkreten Spielablauf auf die diesbezüglichen Ausführungen im Verfahrensakt sowie die Aussagen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen stützte, in diesem Zusammenhang eine antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen hätte, wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt. Zudem ist nicht nachvollziehbar, inwieweit es fallbezogen auf die Bestimmung des § 46 Abs. 3 VwGVG ankäme (vgl zu einem inhaltlich vergleichbaren Vorbringen erneut VwGH 12.3.2024, Ra 2022/12/0017).

11 Der Revisionswerber bringt im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung zudem vor, das Verwaltungsgericht habe entgegen seinem Antrag auf Einvernahme sämtlicher Kontrollorgane nur ein Kontrollorgan befragt, weshalb das Verwaltungsgericht gegen näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen habe.

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahmen einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme im angesprochenen Sinn geboten ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl VwGH 8.4.2024, Ra 2022/12/0130, mwN).

13 Inwiefern das Verwaltungsgericht sein Verfahren mit einem entscheidungswesentlichen Mangel belastet hätte, indem es nur ein an der Amtshandlung beteiligtes Kontrollorgan einvernommen hat, wird in der Zulässigkeitsbegründung, welche etwa keine Ausführungen dazu enthält, zu welchem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis das Verwaltungsgericht bei Einvernahme weiterer beteiligter Kontrollorgan gelangt wäre, nicht substantiiert dargelegt.

14 In der Zulässigkeitsbegründung wird weiters das Vorliegen eines sekundären Feststellungsmangels gerügt, weil nicht festgestellt worden sei, dass der Revisionswerber „am 30. August 2023 um 16:45 Uhr verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht“ habe. Aufgrund fehlender Feststellung zum konkreten Zeitpunkt der verbotenen Ausspielung könne daher nicht der rechtliche Schluss gezogen werden, dass der Revisionswerber die Ausspielungen einem Dritten unternehmerisch zugänglich gemacht habe.

15 Dem ist entgegen zu halten, dass das Verwaltungsgericht ausdrücklich als Sachverhalt festgestellt hat, dass „zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 30. August 2023“, deren Stattfinden zum im behördlichen Straferkenntnis und insofern auch in der Sachverhaltswiedergabe des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses angeführten Tatzeitpunkt zu keiner Zeit in Frage gestellt wurde, die verfahrensgegenständlichen Eingriffsgegenstände betriebsbereit vorgefunden worden seien.

16Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG mit Glücksspielautomaten vor, wenn den Spielern für eine vermögenswerte Leistung eine mittels eines Glücksspielautomaten zu bewirkende vermögenswerte Gegenleistung in Aussicht gestellt wird. Das ist bereits dann der Fall, wenn der Glücksspielautomat in betriebsbereitem Zustand aufgestellt ist oder aus den Umständen hervorgeht, dass jedem potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich ist. Eine Betriebsbereitschaft (Spielbereitschaft) wird noch nicht durch jederzeit unmittelbar reversible Maßnahmen beendet. Die konkrete Beurteilung einer Maßnahme als derart reversibel und der sich daraus ergebenden Betriebsbereitschaft hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und obliegt dem Verwaltungsgericht. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl VwGH 2.12.2024, Ra 2023/12/0062, mwN).

17 Dass entgegen den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen im Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle die verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte in keinem betriebsbereiten Zustand gewesen wären, wird in der Zulässigkeitsbegründung ebensowenig aufgezeigt wie eine diesbezüglich unvertretbare Beurteilung.

18Soweit abschließend vorgebracht wird, es liege - entgegen der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Strafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil stehen“ dürfen - eine übermäßig hohe Strafe vor, wird mit diesem Vorbringen eine Frage der Strafbemessung aufgeworfen, welche sich außerhalb des von der Revision durch die Bezeichnung des Revisionspunkts mit „Recht auf Nichtbestrafung wegen einem Verstoß gegen § 52 GSpG“ abgesteckten Prozessthemas bewegt (vgl VwGH 12.5.2025, Ra 2025/12/0025 und 0026, mwN). Bereits aus diesem Grund erübrigt sich ein Eingehen auf dieses Vorbringen (vgl VwGH 27.1.2025, Ra 2023/12/0013, mwN; weiters dazu, dass es entgegen dem Vorbringenauch nicht auf den erzielbaren Vorteil „in einer Minute“ ankommt, VwGH 7.12.2023, Ra 2023/12/0045).

19 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

20Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. August 2025