JudikaturVwGH

Ra 2022/12/0130 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
08. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. a Havas, über die Revision des E P, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. März 2022, VGW 002/092/14736/2020 5, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis vom 19. Oktober 2020 erkannte die belangte Behörde den Revisionswerber der fünffachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig und verhängte über ihn fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 5.000, (samt Ersatzfreiheitsstrafen). Er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) und somit als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass diese GmbH am 26. April 2020 um 10.00 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht habe, indem sie es als Unternehmerin entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegen Entgelt geduldet habe, dass in den Räumlichkeiten fünf näher genannte, funktionsfähige und betriebsbereite Glücksspielgeräte sowie ein dazugehörendes Ein und Auszahlungsgerät aufgestellt gewesen seien, an denen Personen die Möglichkeit zur Teilnahme an Glücksspielen im Inland ermöglicht worden sei. Der Revisionswerber wurde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Die X GmbH hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

2 Das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wies die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (unter Anführung der Fundstelle der Übertretungs und Strafsanktionsnorm) als unbegründet ab und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Es sprach aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe und die X GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über den Revisionswerber verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

3 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass das verfahrensgegenständliche Spiellokal seit Ende 2015 von der X GmbH gemietet und betrieben worden sei. In den Räumlichkeiten des Spiellokals seien bereits seit längerem mit Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen veranstaltet worden; zum Tatzeitpunkt sei es bereits die siebente Kontrolle an diesem Standort gewesen. Die X GmbH sei auch über den 26. April 2020 (Tatzeitpunkt) hinaus Mieterin gewesen. Mangels Untervermietung habe die X GmbH die Eingriffsgegenstände in ihrer Gewahrsame gehabt. Sie habe das Aufstellen der Glücksspielgeräte in ihrem Lokal jedenfalls geduldet und dafür eine finanzielle Abgeltung erhalten.

4 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es ergebe sich aus dem vorliegenden Mietvertrag, dass die X GmbH Mieterin des Spiellokals gewesen sei; für das Bestehen eines Untermietverhältnisses zum Tatzeitpunkt lägen schon aufgrund eines vertraglichen Verbots der Untervermietung sowie des durchgehenden Vertragsverhältnisses der X GmbH mit der Wien Energie GmbH keine Anhaltspunkte vor. Das Vorbringen, dass die X GmbH schon seit Längerem bemüht sei, das Lokal an die Eigentümerin zurückzustellen, sei aufgrund der von dieser Eigentümerin am 15. April 2020 eingebrachten Mietzins und Räumungsklage gegen die X GmbH unglaubwürdig. Deshalb erscheine auch das Vorbringen, „irgendjemand Dritter“ sei in das Geschäftslokal eingebrochen, habe dort die Geräte aufgestellt und die Videoüberwachung installiert, nicht glaubwürdig, zumal auch keine Einbruchsanzeige übermittelt worden sei. Dass auch noch nach dem 26. April 2020 in diesem Geschäftslokal allenfalls abermals verbotene Ausspielungen veranstaltet worden seien, sei für das gegenständliche Verfahren nicht relevant; deshalb sei auch dem diesbezüglichen Antrag auf Einvernahme des Zeugen Dr. P (von der Landespolizeidirektion Wien; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) nicht stattzugeben. Die Ausführungen der X GmbH, am 26. April 2020 hätten in ihrem Geschäftslokal unbekannte Dritte illegale Glücksspiele veranstaltet, erwiesen sich daher lediglich als Schutzbehauptung; vielmehr habe es das Verwaltungsgericht als erwiesen annehmen können, dass die X GmbH zum Tatzeitpunkt Betreiberin des gegenständlichen Lokals gewesen sei. Die Feststellung, dass die X GmbH die Aufstellung der Glücksspielgeräte in ihrem Lokal (zumindest) geduldet und dieses dem Glücksspielveranstalter nur entgeltlich zur Verfügung gestellt habe, entspreche der Lebenserfahrung.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 14. Juni 2022, E 1125/2022 5 ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst im Wesentlichen vor, der EuGH habe „in der Rechtssache C 231/20, Rn 58“ festgehalten, dass „die jeweilige Sanktion im Verhältnis zu dem aus de(n) verbotenen Ausspielungen erlangten Gewinn“ stehen müsse. Das Verwaltungsgericht habe dazu keine Feststellungen getroffen, das Erkenntnis verstoße daher gegen diese Judikatur. Auch die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen seien „übermäßig“ im Sinne dieser Judikatur.

11 Mit diesem Vorbringen verkennt die Revision, dass der EuGH (auch) in der von der Revision zitierten Randnummer auf den „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“ abstellt. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nicht darauf an, ob die verhängten Geldstrafen in einem angemessenen Verhältnis zu dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Gewinn stehen, vielmehr ist auf die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf den „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“ abzustellen (vgl. VwGH 22.10.2023, Ra 2022/12/0087, mwN). Die Revision zeigt daher weder damit noch mit dem lediglich pauschalen Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung hinsichtlich der behaupteten Übermäßigkeit der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

12 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit weiters vor, dass der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 11. Jänner 2021 die Einvernahme des Zeugen Dr. P beantragt habe, „zum Beweis dafür..., dass (der Revisionswerber) am 26.04.2020 nicht mehr Lokalinhaber (gewesen sei) und sich offenbar Dritte Zugang zum Lokal verschafft“ hätten. Durch dessen Nicht Einvernahme habe das Verwaltungsgericht gegen näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen.

13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahmen einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme im angesprochenen Sinn geboten ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0333, mwN).

14 Dass angesichts der umfangreichen beweiswürdigenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, aus welchen Gründen es davon ausging, dass die X GmbH zum Tatzeitpunkt Lokalbetreiberin gewesen sei (siehe Rn. 4), das Unterbleiben der Vernehmung des Dr. P einen solchen Fehler dargestellt hätte, zeigt die Revision nicht auf.

15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. April 2024

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