Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. a Havas, über die Revision des Y A, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 15. September 2021, LVwG 413796/14/Py/FK, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 26. August 2020 wurde der Revisionswerber der Verletzung der Duldungs und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 iVm. § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, weil er bei einer von der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde durchgeführten Kontrolle am 24. Juli 2020 um 13.30 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal als einzig anwesender Angestellter des Inhabers, der Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten habe, den Organen der öffentlichen Aufsicht keine umfassenden Überprüfungen und Testspiele ermöglicht, ihnen keinen Einblick in die geführten Unterlagen, die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und die aufzulegenden Spielbeschreibungen gewährt sowie ihnen durch Versperren bzw. Nicht-Öffnen der Zugangstüre das Betretungsrecht verweigert habe. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.000, (samt Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt und er wurde zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab, mit der Maßgabe, dass die übertretenen Rechtsvorschriften im Spruch um die Wendung „BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 104/2019“ ergänzt würden. Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Revisionswerber weiters zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass eine Revision unzulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2021, E 4028/2021 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, es liege ein Verstoß gegen näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, da zwischen der verhängten Geldstrafe (€ 1.000, ) und der Ersatzfreiheitsstrafe (24 Stunden) ein „unverhältnismäßiger Unterschied“ (nämlich 4,54 % bzw. 7,14 % der jeweiligen Höchststrafe) bestehe. Da im angefochtenen Erkenntnis keine Begründung dafür erfolgt sei, belaste dies den Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit.
9 Nach dem VStG gibt es keinen festen Umrechnungsschlüssel von Geld und Ersatzfreiheitsstrafen. Eine analoge Anwendung des § 19 StGB ist ausgeschlossen (vgl. VwGH 23.2.2022, Ra 2020/17/0077, mwN).
10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Verwaltungsgericht ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu € 22.000, eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.000, und ausgehend von einer gemäß § 12 Abs. 1 VStG grundsätzlich möglichen Höchstdauer von zwei Wochen eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von vierundzwanzig Stunden. Damit wurde im Revisionsfall die Höchststrafe in Bezug auf die Geldstrafe mit 4,55 % und in Bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafe mit 7,14 % ausgeschöpft. Dass sich daraus ein auffallendes Missverhältnis zwischen der verhängten Geldstrafe und der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe ergäbe, ist im Revisionsfall nicht ersichtlich (vgl. erneut VwGH 23.2.2022, Ra 2020/17/0077).
11 Die Revision macht weiters eine antizipierende Beweiswürdigung bzw. einen Verstoß gegen den in § 48 VwGVG normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz geltend, da das Gericht in der Verhandlung den Akteninhalt nicht verlesen habe und daher bei Fällung des Erkenntnisses nur auf die Zeugenaussagen hätte Rücksicht nehmen dürfen, wobei die beiden Zeugen (Mitarbeiter der Finanzpolizei) nicht die konkrete Tatanlastung wiedergegeben hätten, sondern insbesondere auf die Angaben „im Aktenvermerk“ verwiesen hätten. Das Verwaltungsgericht stütze sich in seiner Beweiswürdigung daher zu Unrecht auf den Akt der belangten Behörde bzw. die Erhebungen der Finanzpolizei.
12 Gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 44 Abs. 5 leg. cit. entfallen ist. Abs. 2 leg. cit. besagt, dass eine Verlesung von Aktenstücken unterbleiben kann, wenn diese Aktenstücke von der Partei, die die Verlesung verlangt, selbst stammen oder wenn es sich um Aktenstücke handelt, die der die Verlesung begehrenden Partei nachweislich zugestellt wurden.
13 Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Anzeige vom 3. August 2020, als deren Beilage ua. der Aktenvermerk vom 28. Juli 2020 angeführt ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. August 2020 von der belangten Behörde an den Revisionswerber übermittelt und laut Übernahmebestätigung am 7. August 2020 an seiner Adresse übernommen wurde. Dass dieser den Aktenvermerk vom 28. Juli 2020 nicht erhalten hätte, wird in der Revision nicht vorgebracht. Inwieweit das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen hätte (vgl. § 48 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGVG), ist daher schon deshalb nicht ersichtlich. Auch inwieweit es im gegenständlichen Fall auf § 46 Abs. 3 VwGVG ankäme, auf den die Revision im Zulässigkeitsvorbringen Bezug nimmt, ist nicht nachvollziehbar.
14 Ebenso wenig legt die Revision dar, inwieweit das Verwaltungsgericht eine antizipierende Beweiswürdigung (vgl. dazu etwa VwGH 20.10.2015, Ra 2014/09/0028, mwN) durch die Ablehnung von Beweisanträgen vorgenommen hätte.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. März 2024