Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Ing. G S in M, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in 9800 Spittal an der Drau, Peter Wunderlichstraße 17, gegen das am 27. Mai 2024 mündlich verkündete und am 25. November 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten, KLVwG 2636/13/2023, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Millstatt am See; mitbeteiligte Partei: A GmbH in T, vertreten durch die Stolz Weiglhofer Russegger Rechtsanwälte GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 6. November 2023, mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 17 und 18 Kärntner Bauordnung 1996 (K BO 1996) die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit acht Wohneinheiten und einer Tiefgarage auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG M. erteilt worden war, mit einer sich auf die behördlich genehmigten Einreichunterlagen beziehenden Maßgabe als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht zum Vorbringen der Revisionswerberin, wonach das Untergeschoß (Tiefgarage) zur Geschoßanzahl zu addieren sei, wodurch sich vier anstelle der drei maximal zulässigen Geschoße ergäben, aus, aus dem eingeholten bautechnischen Gutachten ergebe sich klar, dass in den genehmigten Einreichplänen die für die Anrechnung als Geschoß relevante Höhenlinie richtig dargestellt sei. Somit sei aus der Darstellung der Berechnung der Geschoßflächenzahl, die Bestandteil der Einreichunterlagen sei, klar ersichtlich, dass im Untergeschoß nur eine Teilfläche von 15,15 m² aus dem Bestandsgelände herausrage, welche als Tiefgaragenzufahrt nach dem im Revisionsfall maßgeblichen Teilbebauungsplan von der Berechnung der Geschoßanzahl ausgenommen sei. Im Revisionsfall sei ein Mitspracherecht der Revisionswerberin in Fragen des Immissionsschutzes, dazu gehöre der Themenkreis der Verbringung der Niederschlagswässer, gemäß § 23 Abs. 4 K BO 1996 ausgeschlossen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würden Gefahrenzonenpläne (wie im Revisionsfall die „rote Zone“) betreffend wildbach- und lawinengefährdete Bereiche keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte begründen und es seien Einwendungen die sich auf das Wasserrecht stützten, im Baubewilligungsverfahren unbeachtlich; auch Einwendungen betreffend die Hochwassergefahr hätten keine im Bauverfahren zu berücksichtigenden subjektivöffentlichen Rechte zu ihrem Gegenstand (Hinweis auf VwGH 9.11.2004, 2002/05/1032, und VwGH 27.9.2018, Ra 2016/06/0020).
6 In ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision bringt die Revisionswerberin vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in Bezug auf § 20 Kärntner Bebauungsvorschriften (K BV), welcher die Sammlung und Entsorgung von Niederschlagswässern regle, tatsächlich der Einwendungsausschluss nach § 23 Abs. 4 KBO 1996 Anwendung finde. In der Entscheidung „vom 25.11.2024, Ra 2024/06/2024“ sei zwar zum Ausdruck gebracht worden, dass § 20 K BV für sich alleine kein subjektiv öffentliches Recht begründe; darin sei der Sachverhalt jedoch ausschließlich aus dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes nicht aber aus dem Gesichtspunkt der Lage des Bauvorhabens beurteilt worden. „Nach der gesicherten Judikatur“ sei vielmehr davon auszugehen, dass § 20 K BV auch dem Schutz der Nachbarn diene und daher auch entsprechende Einwendungen des Nachbarn erfolgreich darauf gestützt werden könnten.
7 Die Revisionswerberin habe ihre Einwendungen auch im Hinblick auf § 23 Abs. 2 lit. d K BO 1996, also hinsichtlich der Lage des Baugrundstückes geltend gemacht. Es bestehe keine Judikatur zu der Frage, „inwieweit bei einem Wohnbau Einwendungsmöglichkeiten, welche atypische Gefahren und von der konkreten Nutzungsart losgelöste Auswirkungen unter dem Tatbestand der ‚Lage des Bauvorhabens‘ nach § 23 Abs. 2 lit. d K O unterstellt“ werden könnten.
8 Es fehle auch jegliche Rechtsprechung dazu, welches Mitspracherecht des Nachbarn von dem in § 23 Abs. 2 lit. d K BO 1996 genannten Recht hinsichtlich der „Lage des Bauvorhabens“ umfasst sein soll.
9 Weiters fehle Rechtsprechung dazu, „ob trotz bestehender Gefahrenlage für das Nachbargrundstück diese Gefahrenlage ignoriert und außer Acht gelassen werden kann, insbesondere, wenn sich die Bauführung auf einem Grundstück befindet, für welches nach den einschlägigen Richtlinien ÄAW Richtlinie 45, Gefahrenzonenpläne erhöhte Schutzanforderung und sogar Bauverbote bestehen“.
10 Zudem widerspreche das angefochtene Erkenntnis aus zwei Gründen der Rechtssicherheit. Zum einen sei missachtet worden, dass die Zufahrt zum Eingangs- und Garagenbereich, nämlich die Flügelmauern, auf öffentlichem Grund errichtet würden, ohne dass der dafür erforderliche Gemeinderatsbeschluss und die Zustimmungserklärung des Straßenverwalters vorlägen. Weiters habe das Verwaltungsgericht selbst keine Erhebungen zur Geländesituation getätigt und damit seine Ermittlungspflicht nicht im gebotenen Ausmaß wahrgenommen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.
11 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist § 20 K BV kein subjektivöffentliches Recht auf die unschädliche Ableitung von Niederschlagswässern zu entnehmen (vgl. VwGH 21.11.2024, Ra 2024/06/0183 bis 0190), womit die diesbezüglich in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfene Frage bereits geklärt ist. Da die genannte Bestimmung ihrem klaren Wortlaut zufolge keine Regelungen über die Lage des Bauvorhabens enthält, kann die Berücksichtigung dieses Aspektes zu keiner anderen Beurteilung führen. Mit ihrem Vorbringen, wonach § 20 K BV auch dem Schutz der Nachbarn diene, übersieht die Revisionswerberin, dass ihr fallbezogen im Hinblick auf die insoweit unbestrittene Feststellung des Verwaltungsgerichtes, wonach es sich bei dem gegenständlichen Bauvorhaben um ein Wohngebäude handle, gemäß § 23 Abs. 4 K BO 1996 kein Recht auf Immissionsschutz und damit auch nicht auf Einhaltung des § 20 K BV zukommt. Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird damit nicht dargelegt.
12 Soweit die Revisionswerberin fehlende Rechtsprechung zur Frage, inwieweit bestimmte Einwendungen dem Tatbestand der „Lage des Bauvorhabens“ nach § 23 Abs. 2 lit. d K BO unterstellt werden könnten, sowie zur Frage, welches Mitspracherecht des Nachbarn von diesem Recht umfasst sein soll, geltend macht, ist zunächst festzuhalten, dass aus dem Zulässigkeitsvorbringen schon nicht hervorgeht, auf welche ihr allenfalls subjektiv öffentliche Rechte einräumende (vgl. § 23 Abs. 3 erster Satz K BO 1996) Bestimmungen über die Lage des Bauvorhabens sich die Revisionswerberin konkret stützen möchte; zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG aber nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 21.3.2024, Ra 2023/06/0221, mwN).
13 Wenn sich die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang auf die von ihr vorgebrachte Hochwassergefahr bezieht und das Bestehen einer „roten Gefahrenzone“ geltend macht, ist sie auf die auch vom Verwaltungsgericht zitierte ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in welcher dieser insbesondere auch in Bezug auf Einwendungen von Nachbarn gegen ein nicht in § 23 Abs. 4 K BO 1996 genanntes Bauvorhaben ausgesprochen hat, dass Gefahrenzonenpläne betreffend wildbach- und lawinengefährdete Bereiche nach forstrechtlichen Bestimmungen keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte auf Verweigerung der Baubewilligung für ein Bauvorhaben auf Nachbargrund begründen und Einwendungen, die sich auf das Wasserrechtsgesetz stützen, wie insbesondere Einwendungen betreffend Hochwassergefahr, keine im Bauverfahren zu berücksichtigenden subjektiv öffentlichen Rechte zu ihrem Gegenstand haben (vgl. zum Ganzen sowie dazu, dass auch § 3 K BV keine subjektivöffentlichen Nachbarrechte vermittelt, VwGH 9.11.2004, 2002/05/1032, mwN; vgl. zur Unbeachtlichkeit von Einwendungen betreffend die Hochwassergefahr im Baubewilligungsverfahren auch VwGH 1.8.2018, Ra 2018/06/0094 0095, und VwGH 22.12.2015, 2013/06/0147; vgl. dazu, dass kein subjektivöffentliches Recht darauf besteht, dass bei baulichen Maßnahmen auf Nachbargrundstücken darauf zu achten wäre, dass die im Katastrophenfall für das Grundstück des Nachbarn zu erwartenden Naturgefahren keine quantitative Veränderung erfahren, VwGH 27.9.2018, Ra 2016/06/0020, mwN). Ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf.
14 Da der Revisionswerberin kein subjektivöffentliches Recht dahin zukommt, ob die für eine Bauführung auf Fremdgrund allenfalls erforderlichen Gemeinderatsbeschlüsse bzw. Zustimmungserklärungen vorliegen (vgl. VwGH 20.12.2022, Ra 2019/06/0256, mwN, wonach dem Anrainer nach der K BO 1996 kein Recht im Hinblick auf die Frage zukommt, ob die Zustimmung des Grundeigentümers zum Baugesuch vorliegt), hängt das rechtliche Schicksal der Revision von dem dazu erstatteten Zulässigkeitsvorbringen nicht ab, weshalb insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
15 Schließlich kommt Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels, weshalb also im Falle eines mängelfreien Verfahrens von einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage auszugehen gewesen wäre, dargelegt werden muss. Weiters unterliegt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, ob eine bestimmte Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang sowie im Zusammenhang mit der konkret durchgeführten Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen istnur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die dazu vorgenommenen Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 23.8.2024, Ra 2024/06/0125, mwN).
16 Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision in Bezug auf die behauptete Verletzung der Ermittlungspflicht nicht dargelegt, zumal die Revisionswerberin schon nicht vorbringt, welche weiteren Erhebungen das Verwaltungsgericht, welches sich zur Geländesituation auf das dazu erstattete Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen, dem die Revisionswerberin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, stützen konnte, ihrer Ansicht nach noch hätte durchführen müssen.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 3. März 2025