JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0198 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
29. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in den Revisionssachen des M B in H, vertreten durch Dr. Anneliese Lindorfer, Mag. Dr. Bernhard Feichtner und Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Josef Pirchl Straße 9, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Tirol jeweils vom 8. Mai 2024, LVwG 2023/31/1462 5 und LVwG 2023/39/1552 12, betreffend Übertretungen der Tiroler Bauordnung 2022 sowie des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: jeweils Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24. April 2023 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe zwischen 1. September 2016 und 7. März 2023 „unbeschadet des § 13a Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 eine bauliche Anlage zu einem anderen als dem bewilligten bzw. als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt und anderen zur Benützung überlassen“, indem festgestellt werden habe können, dass ein näher bezeichneter Wohnsitz in E. zumindest im angelasteten Zeitraum verwendungszweckwidrig zur Beherbergung von Gästen verwendet worden sei, und dadurch § 28 Abs. 1 lit. c Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 67 Abs. 1 lit. m TBO 2022 eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.630,(Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und zehn Stunden) verhängt wurde. Gemäß § 64 VStG wurde dem Revisionswerber außerdem ein Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Strafverfahren vorgeschrieben.

2 Mit weiterem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19. April 2023 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe zwischen 1. September 2016 und 9. März 2023 „einen Wohnsitz, nämlich das Gebäude bzw. die Wohnung unter der Adresse [...], GB E[...], als Freizeitwohnsitz anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlassen, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 13 Abs. 3 lit. a TROG idgF oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 13 Abs. 7 TROG idgF vorliegt, indem der genannte Wohnsitz zur gewerblichen Beherbergung verwendet wurde“ und dadurch § 13a Abs. 1 lit. a zweiter Fall Tiroler Raumordnungsgesetz 2022 (TROG 2022) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 13a Abs. 1 lit. a (gemeint wohl: § 13a Abs. 3) TROG 2022 eine Geldstrafe in der Höhe von € 8.000,(Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt wurde. Gemäß § 64 VStG wurde dem Revisionswerber auch in diesem Verfahren ein Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Strafverfahren vorgeschrieben.

3Mit den beiden angefochtenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde zum einen die gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24. April 2023 (betreffend Verwaltungsübertretung nach der TBO 2022) erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, dem Revisionswerber ein Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren vorgeschrieben und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt (Revisionsverfahren zu Ra 2024/06/0198), und zum anderen der gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19. April 2023 (betreffend Verwaltungsübertretung nach dem TROG 2022) erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers mit einer näher bezeichneten Maßgabe insofern stattgegeben, als die verhängte Verwaltungsstrafe auf€ 6.000, (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) herabgesetzt wurde und die Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde neu festgesetzt wurden. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde ebenfalls für nicht zulässig erklärt (Revisionsverfahren zu Ra 2024/06/0199).

4 Begründend führte das LVwG, soweit hier wesentlich, jeweils zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei Alleineigentümer der gegenständlichen Liegenschaft. Im Kaufvertrag sei die Erklärung des Käufers festgehalten, den Erwerb nicht zum Zweck der Errichtung eines Freizeitwohnsitzes vorzunehmen. Laut Baubewilligungsbescheid vom 9. Juli 2007 sei genehmigter Verwendungszweck des in Rede stehenden Gebäudes die Errichtung eines Wohnhauses „mit 1 Wohneinheit zur ständigen Deckung je eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedarfs (Hauptwohnsitz)“. In diesem Bescheid sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf Grund der Bestimmung des § 12 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 keinesfalls ein Freizeitwohnsitz neu geschaffen werden dürfe. In näher genannten baubehördlichen Änderungsbewilligungen vom 13. Oktober 2011 und vom 25. Mai 2017 sei darauf hingewiesen worden, dass alle Nebenbestimmungen des Baubewilligungsbescheides vom 9. Juli 2007 weiterhin ihre Gültigkeit behielten bzw. aufgrund § 13 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 keinesfalls ein Freizeitwohnsitz neu geschaffen werden dürfe.

5 Eine Hauptwohnsitznutzung durch den Revisionswerber sei an der gegenständlichen Liegenschaft nicht festzustellen; seit dem 27. September 2016 sei dieser dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. Der Revisionswerber lebe mit seiner Familie in Hongkong, übe dort seine Erwerbs und Berufstätigkeit aus und plane, in der Pension seinen ständigen Wohnsitz in E. zu nehmen. Der Lebensmittelpunkt des Revisionswerbers und seiner Familie befinde sich in Hongkong, er sei zum des Zeitpunkt des Erwerbes des Objektes bereits in Hongkong tätig gewesen und lebe bereits seit ca. 15 Jahren dort.

6 Eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung der Wohnung als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 13 Abs. 3 lit. a TROG 2022 liege ebensowenig vor wie eine Baubewilligung im Sinne des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland nach lit. b leg. cit. oder eine Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters gemäß § 13 Abs. 8 TROG 2022.

7 Der Revisionswerber biete das Gebäude seit dem Jahr 2016 auf diversen, näher genannten Buchungsplattformen und Internetseiten zur wechselweisen kurzfristigen touristischen Vermietung an, wobei jeweils das gesamte Gebäude für eine Buchung vermietet werde.

8Gegenständlich liege aus näheren Gründen kein Gastgewerbebetrieb im Sinn der Ausnahme des § 13 Abs. 1 lit. a TROG 2022 und keine langfristige Raumvermietung vor; vielmehr sei im Tatzeitraum eine unzulässige Freizeitwohnsitznutzung vorgelegen (Revisionsverfahren zu Ra 2024/06/0199). Zudem sei von einer im Wohngebiet nicht zulässigen gewerblichen Beherbergung von Gästen auszugehen; ein Bauansuchen auf Änderung des Verwendungszweckes im Sinn des § 28 Abs. 1 lit. c TBO 2022 wäre alternativlos geboten gewesen, da die Verwendung als Hauptwohnsitz eine tatsächliche Verwendung zur gewerblichen Beherbergung von Gästen über Buchungsplattformen keinesfalls inkludiere. Der Revisionswerber habe unterlassen, ein derartiges Bauansuchen über die Änderung des Verwendungszweckes der zur Nutzung als Hauptwohnsitz festgestellten Wohnung auf dem in Rede stehenden Grundstück einzubringen (Revisionsverfahren zu Ra 2024/06/0198).

9 Gegen diese beiden Erkenntnisse erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschlüssen jeweils vom 16. September 2024, E 2358/2024 9 und E 2332/2024 9, ablehnte und die Beschwerden jeweils dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend wurde jeweils (unter anderem) ausgeführt, dass das Vorbringen der Beschwerden, soweit sie insofern verfassungsrechtliche Fragen berührten, als die Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 1 TROG 2022 behauptet werde, vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers bei der Regelung von Freizeitwohnsitzen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen ließen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten.

10 Nunmehr richten sich gegen die beiden Erkenntnisse die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat.

11Zur Begründung ihrer Zulässigkeit wird in den Revisionen in weiten Teilen gleichlautend mit näherer Begründung die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Annahme eines Dauerdeliktes sowie eine Abweichung von (nicht näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet. Außerdem sei § 13 Abs. 1 lit. a Z 1 TROG 2022 aus näheren Gründen verfassungswidrig. Es sei „rechtlich unrichtig“, dass aus einer Nichteinhaltung der Vorschreibung eines Hauptwohnsitzes ein Rechtsverstoß abgeleitet werde (Revision zu Ra 2024/06/0198), und das LVwG hätte die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 lit. a Z 1 TROG 2022 auch vor dem Hintergrund der nunmehr geltenden „Leerstandsabgabe“ hinterfragen müssen.

12 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revisionen nicht dargetan.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen wie im vorliegenden Fallder Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt (vgl. etwa VwGH 4.3.2024, Ra 2024/06/0027, 0028, mwN).

17Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Im Fall einer behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber dabei konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, reicht dabei nicht aus (vgl. für viele etwa VwGH 2.4.2024, Ra 2024/06/0045, mwN).

18Die vorliegenden Revisionen entsprechen den genannten Anforderungen nicht. Die Zulässigkeitsbegründungen stellen der Sache nach überwiegend Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) dar. Das behauptete Abweichen der angefochtenen Erkenntnisse ist nicht im Sinn der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt und es wird auch nicht vorgebracht, welche konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revisionen zu lösen hätte.

19Soweit zur Zulässigkeit der Revisionen vorgebracht wird, § 13 Abs. 1 lit. a Z 1 TROG 2022 sei verfassungswidrig, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Rechtmäßigkeit von generellen Rechtsvorschriften in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt (vgl. für viele etwa VwGH 7.3.2024, Ra 2024/06/0021, mwN), der in den Revisionsfällen wie oben dargestellt die Behandlung der Beschwerden des Revisionswerbers mit Beschlüssen jeweils vom 16. September 2024, E 2358/2024 9 und E 2332/2024 9 abgelehnt hat.

20 In den Revisionen werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2025