JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0221 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des T M B in R, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 25. September 2023, 405 3/1101/1/16 2023, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. F B und 2. Ing. M B, beide in T und vertreten durch MMag. Hermann Bogensperger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 59; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Rauris, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Moosstraße 117/3; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Marktgemeinde Rauris Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) der Beschwerde des Erst- und Zweitmitbeteiligten gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21. Februar 2023, mit welchem dem Revisionswerber die Baubewilligung für den Umbau und die Sanierung des bestehenden Wohnhauses „T haus“ auf näher genannten Grundstücken in R. im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) erteilt worden war, statt und versagte die Bewilligung. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG soweit für das vorliegende Verfahren relevant aus, das T haus sei 1559 errichtet worden und solle umgebaut (Erneuerung der obersten Geschossdecke und des Dachgeschosses samt Dachstuhl; Generalsanierung und Umbau des zweiten Obergeschosses und des Dachgeschosses, Errichtung vom zwei Wohneinheiten statt ursprünglich einer Wohnung in diesen) werden. Der Revisionswerber habe am 24. August 2021 ein Ansuchen um Baubewilligung bzw. um Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes gemäß § 25 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) gestellt; im Entscheidungszeitpunkt sei für das verfahrensgegenständliche Projekt keine Bewilligung gemäß § 25 Abs. 8 BGG vorgelegen, weshalb die Baubewilligung zu versagen gewesen sei.

5 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, es sei bislang in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geklärt, „ob in jedem Fall, in dem Mindestabstände (wie sie § 25 Abs 3 2. Satz verlangt) nicht eingehalten werden bzw wie hier nicht einzuhalten sind, eine Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs 8 Bebauungsgrundlagengesetz erforderlich ist.“ Das LVwG habe „das maßgebliche Sachverhaltselement der Lage im besonderen Ortsbildschutzgebiet [...] nicht beachtet“; das verfahrensgegenständliche Gebäude liege im Anwendungsbereich der Ortsschutzgebiets-Verordnung Rauris, LGBl. Nr. 35/1983. Aufgrund einer unrichtigen Rechtsansicht habe das LVwG zu den Voraussetzungen des § 25 Abs. 7 lit a BGG keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen, weshalb ein sekundärer Feststellungsmangel vorliege. Darüber hinaus sei das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zur Systematik bzw. Nichtanwendbarkeit des § 25 Abs 3 BGG bei Anwendbarkeit des § 25 Abs 7 BGG abgewichen, wenn es im gegenständlichen Fall eine Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs 8 BGG für erforderlich hält“ (Hinweis auf VwGH 23.11.2010, 2008/06/0115, ergangen zu § 25 Abs. 7 lit c BGG). Aus Gründen der Erhaltung des gegebenen Ortsbildes sei im vorliegenden Fall eine besondere Lage des Baus im Bauplatz erforderlich; dieser besondere Ortsbildschutz sei auch vom Sachverständigen bestätigt worden.

6 Die belangte Behörde beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision kostenpflichtig Folge zu geben.

7 Zunächst trifft das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen § 25 Abs. 3 zweiter Satz und Abs. 8 BGG vor, nicht zu. Das LVwG zitierte dazu die bei Giese , Salzburger Baurecht 2 zu § 25 BGG angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VwGH 8.6.2011, 2009/06/0049. Darauf geht die Revision in der Zulässigkeitsbegründung überhaupt nicht ein.

Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 18.1.2024, Ro 2021/05/0032, Rn. 13, mwN).

8 Dass für das verfahrensgegenständliche Gebäude aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes eine besondere Lage im Bauplatz erforderlich und deshalb § 25 Abs. 7 lit. a BGG anzuwenden sei, wurde erstmals in der Revision vorgebracht und stellt daher eine unzulässige Neuerung (§ 41 VwGG) dar, auf die vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen war.

9 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

10 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014. Für die von der Marktgemeinde Rauris erstattete Revisionsbeantwortung gebührt Aufwandersatz, auch wenn sie in ihrer Revisionsbeantwortung beantragte, der Revision Folge zu geben, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung des Aufwandersatzes für den Schriftsatzaufwand. Gemäß § 47 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 5 VwGG hat der Rechtsträger, in dessen Namen die belangte Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenem Verfahren tätig wurde, Anspruch auf Aufwandersatz im Falle einer Abweisung der Revision; gemäß § 51 VwGG ist die Frage des Aufwandersatzes im Fall der Zurückweisung einer Revision nach Einleitung des Vorverfahrens so zu beurteilen, wie wenn die Revision abgewiesen worden wäre. Der Marktgemeinde Rauris als Rechtsträgerin im Sinn dieser Gesetzesbestimmung war da die Revision zurückgewiesen wurde gemäß § 47 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 5 iVm § 48 Abs. 2 Z 1 iVm § 51 leg. cit. ungeachtet der von ihr vertretenen Rechtsauffassung die vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wurde Schriftsatzaufwand für die Revisionsbeantwortung zuzusprechen (vgl. etwa VwGH 18.11.2014, Ro 2014/05/0082, mwN).

Wien, am 21. März 2024

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