JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0183 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Umweltrecht
21. November 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der Mag. A K in K, 2. der Ing. A G in W, 3. der Dr. U S in K, 4. des DI D F in W, 5. des Dr. G K in K 6. der DI Dr. H K in W, 7. der M H in K und 8. der Dr. E S in K, alle vertreten durch Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd Peck, Mag. Kornelia Kaltenhauser, LL.M., und Mag. Michael Lassnig, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen das am 11. März 2024 mündlich verkündete und mit 1. August 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten, KLVwG 604 613/23/2023, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee; mitbeteiligte Partei: H GmbH, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz und Mag. Eva Dohr, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Peraustraße 2/5; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) der Beschwerde unter anderem der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 2023, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage und überdachten Fahrradständern sowie Müllraum auf einer näher genannten Bauparzelle gemäß §§ 6 lit. a, 17 und 18 Kärntner Bauordnung 1996 (K BO 1996) erteilt worden war, insofern Folge, als die Baubewilligung auf der Grundlage näher genannter, geänderter Projektunterlagen erteilt werde; im Übrigen bleibe der Bescheid vom 7. Februar 2023 aufrecht. Eine Revision wurde für unzulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG soweit relevant aus, im gegenständlichen Fall handle es sich um ein Wohnbauvorhaben, weshalb § 23 Abs. 4 K BO 1996 anzuwenden sei. Die revisionswerbenden Parteien als Anrainer im Sinn des § 23 Abs. 2 lit. a leg. cit. könnten daher nur Einwendungen gemäß § 23 Abs. 3 lit. b bis g KBO 1996 erheben, hätten in Fragen des Immissionsschutzes (§ 23 Abs. 3 lit. i leg. cit.), wozu auch der Themenkreis der Verbringung der Niederschlagswässer gehöre, jedoch kein Mitspracherecht. Der Verweis auf das Erkenntnis VwGH [9.3.2022] Ra 2021/06/0126, könne den Rechtsstandpunkt der revisionswerbenden Parteien nicht stützen, weil diese Entscheidung zur Salzburger Rechtslage ergangen sei, die mit jener in Kärnten nicht deckungsgleich sei. Aufgrund des fehlenden Mitspracherechts der revisionswerbenden Parteien in Bezug auf die Verbringung der Niederschlagswässer sei dem LVwG eine Auseinandersetzung mit einer von den revisionswerbenden Parteien im Beschwerdeverfahren vorgelegten, näher genannten fachlichen Beurteilung verwehrt.

5In der Zulässigkeitsbegründung bringen die revisionswerbenden Parteien vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 18.6.2024, Ra 2021/05/0114, zu § 13 Oö. Bautechnikgesetz 2013) ab. Diese Bestimmung sei mit § 20 Abs. 1 der Kärntner Bauvorschriften (K BV) ident; die revisionswerbenden Parteien hätten demnach ein subjektiv öffentliches Recht darauf, dass Abwässer und Niederschlagswässer auf belästigungsfreie Art gesammelt und beseitigt würden. § 23 Abs. 3 K BO 1996 enthalte nur eine demonstrative Aufzählung von Nachbarrechten, es könnten auch Einwendungen erhoben werden, weil subjektiv öffentliche Rechte verletzt würden, die etwa durch die K BV eingeräumt würden.

Gemäß § 23 Abs. 4 K BO 1996 sind unter anderem Eigentümer (Miteigentümer) aller im Einflussbereich des Vorhabens liegender Grundstücke wie die revisionswerbenden Parteien bei einem Gebäude, welches ausschließlich Wohn-, Büro- oder Ordinationszwecken dient, einschließlich der zu seiner Nutzung erforderlichen baulichen Anlagen, nur berechtigt, Einwendungen betreffend die Bebauungsweise (§ 23 Abs. 3 lit. b leg. cit.), die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes (§ 23 Abs. 3 lit. c leg. cit.), die Lage des Vorhabens (§ 23 Abs. 3 lit. d leg. cit.), die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken (§ 23 Abs. 3 lit. e leg. cit.), die Bebauungshöhe (§ 23 Abs. 3 lit. f leg. cit.) und die Brandsicherheit (§ 23 Abs. 3 lit. g leg. cit.) zu erheben, nicht jedoch betreffend die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes (§ 23 Abs. 3 lit. a leg. cit.), den Schutz der Gesundheit der Anrainer (§ 23 Abs. 3 lit. h leg. cit.) und den Immissionsschutz der Anrainer (§ 23 Abs. 3 lit. i leg. cit.).

Die revisionswerbenden Parteien bestreiten nicht, dass das gegenständliche Bauvorhaben ausschließlich Wohnzwecken dient und deshalb § 23 Abs. 4 K BO 1996 zur Anwendung kommt. Sie räumen selbst ein, dass ein Mitspracherecht in Fragen des Immissionsschutzes ausgeschlossen sei.

Mit dem Hinweis auf VwGH 18.6.2024, Ra 2021/05/0114, zeigt die Revision deshalb kein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf, weil die oberösterreichische Rechtslage keine dem § 23 Abs. 4 K BO 1996 vergleichbare Regelung enthält, wonach fallbezogen Anrainer bei Gebäuden, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, nicht berechtigt sind, Einwendungen betreffend den Immissionsschutz zu erheben.

Im vorliegenden Fall sind die revisionswerbenden Parteien nach der klaren Rechtslage des § 23 Abs. 4 leg. cit. nicht berechtigt, Einwendungen in Bezug auf die unschädliche Ableitung von Niederschlagswässern zu erheben, weil das Gebäude unbestritten ausschließlich Wohnzwecken dient (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vorliegt, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erging, etwa VwGH 10.3.2022, , Rn. 6, mwN). Dem von der revisionswerbenden Partei in der Zulässigkeitsbegründung ins Treffen geführten § 20 K BV allein ist kein diesbezügliches subjektiv öffentliches Recht für Anrainer zu entnehmen.

6 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. November 2024