Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des A J, vertreten durch Mag. Ulrike Kargl, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Grinzinger Allee 17/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Jänner 2024, W182 2267392 1/13E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 6. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 19. Mai 2022 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Jedoch erkannte die Behörde dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter mit der Gültigkeit für die Dauer eines Jahres. Letztere wurde über Antrag des Revisionswerbers vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 2. Juni 2023 um zwei Jahre verlängert.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 22. Jänner 2024 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Der Revisionswerber brachte in der Folge beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag ein, ihm zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision die Verfahrenshilfe zu bewilligen. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Februar 2024, Ra 2024/20/0110 5, wegen Aussichtslosigkeit der (weiteren) Rechtsverfolgung abgewiesen. Eine Revision wurde im Anschluss an diese Antragsabweisung nicht erhoben.
5 Dem Revisionswerber wurde wie sich aus der Revision ergibt über seinen Antrag vom Verfassungsgerichtshof zur Zl. E 587/2024 nach dem VfGG die Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer an diesen Gerichtshof zu erhebenden Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Jänner 2024 bewilligt. Daraufhin wurde vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien mit Bescheid vom 8. April 2024 die auch hier für den Revisionswerber einschreitende Rechtsanwältin zur Verfahrenshelferin bestellt.
6 Der Verfassungsgerichtshof lehnte in der Folge die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2024, E 587/2024 11, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
7 Dieser Beschluss wurde dem Revisionswerber dem vorliegenden Zustellnachweis und den Ausführungen in der Revision zufolge am 24. Juni 2024 durch Übersendung an die Verfahrenshelferin zugestellt.
8 Am 24. Juli 2024 brachte die zur Verfahrenshelferin bestellte Rechtsanwältin beim Verwaltungsgerichtshof für den Revisionswerber einen (weiteren) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Jänner 2024 ein. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. Juli 2024, Ra 2024/20/0110 7, zurückgewiesen.
9 Der Verwaltungsgerichtshof ging in diesem Beschluss davon aus, dass der inhaltlichen Behandlung des Antrages vom 24. Juli 2024 Prozesshindernisse entgegenstünden. Gemäß § 61 Abs. 7 VwGG gelte nämlich eine vom Verfassungsgerichtshof bewilligte Verfahrenshilfe und die Bestellung eines Rechtsanwaltes auch für das Revisionsverfahren, wenn der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten habe. Da dies im Fall des Revisionswerbers gegeben sei, stelle sich der Antrag auf (neuerliche) Gewährung der Verfahrenshilfe aufgrund des fehlenden rechtlichen Interesses des Revisionswerbers als nicht zulässig dar. Er verfüge nämlich bereits über jene Rechtsposition, deren Zuerkennung er mit dem Antrag anstrebe. Weiters stehe der inhaltlichen Behandlung des Antrages vom 24. Juli 2024 entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof in der gegenständlichen Rechtsache bereits über den vom Antragsteller früher eingebrachten Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom 12. Februar 2024 mit Beschluss vom 23. Februar 2024 rechtskräftig entschieden habe. Dass sich der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seitdem geändert hätte, sei anhand des im Antrag enthaltenen Vorbringens nicht zu sehen.
10 In der Folge wurde vom Revisionswerber am 10. September 2024 beim Bundesverwaltungsgericht die hier gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 § 26, § 28, § 34 und § 61 VwGG lauten (auszugsweise und samt Überschrift):
„Revisionsfrist
§ 26. (1) Die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung;
2. ...
...
(3) Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61), so beginnt für sie die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei.
(4) Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes oder, wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs. 3 VfGG.
(5) ...“
„Inhalt der Revision
§ 28. (1) Die Revision hat zu enthalten
1. ...
7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Revision rechtzeitig eingebracht ist.
(2) ...
(3) Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig ist, hat die Revision auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
...“
„§ 34. (1) Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
(1a) Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.
(2) Revisionen, denen keiner der im Abs. 1 bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, sind zur Behebung der Mängel unter Setzung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Dem Revisionswerber steht es frei, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Revision einzubringen.
(3) ...
...“
Verfahrenshilfe
§ 61. (1) Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Revision, des Fristsetzungsantrages, des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder des Antrages auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes und zur Vertretung bei der Verhandlung (§ 40) ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(2) ...
...
(7) Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, gilt eine von ihm bewilligte Verfahrenshilfe und die Bestellung eines Rechtsanwaltes auch für das Revisionsverfahren.“
13 Die Revision erweist sich nach diesen Bestimmungen aus mehreren Gründen als zur inhaltlichen Behandlung nicht geeignet.
14 In der Revision findet sich entgegen der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG keine gesonderte Begründung, weshalb entgegen dem im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichts die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für zulässig erachtet wird.
15 Fehlt es an einer solchen gesonderten Begründung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Revision zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 22.5.2014, Ra 2014/01/0030; 27.5.2015, Ra 2015/12/0022; 4.7.2016, Ra 2016/04/0060; 26.1.2017, Ra 2016/20/0294; 12.12.2018, Ra 2018/19/0622; 5.2.2021, Ra 2020/01/0417).
16 Die Revision stellt sich weiters als nicht innerhalb der Revisionsfrist erhoben dar.
17 Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen. Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61 VwGG), so beginnt gemäß § 26 Abs. 3 VwGG für sie die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei. Gemäß § 26 Abs. 4 VwGG beginnt die Revisionsfrist bei Abtretung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes. Eine vom Verfassungsgerichtshof bewilligte Verfahrenshilfe und die Bestellung eines Rechtsanwaltes gilt gemäß § 61 Abs. 7 VwGG auch für das Revisionsverfahren.
18 Der vom Revisionswerber an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete (zweite) Antrag vom 24. Juli 2024, ihm zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Jänner 2024 die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 2024 wegen des Fehlens von Prozessvoraussetzungen zurückgewiesen. Diese Zurückweisung bewirkte im Gegensatz zur Abweisung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, dass die Frist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision nicht mit der Zustellung der Entscheidung über den Antrag neu zu laufen begann, sondern anhand des Zeitpunktes der Zustellung jenes Beschlusses zu berechnen war, mit dem der Verfassungsgerichtshof die Abtretung der an ihn erhobenen Beschwerde vorgenommen hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2014/18/0091 bis 0095, mwN).
19 Für die Rechtzeitigkeit der gegenständlichen außerordentlichen Revision kommt es daher entgegen der in der Revision erkennbar vertretenen Ansicht, in der für die Berechnung der Einhaltung der sechswöchigen Revisionsfrist vom Datum der (mit 1. August 2024 bewirkten) Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 2024, mit dem der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zurückgewiesen worden war, ausgegangen wird gemäß § 26 Abs. 4 VwGG auf die Zustellung jenes Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes an, mit dem die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurde (vgl. in der Sache darauf abstellend nochmals VwGH Ra 2014/18/0091 bis 0095).
20 Ausgehend von der am 24. Juni 2024 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 2024, mit dem die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde, endete im gegenständlichen Fall die sechswöchige Revisionsfrist am 5. August 2024. Damit erweist sich die am 10. September 2024 eingebrachte Revision als verspätet.
21 Die Revision, die sich nach dem Gesagten im Sinn des § 34 Abs. 1 VwGG nicht zu ihrer Behandlung eignet, war sohin gemäß dieser Gesetzesbestimmung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. Oktober 2024