JudikaturBVwG

W176 2285606-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 2024

Spruch

W176 2285606 -1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, gesetzlich vertreten durch Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2023, Zl. 1356572700/231141880, wegen Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.05.2023 brachte die mj. Beschwerdeführerin (in Folge: „BF“), eine syrische Staatsangehörige, einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Am XXXX 06.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der BF in Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertretung statt. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die BF an, das syrische Regime habe ihren Vater vor zehn Jahren festgenommen und er sei seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Die BF habe Angst vor der syrischen Polizei und vor dem Tod.

3. Am 03.11.2023 vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache in Anwesenheit eines bevollmächtigten gesetzlichen Vertreters und einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen, gab die BF zu ihren Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, dass die finanzielle Lage in Syrien schlecht sei, Krieg herrsche und sie in Österreich die Schule besuchen möchte. Überdies wurde der BF Gelegenheit geboten, zu den aktuellen Länderinformationen über Syrien innerhalb von vier Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

4. Mit Schriftsatz vom 14.11.2023 brachte die BF zusammengefasst vor, dass ihr wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung und ihrer Zugehörigkeit zur soziale Gruppe der Kinder Gefahr durch den syrischen Staat drohe.

5. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 31.05.2023 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Die Abweisung des Antrags im Asylpunkt begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die BF bei ihrer Einvernahme kein „einem Konventionsgrund entsprechend zu erkennendes Vorbringen“ erstattet habe und der Eintritt der im zuvor dargestellten Schriftsatz geltend gemachten Gefährdung für Kinder Einzelfälle beträfe und im Falle der BF nicht maßgebend wahrscheinlich sei.

6. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF entgegen der Annahme der belangten Behörde der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sei.

7. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Mit Schriftsatz vom 02.09.2024 brachte die BF zusammengefasst vor, dass sie aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme und ihre Familie väterlicherseits (vs) von der syrischen Regierung wegen deren regimekritischer Haltung und der Teilnahme an oppositionellen Demonstrationen als oppositionell wahrgenommen werde. Aus diesem Grund sei der Vater der BF willkürlich verschwunden, auch weitere Familienangehörige seien entführt worden bzw. zeitweise inhaftiert gewesen. Die BF habe sowohl aufgrund ihres Alters und Geschlechts als alleinstehendes Mädchen als auch aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit zu als oppositionell wahrgenommenen Personen sowie aufgrund ihres Herkunftsgebietes asylrelevante Verfolgung zu befürchten.

9. Am 09.09.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung durch, in welcher die BF in Anwesenheit ihrer Rechtsvertreterin und eines Dolmetschers für die arabische Sprache ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Hinsichtlich der Lage in Syrien:

Sicherheitslage

Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien

Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) […]

Damaskus, insbesondere im Zentrum sowie die Provinz Latakia gelten als Gebiete mit relativ stabiler Sicherheitslage (NMFA 8.2023). […]

Seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht der syrische Präsident Bashar al-Assad, die Hauptstadt als einen 'Hort der Ruhe' in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen (AN 1.7.2022; vgl. EUAA 9.2022). Nach mehreren Anschlägen in den Jahren zwischen 2020 bis 2023, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020; vgl. COAR 25.10.2021) und mehreren Anschlägen im Zeitraum von April 2022 bis Juli 2022, bei denen mehrere Personen mit Regimenähe ins Visier genommen wurden (AN 1.7.2022), ist die Sicherheitslage vertraulichen Quellen des niederländischen Außenministeriums zufolge in Damaskus Stadt mit Stand August 2023 relativ stabil. Die Syrische Regierung hat sogar alle Checkpoints aus der Innenstadt entfernt, weil die Sicherheitslage sich insbesondere im Zentrum so stark gebessert hat (NMFA 8.2023). […]

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Syrien ist eine patriarchalische Gesellschaft, aber je nach sozialer Schicht, Bildungsniveau, Geschlecht, städtischer oder ländlicher Lage, Region, Religion und ethnischer Zugehörigkeit gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf Rollenverteilung, Sexualität sowie Bildungs- und Berufschancen von Frauen. Der anhaltende Konflikt und seine sozialen Folgen sowie die Verschiebung der de-facto-Kontrolle durch bewaffnete Gruppen über Teile Syriens haben ebenfalls weitreichende Auswirkungen auf die Situation der Frauen (NMFA 6.2021). Mehr als ein Jahrzehnt des Konflikts hat ein Klima geschaffen, das der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zuträglich ist, besonders angesichts der sich verfestigenden patriarchalischen Gesellschaftsformen, und Fortschritte bei den Frauenrechten zunichtemachte. Diese Risiken steigen unvermeidlicherweise angesichts von mehr als 15 Millionen Menschen in Syrien, die im Jahr 2023 humanitäre Hilfe benötigen. Gleichzeitig gibt es einen Anstieg an Selbstmorden unter Frauen und Mädchen, was laut ExpertInnen auf den fehlenden Zugang von Heranwachsenden zu Möglichkeiten und entsprechenden Hilfsleistungen liegt (UNFPA 28.3.2023).

Offizielle Mechanismen, welche die Rechte von Frauen sicherstellen sollen, funktionieren Berichten zufolge nicht mehr, und zusammen mit dem generellen Niedergang von Recht und Ordnung sind Frauen einer Bandbreite von Misshandlungen besonders durch extremistische Gruppen ausgesetzt, die ihre eigenen Interpretationen von Religionsgesetzen durchsetzen. Die persönliche gesellschaftliche Freiheit von Frauen variiert je Gebiet außerhalb der Regierungskontrolle und reicht von schwerwiegenden Kleidungs- und Verhaltensvorschriften in Gebieten extremistischer Gruppen bis hin zu formaler Gleichheit im Selbstverwaltungsgebiet der Partiya Yekîtiya Demokrat (PYD). Durch die Niederlage des sogenannten Islamischen Staats (IS) und dem Zurückgehen der Kampfhandlungen im Lauf der Zeit ist die Bevölkerung in geringerem Ausmaß den extremsten Verletzungen persönlicher gesellschaftlicher Freiheiten ausgesetzt (FH 9.3.2023). Gleichwohl haben verschiedene Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufgrund der Pandemie und der Bewegungseinschränkungen zugenommen, welche auch zur ökonomischen Ausbeutung von Frauen beitragen (UNFPA 28.3.2023).

Frühe Heiraten nehmen zu (UNFPA 28.3.2023): In Syrien lässt sich in den letzten Jahren ein sinkendes Heiratsalter von Mädchen beobachten, weil erst eine Heirat ihnen die verloren gegangene, aber notwendige rechtliche Legitimität und einen sozialen Status, d. h. den 'Schutz' eines Mannes, zurückgibt (ÖB Damaskus 1.10.2021), denn die Angst vor sexueller Gewalt und ihr Stigma könnte die Mädchen zu Ausgestoßenen machen. Überdies müssen die Eltern durch eine möglichst frühe Verheiratung ihrer Töchter nicht mehr für deren Unterhalt aufkommen. Die Verheiratung von Minderjährigen gilt als die häufigste Form von Gewalt gegen heranwachsende Mädchen. Einige Frauen und Mädchen werden auch gezwungen, die Täter, welche ihnen sexuelle Gewalt angetan haben, zu heiraten. Bei Weigerung droht Isolation, weil sie nicht zu ihren Familien zurückkehren können, bzw. kann ein 'Ehrenmord' drohen. Hintergrund ist, dass rechtliche Mittel gegen den Täter zuweilen nicht leistbar sind, und so mangels eines justiziellen Wegs die Familien keine andere Möglichkeit als eine Zwangsehe sehen (UNFPA 28.3.2023). Dieses Phänomen ist insbesondere bei IDPs (FH 9.3.2023) (und Flüchtlingen in Nachbarländern) zu verzeichnen. Das gesunkene Heiratsalter wiederum führt zu einem Kreislauf von verhinderten Bildungsmöglichkeiten, zu frühen und mit Komplikationen verbundenen Schwangerschaften und in vielen Fällen zu häuslicher und sexueller Gewalt (ÖB Damaskus 1.10.2021). Auch geschiedene oder verwitwete Frauen gelten als vulnerabel, denn sie können Druck zur Wiederverheiratung ausgesetzt sein (UNFPA 28.3.2023). Im Allgemeinen ist eine von fünf Frauen in Syrien heutzutage von sexueller Gewalt betroffen (ÖB Damaskus 1.10.2021).

Bereits vor 2011 waren Frauen aufgrund des autoritären politischen Systems und der patriarchalischen Werte in der syrischen Gesellschaft sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Häuser geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Es wird angenommen, dass konservative Bräuche, die Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zuweisen, für viele Syrer maßgeblicher waren als das formale Recht (FH 3.3.2010). Doch selbst die formellen Gesetze legen für Frauen nicht denselben Rechtsstatus und dieselben Rechte fest wie für Männer, obwohl die Verfassung die Gleichstellung von Männern und Frauen vorsieht (USDOS 20.3.2023). Frauen werden vor allem durch das Personenstandsgesetz bezüglich Heirat, Scheidung, Sorgerecht und Erbschaft weiterhin diskriminiert (HRW 11.1.2024).

Per legem haben Männer und Frauen dieselben politische Rechte. Der Frauenanteil im syrischen Parlament liegt je nach herangezogener Quelle zwischen 11,2 und 13,2 %. Auch manche der höheren Regierungspositionen werden derzeit von Frauen besetzt. Allerdings sind sie im Allgemeinen von politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und haben wenig Möglichkeiten, sich inmitten der Repression durch Staat und Milizen unabhängig zu organisieren. Im kurdisch-geprägten Selbstverwaltungsgebiet werden alle Führungspositionen von einem Mann und einer Frau geteilt, während außerhalb der PYD-Strukturen die politische Autonomie für die Bevölkerung eingeschränkt ist (FH 9.3.2023).

Die Gewalt zusammen mit bedeutendem kulturellem Druck schränkt stark die Bewegungsfreiheit von Frauen in vielen Gebieten ein. Zusätzlich erlaubt das Gesetz, bestimmten männlichen Verwandten Frauen ein Reiseverbot aufzuerlegen. Bewegungseinschränkungen wurden einem UN-Bericht von Februar 2022 zufolge in 51 % der untersuchten Orte ermittelt (USDOS 20.3.2023). Obwohl erwachsene Frauen keine offizielle Genehmigung brauchen, um das Land zu verlassen, reisen viele Frauen in der Praxis nur dann ins Ausland, wenn der Ehemann oder die Familie dem zugestimmt hat (NMFA 5.2022). […]

Kinder

Das Kinderschutzgesetz, Gesetz Nr. 21 von 2021, wurde im August 2022 veröffentlicht und ist das erste seiner Art in Syrien. Es soll die Kinder schützen, versorgen und die wissenschaftliche, kulturelle, psychologische und soziale Rehabilitation aller Kinder sicherstellen. Demnach hat der syrische Staat die Pflicht, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte von Kindern zu gewährleisten (OSS 18.1.2023).

Unverändert kommt es in Syrien regelmäßig zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern (AA 2.2.2024). Trotz Bemühungen der Vereinten Nationen (VN) werden noch immer Kinder für den Dienst an der Waffe rekrutiert. Für das Jahr 2022 wurden durch die VN insgesamt 1.669 Fälle dokumentiert (1.593 Jungen und 103 Mädchen). Rekrutierungen von Kindern werden, nach dem Bericht der VN, vor allem durch die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und die assoziierten YPG/YPJ (Kurdish People’s Protection Units, Women’s Protection Units), durch die Milizen der Syrian National Army (SNA) und durch Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) vorgenommen, vereinzelt auch durch das Regime und ihm nahestehende Milizen. Die meisten Kinder seien von den verschiedenen Konfliktparteien auch im Kampf eingesetzt worden. Dazu konnten die VN für das Jahr 2022 insgesamt 711 Fälle dokumentieren, in denen Kinder getötet (307) oder verstümmelt (404) wurden. Hauptverantwortliche seien das Regime (178 Fälle), SDF (73) und SNA (47). In 364 Fällen konnte die Verantwortlichkeit nicht zugeordnet werden. Viele Kinder werden dabei durch explosive Ladungen oder Munitionsreste getötet bzw. verletzt (375). Weitere Hauptursachen sind Artillerieangriffe (217), Luftangriffe (63) und Schusswaffen (52) (AA 2.2.2024). Im Jahr 2021 wurden 301 Kinder durch syrische Regierungskräfte in Oppositionsgebieten getötet. Zwischen dem Jahr 2011 und März 2022 wurden 22,941 Kinder durch Regierungskräfte getötet (OSS 18.1.2023).

Zu weiteren Menschenrechtsverletzungen gegen Kinder zählten insbesondere die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten, Inhaftierung und Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser sowie die Verweigerung humanitärer Hilfsleistungen (AA 29.3.2023). 6.358 Kinder befinden sich weiterhin in Gefangenschaft oder sind in Regierungsgefängnissen 'verschwunden' worden. Im Jahr 2021 wurden 48 neue Inhaftierungen von Kindern durch Regierungskräfte verzeichnet (OSS 18.1.2023). Für das Jahr 2022 dokumentierte SNHR willkürlicher oder unrechtmäßiger Verhaftungen von 148 Kindern (AA 29.3.2023).

Die Anzahl der Kinder unter den Binnenvertriebenen wächst weiterhin - mit Stand Februar 2022 2,4 Millionen Kinder, von denen ungefähr eine Million in Ansiedlungen und Lagern lebte (USDOS 20.3.2023) […]

Bildung und Schulen

Laut dem Kinderschutzgesetz haben Kinder ein Recht auf Bildung (OSS 18.1.2023). Für alle Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren besteht Schulpflicht. Der Anteil an Einschulungen, Unterrichtsteilnahme und Schulabschlüssen war zwischen Buben und Mädchen vergleichbar (USDOS 20.3.2023).

Mindestens 2,4 Millionen von 6,1 Millionen Kindern in Schulalter gingen 2022 in Syrien nicht zur Schule und eine von drei Schulen war beschädigt, zerstört oder wurde zweckentfremdet genutzt - auch für militärische Zwecke (HRW 12.1.2023). Kombattanten aller Seiten greifen regelmäßig Schulen an oder requirierten die Schulgebäude (FH 9.3.2023, zu besonderen Sicherheitsherausforderungen für Mädchen vgl. UNFPA 28.3.2023). SNHR’ verzeichnete im Jahr 2022 mindestens zwei Angriffe auf Bildungseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) in Idlib durch Regierungskräfte. Im Jahr 2021 waren es 13 Angriffe gewesen (SNHR 17.1.2023).

Wiederholte Angriffe auf Schulen, ökonomische Faktoren wie Kinderarbeit, die Rekrutierung von Buben für militärische Aufgaben und die Inhaftierung von Kindern behindern weiterhin die Möglichkeiten von Kindern, eine Ausbildung zu erhalten. Außerdem benötigen viele Schulen massive Reparaturarbeiten, einschließlich der Räumung von nicht-detonierten Explosivstoffen des Krieges. Überdies brauchen die Schulen Hilfe bei der Beschaffung einer Basisausstattung mit Lernmaterialien (USDOS 20.3.2023), darunter auch die wiedereröffneten Schulen in zuvor vom sogenannten Islamischen Staat (IS) gehaltenen Gebieten, die von den Syrian Democratic Forces erobert wurden (USDOS 30.3.2021).

Laut UNOCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) kommt in Idlib, dem Gebiet anhaltender bewaffneter Zusammenstöße, ein funktionierender Klassenraum auf 178 Schulkinder. Viele Schulen bedürfen dort großer Reparaturen, manchmal auch der Entfernung nicht-detonierter Explosivstoffe. Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) zwingt ihre Interpretation der Scharia den Schulen auf, und diskriminiert Mädchen im HTS-Gebiet. Im September 2022 wurde den Aussagen von SchuldirektorInnen zufolge verheirateten Studentinnen der Besuch von öffentlichen Schulen und Universitäten untersagt. HTS auferlegt zudem Lehrerinnen und Schülerinnen Kleidervorschriften, wo es den Mädchen erlaubt, weiterhin zur Schule zu gehen. Große Zahlen von Mädchen werden durch HTS am Schulbesuch gehindert (USDOS 20.3.2023).

Neben dem Bombardieren von Bildungseinrichtungen in Gebieten außerhalb seiner Kontrolle und dem Gebrauch einer Anzahl an Bildungseinrichtungen für militärische Zwecke wird auch der Lehrplan für Regimezwecke eingesetzt, sodass die Lehrinhalte die Assad-Herrschaft unterstützen. So sind die Schulkinder automatisch in zwei politischen Organisationen eingeschrieben und müssen in öffentlichen Schulen jeden Tag die Parteislogans rezitieren, und werden in den Aussagen des Regimes unterrichtet (SNHR 17.1.2023). Auch militante islamistische Gruppen und die PYD (Kurdish Democratic Union Party) haben Bildungssysteme in ihren jeweiligen Gebieten eingerichtet, die eine durchdringende politische Indoktrinierung beinhalten (FH 9.3.2023). Im letzteren Fall werden von den Syrian Democratic Forces Strafen gegen MitarbeiterInnen der Schulverwaltung verhängt, wenn diese nicht ihren (PYD-)Lehrplan verwenden (USDOS 20.3.2023).

1.2. Zur Person der BF und ihren Fluchtgründen:

1.2.1. Die minderjährige BF ist syrische Staatsangehörige, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie wurde am XXXX in Al-Yarmouk am südlichen Stadtrand der syrischen Hauptstadt Damaskus geboren und ist daher im Entscheidungszeitpunkt knapp 13 Jahre alt. Die BF lebte bis zu ihrer Ausreise aus Syrien in der Stadt XXXX , Provinz Damaskus Umgebung, die rund sechs Kilometer südwestlich der Hauptstadt Damaskus liegt.

1.2.2. Ihre Kernfamilie (Mutter, Großmutter vs, ein Onkel vs und eine Tante) lebt weiterhin im Herkunftsort, ein Onkel vs – der als Maler und Anstreicher selbstständig tätig ist – kommt für deren Lebensunterhalt auf. Weitere Angehörige (ein weiterer Onkel vs und zwei Tanten ms) leben ebenfalls in Syrien. In Österreich leben zwei Onkel der BF, die BF lebt aber bei keinem von ihnen.

1.2.3. Die Herkunftsregion der BF, XXXX , befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung/Armee und wurde während des syrischen Bürgerkrieges durchgehend von der syrischen Regierung/Armee kontrolliert. In umliegenden Dörfern im Süden von Damaskus waren in den Jahren 2016 und 2017 oppositionelle Kräfte präsent.

1.2.4. Es ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF wegen regimekritischer Haltung und Demonstrationsteilnahme von Familienangehörigen vs selbst eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird.

1.2.5. Der BF droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder oder aufgrund ihres Geschlechts und/oder als alleinstehendes Mädchen.

1.2.6. Der BF droht aufgrund ihrer Ausreise oder der Asylantragstellung nicht die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt. Ebenso wenig droht ihr aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung durch die syrische Regierung/Armee.

1.2.7. Auch sonst ist die BF nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten aktuellen Länderberichte. Da diese auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

2.2. Zur Person der BF und ihren Fluchtgründen:

Im Hinblick darauf, dass es sich bei der BF um eine unbegleitete minderjährige Asylwerberin handelt, die das fluchtauslösende Ereignis als Minderjährige erlebt hat, bedarf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung. Die Dichte des Vorbringens von Minderjährigen darf nicht mit „normalen Maßstäben“ gemessen werden. Es muss sich aus der Entscheidung erkennen lassen, dass solche Umstände in die Beweiswürdigung Eingang gefunden haben und dass darauf Bedacht genommen wurde, aus welchem Blickwinkel die Schilderung der Fluchtgeschichte erfolgte (vgl. VwGH 24.08.2023, Ra 2023/19/0123; 24.01.2023, Ra 2022/19/0149).

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist im Rahmen der asylrechtlichen Glaubwürdigkeitsprüfung erkennbar zu berücksichtigen, wenn ein Asylwerber im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses oder seiner Einvernahmen noch minderjährig war und ist das Aussageverhalten eines Minderjährigen ist dahingehend zu würdigen, ob und welche Angaben von ihm unter Berücksichtigung seines Alters erwartet werden können. Dabei darf nicht derselbe Maßstab wie bei erwachsenen Asylwerbern angelegt werden (VfGH 11.06.2024, E241/2024; 08.06.2020, E1043/2020; Lais/Schön, Das Kindeswohl in der Rechtsprechung von VfGH und VwGH, RZ 2021, 211 [214]).

Vor dem Hintergrund des jugendlichen Alters der BF legte der erkennende Richter besonderes Augenmerk auf eine altersadäquate Befragung sowie Verhandlungsführung und das Aussageverhalten in der Verhandlung. Er konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich davon überzeugen, dass die minderjährige BF dem Verlauf der Verhandlung folgen konnte, die an sie gerichteten Fragen verstand und auf diese auch inhaltlich eingehen konnte. Aufgrund des gezeigten Aussageverhaltens entstand für den erkennenden Richter der Eindruck, dass die BF jedenfalls in der Lage war, sachbezogene Angaben zu ihrem Asylvorbringen zu machen. Dass die BF, bedingt durch ihr jugendliches Alter, generell, in der Einvernahme vor der Behörde und/oder in den mündlichen Verhandlungen nicht dazu in der Lage (gewesen) sein könnte, adäquat am Verfahren und der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken sowie gestellte Fragen vollständig und wahrheitsgetreu zu beantworten, war nicht wahrzunehmen.

Für die Feststellungen zur BF und zu ihrer (Verfolgungs-)Situation in Syrien waren vor diesem Hintergrund folgende Erwägungen maßgeblich:

2.2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der BF, zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, der familiären Situation sowie zu ihrem Herkunftsort und Leben in Syrien gründen sich auf die diesbezüglich weitgehend schlüssigen und stringenten Angaben der BF vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen der BF zu zweifeln.

2.2.2. Die Feststellung, dass sich die Kernfamilie weiterhin im Herkunftsort der BF aufhält, sowie dass in Österreich zwei Familienangehörige leben, ergeben sich aus den Angaben der BF, an denen zu zweifeln kein Grund ersichtlich ist.

2.2.3. Die aktuellen Machtverhältnisse in der Herkunftsregion der BF ergeben sich aus der Syria Live Map (abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/) und den Angaben der BF, jene zur Kontrollsituation im bisherigen Kriegsverlauf basieren auf der Internetseite https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html und wurden diese der gesetzlichen Vertretung der BF auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgehalten, wo diese dem nicht entgegengetreten ist, sondern ihr noch in ihrer Stellungnahme vom 02.09.2024 erstattetes Vorbringen, wonach die BF selbst aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme, dahingehend richtiggestellt hat, dass dies lediglich auf die um den Herkunftsort der BF umliegenden Dörfer im Süden von Damaskus zuträfe (vgl. VHP, S. 7), was so auch den Länderinformationen zu entnehmen ist und daher ebenfalls festzustellen war, nicht jedoch auf die Stadt XXXX .

2.2.4. Die Feststellung, wonach nicht maßgeblich wahrscheinlich ist, dass der BF wegen regimekritischer Haltung und Demonstrationsteilnahme von Familienangehörigen vs selbst eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

In ihrer Erstbefragung, in der Einvernahme durch die belangte Behörde und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts begründete die BF den Antrag auf internationalen Schutz gleichbleibend mit ihrer Angehörigeneigenschaft zu ihrem regimekritischen Vater, der verschwunden sei, bzw. der Familie vs. Die BF habe Angst gehabt, wenn sie die syrische Polizei gesehen habe, denn diese sei auch gewalttätig gegenüber Kindern gewesen – gegenüber der BF, nach deren glaubwürdiger Aussage, jedoch nicht. Die BF und ihre Mutter seien laut der BF in Syrien auch nie persönlich durch fremde Leute oder durch die syrischen Behörden belästigt oder gar bedroht (vgl. AS 59).

Nach dem Verschwinden des Vaters der BF – was nach den Angaben der BF, die sich dabei auf Erzählungen ihrer Mutter stütze (vgl. AS 59; VHP, S. 9), im Jahr 2013 passiert sei – konnte die Mutter der BF überdies selbst zur syrischen Polizei gehen, nach ihrem Ehemann fragen und lediglich ohne Informationen zu erhalten, wieder zur BF zurückzukehren. Die BF selbst konnte bis zu ihrer Ausreise im März 2023 auch die Schule im – ebenso wie der Herkunftsort der Familie – von der syrischen Regierung/Armee kontrollierten Damaskus besuchen. Im Hinblick auf sonstige Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen betreffend anderer Familienmitglieder seitens des Regimes brachte die BF zwar vor, dass ein Onkel vs, der auch mit ihrer Mutter zusammenlebe, laut dieser einmal verhaftet worden und für ca. drei Monate im Gefängnis gewesen sei, doch wisse die BF nicht, wann das gewesen sei, und ist auch nicht klar, ob dies mit der vorgebrachten oppositionellen politischen Gesinnung der Familie vs im Zusammenhang steht.

Das brutale Vorgehen des syrischen Regimes gegen tatsächliche oder als solche wahrgenommene politische Gegner und auch deren Angehörige, die – wie den Länderinformationen zu entnehmen ist – regelmäßig Opfer von willkürlichen Inhaftierungen, Folter und Schikanen gegen sie selbst und ihre Angehörigen werden, ist notorisch.

Im vorliegenden Fall jedoch, in welchem die BF eine derartige Gefährdung aufgrund des relevierten Verschwindenlassens ihres Vaters durch das syrische Regime vor mehr als einem Jahrzehnt wegen dessen oppositioneller politischer Gesinnung und der vorgebrachten Regimegegnerschaft auch weiterer Familienmitglieder vs vorgebracht hat, steht dem jedoch das Faktum entgegen, dass sowohl die Mutter der BF als Ehefrau ebenjenes präsumptiven Regimekritikers als auch die BF als dessen Tochter während dieser gesamten Zeitspanne im von der syrischen Armee kontrollierten Gebiet gelebt haben (was im Falle der Mutter der BF noch heute der Fall ist), auf die das Regime also auch zu jeder Zeit Zugriff gehabt hat, und die dennoch nie selbst festgenommen, bedroht, oder auch nur belästigt wurden.

Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht auch nicht, dass die Schwelle, um von Seiten der syrischen Zentralregierung als oppositionell betrachtet zu werden, niedrig ist sowie dass Personen aus unterschiedlichen Gründen und teilweise willkürlich als regierungsfeindlich angesehen werden und gerade bei Angehörigen von tatsächlichen Regimekritikern bzw. Oppositionellen eine reale Verfolgungsgefahr bestehen kann, wenn diese bereits aufgrund ihrer familiären Verbindungen als oppositionell wahrgenommen werden.

Auf die BF bezogen liegen jedoch, wie bereits dargelegt, keine Hinweise vor, dass eine solche Verfolgungsgefahr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit droht und kann daher nicht angenommen werden, dass der BF vonseiten des syrischen Regimes eine regimekritische Haltung unterstellt wird und sie aus diesem Grund gefährdet wäre.

2.2.5. Die Feststellung, dass die BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder oder aufgrund ihres Geschlechts und/oder als alleinstehendes Mädchen droht, ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen:

Wie den Länderfeststellungen zu entnehmen ist, kommt es in Syrien, auch in Regimegebieten, unverändert zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern. Zu den Menschenrechtsverletzungen zählten insbesondere die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten, Inhaftierung und Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser sowie die Verweigerung humanitärer Hilfsleistungen.

Auch alleinstehenden Frauen und Mädchen sind in Syrien aufgrund des Konflikts einem besonderen Risiko von (vor allem sexueller) Gewalt und Belästigung ausgesetzt.

Eine über die allgemein schlechte Situation von Kindern aufgrund des Bürgerkrieges hinausgehende Verfolgung von Kindern als soziale Gruppe lässt sich aus den oben zitierten Länderfeststellungen aber nicht entnehmen. Auch die EUAA führt in ihrem Leitfaden zu Syrien vom April 2024 aus, dass bei der individuellen Beurteilung, ob für Kinder eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, risikoerhöhende Umstände (z.B. oppositionelle Familienmitglieder, die sozioökonomische Situation, der Familienstand, das Herkunfts- oder Wohngebiet, fehlende Dokumente, die Religion, usw.) zu berücksichtigen sind. Kinder ohne einen männlichen Verwandten, der bereit und dazu in der Lage ist, sie zu unterstützen, wären besonders gefährdet (vgl. EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024, Kapitel 4.12.1).

Die BF jedoch verfügt durch den Onkel vs, der für den Lebensunterhalt der Kernfamilie der BF aufkommt und bei der Mutter der BF lebt, über einen männlichen Verwandten, der auch die BF unterstützen kann, sowie über weitere – erwachsene – Angehörige sowohl im Herkunftsort als auch in anderen Teilen Syriens, darunter zumindest ein weiterer männlicher Verwandter. Überdies ist die – minderjährige – BF in Syrien nicht „alleinstehend“, sondern hat sie bis zuletzt im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter und ihrem Onkel vs gelebt und ist sie mit ihrer Mutter auch nach wie vor in Kontakt, weshalb sie im – hypothetischen – Fall ihrer Rückkehr in ihren intakten Familienverbund zurückkehren könnte. Die Gefährdung der BF aufgrund ihres Alters und Geschlechts ist somit als vergleichsweise gering einzuschätzen. Auch sonstige risikoerhöhende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch seitens der BF nicht (glaubhaft) behauptet.

2.2.6. Zur Feststellung, dass der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Ausreise oder der Asylantragstellung die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt und ihr ebenso wenig aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung durch die syrische Regierung/Armee droht, ist festzuhalten wie folgt:

Zunächst ist in diesem Kontext auf die beweiswürdigenden Erwägungen zu 2.2.3. zu verweisen, wonach die gesetzliche Vertretung der BF ihr früheres Vorbringen, dass die BF aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme, in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG dahingehend richtiggestellt hat, dass lediglich mehrere um den Herkunftsort der BF umliegende Dörfer im Süden von Damaskus, nicht jedoch der Herkunftsort der BF selbst, von Gruppen, die im syrischen Bürgerkrieg zur syrischen Regierung/Armee oppositionell sind, kontrolliert werden, weshalb eine Gefährdung der BF aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet, von vorherein ausscheidet.

Zur vorgebrachten Gefährdung aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland ist auszuführen, dass den getroffenen Feststellungen zur Lage in Syrien nicht entnommen werden kann, dass jedem Rückkehrer, der illegal ausgereist ist und im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird. Den Länderfeststellungen zufolge hängt die Behandlung von Menschen, die nach Syrien einreisen, stark vom Einzelfall ab, wobei es keine zuverlässigen Informationen über den Kenntnisstand der syrischen Behörden über einzelne Rückkehrende gibt. Ferner ist es schwierig, Informationen über die Situation von Rückkehrenden in Syrien zu erhalten. Doch sind die syrische Regierung und ihr Sicherheitsapparat – wie bereits ausgeführt – immer wieder gegen Personen vorgegangen, die sich abweichend oder oppositionell geäußert haben, unter anderem durch willkürliche Inhaftierung, Folter und Schikanen gegen Kritiker und ihre Angehörigen. Insbesondere für Personen, die sich in der Vergangenheit (system-)kritisch geäußert oder betätigt haben oder sich auf andere Weise das Missfallen des Regimes zugezogen haben, besteht eine besondere Gefahr, Ziel staatlicher und von Willkür geprägter Repression zu werden.

Personen, die das Land verlassen haben, werden mitunter als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen sowie als „Verräter“ angesehen. Grundsätzlich sind Personen bei der Rückkehr nach Syrien gefährdet, wenn diesen eine Regimegegnerschaft unterstellt wird. Insbesondere für Personen, die sich in der Vergangenheit (system-)kritisch geäußert oder betätigt haben oder sich auf andere Weise das Missfallen des Regimes zugezogen haben, besteht eine besondere Gefahr, Ziel staatlicher und von Willkür geprägter Repression zu werden. Personen, die das Land verlassen haben, werden mitunter als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen sowie als „Verräter“ angesehen. Grundsätzlich sind Personen bei der Rückkehr nach Syrien gefährdet, wenn diesen eine Regimegegnerschaft unterstellt wird. Zu als oppositionell oder regierungsfeindlich angesehenen Personen gehören einigen Quellen zufolge unter anderem medizinisches Personal, insbesondere wenn die Person diese Tätigkeit in einem von der Regierung belagerten oppositionellen Gebiet ausgeführt hat, AktivistInnen sowie JournalistInnen, welche die Regierung offen kritisieren oder Informationen oder Fotos von Geschehnissen in Syrien, wie Angriffe der Regierung, verbreitet haben, sowie allgemein Personen, die offene Kritik an der Regierung üben. Auch der Umstand, dass eine Person an einem Ort lebt oder aus einem Ort kommt, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, kann das Misstrauen des Kontrollpersonals wecken.

Solche gefahrenerhöhenden Umstände liegen im Falle der – minderjährigen – BF jedoch, wie bereits unter Punkt 2.2.4. erwogen, nicht vor und wurde deshalb festgestellt, dass der BF eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird.

Schließlich geht aus den Länderberichten hervor, dass – wie auch in der Beschwerde dargelegt – es nach wie vor willkürliche Verhaftungen und andere Repressionen gegenüber Rückkehrenden gibt und verschiedene Quellen immer wieder von derartigen Einzelfällen berichten. Allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, dass Rückkehrende aktuell per se als politisch oppositionell angesehen würden oder der weitaus überwiegende Teil aller Rückkehrenden systematischen Repressionen ausgesetzt wäre. Eine solche Annahme ist auch nicht aus den in der Stellungnahme vom 14.11.2023 und in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ins Verfahren eingeführten – zum Teil nicht mehr ausreichend aktuellen – Berichten abzuleiten.

Zusammenfassend ist es daher nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF allein aufgrund ihrer Ausreise in Syrien Sanktionen wegen einer ihr (unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung drohen. So sind dem Leitfaden der EUAA vom April 2024 zufolge zwar auch Rückkehrer von der syrischen Regierung ins Visier genommen worden, jedoch geht die EUAA nachvollziehbar davon aus, dass der Umstand, dass eine Person Syrien verlassen hat, für sich alleine nicht ausreicht, damit eine hinreichend große Gefahr besteht, um eine begründete Furcht vor Verfolgung festzustellen.

Ebenso wenig genügt eine Asylantragstellung in Österreich für die Asylzuerkennung, weil nicht anzunehmen ist, dass die Antragstellung den syrischen Behörden bekannt ist, zumal es den österreichischen Behörden untersagt ist, diesbezüglich Daten an die syrischen Behörden weiterzuleiten. Im gegenständlichen Verfahren sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass dem syrischen Staat die Antragstellung entgegen dem Verbot oder durch sonstige Umstände tatsächlich bekannt geworden wäre.

2.2.7. Dass die BF auch sonst nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt ist, aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden, war mangels dahingehender Anhaltspunkte im Vorbringen der BF festzustellen und da sich auch sonst im gesamten Verfahren keine Hinweise darauf ergeben haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die „begründete Furcht vor Verfolgung“. Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Eine „Verfolgungsgefahr“ im Sinne der GFK ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 14.07.2021, Ra 2021/14/0066). Von der maßgeblichen Gefahr einer Verfolgung ist nicht auszugehen, wenn der Verfolger keinen Zugriff auf die betroffene Person hat (vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0055).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass die schutzsuchende Person in der Vergangenheit bereits verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend. Entscheidend ist vielmehr, dass der schutzsuchenden Person im Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus einem der in der GFK bzw. in Art. 10 Statusrichtlinie genannten fünf Verfolgungsgründe drohen würde (vgl. etwa VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212; VwGH 07.03.2023, Ra 2022/18/0284; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung, ob wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinn der GFK vorliegt, die Gesamtsituation des Asylwerbers zu berücksichtigen und dürfen einzelne zusammenhängende Aspekte seiner Situation im Herkunftsstaat nicht aus dem (asylrechtlich relevanten) Zusammenhang gerissen werden (vgl. VwGH 22.01.2016, Ra 2015/20/0157 unter Hinweis auf seine Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0287 und vom 23.07.1998, 96/20/0144; zum Erfordernis einer Gesamtbetrachtung vgl. etwa VwGH 27.04.2006, 2003/20/0181).

Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend minderjährige Staatsangehörige Syriens festgehalten, dass die asylrelevante Verfolgungsgefahr aktuell sein und somit im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes vorliegen muss (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 3, K61; vgl. VfGH 13.06.2023, E 693-699/2023; 13.06.2022, E 2987/2022; 27.02.2023, E 3307/2022). Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylsuchende mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den Konventionsgründen zu befürchten habe (siehe VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; s. zuletzt VwGH 23.05.2023, Ra 2023/20/0110).

3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

3.2.1. Wie aufgrund der Feststellungen anzunehmen ist, ist es der BF insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Wie zuvor dargestellt, bestehen keine konkreten, überzeugenden Anhaltspunkte, dass die BF (nicht nur möglicherweise, sondern) mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von Verfolgungshandlungen im Herkunftsstaat betroffen ist. Die im Entscheidungszeitpunkt zu erstellende Prognose über die Situation der BF im Herkunftsstaat ergibt, dass sie gegenwärtig mit keiner maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen erheblicher Intensität seitens der syrischen Regierung oder anderer Akteure rechnen muss.

Dass ihr Verfolgung droht, weil sie Familienangehöriger eines regimekritischen Vaters bzw. einer oppositionellen Familie vs. ist, erwies sich nicht als maßgeblich wahrscheinlich. Dass der BF als Rückkehrerin, wegen der illegalen Ausreise aus Syrien, ihres Auslandsaufenthaltes, des in Österreich gestellten Antrags auf internationalen Schutz oder wegen ihrer geographischen Herkunft mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung droht, konnte sie ebenso wenig glaubhaft machen.

Ebenso wenig kann eine Verknüpfung zum Konventionsgrund „bestimmte soziale Gruppe“ erkannt werden:

Die Mitglieder der Gruppe müssen „angeborene Merkmale“ oder einen „Hintergrund, der nicht verändert werden kann“, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, „die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten“. Zum anderen muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Eine soziale Gruppe kann nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2019/18/0421, mwN).

Dass der BF eine Verfolgung bzw. Verfolgung aus Gründen ihrer Zugehörigkeit zur „sozialen Gruppe der (alleinstehenden) Kinder“ droht, ist auszuführen, dass unstrittig ist, dass (alleinstehende) Kinder in Syrien besonders vulnerabel sind und ihre Gefährdung besonders hoch ist. Allerdings handelt es sich bei (alleinstehenden) Kindern in Syrien nicht um eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur und fehlt es daher am erforderlichen Zusammenhang zwischen der Bedrohung und einem Konventionsgrund: Aus den herangezogenen Länderberichten, aber selbst den Aussagen der BF vor der belangten Behörde und dem BVwG lässt sich jedenfalls nicht ableiten, dass Kinder in Syrien sich von der sie umgebenden Gesellschaft – das sind hier insbesondere die Bewohner der Stadt XXXX bzw. von Damaskus, wo die BF bis unmittelbar vor ihrer Ausreise zur Schule gegangen ist – als „andersartig“ bzw. als Gruppe mit einer deutlich abgegrenzten Identität wahrnehmen, noch werden sie von der sie umgebenden Gesellschaft als solche betrachtet. Das syrische Regime verfolgt in Syrien nicht Kinder, weil sie Kinder sind, sondern vor allem Kinder, die Kinder von politisch Oppositionellen sind, wie alle nahe Verwandten von Oppositionellen, egal welchen Alters und welchen Geschlechtes. Auch aus den UNHCR-Erwägungen zu Syrien ergibt sich, dass Kinder nur bei Hinzutreten bestimmter – hier nicht hervorgekommener – Umstände, wie erlebter oder drohender Zwangsrekrutierung oder sexueller Gewalt oder der systematischen Verwehrung von Bildung aus anderen Konventionsgründen Angehörige einer bestimmten sozialen Gruppe sein können. Wie überdies beweiswürdigend ausgeführt, ist die BF auch keinesfalls als alleinstehendes Kind zu qualifizieren.

Soweit in der Beschwerde und Stellungnahme auf die Indizwirkung der UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, verwiesen wird, ist dem zu entgegnen, dass der UNHCR bei zwei klar definierten Gruppen von Kindern der Ansicht ist, dass diese – je nach den Umständen des Einzelfalls – wahrscheinlich internationalen Flüchtlingsschutz benötigen. Dazu zählen Kinder, die sexuelle Gewalt, Zwangs- und/oder Kinderehen, häusliche Gewalt oder „Ehrendelikte“ überlebt haben oder einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind und Kinder, die Rekrutierung von Minderjährigen, Menschenhandel und andere extreme Formen von Kinderarbeit überlebt haben oder einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind (UNHCR Erwägungen S. 190). Die BF fällt in keine dieser Kategorien. Für den ersten Fall ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte eines Risikos.

Der UNCHR ist ferner der Auffassung, dass Kinder – je nach den Umständen des Einzelfalls – möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz benötigen, wenn sie zu folgenden Gruppen gehören: Kinder, die zu Arbeit verpflichtet werden, die je nach der Erfahrung und dem Alter des betreffenden Kindes und den sonstigen Umständen wahrscheinlich ihre Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit beeinträchtigt („gefährliche Arbeit“); Kinder im schulpflichtigen Alter, denen der Zugang zu Bildung systematisch verwehrt wird, einschließlich in Folge zielgerichteter Angriffe auf Schulen; fehlender Ausweispapiere, Behinderungen oder diskriminierender Praktiken, die Mädchen den Zugang zu Bildung aufgrund ihres Geschlechts verwehren; und Kinder, denen der Zugang zu Geburtsurkunden und sonstigen Ausweisdokumenten verweigert wird oder bei denen eine entsprechende Gefahr besteht und die entweder keinen Zugang zu Rechtsbehelfsmöglichkeiten haben oder für die ein Rechtsbehelf ohne Wirkung bleibt (UNHCR-Erwägungen S. 190). Die BF fällt auch in keine dieser Kategorien. Dass sie „gefährliche Arbeit“ würde verrichten müssen, wurde nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist, wie bereits in der Beweiswürdigung gezeigt, eine systematische Verwehrung des Schulbesuchs nicht erkennbar, weil die BF bis unmittelbar vor ihrer Ausreise im März 2023 die Schule in Damaskus besuchen konnte.

Eine Verfolgung(sgefahr) aus einem anderen Grund oder in einem anderen Zusammenhang hat die BF nicht behauptet. Da eine aktuelle oder zum Zeitpunkt der Ausreise – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – bestehende asylrelevante Verfolgung oder sonstige Hinweise bzw. Anhaltspunkte für eine mögliche anderweitige Bedrohung oder Verfolgung auch sonst – insbesondere unter Bedachtnahme auf die Länderinformationen, das Alter und Geschlecht der minderjährigen BF – im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder gerichtsbekannt sind, ist davon auszugehen, dass der BF keine Verfolgung aus in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen droht. Es besteht im Übrigen keine Verpflichtung, Asylgründe zu ermitteln, die der – auch minderjährige – Asylwerber gar nicht behauptet hat (vgl. VwGH 07.06.2001, 99/20/0434).

Aufgrund der Verneinung einer Verfolgung nach § 3 AsylG 2005, kommt es für die Klärung des Sachverhalts im Hinblick auf den Asylstatus auf die Erreichbarkeit der Herkunftsregion nicht an (vgl. VwGH 03.01.2023, Ra 2022/01/0328; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108 und VfGH 29.06.2023, E 3450/2022).

Auch im Umstand, dass im Heimatland der BF Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche hat die BF aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können.

Der Vollständigkeit halber wird schließlich festgehalten, dass der allgemeinen Gefährdung der BF durch die derzeitige Lage in Syrien im gegenständlichen Verfahren bereits mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 durch die belangte Behörde Rechnung getragen wurde.

Der BF ist es insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien kann nicht erkannt werden, dass der BF aktuell in Syrien eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe droht.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es ist daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

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