JudikaturVwGH

Ra 2023/16/0114 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
20. Februar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf Straße 14 18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. Juli 2023, RV/7100495/2023, betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (mitbeteiligte Partei: R N in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

1 Die mitbeteiligte Partei beantragte am 10. Juni 2022 Familienbeihilfe ab Juli 2022 für ihre im Juni 2004 geborene Tochter.

2 Mit Bescheid vom 25. Juli 2022 wies das Finanzamt Österreich (Finanzamt) diesen Antrag ab.

3 Der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei gab das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts und infolge eines Vorlageantrags Folge und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf. Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4 Das Bundesfinanzgericht stellte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens fest, die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährige Tochter der mitbeteiligten Partei habe im Jänner 2022 ein Training „On the job“ bei der Wien Work integrative Betriebe und Ausbildungs GmbH (Wien Work) begonnen, um sich auf eine Lehre als Einzelhandelskauffrau vorzubereiten. Die Teilnehmer dieses Arbeitstrainings sollten für den Einstieg in eine Berufsausbildung, insbesondere eine Lehrausbildung, vorbereitet werden. Die Kurszeit umfasse 28 Wochenstunden, davon entfielen 36% auf Unterricht (Förder und Kreativunterricht, Lebenskunde, Fachkunde, Exkursionen und Sport) und 64% der Kurszeiten dienten der praktischen Tätigkeit (Gärtnerei, Gastronomie, Einzelhandel etc.). Eine Abschlussprüfung gebe es nicht. Für den Besuch der Maßnahme erhielten die Teilnehmer vom Arbeitsmarktservice eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts iHv € 14,20 täglich (€ 426 bzw. € 440,20 monatlich).

5 Laut der Webseite von Wien Work sei Ziel von „On the job“, junge Menschen auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Die Vorbereitung beziehe sich auf eine Ausbildung wie eine Lehre oder Teilqualifikation, auf eine Hilfstätigkeit oder auf weitere spezielle Trainingsmaßnahmen. „On the job“ sei eine Einrichtung der Berufsqualifizierung, die junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren mit Behinderung betreue. Der Wochenplan sehe drei Tage Arbeitstraining, einen Tag Förderunterricht und Kreativpädagogik und einen Tag sonstige Aktivitäten vor. Im Förderunterricht werde Deutsch und Mathematik geübt und am Computer gearbeitet. Die Jugendlichen würden auf die Berufsschule vorbereitet und das Wissen aus der Schule werde wiederholt. Bei der Kreativpädagogik könnten die Jugendlichen ihre künstlerischen und handwerklichen Talente entwickeln.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen und soweit für das Revisionsverfahren relevant aus, laut Auskunft von Wien Work vom 26. Juni 2022 handle es sich bei „On the job“ um eine Maßnahme nach § 10 des Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung in Wien (Chancengleichheitsgesetz Wien). Ziel dieses Gesetzes sei es, Menschen mit Behinderung beim chancengleichen, selbstbestimmten Zugang zu allen Lebensbereichen, insbesondere bei der chancengleichen Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben zu unterstützen (§ 1 Abs. 1 des Chancengleichheitsgesetzes Wien). § 3 des Chancengleichheitsgesetzes Wien definiere „Menschen mit Behinderung“ als „Personen, die aufgrund nicht altersbedingter körperlicher, intellektueller oder psychischer Beeinträchtigungen oder aufgrund von Sinnesbeeinträchtigungen in ihrer Entwicklung oder in wichtigen Lebensbereichen, insbesondere bei der Berufsausbildung, der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dauernd wesentlich benachteiligt sind“. Gemäß § 10 des Chancengleichheitsgesetzes Wien umfasse Berufsqualifizierung und Berufsintegration „Leistungen, die der Erlangung von s ozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen oder der Aufrechterhaltung bestehender Dienstverhältnisse dienen. Dabei ist Leistung, die zu einem eigenen Einkommen und finanzieller Selbstständigkeit führen der Vorzug zu geben“.

7 Das Arbeitstraining „On the job“ bereite auf eine weitere Ausbildung wie eine Lehre, eine verlängerte Lehre oder eine Teilqualifikation vor. Die Ausbildung unterscheide sich vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen, wie beispielsweise von allgemeinen persönlichkeitsbildenden Kursen. Die Ausbildung diene dazu, für das künftige Berufsleben erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln und zwar auf einem Niveau, das die Voraussetzungen etwa für den späteren Besuch einer regulären Lehre vermittle. Üblicherweise würden Kenntnisse und Fertigkeiten dieser Art schon im Regelschulwesen erworben, sodass unmittelbar nach Beendigung der Schulpflicht beispielsweise eine Lehre begonnen werden könne. Wenn im Regelschulwesen eine derartige entsprechende Eignung nicht vermittelt würde, weil das Kind gemäß § 3 des Chancengleichheitsgesetzes Wien nicht altersbedingte körperliche intellektuelle oder psychische Beeinträchtigungen aufweise, könne die konkrete Vorbereitung auf eine weiterführende Berufsausbildung ebenfalls Berufsausbildung sein. Dies räume auch das Finanzamt im Vorlagebericht ein. Jedoch komme es nicht darauf an, ob das Kind gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) erheblich behindert sei. Auch eine Beeinträchtigung gemäß § 3 des Chancengleichheitsgesetzes Wien könne bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme für das betreffende Kind Berufsausbildung sei, relevant sein, ohne dass eine derartige Beeinträchtigung den Anspruch auf seinen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG vermitteln müsse. Beispielsweise bewirke § 2 Abs. 1 lit. b Satz 4 FLAG eine Studienzeitverlängerung bei Studenten an den dort genannten Einrichtungen im Falle einer schweren Erkrankung, ohne dass eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG vorliegen müsse.

8 Nach dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei wolle ihre Tochter den Beruf der Einzelhandelskauffrau ergreifen. Nach den vorgelegten Unterlagen biete „On the job“ auch die Vorbereitung auf eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann oder zur Einzelhandelskauffrau an. Mit 28 Wochenstunden Theorie und Praxis sei die für eine Berufsbildung gemäß FLAG erforderliche zeitliche Inanspruchnahme gegeben. Anders als bei einem bloßen Praktikum in einem Betrieb werde hier wie etwa bei einer Lehre theoretischer Unterricht mit praktischer Arbeit verbunden. Es liege keine Einschulung auf einen konkreten Arbeitsplatz, sondern eine duale Ausbildung vor. Da diese Art der Ausbildung keine Prüfung vorsehe, sei das Ablegen von Prüfungen auch nicht erforderlich. Die konkrete Vorbereitung auf eine spätere weitere Berufsausbildung könne, entsprechende zeitliche Inanspruchnahme vorausgesetzt, Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 2 lit. b FLAG sein .

9 Da das Arbeitstraining „On the job“ konkret für eine weitere Berufsausbildung vorbereite und die weitaus überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nehme, liege im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 2 lit. b FLAG vor. Der angefochtene Bescheid erweise sich daher als rechtswidrig und sei gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Finanzamts. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein; Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

11 Das Finanzamt bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, dem Verfahren liege die Rechtsfrage zugrunde, ob ein bei Wien Work absolviertes Arbeitstraining, das nur auf eine weitere Ausbildung wie eine Lehre, eine verlängerte Lehre oder eine Teilqualifikation vorbereite, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG darstelle. Das Bundesfinanzgericht sei von näher dargestellter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern abgewichen, als die in dem angefochtenen Erkenntnis zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht einschlägig seien. Die Frage, ob das Arbeitstraining „On the job“ einer behinderten volljährigen Person eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG sei, sei bislang in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht behandelt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

13 Es ist strittig, ob die Teilnahme der Tochter der mitbeteiligten Partei an dem Programm „On the job“ als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) zu qualifizieren ist.

14 Das Finanzamt führt zur Begründung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses ins Treffen, dass es sich bei dem Programm „On the job“ um eine reine Berufsfindungsmaßnahme handle, die der Vorbereitung auf eine weitere Ausbildung wie eine Lehre diene. Die Tochter der mitbeteiligten Partei werde für keinen spezifischen Beruf vorbereitet, sondern es handle sich um eine Orientierungshilfe.

15 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. (vgl. VwGH 18.5.2020, Ra 2020/16/0017; 30.3.2017, Ra 2017/16/0030; 22.12.2011, 2009/16/0315 und 15.12.2009, 2007/13/0125, jeweils mwN).

17 Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im gegenständlichen Fall nicht einschlägigen im § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. VwGH 14.12.2015, Ro 2015/16/0005, mwN).

18 Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen tatsächlich gelingt (vgl. VwGH 24.10.2024, Ra 2024/16/0025; 27.9.2012, 2010/16/0013, mwN).

19 Nach den in diesem Punkt unbestrittenen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts stellt das Programm „On the job“ eine Maßnahme zur Berufsqualifizierung und Berufsintegration im Sinne des § 10 des Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung in Wien (Chancengleichheitsgesetz Wien [CGW] LGBL. Nr. 29/2013) dar. Für diese Leistungen kann eine Förderung des Fonds Soziales Wien gewährt werden (vgl. § 2 Abs. 3 CGW). § 5 CGW legt allgemeine Voraussetzungen fest, unter denen Menschen mit Behinderung Förderungen gewährt werden.

20 Menschen mit Behinderung werden in § 3 CGW als Personen definiert, die auf Grund nicht altersbedingter körperlicher, intellektueller oder psychischer Beeinträchtigungen oder auf Grund von Sinnesbeeinträchtigungen in ihrer Entwicklung oder in wichtigen Lebensbereichen, insbesondere bei der Berufsausbildung, der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dauernd wesentlich benachteiligt sind.

21 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es entscheidend auf den Inhalt der Tätigkeit im Rahmen der in Rede stehenden Ausbildung an (vgl. VwGH 25.3.2021, Ra 2018/16/0164, mwN). Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen (vgl. VwGH 29.6.2020, Ra 2020/16/0001; 16.5.2011, 2011/16/0077). Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation (vgl. etwa VwGH 24.9.2009, 2009/16/0088, mwN).

22 Das Programm „On the job“ besteht nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts aus einem Unterrichtsteil und aus praktischen Tätigkeiten. Ausgerichtet ist das Programm auf die Vorbereitung zur Absolvierung von weiterführenden Ausbildungen, insbesondere von Lehrausbildungen in den angebotenen Bereichen (Gärtnerei, Gastronomie, Einzelhandel). Seinem Inhalt und Aufbau nach ist das Programm an das duale System der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf angelehnt, das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter den Begriff Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG fällt (vgl. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/16/0203; 26.5.2011, 2011/16/0077, mwN). Das Programm „On the job“ dient dem Erwerb jener beruflichen Qualifikationen, die für die Absolvierung eines anerkannten Lehrberufes erforderlich sind. Die vom Bundesfinanzgericht festgestellten Inhalte und die Art der im Rahmen des Programms „On the job“ zu absolvierenden schulischen und kursmäßigen Ausbildungen sind daher nicht losgelöst von der Qualifikation für einen bestimmten Beruf im Rahmen eines anerkannten Lehrverhältnisses zu sehen und gehen über eine reine Orientierungshilfe bei der Berufswahl hinaus.

23 Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zudem davon aus, dass auch die Vorbereitungszeit für eine Aufnahmeprüfung dem Grunde nach als Berufsausbildung angesehen werden kann. Dabei kommt es für die Qualifikation als Berufsausbildung auch darauf an, dass diese in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen muss (vgl. zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für das Medizinstudium VwGH 18.5.2020, Ra 2020/16/0017; zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für den physiotherapeutischen Dienst VwGH 15.12.2009, 2007/13/0125, jeweils mwN). Die einer Berufsausbildung vorausgehende Vorbereitungszeit kann unter dieser Voraussetzung unter den Begriff der Berufsausbildung fallen, sofern ein ausreichend konkreter Bezug zu einer darauf aufbauenden Berufsausbildung nach dem Inhalt der Vorbereitungszeit gegeben ist. Dies ist bei dem Programm „On the job“ aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung auf bestimmte Lehrberufe der Fall.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat außerdem bereits ausgesprochen, dass die Qualifikation als Berufsausbildung nicht von der weiteren Berufslaufbahn abhängt (vgl. zur Einstufung der Tätigkeit von Rechtspraktikanten als Berufsausbildung VwGH 18.11.2009, 2008/13/0015; vgl. auch zur ex ante Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe VwGH 22.4.2015, Ro 2015/16/0008, mwN). Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts ermöglichten die Inhalte des Programms eine konkrete Vorbereitung in den umfassten Berufsfeldern, wie im Fall der Tochter der mitbeteiligten Partei der Lehre als Einzelhandelskauffrau.

25 Soweit das Finanzamt darauf hinweist, dass bei der Tochter der mitbeteiligten Partei keine erhebliche Behinderung iSd § 8 Abs. 5 FLAG festgestellt worden sei, kommt es darauf nicht an. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG (sowohl in der bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung der Änderung des Freiwilligengesetzes und des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. I Nr. 156 /2017, als auch in der ab 1. Juni 2022 anzuwendenden Fassung der Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. I Nr. 220/2021) und § 2 Abs. 1 lit. h FLAG stellen auch im Falle des Vorliegens einer erheblichen Behinderung iSd § 8 Abs. 5 FLAG ebenso wie § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auf die Absolvierung und den frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung ab.

26 Das Fehlen von Prüfungen steht der Einstufung des Programms „On the job“ als Berufsausbildung für sich genommen nicht entgegen, weil zum einen Prüfungen in der Ausbildungsordnung des Programms nicht vorgesehen sind, und das Programm zum anderen auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Teilnehmers in Anspruch nehmen muss. Das Finanzamt teilt in der Revision ausdrücklich die Annahme des Bundesfinanzgerichts, dass die Teilnahme der Tochter der mitbeteiligten Partei an dem Programm „On the job“ im Ausmaß von 28 Wochenstunden einen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend hohen zeitlichen Gesamtaufwand erfordere und damit auch den quantitativen Erfordernissen für eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG entspreche (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Ra 2017/16/0030).

27 Die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, wonach die Tochter der mitbeteiligten Partei im beantragten Zeitraum eine Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG absolviert habe, erweist sich nach dem Gesagten nicht als rechtswidrig.

28 Die Revision war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Februar 2025