JudikaturVwGH

Ro 2023/12/0002 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des Oberrates i.R. Ing. Mag. H L in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 2022, W122 2207592 1/34E, betreffend Arbeitsplatzbewertung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt der Universität Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der Revisionswerber stand bis zu seiner Ruhestandsversetzung mit 1. Jänner 2016 in einem öffentlich rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund und war der Universität Klagenfurt zur Dienstleistung im Höheren Dienst in wissenschaftlicher Verwendung zugewiesen. In den letzten fünf Jahren seines Aktivdienstverhältnisses war der Revisionswerber Studienprogrammleiter und Stellvertreter des Institutsleiters am Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft.

2 Mit Schreiben vom 20. April 2017 beantragte der Revisionswerber nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. März 2017 im Rechtsmittelweg entschieden hatte, dass das zunächst gestellte „Ansuchen um Höherbewertung“ seines Arbeitsplatzes keinen Erledigungsanspruch begründe die Feststellung der Wertigkeit seines zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes. Mit Bescheid des Amtes der Universität Klagenfurt vom 13. August 2018 wurde die Wertigkeit des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers mit der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 1, festgestellt.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

4 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines Sachverständigengutachtens wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde ab. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für zulässig.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Verfahren gemäß § 30a Abs. 4 VwGG durchgeführt, in dem das Amt der Universität Klagenfurt eine Revisionsbeantwortung erstattete.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende außerordentliche Revision in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

7 In der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision beanstandet der Revisionswerber unter anderem, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen habe, sich mit seinen im Verfahren erhobenen Einwendungen gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens, und dabei insbesondere seinem Vorbringen, der beigezogene Sachverständige sei von unrichtigen Tatsachenannahmen ausgegangen, auseinanderzusetzen. Schon mit diesem Vorbringen erweist sich die vorliegende Revision als zulässig; sie ist auch berechtigt.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden. Die unvollständige und unrichtige Befundaufnahme vermag auch ein Laie nachvollziehbar darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist in diesem Fall verpflichtet, sich mit diesen der Sachverhaltsfrage zuzurechnenden Einwendungen in einer Verhandlung auseinanderzusetzen (vgl. etwa VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0090, Rn. 27, mwN; zur Verpflichtung eines Verwaltungsgerichtes im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und sich im Rahmen seiner Entscheidung mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen, siehe etwa auch VwGH 3.10.2018, Ra 2017/12/0088, Rn. 27).

9 Fallbezogen hat der im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigezogene Gutachter ungeachtet dessen, dass in der Beschreibung des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers die Wahrnehmung von „Forschungsaufgaben“ mit einem Tätigkeitsausmaß von 20% angegeben war, aufgrund von in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigten Aussagen sowohl von Zeugen als auch des Revisionswerbers selbst angenommen, dass „20% der in der Arbeitsplatzbeschreibung beschriebenen qualifizierten Tätigkeiten über mehr als ein Jahrzehnt vor dem Übergang in den Ruhestand nicht ausgeübt“ worden seien, und hat diesen Umstand seinem weiteren Gutachten zugrunde gelegt. Der Revisionswerber ist dieser Annahme in einer zu dem Gutachten erstatteten Stellungnahme entgegengetreten und hat näher dargelegt, dass er im maßgeblichen Zeitraum sehr wohl auch in der Forschung, etwa im Rahmen von (auch externen) Projekten im Bereich der Lehr und Lernprogrammierung sowie dem Online E Learning tätig gewesen sei.

10 Mit diesem Vorbringen des Revisionswerbers hat sich das Bundesverwaltungsgericht aber wie in der Revision zutreffend beanstandet wird in dem angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht auseinandergesetzt. Schon deshalb erweist sich das angefochtene Erkenntnis als mit einem maßgeblichen Begründungsmangel behaftet. Zusätzlich ist zu bemerken, dass aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes nicht hervorgeht, welches Ausmaß an tatsächlicher Forschungsarbeit es selbst dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers zuschreibt. Im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst unter der Überschrift „Feststellungen“ die Arbeitsplatzbeschreibung wörtlich wiedergegeben und seiner Entscheidung damit offenbar zugrunde gelegt, der Arbeitsplatz des Revisionswerbers weise einen Forschungsanteil von 20% auf. In der Folge hat das Bundesverwaltungsgericht nach wörtlicher Wiedergabe des Gutachtens im Rahmen der „Beweiswürdigung“ sodann unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung“ einerseits auf dieselben Zeugenaussagen verwiesen, anhand derer der Gutachter dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers einen relevanten Anteil an Forschungstätigkeit abgesprochen hat, gleichzeitig aber die „Richtigkeit von 20%“ (gemeint offenbar der in der Arbeitsplatzbeschreibung angegebene, auf Forschungsaufgaben entfallende Tätigkeitsanteil) außer Frage gestellt. Damit bleibt im Ergebnis offen, ob bzw. in welchem Ausmaß das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers komme ein Anteil an Forschungsaufgaben zu.

11 Weiters hat der im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigezogene Gutachter aufgrund von Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen aber ohne weitere Darlegung der maßgebenden Erwägungen im Rahmen seiner Befundaufnahme, etwa festgehalten, dass sich die dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers als „Studienprogrammleiter“ zugewiesene Aufgabe „Organisation des Lehrangebots für 3 Studienrichtungen“ in der „Umsetzung von Vorgaben des Studienrektorats“ erschöpfe, sowie dass das „Zusammenstellen der Prüfungssenate“ Aufgabe der Studienkommission sei und der Revisionswerber hier lediglich eine „Mitarbeit“ leiste. Auch wurde festgehalten, die „Qualitätssicherung der Lehre“ sei einer „formalen Überprüfung der Einhaltung der zu leistenden Stunden“ gleichzuhalten bzw. handle es sich bei der Aufgabe „Organisation von Lehrbeauftragten Konferenzen“ um eine „formal administrative Aufgabe“. Diese Annahmen legte der Gutachter in der Folge seinen Bewertungen des in Rede stehenden Arbeitsplatzes zu Grunde.

12 Demgegenüber legte der Revisionswerber in seiner Stellungnahme zu dem Gutachten vor dem Bundesverwaltungsgericht dar, dass die „Studiendirektion“ lediglich für die Einhaltung des budgetären Rahmens zuständig sei und keine Befugnis habe, „Lehrveranstaltungen zu vergeben“. Vielmehr sei der Studienprogrammleiter letztverantwortlich für die Auswahl der Lehrveranstaltungen und die Stundenverteilung. Dies gelte auch für das „Suchen und Finden“ geeigneter Prüfer für die Prüfungssenate. Überdies seien die Lehrbeauftragten Konferenzen von ihm gemäß den für den Lehrbetrieb geltenden Zielvorstellungen geplant, einberufen und geleitet worden.

13 Mit diesem Vorbringen des Revisionswerbers, dass die dem Sachverständigengutachten zu Grunde liegenden Annahmen unrichtig seien, setzte sich das Bundesverwaltungsgericht in dem angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht auseinander. Auch in dieser Hinsicht leidet das angefochtene Erkenntnis an einem wesentlichen Begründungsmangel.

14 Schließlich ist der Revisionswerber auch mit seinem Einwand hinsichtlich der fehlenden Klarheit der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Frage, in welchem Ausmaß der Arbeitsplatz des Revisionswerbers eigenverantwortliche (Leitungs )Tätigkeiten umfasse, im Recht. Das Bundesverwaltungsgericht stellte im Rahmen seiner „rechtlichen Beurteilung“ eine Aussage des Revisionswerbers, wonach er im Auftrag des Institutsleiters „eigenständig“ handle und 80% aller Fertigungen von Anschaffungen, Genehmigungen und Überprüfung von Studienabschlüssen, Meldungen, Urlaubsmeldungen etc. „selbstverantwortlich“ getätigt habe, seinem Beschwerdevorbringen, ihm seien Leitungsangelegenheiten ohne jedweden Vorbehalt einer Weisungserteilung im Einzelfall übertragen worden, als einander widersprechend gegenüber. Dieser Widerspruch ist jedoch angesichts dessen, dass beide Aussagen die Eigenständigkeit der Erledigung von Aufgaben betonen, nicht nachvollziehbar, weshalb in weiterer Folge der vom Bundesverwaltungsgericht daraus gezogene Schluss, die „Institutsleiterkompetenzen“ des Revisionswerbers seien auf eine bloße Stellvertreterfunktion beschränkt gewesen, nicht schlüssig daraus ableitbar ist. Auch insoweit erweist sich das angefochtene Erkenntnis mit einem wesentlichen Begründungsmangel behaftet. Dabei ist auch zu bemerken, dass für den Fall, dass dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers wie er gestützt auf die Arbeitsplatzbeschreibung vorbringt in gewissem Umfang auch eigenverantwortlich wahrzunehmende Leitungskompetenzen zugekommen sein sollten (was im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein wird), auch das vorliegende Gutachten, das lediglich unter Verweis auf Zeugenaussagen, denen zufolge „Wissenschaft und Lehre frei“ seien ebenfalls eine bloße „Richtliniengebundenheit“ des Arbeitsplatzes annimmt, von unvollständigen und unrichtigen Tatsachen ausgeht.

15 Im Ergebnis war das angefochtene Erkenntnis aus den aufgezeigten Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Juni 2024

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