JudikaturVwGH

Ra 2025/04/0147 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
21. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Datenschutzbehörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2025, Zl. W211 2283135 1/7E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. G H und 2. Mag. R P; 3. i GmbH; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz;), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Anträge der mitbeteiligten Parteien auf Aufwandersatz werden abgewiesen.

1 1. Mit Beschwerde vom 6. September 2023 an die Datenschutzbehörde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht, im Folgenden: Revisionswerberin) begehrten die Erstmitbeteiligte und der Zweitmitbeteiligte (Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren; im Folgenden: Beschwerdeführer) die Feststellung der Verletzung in ihrem Recht auf Geheimhaltung nach § 1 DSG durch die Drittmitbeteiligte. Die Beschwerde stützte sich im Wesentlichen auf das Vorbringen, die Drittmitbeteiligte habe über einen Zeitraum von rund 15 Jahren (2008-2023) unberechtigt ihre Daten (insbesondere Name und Adresse) ohne Rechtsgrundlage und ohne ihre Einwilligung verwendet, um Verbrauchswerte für Heizung, Warm- und Kaltwasser auf ein Vielfaches des tatsächlich gemessenen Verbrauchs hochzurechnen und vorsätzlich falsche Abrechnungen zu erstellen.

2 2. Mit Bescheid vom 8. November 2023 lehnte die Revisionswerberin die Behandlung der Beschwerde ab. Die Beschwerdeführer hätten gemeinsam 19 Beschwerden zum Thema der Einzelabrechnungen innerhalb eines Zeitraumes von 50 Monaten eingebracht. 18 Verfahren seien durch die Revisionswerberin bereits beendet worden. Der Terminus der „häufige[n] Wiederholung“ sei im Hinblick auf die gegenständlichen Beschwerden erfüllt, da diese mit einem weit überdurchschnittlichen Einsatz von zeitlichen und personellen Ressourcen verbunden seien. Auch liege ein offensichtlich schikanöser bzw. rechtsmissbräuchlicher Charakter vor, weil der Beschwerdeerhebung bereits ein (erfolgloses) Schlichtungsverfahren mit anschließendem zivilgerichtlichen Verfahren über zwei Instanzen vorangegangen sei, welches den Zeitraum 2012 bis 2015 betroffen hätte. Das Heizund Kältekostenabrechnungsgesetz (HeizKG) sehe für Beanstandungen der Einzelabrechnungen einen ausreichenden Rechtsschutz vor, weshalb der Versuch der datenschutzrechtlichen Erreichung desselben Ziels als eine Umgehung des HeizKG erscheine. Es sei nicht der Schutzzweck des Datenschutzrechts, ungewollte Rechnungen zu korrigieren. Die Beschwerdevorbringen stünden einzig in Zusammenhang mit den erfolgten Einzelabrechnungen auf Basis von Hochrechnungen des individuellen Verbrauchs, mit dem Ziel, eine Kostenminimierung bzw. Kostenersparnis zu erzielen, weshalb die Beschwerde als rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Tätigkeit der Datenschutzbehörde zu qualifizieren sei.

3 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde Folge, hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf und trug der Revisionswerberin die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Ablehnungsgrund auf. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

4 In seiner rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin begründe den Tatbestand der Exzessivität mit der Anzahl, der Komplexität und dem Umfang der angestrengten Beschwerdeverfahren sowie damit, dass diese im Kern ausschließlich die Richtigkeit der Einzelabrechnungen zum Inhalt hätten. Zur Anzahl der Verfahren sei festzuhalten, dass Art. 57 Abs. 4 DSGVO nur eine „häufige Wiederholung“ von Anfragen vorsehe. Für das Vorliegen einer Exzessivität sei daher eine (sehr) hohe Anzahl von Anfragen nicht erforderlich. Jedoch sei zu beachten, dass die Exzessivität auch von anderen Umständen wie vom offensichtlich schikanösen bzw. rechtsmissbräuchlichen Charakter der Anträgeabhinge. Ferner sei davon auszugehen, dass nur ein einziges Verfahren der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ablehnung des verfahrensgegenständlichen Antrags anhängig sei. Abgeschlossene Verfahren erforderten keine weiteren Tätigkeiten der Revisionswerberin. Es sei somit auszuschließen, dass beendete Verfahren zu einer Exzessivität im Sinne des Art. 57 Abs. 4 DSGVO führen könnten. Eine komplexe und allenfalls langwierige Beschwerdesache vermöge die Ablehnung einer Datenschutzbeschwerde nicht zu rechtfertigen, da es der Rechtsprechung des EuGH zufolge zu den Kernaufgaben einer Aufsichtsbehörde zähle, Beschwerden von Betroffenen gemäß Art. 77 DSGVO bzw. § 24 DSG zu behandeln. Die Verweigerung einer Sachentscheidung könne nur in Ausnahmefällen, aufgrund der Umstände des Einzelfalls, zulässig sein. So sei insbesondere zu beurteilen, ob die Anzahl der Beschwerden durch den Wunsch der betroffenen Person zu erklären sei, ihre Rechte aus der DSGVO zu schützen, oder ob diese auf einem anderen Zweck, der in keinem Zusammenhang mit diesem Schutz stehe, beruhe. Es sei aber gegenständlich offensichtlich, dass die Beschwerdeführer keine wahllose Erhebung von Datenschutzbeschwerden gegen ihnen flüchtig bekannte Verantwortliche vornähmen. Die notwendige Missbrauchsabsicht der Beschwerdeführer sei in Ermangelung einer objektiven Erforderlichkeit des Schutzes ihrer Rechte aus der DSGVO für den erkennenden Senat verfahrensgegenständlich (noch) nicht gegeben. Es sei in Erinnerung zu rufen, dass der Schädigungszweck so augenscheinlich im Vordergrund stehen müsse, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund träten. Darüber hinaus könne der erstmaligen Geltendmachung von einzelnen Betroffenenrechten in der Regel noch kein augenscheinliches bzw. offenkundiges unlauteres Motiv unterstellt werden. Im Rahmen einer einzelfallbasierten Gesamtbetrachtung zwischen dem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer sowie dem Interesse der Revisionswerberin an der Ressourcenschonung komme der erkennende Senat zum Ergebnis, dass kein offensichtlich schikanöses oder unlauteres Motiv vorliege, und das Interesse der Ressourcenschonung gegenständlich nicht überwiege.

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision.

Die mitbeteiligten Parteien brachten jeweils eine Revisionsbeantwortung ein, mit welcher sie im Wesentlichen beantragten, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.

5.Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 5.1. Die Revision bringt unter Anführung einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zusammengefasst vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von dieser Judikatur ab, weil das Verwaltungsgericht die Missbrauchsabsicht mit den Parteien nicht erörtert und keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe.

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

6 5.2. Die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) samt Erwägungsgründen lautet auszugsweise:

„ ...

(10) Um ein gleichmäßiges und hohes Datenschutzniveau für natürliche Personen zu gewährleisten und die Hemmnisse für den Verkehr personenbezogener Daten in der Union zu beseitigen, sollte das Schutzniveau für die Rechte und Freiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung dieser Daten in allen Mitgliedstaaten gleichwertig sein. Die Vorschriften zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sollten unionsweit gleichmäßig und einheitlich angewandt werden.

...

Artikel 52

Unabhängigkeit

...

(4) Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass jede Aufsichtsbehörde mit den personellen, technischen und finanziellen Ressourcen, Räumlichkeiten und Infrastrukturen ausgestattet wird, die sie benötigt, um ihre Aufgaben und Befugnisse auch im Rahmen der Amtshilfe, Zusammenarbeit und Mitwirkung im Ausschuss effektiv wahrnehmen zu können.

...

Artikel 57

Aufgaben

(1) Unbeschadet anderer in dieser Verordnung dargelegter Aufgaben muss jede Aufsichtsbehörde in ihrem Hoheitsgebiet

a) die Anwendung dieser Verordnung überwachen und durchsetzen;

...

e) auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieser Verordnung zur Verfügung stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten;

f) sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 80 befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist;

...

(2) Jede Aufsichtsbehörde erleichtert das Einreichen von in Absatz 1 Buchstabe f genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(3) Die Erfüllung der Aufgaben jeder Aufsichtsbehörde ist für die betroffene Person und gegebenenfalls für den Datenschutzbeauftragten unentgeltlich.

(4) Bei offenkundig unbegründeten oder - insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung - exzessiven Anfragen kann die Aufsichtsbehörde eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die Aufsichtsbehörde die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

...

Artikel 77

Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde

(1) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.

...“

7 5.3. Art. 57 Abs. 4 DSGVO nennt neben dem Tatbestand der „exzessiven Anfragen“ auch den Tatbestand der „offenkundigen Unbegründetheit“, der im Falle seines Vorliegens die Aufsichtsbehörde berechtigt, eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten zu verlangen oder sich zu weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden.

8Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29. Jänner 2025, Ra 2022/04/0049, zu den notwendigen Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens der offenkundigen Unbegründetheit Folgendes ausgeführt:

„4.4.1. Das Vorliegen einer offenkundigen Unbegründetheit ist aus objektiver Sicht zu beurteilen. An die Annahme der Offenkundigkeit der Unbegründetheit als Ausnahmebestimmung, die die Verpflichtung zum (unentgeltlichen) Tätigwerden der Aufsichtsbehörde betrifft, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Datenschutzbeschwerde ist dann offenkundig unbegründet, wenn bei vernünftiger Betrachtung des Vorbringens keinerlei Erfolgschance für den Einschreiter besteht, mit anderen Worten, wenn die Beschwerde schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann (vgl. wiederum Zavadil in Knyrim, DatKomm Art. 57 Rz. 28). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine offenkundige Unbegründetheit jedenfalls dann angenommen werden kann, wenn eine Beschwerde gar keinen Bezug zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen bzw. Verstößen aufweist, d.h. mit anderen Worten, wenn das Antragsvorbringen in Verbindung mit dem Antragsbegehren ein (Rechtsschutz)Anliegen verfolgt, das dem Regime des Datenschutzes von vornherein nicht unterliegt (vgl. Polenz in Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, DS GVO Art. 57 Rn. 58).

Die rechtliche Beurteilung des Vorliegens einer ‚offenkundigen Unbegründetheit‘ hat damit auf Basis des jeweiligen Vorbringens und des darauf gestützten Begehrens in der Datenschutzbeschwerde zu erfolgen. Die Feststellung des Inhalts des Antragsvorbringens bildet die maßgebliche Sachverhaltsgrundlage für die Rechtsfrage der ‚offenkundigen Unbegründetheit‘.“

9Die Revisionswerberin führte in ihrem Bescheid aus, der Antrag der Beschwerdeführer ziele darauf ab, die Bestimmungen des HeizKG zu umgehen, weil das Ziel der Beschwerde darin bestehe, eine inhaltliche Prüfung und Reduzierungvon Einzelabrechnungen zu erreichen, obwohl das HeizKG für inhaltliche Überprüfungen dieser Abrechnungen ein eigenes Rechtsschutzregime vorsehe. Die Ablehnung der Beschwerde wurde somit auch darauf gestützt, dass diese ausgehend vom Beschwerdevorbringen ein Rechtsschutzziel verfolgt, das gar nicht dem datenschutzrechtlichen Regime unterliegt und daher auch nicht zum Erfolg führen kann.

10 Das Verwaltungsgericht hat die Frage der berechtigten Ablehnung der Behandlung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde ersichtlich nur vor dem Hintergrund des Tatbestandes der Exzessivität geprüft, ohne auf die Frage der offenkundigen Unbegründetheit einzugehen bzw. ohne Feststellungen zu den für diesen Tatbestand maßgeblichen Tatsachen zu treffen, um darauf eine rechtliche Beurteilung zu gründen und seiner wenn auch auf die Frage der Ablehnung der Beschwerde beschränktenEntscheidungspflicht nachzukommen (vgl. zum Prinzip der Amtswegigkeit und meritorischen Entscheidungspflicht VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066 , Pkt. B. 6.2.).

11Da das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, liegt fallbezogen ein sekundärer Feststellungsmangel vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG führen muss.

12In diesem Zusammenhang wird im fortgesetzten Verfahren mit den Beschwerdeführern, ausgehend von ihrem konkreten Antragsbegehren, zu erörtern sein, inwiefern sie sich vor dem Hintergrund der einschlägigen Bestimmungen des HeizKG betreffend die gesetzlich angeordnete Verbrauchsanteilsermittlung in ihren datenschutzrechtlich geschützten Rechten verletzt sehen. Dass die errechnete Höhe der vorgeschriebenen Abrechnung selbst nicht Gegenstand eines datenschutzrechtlichen Antrags sein kann, liegt dabei auf der Hand. Der Revisionswerberin wird in diesem Zusammenhang im Rahmen ihres rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu geben sein, zu allfälligen Argumenten der Beschwerdeführer Stellung zu nehmen.

13 5.4.1.Zur Exzessivität hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Jänner 2025, Ra 2023/04/0002, gestützt auf das Urteil des EuGH vom 9. Jänner 2025, C416/23, zur Frage der Voraussetzungen für eine Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde gemäß Art. 57 Abs. 4 DSGVO zusammengefasst ausgeführt, dass eine Missbrauchsabsicht gemäß Art. 57 Abs. 4 DSGVO dann anzunehmen ist, wenn die entscheidenden Gründe der beschwerdeführenden Partei für die Einbringung einer Vielzahl von Datenschutzbeschwerden nicht in der Verfolgung der ihr aus der DSGVO zukommenden Rechte liegen und die beschwerdeführende Partei ohne diese sachfremden Gründe die Vielzahl an Datenschutzbeschwerden nicht erhoben hätte (vgl. insbes. Ra 2023/04/0002, Rn. 17).

14 Mit anderen Worten ist das Einbringen einer Datenschutzbeschwerde dann missbräuchlich, wenn die beschwerdeführende Partei die Beschwerden zur Erzielung eines nicht durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen geschützten Zwecks (etwa Publicity, Feindseligkeit, Sensationslust) erhebt, insbesondere jedoch dann, wenn der beschwerdeführenden Partei die Unrichtigkeit ihres Rechtsstandpunktes bewusst sein muss, etwa, weil sie dieselbe - oder ähnliche - Beschwerden bereits erfolglos erhoben hat.

15Dies steht auch in Einklang damit, dass Art. 57 Abs. 4 DSGVO laut EuGH die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs widerspiegelt, nach der es im Unionsrecht einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, dem zufolge sich die Bürger nicht in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf unionsrechtliche Normen berufen dürfen. Auch wenn keine geradezu schikanöse Absicht mit einer Antragstellung verbunden ist, kann es nämlich als missbräuchlich angesehen werden, wenn eine Person die Ressourcen der Behörde in Anspruch nimmt, obwohl sich bereits aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, dass mit der betreffenden Eingabe offenkundig andere Ziele verfolgt werden als die Durchsetzung des Schutzes, den die Bestimmungen der DSGVO gewähren (vgl. wiederum VwGH 29.1.2025, Ra 2022/04/0049, Rn. 32, mit Hinweis auf EuGH 9.1.2025, C 416/23, Rn. 49).

16 Die Frage, ob eine Beschwerdeerhebung exzessiv im Sinne des Art. 57 Abs. 4 DSGVO ist, hängt aber entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nichtdavon ab, ob die konkrete Beschwerde zu einer Überlastung der Aufsichtsbehörde führt oder nicht. Weder kann nämlich die Behandlung einer Beschwerde aus einem anderen Grund als dem Vorliegen eines der Tatbestände des Art. 57 Abs. 4 DSGVO abgelehnt werden, noch ist die Aufsichtsbehörde verpflichtet, die Behandlung einer Beschwerde ohne Vorschreibung einer Gebühr in Behandlung zu nehmen, wenn sich diese als im Sinne des Art. 57 Abs. 4 DSGVO in Missbrauchsabsicht eingebracht erweist, weil die missbräuchliche Inanspruchnahme der Ressourcen der Aufsichtsbehörde mit sich bringt, dass die damit gebundenen Kapazitäten der Behörde für andere Rechtsschutzanliegen nicht zur Verfügung stehen (vgl. wiederum VwGH 29.1.2025, Ra 2022/04/0049, Rn. 34). Die Zahl der aktuell anhängigen Beschwerden derselben Beschwerdeführer ist daher entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts, das darauf verweist, die Revisionswerberin habe bereits alle anderen Beschwerden erledigt, sodass diese keine weitere Tätigkeit der Revisionswerberin erforderten und auszuschließen sei, dass beendete Verfahren der Beschwerdeführer zu einer Exzessivität führen könnten irrelevant.

17 5.4.2. Im vorliegenden Fall hat die Revisionswerberin, gestützt auf eine nicht unerhebliche Anzahl von Beschwerden der Beschwerdeführer auf eine Exzessivität im Sinne des Art. 57 Abs. 4 DSGVO geschlossen. Nun ist dem Verwaltungsgericht zwar nach dem oben Gesagten darin zuzustimmen, dass alleine der Verweis auf die Zahl der eingebrachten Beschwerden nicht ausreicht, um die Weigerung, tätig zu werden, zu begründen. Die Revisionswerberin hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer bereits inhaltsgleiche bzw. ähnliche Beschwerden eingebracht hätten und primär auf eine Kostenreduktion abzielten, die auf datenschutzrechtlichem Weg nicht erreicht werden könne. Das Verwaltungsgericht war aufgrund der Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid der Revisionswerberin verpflichtet, über die Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Datenschutzbeschwerde (auch) wegen Vorliegens der Exzessivität gemäß Art. 57 Abs. 4 DSGVO zu entscheiden und falls erforderlichden zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Datenschutzbeschwerde gemäß Art. 57 Abs. 4 DSGVO maßgeblichen Sachverhalt amtswegig selbst zu erheben, sofern nicht die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung vorlagen (siehe zu alldem VwGH 29.1.2025, Ra 2023/04/0002, Rn. 29). Das Verwaltungsgericht hat es jedoch unterlassen, die zur Beurteilung der Exzessivität erforderlichen Feststellungen insbesondere zu den Inhalten der Beschwerden und deren datenschutzrechtlicher Zweckmäßigkeit zu treffen, weshalb auch bezüglich dieses Tatbestandsmerkmals ein sekundärer Feststellungsmangel vorliegt.

18 5.5.Zusammengefasst hat es das Verwaltungsgericht verabsäumt, die im Sinne der obigen Rechtsausführungen notwendigen Feststellungen zu treffen, weshalb sekundäre Feststellungsmängel vorliegen, die zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG führen.

19 5.6.Die jeweiligen Aufwandersatzbegehren der Mitbeteiligten waren abzuweisen, weil anderen Parteien als der revisionswerbenden Partei auch dann, wenn sie beantragen, der Revision stattzugeben, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung kein Kostenersatz zusteht, da ein Beitritt als Streithelfer auf Seiten der revisionswerbenden Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. VwGH 24.2.2022, Ro 2020/05/0030, mwN).

Wien, am 21. August 2025