Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des S in S, vertreten durch Mag. Roland Maier, Rechtsanwalt in 8342 Gnas, Gnas 56/8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 4. Mai 2023, LVwG 30.28 7076/2022 7, betreffend tierschutzrechtliche Übertretungen und Übertretung des Lebensmittelsicherheits und Verbraucherschutzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark; mitbeteiligte Partei: Tierschutzombudsperson Dr. Karoline Schlögl in 8010 Graz, Stempfergasse 7), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
1Aufgrund einer Überprüfung des landwirtschaftlichen Betriebs des Revisionswerbers vom 30. November 2020 wurde gegen ihn ein Verwaltungsstrafverfahren wegen verschiedener tierschutzrechtlicher Übertretungen und einer Übertretung der Rückstandskontrollverordnung 2006 geführt, das letztlich mit einer gänzlichen Verfahrenseinstellung endete (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 2023, Ra 2023/02/0041).
2Am 4. August 2022 fand eine weitere Überprüfung des landwirtschaftlichen Betriebs durch die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark (belangte Behörde) statt. In der Folge erließ die belangte Behörde das Straferkenntnis vom 11. August 2022, mit welchem dem Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer des Betriebs (u.a.) eine Übertretung von § 38 Abs. 3 iVm § 13 Abs. 2 Tierschutzgesetz (TSchG) vorgeworfen wurde. Er habe zum angeführten Zeitpunkt am Tatort Bisons gehalten und nicht dafür gesorgt, dass wie im Einzelnen näher ausgeführt wurdedie bauliche Ausstattung der Unterkünfte der Tiere den Vorgaben des § 13 Abs. 2 TSchG entsprochen habe. Über ihn wurden deshalb gemäß § 38 Abs. 3 TSchG eine Geldstrafe von EUR 1.200, (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage 11 Stunden) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgelegt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Spruchpunkt des Straferkenntnisses nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen diese Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 19. September 2023, E 1813/2023 7, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 In der Folge erhob der Revisionswerber die gegenständliche außerordentliche Revision.
6 In dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte. Ebenso brachte die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung ein, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragte und begehrte, den Revisionswerber schuldig zu erkennen, „den der belangten Behörde entstandenen Schriftsatzaufwand im gesetzlichen Ausmaß zu ersetzen“.
7 Die Revision erweist sich als nicht zulässig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahren zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 30.3.2023, Ra 2023/07/0014, mwN).
12Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe die Abweisung der Beschwerde auf das im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren eingeholte Gutachten gestützt, ohne dies im gegenständlichen Strafverfahren nochmals zu verlesen. Sie macht damit einen Verstoß gegen den in § 48 VwGVG normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz und somit einen Verfahrensmangel geltend, dessen Relevanz im Hinblick auf den Verfahrensausgang aufgezeigt werden muss (vgl. zur erforderlichen Relevanzdarlegung von Verfahrensmängeln in Bezug auf einen geltend gemachten Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz etwa VwGH 3.2.2022, Ra 2020/17/0081, mwN).
13Gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 44 Abs. 5 leg. cit. entfallen ist. Abs. 2 leg. cit. besagt, dass eine Verlesung von Aktenstücken unterbleiben kann, wenn diese Aktenstücke von der Partei, die die Verlesung verlangt, selbst stammen oder wenn es sich um Aktenstücke handelt, die der die Verlesung begehrenden Partei nachweislich zugestellt wurden.
14Im vorliegenden Fall trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht das im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren erstattete Gutachten, auf das die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung abstellt, in der mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren am 6. März 2023 nicht verlesen hat und in der Verhandlungsniederschrift auch kein Verzicht im Sinne des § 48 Abs. 1 VwGVG protokolliert ist. Dem Verwaltungsgericht ist damit zwar ein Verfahrensfehler unterlaufen. Allerdings legt die Revision mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte das angefochtene Erkenntnis „mangels Feststellungsgrundlage nicht fällen [...] dürfen, sondern das Verfahren mit Beschluss einzustellen gehabt“ nicht einmal im Ansatz dar, welcher Sachverhalt, der zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis führen hätte können, bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers festzustellen gewesen wäre. Zudem kann ausgeschlossen werden, dass dem Revisionswerber das betreffende Gutachten nicht zugekommen oder ihm der Inhalt dieses Gutachtens unbekannt gewesen sei, war er ausweislich des Akteninhaltes doch selbst Partei im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren und in der Tagsatzung am 19. Juli 2022, in der das Gutachten erörtert wurde, anwesend.
15Mit dem in Bezug auf § 48 VwGVG erstatteten Zulässigkeitsvorbringen zeigt die Revision daher keine Rechtsfrage des Verfahrensrechts von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf.
16Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 BVG als zulässig darstellt, nicht einzugehen (vgl. etwa VwGH 4.7.2023, Ra 2022/07/0045, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
18Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
19Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat den Revisionsausführungen bezüglich der Frage des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lediglich eine Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs unter Punkt „I. Sachverhaltsdarstellung“ entgegengehalten und ohne nähere Begründung vorgebracht, es erweise „sich somit das gesamte Revisionsvorbringen als unbegründet [...] und [sei] nach Auffassung der belangten Behörde das in Revision gezogene Erkenntnis nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet“. Mangels Auseinandersetzung mit der Revision steht der beantragte Schriftsatzaufwand nicht zu (vgl. VwGH 15.2.2024, Ra 2023/02/0226, mwN).
Wien, am 16. Jänner 2025