Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Andrés, über die Revision des H, vertreten durch die Schärmer + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 18. Juli 2025, E 003/07/2024.051/015, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde wurden dem Revisionswerber als verantwortlichem Beauftragten der K GmbH, die Masseverwalterin der H. GmbH sei, welche wiederum Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ sei, zur Last gelegt, nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass dieses KFZ den Vorschriften des KFG entsprochen habe. Mit Spruchpunkt 1. dieses Straferkenntnisses wurde dem Revisionswerber konkret angelastet, dass das KFZ zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort gelenkt worden sei, wobei festgestellt worden sei, dass beim Fahrzeug, welches von der Verpflichtung des § 102 Abs. 8a KFG und § 102 Abs. 9 KFG erfasst sei, während des Zeitraumes von jeweils 1. November bis 15. April die erforderlichen Winterreifen und Schneeketten nicht bereitgestellt worden seien, weil die Laufflächen des inneren und des äußeren Zwillingsreifens an der 2. Achse links übermäßig stark verschlissen bzw. abgefahren gewesen seien und die Restprofiltiefe dadurch stellenweise 3,0 mm betragen und daher keine vorschriftsmäßige Winterbereifung bestanden habe. Weiters sei festgestellt worden, dass dies auch die Laufflächen des inneren und des äußeren Zwillingsreifens an der 2. Achse rechts betreffe, weil diese Laufflächen übermäßig stark verschlissen bzw. abgefahren gewesen seien und die Restprofiltiefe dadurch stellenweise 2,8 mm betragen und daher keine vorschriftsmäßige Winterbereifung bestanden habe.
2 Mit Spruchpunkt 3. dieses Straferkenntnisses wurde dem Revisionswerber konkret angelastet, dass das KFZ zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort gelenkt worden sei, wobei festgestellt worden sei, dass beim Sattelanhänger die Reifen an der 1. Achse links und rechts verwendet worden seien, obwohl diese eine gefährlich stark verschlissene bzw. abgefahrene Lauffläche um den gesamten Umfang gehabt hätten. Die Restprofiltiefe habe großflächig 1,3 mm (links) bzw. 1,2 mm (rechts) betragen. Die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen, sei jedoch verboten.
3Der Revisionswerber habe zu 1. § 103 Abs. 1 Z 2 lit. e KFG sowie zu 3. §§ 103 Abs. 1 Z 1 i.V.m. 7 Abs. 1 KFG und § 4 Abs. 4 Schlusssatz KDV 1967 verletzt, weshalb über ihn zwei Geld bzw. Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 134 Abs. 1 Z 1 bzw. 2 KFG verhängt wurden.
4 Die vom Revisionswerber gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Burgenland (Verwaltungsgericht) in Bezug auf die Spruchpunkte 1. und 3. des Straferkenntnisses abgewiesen und dem Revisionswerber diesbezüglich ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
5 Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, die K GmbH sei mit Beschluss des LG Eisenstadt zur Insolvenzverwalterin der H. GmbH bestellt worden und habe den Revisionswerber mit Vereinbarung vom 5. September 2023 zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG, insbesondere für die Einhaltung der Bestimmungen des KFG, hinsichtlich der Kraftfahrzeuge der H. GmbH als Zulassungsbesitzerin, bestellt, wovon auch der LKW (Sattelzugfahrzeug, Fahrzeugklasse: N3) mit dem behördlichen Kennzeichen X und der Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen Y betroffen seien.
6 Der Revisionswerber sei selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer und Alleingesellschafter der H. GmbH und habe der genannten Bestellung durch die Insolvenzverwalterin ausdrücklich zugestimmt. An einem bestimmten Tag sei der zuvor angeführte Sattelzug, der von P. gelenkt worden sei, einer Verkehrskontrolle sowie einer technischen Fahrzeugkontrolle durch den speziell ausgebildeten Polizisten E. von der Landesverkehrsabteilung Burgenland und einem KFZ Sachverständigen der ASFINAG unterzogen worden, wobei die dem Revisionswerber im Straferkenntnis angelasteten Mängel im Rahmen einer Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG festgestellt und in den beiden Gutachten vom selben Tag entsprechend schriftlich und auch mittels Fotos dokumentiert worden seien. Dabei habe der KFZ Sachverständige zu den angelasteten Übertretungen in den vier Spruchpunkten angemerkt, dass diese in den Verantwortungsbereich des Zulassungsbesitzers und damit des Revisionswerbers fielen, wobei die in den Spruchpunkten 1. und 3. angelasteten Mängel, die mit einer professionellen Profiltiefenlehre (Hersteller: Käfer, Seriennummer: X) festgestellt bzw. gemessen worden seien, auch für den Lenker erkennbar gewesen seien. In diesen Gutachten sei angeführt, dass es sich bei dem in Spruchpunkt 1. angeführten Mangel um einen „Vorschriftsmangel“ und bei dem in Spruchpunkt 3. angeführten Mangel um einen Mangel „mit Gefahr im Verzug“ handle. Aufgrund der festgestellten Mängel seien in Anwesenheit des Lenkers die Kennzeichentafeln des Sattelanhängers wegen mangelnder Verkehrs und Betriebssicherheit gemäß § 57 Abs. 8 KFG abgenommen worden und es sei dem Lenker bis zum erfolgten Tausch der Reifen um 16 Uhr die Weiterfahrt vor Wiedererlangung der Kennzeichentafeln untersagt worden.
7 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf die eingeholten Gutachten, Stellungnahmen, die Anzeige, das Vorbringen des Revisionswerbers sowie die Ausführungen des Sachverständigen der ASFINAG und die dienstlichen Wahrnehmungen des Polizisten E. Es stehe für das Verwaltungsgericht fest, dass aufgrund der von den vorliegenden Mängeln angefertigten Lichtbildern sowie der Messung der beanstandeten Reifen mit einer professionellen Reifenprofiltiefe Messuhr in einer für ein Verwaltungsstrafverfahren hin und ausreichenden Weise vom genannten Prüfleiter sowie einem fachspezifisch ausgebildeten Verkehrspolizisten in einer objektiv nachvollziehbaren Weise festgestellt worden sei, dass die in den Spruchpunkten 1. und 3. angeführten Reifen derart verschlissen bzw. abgefahren gewesen seien, dass sie nicht mehr den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entsprochen hätten. Die in den Spruchpunkten 1. und 3. festgestellten Mängel seien schon „mit bloßem freien Auge“ erkenn und sichtbar gewesen. Sowohl dem Prüfleiter der ASFINAG als auch dem Zeugen E. von der Landesverkehrsabteilung könne aufgrund ihrer fachspezifischen Ausbildung und ihrer entsprechenden langjährigen Erfahrung ohne weiteres zugesonnen werden, dass sie die in den Spruchpunkten 1. und 3. angelasteten Mängel auf adäquate Weise festgestellt hätten.
8 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der rechtlichen Bestimmungen aus, der Revisionswerber sei aus näher dargestellten Erwägungen zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden; wie aus den Lichtbildern eindeutig erkennbar sei, seien die Laufflächen aller an der Antriebsachse beanstandeten Reifen optisch und ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel erkennbar gewesen. Der Revisionswerber habe die objektiven Tatbestände der angelasteten Übertretungen verwirklicht; diese seien ihm auch subjektiv vorwerfbar. Zuletzt begründete das Verwaltungsgericht seine Strafzumessung.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 BVG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht habe Beweisanträge zu Unrecht übergangen, weil das Verwaltungsgericht auf sie gar nicht näher eingegangen sei; er habe einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Der Revisionswerber habe sich gegen die Verwertung des ASFINAG Gutachtens ausgesprochen und beantragt, bekannt zu geben, welche Messungen durchgeführt worden seien. Es hätte eine Befundaufnahme in Gegenwart des Rechtsvertreters stattfinden müssen. Eine schriftliche Stellungnahme vermöge dies nicht zu ersetzen. Der Sachverständige hätte an der Verhandlung teilnehmen müssen. Die angelasteten Mängel seien nicht vorgelegen.
13Rechtsfragen des Verfahrensrechtes sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 16.10.2024, Ra 2022/02/0005, mwN).
14 Darüber hinaus setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für die revisionswerbenden Parteien günstigerenSachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 22.1.2025, Ra 2024/02/0242, mwN).
15 Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen, das sich nicht damit auseinandersetzt, dass sich das Verwaltungsgericht für seine Feststellungen zum Zustand der Reifen tragend auch auf die bei der Kontrolle angefertigten Lichtbilder und die Angaben des Zeugen E. gestützt hat, die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht auf. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt insofern daher nicht vor.
16Weiters bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, es liege eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes im Sinne des § 48 VwGVG vor. Das Beweismittel betreffe eine entscheidungswesentliche Tatfrage, nämlich die Art der Durchführung der Messung der Profiltiefe. Ein entscheidungswesentliches Gutachten, das ohne Einvernahme des Sachverständigen lediglich verlesen werde, könne zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof führen.
17Mit der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den in § 48 VwGVG normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht, dessen Relevanz aufgezeigt werden muss (vgl. zur erforderlichen Relevanzdarlegung von Verfahrensmängeln in Bezug auf einen geltend gemachten Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz etwa VwGH 16.1.2025, Ra 2023/02/0236, mwN).
18 Eine solche Relevanz wird vom Revisionswerber diesbezüglich im Zulässigkeitsvorbringen der Revision jedoch nicht aufgezeigt.
19Zuletzt bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vor, es liege ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG vor. Der Revisionswerber habe ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten würden. § 102 Abs. 8a 1. Satz KFG enthalte das Tatbestandsmerkmal der „Antriebsachse“; lediglich dort seien Winterreifen anzubringen. Im Spruch finde sich keine Feststellung, dass die 2. Achse links des Sattelzugfahrzeuges eine Antriebsachse sei. Überdies fehlten Feststellungen zur verwendeten Messvorrichtung und zu den Stellen, an denen die Profiltiefe jeweils gemessen worden sei.
20 Gemäß § 103 Abs. 1 Z 2 lit. e KFG hat der Zulassungsbesitzer bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, dass für Fahrten bei den von der Verpflichtung des § 102 Abs. 8a erster Satz KFG und § 102 Abs. 9 KFG erfassten Fahrzeugen während des Zeitraumes von jeweils 1. November bis 15. April die erforderlichen Winterreifen und Schneeketten bereitgestellt sind.
21Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zur Erfüllung dieses Erfordernisses darauf an, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass dieser in die Lage versetzt ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatortund Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. etwa VwGH 17.9.2024, Ra 2024/02/0159, mwN).
22 Der Revisionswerber vermag mit seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass im vorliegenden Fall eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat im Spruch des Straferkenntnisses dazu geeignet wäre, ihn der Gefahr einer Doppelbestrafung auszusetzen oder ihn in seinen Verteidigungsrechten zu beschränken; dem Revisionswerber wurde angelastet, auf welcher Achse er nicht für eine ausreichende Bereifung gesorgt hatte. Es konnte ihm als Beschuldigten daher nicht zweifelhaft sein, welche konkrete Tat ihm vorgeworfen wurde (vgl. zur ausreichenden Anlastung der Mindestprofiltiefe bei Anführung des verwendeten KFZ im Spruch: VwGH 14.5.1997, 95/03/0083).
23 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. Oktober 2025