JudikaturVwGH

Ra 2024/02/0037 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des R in S, vertreten durch Mag. Siegfried Gruber, Rechtsanwalt in 3353 Seitenstetten, Schulgasse 2, gegen das am 5. Oktober 2023 mündlich verkündete und am 19. Dezember 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG S 1928/001 2023, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 6. Juli 2023 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sich am 15. Mai 2023 um 00:05 Uhr an einem näher angegebenen Ort im Gemeindegebiet S geweigert, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Über den Revisionswerber wurden wegen Verletzung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z 1 StVO eine Geldstrafe von € 1.900,(Ersatzfreiheitsstrafe: 382 Stunden) verhängt und ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht stellte im Wesentlichen fest, der Revisionswerber habe am 15. Mai 2023 gegen 00:03 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug auf einem näher bezeichneten Güterweg gelenkt. Dabei sei er von einer Streife der zwei einschreitenden Beamten der Polizeiinspektion S wahrgenommen worden, die sich zu einer Lenker und Fahrzeugkontrolle entschlossen hätten, weil der Revisionswerber im Moment ihres Ansichtigwerdens angehalten habe. Nachdem sie gewendet seien, habe der Revisionswerber sein Fahrzeug am Polizeifahrzeug vorbei gelenkt, aufgrund dessen die Beamten wieder hätten wenden müssen und die Verfolgung des Revisionswerbers mit Blaulicht und Lichthupe aufgenommen hätten. Der Revisionswerber habe sein Fahrzeug sodann bis zu seiner Hauszufahrt gelenkt und sei ebenso wie die beiden unmittelbar hinter ihm befindlichen Beamten ausgestiegen. Zunächst habe um 00:05 Uhr einer der einschreitenden Beamten, RI B., den Revisionswerber aufgefordert, sich einem Alkotest zu unterziehen, weil beide einschreitenden Beamten aufgrund der Gesamtsituation und der Tatsache, dass ein „wankender, jedenfalls sichtlich auffälliger Gang“ beim Revisionswerber festzustellen gewesen sei, von einer Alkoholisierung ausgegangen seien. Der Revisionswerber sei jedoch wortlos zu seiner Haustür und weiter in das Haus gegangen, womit er der Aufforderung, die für ihn verständlich gewesen sei, keine Folge geleistet habe. Auch einer weiteren Aufforderung zur Ablegung eines Alkotestes durch beide Polizeibeamte sei er nicht nachgekommen.

4 Das Verwaltungsgericht legte seine beweiswürdigenden Erwägungen offen, wobei es sich insbesondere auf die als glaubhaft erachteten Aussagen der zwei in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommenen amtshandelnden Polizeibeamten stützte. Die Feststellungen zum Gangbild des Revisionswerbers zur Tatzeit stützte das Verwaltungsgericht auf die Zeugenaussage von RI B.

5 Nach Darstellung der einschlägigen Rechtslage und näher genannter hg. Judikatur erwog das Verwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen, es ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Revisionswerber das angeführte Fahrzeug im konkreten Fall gelenkt habe. Dies sei vom Revisionswerber auch nicht bestritten worden. Unter Berücksichtigung des schwankenden Gangs und „sonstige[n] Verhalten[s]“ des Revisionswerbers (seltsames Anhalten auf dem Güterweg, dem Weiterfahren nach dem Wenden der Zeugen, der Missachtung der eindeutigen Anhaltezeichen und dem schnellen Verschwinden im Haus) ergebe sich zudem, dass gegen ihn ein begründeter Verdacht eines durch Alkohol beeinträchtigten Zustands bestanden habe. Der Revisionswerber sei daher verpflichtet gewesen, der an ihn ergangenen und von ihm auch verstandenen Aufforderung zur Ablegung einer Atemluftuntersuchung Folge zu leisten. Dieser Verpflichtung sei der Revisionswerber durch Weggehen und Betreten seines Hauses nach erfolgter Aufforderung zur Durchführung eines Alkotestes nicht nachgekommen. Es stehe sohin fest, dass er das objektive Tatbild der ihm zur Last gelegten Tat erfüllt habe. Zur subjektiven Tatseite führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber sei sein widerrechtliches Handeln vollends bewusst gewesen, sodass von einem vorsätzlichen, zumindest aber von einem grob fahrlässigen Handeln auszugehen sei. Zuletzt erläuterte das Verwaltungsgericht seine Strafbemessung und die Kostenentscheidung.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung wird geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „a) ob Personenidentität des Straßenaufsichtsorganes bestehen muss in der Wahrnehmung eines Alkoholisierungssymptoms und der unmittelbar darauffolgenden Aufforderung einen Alkotest zu machen“. Weiters bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „b) ob das ‚Anhalten [eines] Fahrzeuges auf einem Güterweg, während ein Polizeifahrzeug auf der Vorrangstraße vorbeifährt‘ oder das ‚Marschieren flotten Schrittes Richtung Haustür‘ oder ‚ein bewusst schneller Gang‘ ein Alkoholisierungssymptom darstellen“ würden.

11 Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

12 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 Z 1 StVO, dass der bloße Verdacht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, ausreicht. Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen.

13 Hinsichtlich der Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO kommt es insbesondere darauf an, dass die einschreitenden Beamten im Zeitpunkt der von ihnen durchgeführten Amtshandlung auf Grund der näheren Tatumstände den begründeten Verdacht hatten, dass der Beschuldigte in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe (vgl. etwa VwGH 14.12.2012, 2011/02/0046, mwN).

14 Im vorliegenden Fall bestreitet die Revision nicht, dass der Revisionswerber zur Tatzeit ein Fahrzeug gelenkt habe. Auch bestreitet die Revision nicht, dass zunächst einer der amtshandelnden Polizeibeamten, schlussendlich beide amtshandelnden Polizeibeamte aufgrund ihrer jeweils eigenen Wahrnehmungen zum Gesamtverhalten des Revisionswerbers diesen aufforderten, sich einem Alkotest zu unterziehen. Die beiden einschreitenden Beamten waren sohin gleichermaßen an der zur Aufforderung des Alkotestes führenden Amtshandlung beteiligt, sodass ohnedies Personenidentität im Sinne des Zulässigkeitsvorbringens vorgelegen ist und der Klärung der zu a) oben formulierten Frage nur theoretische Bedeutung zukommt.

15 Soweit der Revisionswerber die zu b) oben formulierte Frage, ob sein konkretes Verhalten einen Verdacht im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 StVO begründet hat, nämlich ob er sein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, als grundsätzlich im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B VG ansieht, ist er darauf zu verweisen, dass es sich hier um eine Beurteilung im Einzelfall handelt, die vom jeweils festgestellten Sachverhalt abhängt und keine darüber hinausgehende Bedeutung hat. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung was vorliegend nicht zutrifftin einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 13.12.2016, Ra 2016/02/0243 sowie aus jüngerer Zeit VwGH 6.4.2022, Ra 2021/02/0200, mwN).

16 Das Verwaltungsgericht hat in schlüssiger Beweiswürdigung dargestellt, dass der Revisionswerber das Fahrzeug unmittelbar vor der Amtshandlung zunächst über einen Güterweg gelenkt und gewendet habe und in weiterer Folge bis zu seiner Hauszufahrt gefahren sei, obwohl ihn die einschreitenden Polizeibeamten mit Blaulicht und Lichthupe verfolgten sowie, er in der Folge wankend, mit einem „jedenfalls sichtlich auffällige[n] Gang“, in Richtung seiner Haustür gegangen sei. Dies wird von der Revision nicht bestritten. Unter Berücksichtigung der hg. Judikatur, wonach bereits das Vorliegen eines Symptoms, das für eine Alkoholbeeinträchtigung typisch ist, genügt (vgl. dazu VwGH 12.12.2001, 2000/03/0111, mwN) und ein schwankender Gang als solch typisches Symptom, das eine Beeinträchtigung durch Alkohol zu Recht vermuten lässt, erkannt wurde (vgl. dazu VwGH 25.3.1992, 91/03/0038), kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es auf der Grundlage des von ihm festgestellten und unbestritten gebliebenen Sachverhalts zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das (Gesamt ) Verhalten des Revisionswerbers einen Verdacht im Sinne von § 5 Abs. 2 Z 1 StVO begründet hat.

17Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 BVG als zulässig darstellt, nicht einzugehen (vgl. etwa VwGH 16.1.2025, Ra 2023/02/0236, mwN).

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

19Bei diesem Ergebnis erübrigte sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf das Fehlen eines Revisionspunktes (vgl. VwGH 2.9.2024, Ra 2024/02/0169, mwN).

Wien, am 27. Mai 2025