JudikaturVwGH

Ra 2017/19/0113 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision des K Z in I, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. März 2017, W191 2142019-2/3E, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 18. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Sein Asylverfahren wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24. Juli 2015 gemäß § 28 Abs. 1 AsylG 2005 durch Aushändigung einer "Aufenthaltsberechtigungskarte weiß (§ 51 AsylG)" zugelassen.

2 Im Rahmen seiner Vernehmung wurde der Revisionswerber am 17. August 2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (ua.) "auf die Existenz der Rechtsberaterinnen des Vereins Menschenrechte und die Möglichkeit(,) diese in Angelegenheiten (sein)es Asylverfahrens in Anspruch zu nehmen(,) aufmerksam gemacht".

3 Mit Bescheid vom 16. November 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005) als auch des subsidiär Schutzberechtigten (gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005) ab. Unter einem sprach es aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Weiters erließ die Behörde gegen den Revisionswerber gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Verwaltungsbehörde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Zudem richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an den Revisionswerber die Verfahrensanordnung vom 17. November 2016, die folgenden Text enthielt:

"Gem § 52 Abs 1 BFA-VG wird Ihnen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass Ihnen für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die juristische Person

Verein (Name und Kontaktdaten des Vereins) als Rechtsberater/Vertreter amtswegig zur Seite gestellt

wird. Für eine allfällige Beschwerdeerhebung setzen Sie sich bitte aufgrund der laufenden Rechtsmittelfrist unverzüglich mit Ihrem Rechtsberater in Verbindung."

5 Eine Ausfertigung dieser Verfahrensanordnung wurde noch am 17. November 2016 auch dem in der Verfahrensanordnung genannten Verein Menschenrechte Österreich (im Weiteren kurz: Verein M Ö) übermittelt.

6 Mit einer weiteren Verfahrensanordnung vom 17. November 2016 wurde der Revisionswerber davon in Kenntnis gesetzt, dass er - infolge der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung - gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, bis zum 30. November 2016 ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Als jene Organisation, die ihn über die Perspektiven einer freiwilligen Rückkehr während und nach Abschluss des Verfahrens beraten und unterstützen könne, wurde wiederum der Verein M Ö bekanntgegeben. Von der Erlassung dieser Verfahrensanordnung und der darin erwähnten Verpflichtung, eine Rückkehrberatung in Anspruch nehmen zu müssen, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gleichfalls diesen Verein.

7 Der Revisionswerber erhob in der Folge Beschwerde gegen den Bescheid vom 16. November 2016. In der Beschwerde wird (ua.) angeführt, dass der Revisionswerber vom Verein M Ö vertreten werde. Eine vom Revisionswerber an den Verein M Ö erteilte Vollmacht lag der Beschwerde bei. Unterzeichnet wurde die Beschwerde von der Mitarbeiterin des Vereins Mag. S D.

8 Nach Vorlage der Beschwerde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gewährte das Bundesverwaltungsgericht dem Revisionswerber mit Schreiben vom 10. Jänner 2017 Parteiengehör. Es brachte ihm zur Kenntnis, dass es - aufgrund näher dargestellter Umstände - davon ausgehe, die Beschwerde sei verspätet erhoben worden.

9 Daraufhin stellte der Revisionswerber, wiederum vertreten durch den Verein M Ö, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Beschwerdefrist und holte gleichzeitig die versäumte Handlung nach. Er machte geltend, die "zuständige Rechtsberaterin" habe wegen "Arbeitsaufwand, den Urlaubszeiten und als Folge der Überlastung" übersehen, dass eine "Zustellung durch Hinterlegung" vorgelegen sei, und den Tag, an dem der Revisionswerber das hinterlegte Schriftstück abgeholt habe, als Tag der Zustellung "genommen". Es liege "aufgrund des Versehens und des Zusammenspiels mehrerer erschwerender Faktoren" lediglich ein "Versehen, das aus Sicht eines Durchschnittsmenschen" jedem passieren könne, vor. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 brachte der Revisionswerber - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - ergänzend vor, an Rechtsberatungsorganisationen dürfe nicht der gleiche Maßstab angelegt werden wie an Rechtsanwälte. Der Verein M Ö sei dem Revisionswerber "als Rechtsberater" beigegeben worden. Aufgrund der dann erfolgten Bevollmächtigung habe der Revisionswerber davon ausgehen dürfen, dass die "für ihn so wichtige Beschwerde fristgerecht und ordnungsgemäß eingebracht" werde. Im Übrigen sei dem Revisionswerber das "Verschulden des Bevollmächtigten und Vertreters" gar nicht zurechenbar. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil ein "Vertretungsverhältnis sui generis" vorliege. Grundlage dafür sei nämlich die Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die ihrerseits auf § 52 Abs. 1 BFA-VG beruhe.

10 In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich ferner ein mit "Niederlegung der Vollmacht" bezeichnetes - und vom Revisionswerber unterfertigtes - Schriftstück vom 3. Februar 2017, in dem ausgeführt wird, dass der "Verein M(...) Ö(...), vertreten durch Vorsitzenden G(...) E(...), dieser vertreten durch Rechtsberater/in Mag. S(...) D(...)" die durch den Revisionswerber erteilte Vollmacht niederlege und das Vollmachtsverhältnis beendet sei.

11 Mit Beschluss vom 6. März 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als unzulässig zurück (Spruchpunkt A.I.). Den Wiedereinsetzungsantrag wies das Verwaltungsgericht gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet ab (Spruchpunkt A.II.). Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

12 In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung eine Vergleichbarkeit der Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts mit jenen einer Rechtsberatungsorganisation grundsätzlich nicht abgelehnt. Nur für den Fall, dass der Rechtsberater vom Asylwerber nicht bevollmächtigt wäre, sei eine Anwendung des vom Rechtsanwalt geforderten Sorgfaltsmaßstabes auf die Rechtsberatungsorganisation nicht zulässig. Im vorliegenden Fall habe der Revisionswerber aber "seinen Rechtsberater" mit seiner Vertretung beauftragt. Bei "einer Rechtsberatungsorganisation" handle es sich um eine im Gesetz vorgesehene "spezielle Einrichtung, die vielfach" Personen mit juristischer Ausbildung beschäftige und im asylrechtlichen und fremdenrechtlichen Bereich sogar über "Spezialkompetenz" verfüge. Dazu komme, dass der hier vorliegende Fehler "eine grundlegende Thematik des Zustellrechts" betreffe. Da dem Revisionswerber das Fehlverhalten seines Vertreters zuzurechnen sei und nicht von einem bloß geringfügigen Versehen gesprochen werden könne, sei der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen. Die Beschwerde erweise sich wegen Nichteinhalten der Beschwerdefrist als verspätet. Die Revision sei nicht zulässig, weil die zu früheren Rechtslagen ergangene Judikatur, von der nicht abgewichen werde, auf die inhaltlich "weitestgehend" gleichlautende aktuelle Rechtslage unverändert zu übertragen sei.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ausdrücklich nur gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages gerichtete außerordentliche Revision nach Vorlage der Verfahrensakten und Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:

14 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob "jene strengen rechtlichen Regelungen", die in der bisherigen Rechtsprechung für die Zurechnung des Handelns bevollmächtigter Vertreter an den Vertretenen entwickelt wurden, auch im Verhältnis zwischen einem Asylwerber und einem Rechtsberater anzuwenden seien. Es handle sich bei einem nach § 52 Abs. 2 BFA-VG über Ersuchen des Asylwerbers zustande gekommenen Vertretungsverhältnis um ein "Vertretungsverhältnis sui generis". Ein solches sei anders zu bewerten, weil der Asylwerber in aller Regel nicht in der Lage sei, sich durch einen "frei gewählten, zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Rechtsvertreter (Rechtsanwalt) vertreten zu lassen". Ein Asylwerber habe daher "gar keine andere Option als die Inanspruchnahme der in § 52 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG vorgesehenen Rechtsberatungs- und Rechtsvertretungsmöglichkeit". Dann aber sei das Verschulden des die Vertretung übernehmenden Rechtsberaters nicht dem Revisionswerber zuzurechnen. Daran ändere auch die vom Revisionswerber unterfertigte Vollmacht nichts, weil damit nur das Ersuchen des Revisionswerbers um Vertretung im Sinn des § 52 Abs. 2 BFA-VG schriftlich bestätigt worden sei. Es handle sich keinesfalls um eine "reguläre, gewöhnliche Bevollmächtigung".

15 Die Revision erweist sich - zur Klärung der von ihr angesprochenen Rechtsfrage - als zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

16 § 33 Abs. 1 VwGVG (samt Überschrift) lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

§ 10 (samt Überschrift) und § 12 AVG sehen vor:

"Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

(5) Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen.

(6) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, dass der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt."

"§ 12. Die Vorschriften dieses Bundesgesetzes über die Beteiligten sind auch auf deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte zu beziehen."

Die die Rechtsberatung regelnden §§ 48 bis 52a BFA-VG (jeweils samt Überschrift) haben folgenden Wortlaut:

"Anforderungsprofil für Rechtsberater und juristische Personen

§ 48. (1) Rechtsberater haben nachzuweisen:

1. den erfolgreichen Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums,

2. den erfolgreichen Abschluss eines Studiums mit vierjähriger Mindestdauer, einschließlich einer dreijährigen durchgehenden Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechtes oder

3. eine mindestens fünfjährige durchgehende Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechtes.

(2) Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und sind in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

(3) Ein Rechtsberater hat während der Dauer seines Vertragsverhältnisses Gewähr für seine Verlässlichkeit zu bieten und sich jeglichen Verhaltens zu enthalten, das geeignet ist

(4) Die Auswahl der Rechtsberater gemäß §§ 49 bis 51 obliegt dem Bundesminister für Inneres, die Auswahl der Rechtsberater gemäß § 52 obliegt dem Bundeskanzler.

(5) Die Dauer des jeweiligen Rechtsberatungsverhältnisses richtet sich nach dem mit dem Bundesminister für Inneres oder dem Bundeskanzler abzuschließenden Vertrag. Eine Wiederbestellung als Rechtsberater begründet kein unbefristetes Vertragsverhältnis. Begeht ein Rechtsberater wiederholt und beharrlich Verletzungen seiner Pflichten, kann sein Vertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt werden.

(6) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können auch jeweils juristische Personen mit der Besorgung der Rechtsberatung gemäß §§ 49 bis 52 betrauen.

(7) Die Betrauung ist nur zulässig, wenn die juristische Person insbesondere

1. über eine ausreichende Anzahl an Rechtsberatern zur flächendeckenden Rechtsberatung im Bundesgebiet verfügt,

2. auf eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern zur Unterstützung der Rechtsberatung zugreifen kann,

3. regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen für die von ihr beschäftigten Rechtsberater gewährleistet,

4. über die notwendigen Geld- und Sachmittel verfügt, die eine flächendeckende Rechtsberatung und Dolmetschleistung im Bundesgebiet sicherstellen und

5. über die organisatorischen Möglichkeiten verfügt, die notwendig sind, ein Rechtsberatungssystem zu administrieren.

Bei der Betrauung ist darauf zu achten, dass auszuwählende juristische Personen für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben Gewähr bieten, insbesondere auf Grund ihrer entsprechenden Tätigkeitsfelder sowie ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

(8) Die juristische Person hat nur solche Rechtsberater zu beschäftigen, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 2 und 3 erfüllen und ist ihre Anstellung unverzüglich an die, die juristische Person betrauende Stelle zu melden.

(9) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können die Betrauung einzelner juristischer Personen mit sofortiger Wirkung aufheben und die damit erteilten Befugnisse widerrufen, wenn die juristische Person eine Voraussetzung gemäß Abs. 7 nicht mehr erfüllt oder ein von ihr mit der Durchführung der Rechtsberatung oder beratenden Unterstützung Beauftragter wiederholte und beharrliche Pflichtverletzungen begeht. In diesen Fällen stehen der juristischen Person keinerlei Ansprüche gegen den Bund zu, die über die Entschädigung für abgeschlossene Beratungen hinausgehen.

Rechtsberatung im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt

§ 49. (1) Im Zulassungsverfahren ist einem Asylwerber kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen.

(2) Rechtsberater haben Asylwerber vor jeder einer Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 3 bis 6 AsylG 2005 folgenden Einvernahme im Zulassungsverfahren über ihr Asylverfahren und ihre Aussichten auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zu beraten; ihnen sind zu diesem Zweck bei Bedarf vom Bundesamt Dolmetscher beizugeben und das bisherige Ermittlungsergebnis im gesamten Umfang zur Verfügung zu stellen. Rechtsberater sind verpflichtet, an allen Einvernahmen zur Wahrung des Parteiengehörs im Zulassungsverfahren teilzunehmen.

(3) Bei unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern hat der Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter im Zulassungsverfahren bei jeder Befragung und bei jeder Einvernahme teilzunehmen.

(4) Das Bundesamt legt für jede Erstaufnahmestelle die Zuständigkeit der Rechtsberater je nach Einbringung des Antrages fest. Die Übertragung der Aufgaben an einen anderen Rechtsberater kann im Einzelfall und nur mit Zustimmung dieses Beraters erfolgen. Ist eine juristische Person mit der Besorgung der Rechtsberatung im Zulassungsverfahren betraut, haben das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des § 10 Abs. 3, 5 und 6 und das Bundesamt, auch wenn dem Rechtsberater zuzustellen ist, lediglich der juristischen Person zuzustellen.

(5) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung im Zulassungsverfahren betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

Beratende Unterstützung für Asylwerber im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt

§ 50. (1) Im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt kann eine beratende Unterstützung eingerichtet werden. Die dort tätigen Rechtsberater unterstützen und beraten kostenlos Asylwerber im zugelassenen Verfahren nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers und gegebenenfalls bei der Leistung von Rückkehrberatung. Auf eine beratende Unterstützung besteht kein Rechtsanspruch.

(2) Die Auswahl und Bestellung der Rechtsberater für die jeweilige Regionaldirektion obliegt dem Bundesminister für Inneres; in der Bestellung ist auch die Anzahl der zu leistenden Beratungsstunden zu bestimmen.

(3) Die Rechtsberatung hat nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten und nur in den Amtsstunden des Bundesamtes zu erfolgen.

(4) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der beratenden Unterstützung im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die beratende Unterstützung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

(5) Die Rechtsberater haben monatlich dem Direktor des Bundesamtes über die Art und Dauer der durchgeführten Beratungen zu berichten.

Sonstige Rechtsberatung

§ 51. (1) Wird ein Fremder auf Grund eines Festnahmeauftrages gemäß §§ 34 Abs. 3 Z 1 iVm 40 Abs. 1 Z 1 festgenommen, ist diesem kostenlos ein Rechtsberater amtswegig vor der Behörde zur Seite zu stellen.

(2) Rechtsberater haben den festgenommenen Fremden zu beraten sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers zu unterstützen. Rechtsberater sind berechtigt und auf Verlangen des Fremden verpflichtet, an allen Verfahrenshandlungen, die der Wahrung des Parteiengehörs dienen, teilzunehmen und haben an der Führung des Verfahrens so mitzuwirken, dass es zu keiner unnötigen Verzögerung kommt. § 7 AVG gilt.

(3) Wird der Fremde in Straf- oder Untersuchungshaft angehalten, so hat die Rechtsberatung am Aufenthaltsort des Fremden stattzufinden.

(4) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht

§ 52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.

(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe

§ 52a. (1) Einem Fremden kann in jedem Stadium seines Verfahrens Rückkehrberatung gewährt werden. Die Rückkehrberatung umfasst die Abklärung der Perspektiven während und nach Abschluss des Verfahrens. Die Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls die notwendigen Kosten der Rückreise (§ 12 Abs. 2 GVG-B 2005).

(2) Wird gegen einen Fremden eine Rückkehrentscheidung erlassen oder einem Asylwerber eine Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 ausgefolgt, ist dieser verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen, sofern dies nicht bereits einmal in diesem Verfahren erfolgt ist. In einem Verfahren nach § 27a AsylG 2005 kann eine Rückkehrberatung bereits in einem früheren Verfahrensstadium mit Verfahrensanordnung angeordnet werden.

(3) Die zuständige Rückkehrberatungsstelle hat auf Nachfrage dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht darüber Auskunft zu geben, ob und mit welchem Ergebnis ein Rückkehrberatungsgespräch stattgefunden hat.

(4) Entschließt sich der Fremde dazu, die ihm angebotene Rückkehrhilfe anzunehmen und auszureisen, kann ihm vor der Ausreise finanzielle Unterstützung gewährt werden (§ 12 GVG-B 2005). Der Rechtsberater (§ 49 BFA-VG) ist im Zulassungsverfahren dem abschließenden Gespräch über die Gewährung von Rückkehrhilfe beizuziehen."

Weiters enthalten die Bestimmungen der §§ 10 und 11 BFA-VG Bezugnahmen auf den Rechtsberater. Diese sehen (auszugweise) vor:

"Handlungsfähigkeit

§ 10. (1) ...

(3) Ein mündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, ist berechtigt einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und einzubringen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Solche Fremde sind in die Erstaufnahmestelle zu verbringen (§ 43 BFA-VG). Gesetzlicher Vertreter für Verfahren vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht ist ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle der Rechtsberater (§ 49), nach Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger jenes Bundeslandes, in dem der Minderjährige einer Betreuungsstelle zugewiesen wurde. Widerspricht der Rechtsberater (§ 49) vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren einer erfolgten Befragung (§ 19 Abs. 1 AsylG 2005) eines mündigen Minderjährigen, ist diese im Beisein des Rechtsberaters zu wiederholen.

(4) ...

(5) Entzieht sich der mündige Minderjährige dem Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 AsylG 2005 oder lässt sich aus anderen Gründen nach Abs. 3 kein gesetzlicher Vertreter bestimmen, ist der Jugendwohlfahrtsträger, dem die gesetzliche Vertretung zuletzt zukam, gesetzlicher Vertreter bis nach Abs. 3 wieder ein gesetzlicher Vertreter bestimmt wurde. Hatte im bisherigen Verfahren nur der Rechtsberater (§ 49) die gesetzliche Vertretung inne, bleibt dieser gesetzlicher Vertreter, bis die gesetzliche Vertretung nach Abs. 3 erstmals einem Jugendwohlfahrtsträger zufällt.

(6) Ein unmündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, ist berechtigt einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Abweichend von § 17 Abs. 2 AsylG 2005 gilt der Antrag auf internationalen Schutz solcher Fremder als eingebracht, wenn die Antragstellung im Beisein des Rechtsberaters (§ 49) in der Erstaufnahmestelle (§ 4 BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G), BGBl. I Nr. 87/2012) bestätigt wird. Bei einem unmündigen Minderjährigen, dessen Interessen von seinen gesetzlichen Vertretern nicht wahrgenommen werden können, ist der Rechtsberater ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle gesetzlicher Vertreter. Solche Fremde dürfen nur im Beisein des Rechtsberaters befragt (§ 19 Abs. 1 AsylG 2005) werden. Im Übrigen gelten die Abs. 3 und 5.

Zustellungen

§ 11. (1) ...

(2) Ladungen im Zulassungsverfahren sind nur dem Asylwerber persönlich und - soweit eine Vertretung nach § 10 vorliegt oder es sich um Verfahrenshandlungen handelt, bei denen der Rechtsberater (§ 49) anwesend sein muss - einem Rechtsberater (§ 49) zuzustellen. Hat der Asylwerber auch einen gewillkürten Vertreter, ist dieser vom Rechtsberater (§ 49) über Ladungen und den Stand des Verfahrens schnellstmöglich zu verständigen, wenn der Asylwerber dies wünscht.

(5) Ergeht eine Zustellung auf Grund der Angaben des Fremden zu seinem Alter an einen Rechtsberater (§ 49) oder Jugendwohlfahrtsträger (§ 10) als gesetzlichen Vertreter, so ist diese auch wirksam bewirkt, wenn der Fremde zum Zeitpunkt der Zustellung volljährig ist.

(6) ..."

17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2016, Ro 2016/16/0013).

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. betreffend § 33 Abs. 1 VwGVG die hg. Beschlüsse vom 25. November 2015, Ra 2015/06/0113, und vom 8. Juni 2015, Ra 2015/08/0005, sowie in diesem Sinn auch den hg. Beschluss vom 17. März 2015, Ra 2014/01/0134).

19 Nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl. Hengstschläger/Leeb , AVG, § 71 Rz 44, samt zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn ihn diesbezüglich kein Verschulden trifft, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, wenn er also der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei wird durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Der Vertreter verstößt demnach auch dann gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa den hg. Beschluss vom 29. Mai 2015, Ra 2015/08/0013, 0014, mwN).

Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt als Verschulden zuzurechnen, wenn der Anwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Der bevollmächtigte Anwalt muss den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung seiner Kanzlei als seines Hilfsapparates bedient. Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten von berufsmäßigen Parteienvertretern ermöglichen dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz Einhaltung der beruflichen Sorgfaltspflichten des Anwaltes bei der Kontrolle seines Kanzleiapparates und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten unterlaufen und dem Anwalt kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorzuwerfen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 9. November 2016, Ra 2016/10/0071, mwN).

Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof - ohne dass eine Prüfung dahingehend geboten gewesen wäre, ob der letztlich konkrete Vertretungshandlungen setzende Rechtsanwalt selbst bevollmächtigt oder für die Gesellschaft nach außen vertretungsbefugt gewesen wäre - auch in jenen Fällen zur Anwendung gebracht, in denen die Vertretung nicht durch einen einzelnen Rechtsanwalt, sondern eine juristische Person oder Personengesellschaft, die durch Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte gegründet wurde (vgl. § 21c ff RAO, insbesondere § 21e RAO, wonach Rechtsanwalts-Partnerschaften und Rechtsanwalts-Gesellschaften in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Vollmacht erteilt werden kann), erfolgte (vgl. den bereits erwähnten Beschluss vom 29. Mai 2015 sowie die hg. Beschlüsse vom 17. Dezember 2015, Ra 2015/02/0222, und das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2016, Ro 2016/03/0001); ebenso auch auf die Fälle der Vertretung des Rechtsanwaltes durch einen Substituten (vgl. die hg. Beschlüsse vom 15. Februar 2006, 2005/08/0215, und vom 14. Jänner 2003, 2002/01/0429).

20 Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 9. März 2016, G 447/2015 ua., festgehalten, dass in Ermangelung einer eigenen Definition des in § 52 Abs. 2 BFA-VG verwendeten Vertretungsbegriffs von dem allgemeinen Begriffsverständnis der prozessualen Vertretung auszugehen ist. Diese besteht darin, dass ein Vertreter für die Partei bzw. in ihrem Namen mit der Wirkung handelt, als würde die Partei selbst den Verfahrensakt setzen oder entgegennehmen; der Vertreter gibt anstelle des Vertretenen und für diesen Erklärungen ab und bildet selbst einen diesbezüglichen Willen. Die Grenzen der gewillkürten Vertretung richten sich im Einzelfall nach der erteilten Vollmacht, im Fall der gesetzlich vorgesehenen Vertretung nach den Bestimmungen des Gesetzes. § 52 Abs. 2 BFA-VG oder andere in diesem Zusammenhang maßgebliche Bestimmungen sehen keine Einschränkung des Umfangs der - an das entsprechende Ersuchen des Fremden gebundenen - Vertretung in Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht vor. Die Vertretungsbefugnis eines Rechtsberaters ist in diesen Fällen also nicht beschränkt, weshalb er zur Setzung sämtlicher Akte im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht berechtigt und auch verpflichtet ist.

Dieses umfassende Tätigwerden für einen Vertretenen ist von einer bloßen Beratung und Unterstützung, die nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 BFA-VG "objektiv" zu erfolgen hat, zu unterscheiden. Der Gesetzgeber selbst geht diesbezüglich offenkundig von einem maßgeblichen Unterschied des Aufgabenprofils eines Rechtsberaters aus, weil er ansonsten in § 52 Abs. 2 BFA-VG keine Differenzierung zwischen der Beratung und Unterstützung einerseits und "auch" der Vertretung andererseits vorgenommen hätte (vgl. zum Ganzen Pkt. IV.2.2.3.3. der Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes G 447/2015 ua.).

21 Von dieser Unterscheidung in Beratung und Unterstützung einerseits und Vertretung andererseits ist der Sache nach auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 2017, Ra 2016/19/0229, ausgegangen. In dem dort zugrunde liegenden Fall war bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes auch eine Rechtsberaterin des Vereins M Ö anwesend. Es war jedoch den Verfahrensakten nicht zu entnehmen, dass der Fremde im Sinn des § 52 Abs. 2 BFA-VG um eine Vertretung durch einen Rechtsberater ersucht bzw. seiner Rechtsberaterin eine Vollmacht zur Vertretung im Verfahren erteilt hätte. Das von der Rechtsberaterin erklärte Einverständnis mit dem Unterbleiben der Befragung eines Zeugen, dessen Vernehmung zuvor vom Fremden beantragt wurde, konnte ihm daher nicht ohne Weiteres zugerechnet werden.

Erkennbar ging der Verwaltungsgerichtshof bei dieser Beurteilung davon aus, dass es - wie allgemein in Fällen der Vertretung durch einen gewillkürten Vertreter - für die Zurechenbarkeit des Handelns an die Prozesspartei einer die Vertretung deckenden Erklärung bedürfe.

22 Gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesamt den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen. Nach Abs. 2 des § 52 BFA-VG unterstützen und beraten Rechtsberater Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers wird mit den angeführten Bestimmungen weder geregelt, wie ein Vertretungsverhältnis zwischen einem Fremden (bzw. Asylwerber) und einem Rechtsberater konkret zustande kommt, noch dass es einem Fremden (bzw. Asylwerber) verwehrt wäre, jemand anderen als einen Rechtsberater mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung zu bevollmächtigten. § 52 Abs. 2 dritter Satz BFA-VG enthält - ungeachtet dessen, dass ein im Sinn des § 52 Abs. 2 BFA-VG gestelltes Ersuchen um Vertretung als Vollmachtserteilung anzusehen ist - (lediglich) die Anordnung, dass dem Rechtsberater die Verpflichtung auferlegt wird, über Ersuchen des Fremden (bzw. des Asylwerbers) die Vertretung in den von dieser Bestimmung erfassten Verfahren zu übernehmen. Insoweit steht es einem Rechtsberater (schon) von Gesetzes wegen - anders als einer sonstigen Person, der eine Verfahrenspartei (bloß) Vollmacht erteilt (vgl. zur Unterscheidung der Erteilung einer Vollmacht ohne Auftrag und der Bevollmächtigung mit Auftrag den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 22. März 2002, 1 Ob 28/02b, mwN, vgl. dazu auch Welser/Zöchling-Jud , Grundriss des bürgerlichen Rechts II14 Rz 953) - nicht frei, von der ihm erteilten Vollmacht keinen Gebrauch zu machen.

23 Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage trifft dann aber schon die Prämisse des Revisionswerbers, es bestehe aufgrund § 52 Abs. 2 dritter Satz BFA-VG zwischen einem Fremden bzw. Asylwerber und dem Rechtsberater ein "Vertretungsverhältnis sui generis" nicht zu. Seiner Ansicht, die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Beurteilung, ob in Bezug auf das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes das Handeln eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen seien, seien daher im Fall der Vertretung durch einen Rechtsberater von vorherein nicht maßgeblich, ist daher der Boden entzogen und nicht beizupflichten.

24 Es ist somit davon auszugehen, dass immer dann, wenn ein Fremder das - wie erwähnt auch als Vollmachtserteilung zu verstehende - Ersuchen um Vertretung im Sinn des BFA-VG an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person richtet oder (wie hier) der juristischen Person (zudem) schriftlich ausdrücklich Vollmacht erteilt, dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters - wie bei jedem anderen Vertreter - zuzurechnen ist. Dabei kommt es - anders als der Revisionswerber meint - darauf, dass sich der Fremde die konkrete Person, die letztlich in seinem Namen tätig wird, nicht aussuchen kann, vor dem Hintergrund der die erforderliche fachliche Qualität jedes einzelnen Rechtsberaters sicherstellenden gesetzlichen Regelungen nicht an. Diese können vor dem Hintergrund des § 48 Abs. 2 BFA-VG auch nicht als bloße (der Kontrolle zu unterziehende) "Hilfskräfte", der sich eine (gegebenenfalls) mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person bedient, angesehen werden.

25 Der Fremde ist aber auch, was angesichts des Revisionsvorbringens zu betonen ist, gesetzlich nicht verpflichtet, der mit der Besorgung der Rechtsberatung betrauten juristischen Person Vollmacht für seine Vertretung zu erteilen. Es steht ihm - wie im gegenständlichen Fall letztlich auch geschehen -

frei, (auch) andere Personen mit seiner Vertretung zu betrauen.

26 Für den konkreten Fall bedeuten die dargestellten Grundsätze Folgendes:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Revisionswerber mit der Verfahrensanordnung vom 17. November 2016 zur Kenntnis gebracht, dass ihm "für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die juristische Person" Verein M Ö "als Rechtsberater/Vertreter amtswegig zur Seite gestellt" werde. Diese Formulierung erweist sich insofern als missverständlich, als es eben dem Fremden überlassen bleibt, ob er im weiteren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch einen Rechtsberater vertreten sein möchte.

Diese nach dem Gesetz vorgesehene Verfahrensanordnung vermochte aber ein Vertretungsverhältnis zwischen dem Revisionswerber und dem Verein nach dem Gesagten ohnedies nicht zu bewirken. Die Bestimmung des § 52 Abs. 1 BFA-VG - und damit auch die von der Behörde darauf gestützte Verfahrensanordnung - lässt sich nämlich nur so verstehen, dass es sich dabei um eine - nach dem Gesetz in Form einer Verfahrensanordnung zu ergehende - Information und Entscheidung der Behörde handelt, dass dem Fremden ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt werde, was nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit in den Akten der Behörde entsprechend dokumentiert sein muss (vgl. zu anderen - formlos - zu ergehenden Entscheidungen der Asylbehörde das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, 2006/01/0123). Eine darüber hinaus gehende Rechtswirkung ist der Verfahrensanordnung nicht beizumessen.

Am 30. November 2016 erteilte der Revisionswerber an den Verein M Ö, in dessen Räumlichkeiten er sich nach Erhalt der Verfahrensanordnung eingefunden und seinen Fall mit der ihm vom Verein M Ö namhaft gemachten Rechtsberaterin Mag. S D besprochen hatte, eine schriftliche Vollmacht, ihn (nunmehr) im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu vertreten. Die konkreten Vertretungshandlungen wurden in der Folge von eben dieser Rechtsberaterin gesetzt.

Das Handeln dieser Rechtsberaterin war - nach den obigen Ausführungen gleich wie in jedem sonstigen Fall eines Vertreters - dem Revisionswerber als Vertretenen zuzurechnen. Dass aber bloß ein den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden zur fehlerhaften Berechnung der Beschwerdefrist geführt hätte, wird in der Revision nicht weiter behauptet und ist auch nicht zu sehen.

Somit erfolgte die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu Recht.

Bei diesem Ergebnis musste auf jene Ausführungen in der Revision, nach denen der Revisionswerber das Ersuchen um Vertretung an Mag. S D gerichtet habe und die offen lassen, ob damit gemeint ist, dass (allenfalls: auch) sie persönlich - und nicht (allenfalls: nur) der Verein M Ö - bevollmächtigt worden wäre, nicht näher eingegangen werden. Im Fall der Erteilung einer Vollmacht an Mag. S D - mag diese Bevollmächtigung auch nicht schriftlich im Akt festgehalten worden sein - wäre ihr Verhalten nämlich jedenfalls dem Revisionswerber zuzurechnen gewesen.

27 Die geltend gemachte Rechtsverletzung liegt nach dem Gesagten nicht vor. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2017

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