Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Rechtssache des Antrages des C O, vertreten durch Dr. Stefan Denifl, Rechtsanwalt in Dornbirn, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2025, W185 23108011/4E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird der Antragabgewiesen.
1 Der aus Nigeria stammende Revisionswerber reiste im Jahr 2024 mit einem von der italienischen Botschaft in Lagos ausgestellten Visum C zunächst nach Italien und von dort nach Deutschland weiter, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die zuständige deutsche Behörde beabsichtigte, ihn nach Italien zu überstellen, weil nach deren Ansicht dieser Staat nach der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin III Verordnung) zuständig sei, über den vom Revisionswerber gestellten Antrag zu entscheiden. Die zuständige italienische Behörde stimmte der Überstellung des Revisionswerbers nach Italien zu. Der Revisionswerber entzog sich dem weiteren Verfahren in Deutschland und reiste in der Folge nach Österreich. Hier stellte er am 20. Jänner 2025 einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz.
2Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 26. März 2025 gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück, stellte fest, dass gemäß der Dublin III-Verordnung Italien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, und erließ gegen den Revisionswerber gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Anordnung zur Außerlandesbringung. Weiters sprach es aus, dass „demzufolge“ gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Revisionswerbers nach Italien zulässig sei.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23. Juni 2025 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Revision. Unter einem beantragte er, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
5Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat jedoch bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6Das Bundesverwaltungsgericht hat vor Vorlage der Revision über den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, trotz der es auch im Fall von außerordentlichen Revisionen treffenden Pflicht (vgl. VwGH 20.4.2017, Ra 2017/19/0113; 25.4.2017, Ra 2017/16/0039; 25.7.2019, Ra 2019/14/0339; 24.6.2024, Ra 2024/20/0191; 28.11.2024, Ra 2024/20/0765; 16.4.2025, Ra 2025/20/0155, 0156) nicht entschieden. Infolge der mittlerweile erfolgten Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nunmehr dieser zur Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zuständig (vgl. nochmals VwGH Ra 2017/19/0133; Ra 2017/16/0039; Ra 2019/14/0339; Ra 2024/20/0191; Ra 2024/20/0765; Ra 2025/20/0155; 0156).
7Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, hat der Revisionswerber im Aufschiebungsantrag (unter anderem) zu konkretisieren, worin für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil im Fall des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung gelegen wäre. Er hat dabei konkret darzulegen, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Die Anforderungen an die Konkretisierungsobliegenheit sind streng (vgl. etwa VwGH 16.4.2025, Ra 2025/20/0155, 0156, mwN).
8 Der Revisionswerber bringt vor, seine Abschiebung nach Nigeria wäre für ihn mit „möglichen“ Nachteilen verbunden, weil dort sein Leben und seine Gesundheit gefährdet wäre. Ihm drohe in Nigeria Verfolgung durch kriminelle Gruppen. Jeder Teil von Nigeria sei von Gewalt und Kriminalität betroffen. Staatliche Hilfe könne er dort nicht in Anspruch nehmen. Infolge der ihm in Nigeria drohenden Nachteile sei davon auszugehen, dass sein Interesse an einem Verbleib in Österreich bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens das öffentliche Interesse überwiege.
9Der Revisionswerber verkennt, dass mit der angefochtenen Entscheidung sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 wegen der nach der Dublin IIIVerordnung für die Entscheidung über sein Schutzbegehren gegebenen Zuständigkeit Italiens zurückgewiesen und gegen ihn nach dem FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zwecks der Überstellung nach Italien erlassen wurde. Eine meritorische Entscheidung über seinen Antrag wurde hingegen nicht getroffen.
10Gemäß § 61 Abs. 2 FPG hat eine Anordnung zur Außerlandesbringung zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Eine solche Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
11 Somit stellt das angefochtene Erkenntnis keinen Titel für die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria, sondern nur in den mit der Anordnung zur Außerlandesbringung festgelegten Zielstaat, hier also nach Italien, dar. Vom Revisionswerber wird daher schon deswegen mit seinem sich auf eine Abschiebung nach Nigeria beziehenden Vorbringen auch nicht dargelegt, dass für ihn mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
12Sohin war der Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abzuweisen.
Wien, am 7. August 2025