Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde der venezolanischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (BF) reiste am 14.12.2023 legal von Argentinien über Spanien nach Österreich und stellte am 03.01.2024 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Am 03.01.2024 fand vor einem Organ der Landespolizeidirektion Wien die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt. Als Fluchtgrund gab sie zusammengefasst an, dass in Venezuela ein diktatorisches Regime herrsche. Ihre Tochter und sie seien von paramilitärischen Gruppen mit dem Tod bedroht worden. Alles habe mit ihrem Schwiegersohn begonnen, da er einmal von ihnen entführt worden sei. Die BF habe sich danach nicht mehr sicher gefühlt, deswegen habe sie das Land verlassen. Im Falle einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben.
Am 28.11.2024 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt. Als Fluchtgrund gab sie zusammengefasst an, dass ihr Schwiegersohn am 27.07.2018 einmal entführt worden sei. Er habe auf einer Baustelle im Rahmen einer Eröffnung eines Bauwerks einen höheren Funktionär fotografiert. Die Bodyguards dieser hohen Beamten hätten den Schwiegersohn mitgenommen und dieser habe sein Handy abgeben müssen. Man habe Fotos am Handy gefunden, die man nicht hätte finden sollen und er sei als Verräter bezeichnet worden. Danach hätten sie ihn gehen gelassen. Die Tochter der BF habe am XXXX .2022 Anrufe am Festnetz und Handy erhalten. Der Anrufer habe sich als Bank ausgegeben und Daten von ihr verlangt. Am XXXX .2022 hätten drei Männer ihre Wohnung durchsuchen wollen. Die BF habe angenommen, dass sie ihre Tochter gesucht hätten. Die Männer hätten zur BF gesagt, dass dieser Besuch eine Warnung für den Schwiegersohn sei. Im Falle der Rückkehr hätte die BF Angst um ihr Leben und das ihrer Tochter. Sie habe Angst ihr Schwiegersohn könnte festgenommen worden. Bei der Firma XXXX seien durch die Colectivos/Paramilitärs Leute eingeschleust worden, die dort keinerlei Arbeit erbringen aber bezahlt werden würden, das Geld erhalte die Mafia.
Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 30.11.2024 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 AsylG wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde ihr bis 30.11.2025 erteilt (Spruchpunkt III.). Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die unterschiedliche Darstellung des Grundes der Entführung ihres Schwiegersohnes im Vergleich zu den Angaben der Tochter sowie deren Ehemannes, ihr Vorbringen als nicht glaubhaft erscheinen lässt. Eine speziell gegen die BF gerichtete Bedrohung wurde nicht glaubhaft gemacht, die dargelegten Asylgründe würden keinerlei Asylrelevanz entfalten.
Gegen Spruchpunkte I. dieses Bescheides erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Es wurde beantragt, den Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und der BF den Asylstatus zu gewähren und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen. Hilfsweise wurde ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag hinsichtlich Spruchpunkt I. gestellt. Begründet wurde die Beschwerde zusammengefasst damit, dass sie gegen das diktatorische Regime sei und ihre Tochter sowie ihr Schwiegersohn mit dem Tode bedroht worden seien. Es seien zwei bewaffnete Personen zur BF in die Wohnung gekommen, die behauptet hätten einen Durchsuchungsbefehl zu haben. Anstatt des Durchsuchungsbefehls hätten sie ihr die Waffe gezeigt. Sie hätten die Wohnung durchsucht und nach ihrer Tochter sowie nach dem Schwiegersohn gefragt. Die BF sei zur Polizei gegangen und habe eine Anzeige erstatten wollen. Die Polizei habe die Anzeige nicht entgegengenommen, da die BF die Personen hineingelassen hätte.
Die gegenständliche Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) samt den maßgeblichen Verwaltungsakten am 13.01.2025 vorgelegt.
Am 02.06.2025 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der BF und ihrer Rechtsvertretung sowie im Beisein einer Dolmetscherin für die spanische Sprache statt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen (Teilnahmeverzicht). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der BF die aktuellen Länderberichte zur Abgabe einer Stellungnahme ausgefolgt.
Am 17.06.2025 langte eine Stellungnahme zu den aktuellen Länderberichten ein.
Feststellungen:
Die BF ist venezolanische Staatsangehörige und spricht Spanisch. Sie ist geschieden, konfessionslos und hat zwei erwachsene Kinder. Sie ist im Besitz eines venezolanischen Reisepasses, der bis zum XXXX .2022 gültig war.
Die BF wurde in XXXX geboren und lebte seit 2003 in XXXX , Bundesstaat XXXX . Sie besuchte in Venezuela 11 Jahre die Grundschule und Gymnasium und studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Personalwesen. Sie arbeitete von 2003 bis 2016 in der Produktion bei XXXX , fand dann keine Arbeit mehr und verkaufte Versicherungen auf Provisionsbasis. Von 2018 bis 2022 hielt sie sich überwiegend in Argentinien auf, wobei sie mehrere Male nach Venezuela gereist ist, um unter anderem ihre Mutter zu besuchen. Die BF bezieht eine Pension und konnte damit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie besitzt eine Eigentumswohnung in Lecheria.
In Venezuela leben ein Bruder und vier Schwestern. Mit einer Schwester pflegt die BF regelmäßigen Kontakt.
Die BF verließ am 14.12.2023 per Flugzeug Argentinien, wo sie sich zuletzt aufhielt und reiste anschließend über Spanien in das Bundesgebiet ein, wo sie am 03.01.2024 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die BF hält sich seit XXXX .2023 durchgehend im Bundesgebiet auf.
Die BF verfügt seit XXXX .2024 über einen Hauptwohnsitz in Österreich.
Die BF bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Die BF ist seit XXXX .2024 als Küche- und Reinigungshilfskraft bei XXXX beschäftigt und verdient für 20 Stunden/Woche EUR 955,00 brutto im Monat.
Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Sie ist strafrechtlich unbescholten.
In Österreich halten sich die Tochter der BF ( XXXX , geb. XXXX ), der Schwiegersohn ( XXXX , geb. XXXX ) und deren Sohn ( XXXX , geb. XXXX ) sowie der Sohn der BF mit seiner Frau und Tochter auf. Alle sind subsidiär Schutzberechtigte. Mit Erkenntnis des BVwG vom 04.06.2025, GZ: G316 2305567-1/6E, G316 2305563-1/7E sowie G316 2305565-1/6E wurden die Beschwerden der Tochter und ihrer Familie gegen Spruchpunkt I. der negativen Bescheide des BFA vom 30.11.2024 allesamt als unbegründet abgewiesen.
Die BF legte eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 ab.
Weitere berücksichtigungswürdige familiäre oder nennenswerte privaten Bindungen in Österreich konnten nicht festgestellt werden.
Über diese Feststellungen hinausgehende Integrationsschritte liegen nicht vor.
Die BF war nie Mitglied einer politischen Partei oder einer sonstigen politischen Gruppierung und auch nie in einer politischen oder staatlichen Funktion in Venezuela tätig. Die BF ist in Venezuela keiner dem Staat zurechenbaren Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt. Sie hat im Falle ihrer Rückkehr nach Venezuela keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Sie wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen asylrelevanten Gründen verfolgt. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sie bei einer Rückkehr nach Venezuela aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung irgendwelchen Repressalien ausgesetzt sein wird. Zur speziellen Situation der BF ist insgesamt festzuhalten, dass die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des venezolanischen Staates jedenfalls gegeben ist.
Grund für die Ausreise der BF aus dem Herkunftsstaat waren persönliche Gründe und die dortigen Lebensbedingungen sowie die Suche nach besseren Lebensbedingungen im Ausland.
Zur allgemeinen Lage in Venezuela:
Politische Lage
Venezuela ist eine präsidiale Demokratie mit einem Einkammerparlament. Die demokratische Ordnung ist jedoch weitgehend ausgehöhlt (AA 15.3.2024a). Das politische System ist seit der Regierungszeit von Hugo Chávez von Autoritarismus geprägt, seit 2013 ist sein Nachfolger Nicolas Maduro an der Macht (AA 15.3.2024b).
In Venezuela kam es im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen zu einer Verschärfung der Repressionen, einschließlich der Verhaftung von Oppositionsmitgliedern (von denen viele weiterhin willkürlich inhaftiert sind und deren Aufenthaltsort unbekannt ist), der willkürlichen Disqualifizierung von Oppositionskandidaten und der Bemühungen um eine weitere Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums (HRW 16.1.2025).
Am 28. Juli 2024 haben die Venezolaner in großer Zahl an den Präsidentschaftswahlen teilgenommen. In der Wahlnacht erklärte der venezolanische Wahlrat, dass Amtsinhaber Nicolás Maduro die Wahl mit über 51 Prozent der Stimmen gewonnen hat (HRW 16.1.2025; vgl. BAMF 29.7.2024). Bis heute hat der Rat weder die Auszählungslisten der einzelnen Wahllokale veröffentlicht noch die gesetzlich vorgeschriebenen Wahlprüfungen oder Bürgerkontrollen durchgeführt (HRW 16.1.2025).
Nach der Wahl äußerten internationale Beobachter ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Behauptung des Wahlrats, Nicolás Maduro sei wiedergewählt worden (HRW 16.1.2025).
Das Wahlexpertengremium der Vereinten Nationen und das Carter Center, die die Wahlen in Venezuela auf Ersuchen der Wahlbehörde beobachteten, stellten fest, dass es dem Prozess an Transparenz und Integrität mangelte, und stellten die erklärten Ergebnisse in Frage. Sie schenkten den von der Opposition veröffentlichten Auszählungslisten auf Bezirksebene Glauben, die laut Carter Center darauf hindeuteten, dass der Oppositionskandidat Edmundo González die Wahl mit großem Vorsprung gewonnen hatte (HRW 16.1.2025). Der regierungsnahe oberste Wahlrat (CNE) erklärte Maduro nach der Wahl vom 28.7.2024 mit 52 % der Stimmen zum Wahlsieger, ohne jedoch aufgeschlüsselte Zahlen zur Auszählung vorzulegen. Der Einheitskandidat der Opposition, Edmundo Gonzalez Urrutia, reklamierte, die Wahl mit 67 % der Stimmen gewonnen zu haben (BAMF 13.1.2025).
Am 10.1.2025 wurde Nicolás Maduro trotz internationaler Proteste für eine dritte Amtszeit als Präsident vereidigt (BAMF 13.1.2025).
Am 2. September erließ ein Richter einen Haftbefehl gegen González wegen „Verschwörung“, „Aufstachelung zum Ungehorsam“ und anderer Straftaten. González war gezwungen, aus dem Land zu fliehen (HRW 16.1.2025).
Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse gingen Tausende von Demonstranten in weitgehend friedlichen Protesten auf die Straße, um eine faire Auszählung der Stimmen zu fordern. Die Menschen, auch in einkommensschwachen Gebieten, die traditionell den Chavismo - die politische Bewegung des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez - unterstützen, protestierten in großer Zahl. Die Behörden reagierten mit Gewalt und weit verbreiteten Übergriffen, darunter Tötungen, willkürliche Verhaftungen und Strafverfolgung sowie die Schikanierung von Kritikern (HRW 16.1.2025).
Human Rights Watch erhielt glaubwürdige Berichte über 23 Tötungen von Demonstranten und Unbeteiligten und fand Beweise, die Sicherheitskräfte und regierungsnahe bewaffnete Gruppen, so genannte „Colectivos“, mit mehreren dieser Tötungen in Verbindung zu bringen (HRW 16.1.2025).
Das Wahlsystem ist stark von politischer Manipulation und institutioneller Einmischung zugunsten der PSUV (United Socialist Party of Venezuela) geprägt (FH 2024).
Das Maduro-Regime stützt sich auf das Militär, paramilitärische Kräfte und undurchsichtige Unterstützung aus dem Ausland, um seine politische Macht zu erhalten. Militärführer haben zahlreiche Ämter übernommen, und Maduro hat die Bolivarische Miliz (eine zivile Milizgruppe, die 2008 zur Unterstützung des Militärs gegründet wurde) weiter gestärkt (FH 2024).
Die Amtszeit des Präsidenten beträgt sechs Jahre und unterliegt keiner Amtszeitbeschränkung (FH 2024). Die Einkammer-Nationalversammlung (Parlament) wird vom Volk für fünf Jahre gewählt, wobei eine Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahlsystem angewandt wird (FH 2024).
Die Regional- und Kommunalwahlen im November 2021 wurden durch den Missbrauch staatlicher Mittel und die Einmischung der Justiz zu Gunsten der Regierung beeinträchtigt. Eine Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union (EU) berichtete, dass die Wahlbeteiligung bei 42,5 Prozent lag, dem niedrigsten Wert seit 25 Jahren (FH 2024).
Sicherheitslage
Venezolaner sind physischer Unsicherheit und Gewalt aus verschiedenen Quellen ausgesetzt, darunter irreguläre bewaffnete Gruppen, Sicherheitskräfte und organisierte Banden (FH 2024).
Die Kriminalitätsrate und die Gewaltbereitschaft sind hoch (EDA 18.2.2025; vgl. AA 18.2.2025).
Der Besitz von Schusswaffen ist weit verbreitet (EDA 18.2.2025).
Aufgrund der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise ist es vor allem in den Städten auch spontan zu Demonstrationen gekommen. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mit Straßensperrungen sind möglich (AA 18.2.2025; vgl. EDA 18.2.2025, BMEIA 18.2.2024a).
Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Venezuela nicht ausgeschlossen werden (EDA 18.2.2025).
Die NRO Alerta Venezuela warnte davor, dass irreguläre bewaffnete Gruppen im Land Menschenrechtsverletzungen begehen, darunter Tötungen, Folter, Entführungen, Binnenvertreibungen indigener Gemeinschaften, Menschenhandel und Ausbeutung von Frauen und Kindern (USDOS 23.4.2024).
In den Gebieten entlang der kolumbianischen Grenze, insbesondere in den venezolanischen Teilstaaten Amazonas, Apure, Barinas, Táchira und Zulia, aber auch im Grenzgebiet zu Brasilien besteht eine hohe Gefahr durch organisierte Kriminalität mit Entführungen und anderen Gewaltverbrechen. Im Bundesstaat Apure kommt es regelmäßig zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Drogenbanden bzw. Mitgliedern ehemaliger Guerillagruppen (FARC) (AA 18.2.2025; vgl. EDA 18.2.2025). Darunter auch die Nationale Befreiungsarmee (ELN) die Patriotischen Kräfte der Nationalen Befreiung (FPLN) und Gruppen, die nach der Demobilisierung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) entstanden sind (HRW 16.1.2025).
Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassung sah eine unabhängige Justiz vor, aber die Justiz war nicht unabhängig und entschied im Allgemeinen auf allen Ebenen zugunsten von Maduro und seinen Vertretern (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025, FH 2024). Es gab glaubwürdige Vorwürfe von Korruption und politischer Einflussnahme in der gesamten Justiz (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz sah das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren mit mündlicher Verhandlung für alle Personen vor. Das Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) stellte fest, dass anhaltende Verzögerungen bei Gerichtsverfahren (einschließlich Ermittlungen, Anhörungen und Strafverfolgung) die Garantien für ein faires und ordnungsgemäßes Verfahren untergruben (USDOS 23.4.2024).
Es gab einen allgemeinen Mangel an Transparenz bei der Zuweisung von Staatsanwälten zu strafrechtlichen Ermittlungen. Diese Mängel behinderten die Möglichkeit, Straftäter vor Gericht zu bringen, und führten zu einer hohen Straflosigkeitsrate bei gewöhnlichen Straftaten und Fällen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen (USDOS 23.4.2024).
Gerichte stützten sich auf Beweise, die von anonymen „patriotas cooperantes“ (kooperierenden Patrioten) erlangt wurden, um mutmaßliche Gegner Maduros zu schikanieren (USDOS 23.4.2024).
Vertreter Maduros nutzten die Justiz, um Personen einzuschüchtern und gerichtlich zu verfolgen, die ihrer Politik oder ihren Handlungen kritisch gegenüberstanden, und erhoben in der Regel Anklage wegen Verschwörung, Terrorismus und Verrats, um Personen zu verhaften (USDOS 23.4.2024).
Laut Gesetz galten Angeklagte bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Das Gesetz verlangte, dass Häftlinge unverzüglich über die gegen sie erhobenen Anklagen informiert werden. Das Gesetz sah auch vor, dass bei Abwesenheit des Verteidigers ein vom Gericht ernannter Pflichtverteidiger das Verfahren weiterführen konnte. Diese Anforderungen wurden laut Menschenrechtsorganisationen oft ignoriert (USDOS 23.4.2024).
Das Recht mittelloser Angeklagter auf einen kostenlosen Rechtsbeistand wurde aufgrund des Anwaltsmangels oft nicht respektiert. Nicht spanischsprachigen Angeklagten stand oft keine kostenlose Dolmetscherleistung zur Verfügung (USDOS 23.4.2024).
Unter bestimmten Umständen waren Abwesenheitsurteile zulässig, obwohl Gegner eines solchen Verfahrens behaupteten, dass die Verfassung solche Urteile verbietet (USDOS 23.4.2024).
Obwohl der Kodex der Militärjustiz dahingehend reformiert wurde, dass Zivilisten nicht mehr vor Militärgerichten angeklagt werden dürfen, erließ der Oberste Gerichtshof (TSJ) im Jahr 2021 eine Entscheidung, die die Möglichkeit offen ließ, Zivilisten vor Militärgerichten anzuklagen, wenn die Exekutive dies für angemessen hält (USDOS 23.4.2024).
Es gab glaubwürdige Berichte, dass Vertreter Maduros versuchten, internationale Strafverfolgungsinstrumente, einschließlich Interpol-Ausschreibungen (Red Notices), zu missbrauchen, um politisch motivierte Repressalien gegen bestimmte Personen außerhalb des Landes durchzuführen (USDOS 23.4.2024).
Die Verfassung verbot die Festnahme oder Inhaftierung einer Person ohne richterliche Anordnung und sah vor, dass der Angeklagte bis zur Verhandlung auf freiem Fuß bleibt, aber Richter und Staatsanwälte missachteten diese Bestimmungen oft. Vertreter Maduros räumten Inhaftierten nur selten das Recht ein, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung vor Gericht anzufechten, obwohl dieses Recht gesetzlich verankert war. Vertreter Maduros nahmen Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, willkürlich für längere Zeiträume ohne strafrechtliche Anklage in Gewahrsam (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz schreibt vor, dass Häftlinge innerhalb von 12 Stunden einem Staatsanwalt und innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt werden müssen, um die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung zu prüfen. Das Gesetz schreibt außerdem vor, dass Häftlinge unverzüglich über die gegen sie erhobenen Anklagen informiert werden müssen. Staatsanwälte und Richter ignorierten diese Anforderungen jedoch routinemäßig (USDOS 23.4.2024).
Obwohl das Gesetz eine Kaution vorsah, wurde Personen, die wegen bestimmter Straftaten angeklagt waren, keine Freilassung gegen Kaution gewährt (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz gestand Inhaftierten das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand und zu Familienangehörigen zu, aber diese Anforderung wurde oft nicht erfüllt, insbesondere bei politischen Gefangenen. Die Verfassung gewährte jeder inhaftierten Person auch das Recht auf sofortige Kommunikation mit Familienangehörigen und Rechtsbeiständen, die wiederum das Recht hatten, den Aufenthaltsort eines Inhaftierten zu erfahren (USDOS 23.4.2024).
Eine längere Untersuchungshaft stellte nach wie vor ein erhebliches Problem dar. Das Gesetz sah vor, dass eine Person, die eines Verbrechens beschuldigt wird, nicht länger als die mögliche Mindeststrafe für dieses Verbrechen oder länger als zwei Jahre inhaftiert werden darf, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist, außer unter bestimmten Umständen, z. B. wenn der Angeklagte für die Verzögerung des Verfahrens verantwortlich war. Vertreter Maduros ignorierten diese Anforderungen routinemäßig (USDOS 23.4.2024).
Aufgrund der Überbelegung wurden viele Büros von Polizeistationen als provisorische Gefängniszellen genutzt. Während die Gefängnisse der Polizeistationen laut Strafprozessordnung eigentlich nur für eine Haftdauer von 48 Stunden ausgelegt waren, führten lange Verzögerungen bei Gerichtsverfahren und Gefängnistransfers dazu, dass einige Gefangene jahrelang in diesen Einrichtungen festgehalten wurden (USDOS 23.4.2024).
Trotz verfassungsrechtlicher Garantien, die eine zügige Verhandlung vorsahen, legten Richter Berichten zufolge erste Anhörungen erst Monate nach den Ereignissen fest, die zur Inhaftierung geführt hatten. Verfahren wurden oft vertagt oder ausgesetzt, wenn ein Amtsträger des Gerichts, wie der Staatsanwalt, der Pflichtverteidiger oder der Richter, nicht erschien. Gefangene berichteten NGOs, dass fehlende Transportmöglichkeiten und die schlechte Organisation im Gefängnissystem ihren Zugang zu den Gerichten einschränkten und zu Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren beitrugen (USDOS 23.4.2024).
Es gab keine bekannten glaubwürdigen Bemühungen der Staatsanwaltschaft, des Büros der Ombudsperson oder der Justiz, die an willkürlichen Tötungen beteiligten Täter zu ermitteln und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024).
Sicherheitsbehörden
Die venezolanischen Sicherheitsbehörden bestehen aus: Bolivarische Nationalstreitkräfte (Fuerza Armada Nacional Bolivariana, FANB): Bolivarische Armee (Ejercito Bolivariano, EB), Bolivarische Marine (Armada Bolivariana, AB; umfasst Marineinfanterie, Küstenwache), Bolivarische Militärluftfahrt (Aviacion Militar Bolivariana, AMB; umfasst ein gemeinsames Luft- und Raumfahrtverteidigungskommando (Comando de Defensa Aeroespacial Integral, CODAI), Bolivarische Miliz (Milicia Bolivariana), Bolivarische Nationalgarde (Guardia Nacional Bolivaria, GNB) (CIA 12.2.2025).
Weiters gehört zu den Sicherheitsbehörden das Ministerium für Inneres, Justiz und Frieden mit der Bolivarischen Nationalpolizei (Policía Nacional Bolivariana, PNB) (CIA 12.2.2025).
Es gab zahlreiche Berichte über willkürliche und rechtswidrige Tötungen durch Vertreter Maduros, darunter auch außergerichtliche Tötungen (USDOS 23.4.2024).
Nach den Untersuchungen der inländischen Menschenrechts-NGO FundaRedes waren Sicherheitskräfte an Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Verschwindenlassen, beteiligt, indem sie mit irregulären bewaffneten Gruppen und kriminellen Banden kooperierten (USDOS 23.4.2024).
Berichten zufolge arbeiten die Sicherheitskräfte mit illegalen Minenarbeitern zusammen, indem sie unter anderem Quecksilber für den Goldabbau bereitstellen und Zivilisten mit unverhältnismäßiger Gewalt angreifen (HRW 16.1.2025).
Die Straflosigkeit für Sicherheitskräfte war ein großes Problem (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Es gab immer wieder Berichte über polizeilichen Missbrauch und Verwicklung in Kriminalität, insbesondere in die Aktivitäten illegaler bewaffneter Gruppen, einschließlich illegaler und willkürlicher Verhaftungen, außergerichtlicher Tötungen, Entführungen und übermäßiger Gewaltanwendung. Vertreter von Maduro ergriffen keine wirksamen Maßnahmen, um gegen Mitglieder der Sicherheitskräfte zu ermitteln, die Menschenrechtsverletzungen begangen hatten. Korruption, unzureichende Polizeiausbildung und -ausrüstung sowie unzureichende Finanzierung, insbesondere für Polizeikräfte in Bundesstaaten und Gemeinden, die von Oppositionsbeamten regiert werden, schmälerten die Effektivität der Sicherheitskräfte (USDOS 23.4.2024).
Die von Maduro kontrollierten Geheimdienste, die keiner unabhängigen Aufsicht unterlagen, führten Überwachungsmaßnahmen zu politischen Zwecken durch (USDOS 23.4.2024).
Das OHCHR (UN High Commissioner for Human Rights) berichtete zwar im Jahr 2022, dass die Sondereinsatzkräfte der venezolanischen Polizei (Fuerzas de Acciones Especiales de la Policía Nacional Bolivariana – FAES) von den Behörden aufgelöst worden sind, dennoch wurde diese Spezialeinheit auch 2023 mit Hunderten mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen in Verbindung gebracht. Die Ermittlungsmission zu Venezuela kam zu dem Schluss, dass die FAES effektiv durch die neue Einheit für Strategie und Taktik (Dirección de Acciones Estratégicas y Tácticas – DAET) abgelöst worden ist und mehrere Angehörige der FAES nach wie vor in der Polizei aktiv waren (AI 24.4.2024).
Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl die Verfassung und das Gesetz solche Praktiken untersagten, gab es glaubwürdige Berichte, dass mit Maduro verbündete Sicherheitskräfte regelmäßig Häftlinge folterten und misshandelten (USDOS 23.4.2024).
Im Rahmen der Unterdrückung kritischer Stimmen begingen staatliche Stellen außerdem Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen und Folter (AI 24.4.2024).
Im Juli 2023 deckte die Website für investigativen Journalismus Armandoinfo 25 Fälle von Sippenhaft auf, einer Foltermethode, bei der auch Familienmitglieder von Inhaftierten bestraft wurden (USDOS 23.4.2024).
Korruption
Korruption ist in Venezuela weit verbreitet (FH 2024).
Das Gesetz sah strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Es wurde jedoch nicht wirksam umgesetzt (USDOS 23.4.2024).
Korruption war ein großes Problem in allen Sicherheits- und Streitkräften, deren Mitglieder in niedrigeren Rängen im Allgemeinen schlecht bezahlt und nur minimal ausgebildet waren (USDOS 23.4.2024). Die Wirtschaftspolitik der Regierung – insbesondere ihre Währungs- und Preiskontrollen – bietet erhebliche Möglichkeiten für illegale Marktaktivitäten und Absprachen zwischen Beamten und Netzwerken der organisierten Kriminalität (FH 2024).
Niedrige Gehälter für Richter auf allen Ebenen erhöhten das Korruptionsrisiko (USDOS 23.4.2024).
Es gibt praktisch keine Transparenz in Bezug auf die Staatsausgaben (FH 2024).
Der Corruption Perceptions Index 2024 von Transparency International listet Venezuela auf Rang 178 von 180 Staaten (TI ohne Datum).
Allgemeine Menschenrechtslage
Zu den schwerwiegenden Menschenrechtsproblemen gehörten glaubwürdige Berichte über: rechtswidrige und willkürliche Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen; erzwungenes Verschwindenlassen; Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Sicherheitskräfte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftung oder Inhaftierung durch Sicherheitskräfte; schwerwiegende Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; politische Gefangene und Inhaftierte; willkürliche und rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre; Bestrafung von Familienmitgliedern für angebliche Straftaten eines Verwandten; rechtswidrige Rekrutierung oder Einsatz von Kindern durch illegale bewaffnete Gruppen; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, einschließlich Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen Journalisten, ungerechtfertigte Verhaftungen oder Strafverfolgung von Journalisten, Zensur und Durchsetzung oder Androhung der Durchsetzung von Verleumdungsgesetzen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit; schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit; erhebliche Eingriffe in die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, einschließlich übermäßig restriktiver Gesetze über die Organisation, Finanzierung oder den Betrieb von Nichtregierungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen; Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Möglichkeit, das Land zu verlassen; fehlende Möglichkeiten der Bürger, ihre Regierung friedlich durch freie und faire Wahlen zu ändern; schwerwiegende und unangemessene Einschränkungen der politischen Beteiligung; schwerwiegende Korruption in der Regierung; schwerwiegende Einschränkungen oder Schikanen der Regierung gegenüber nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen; weit verbreitete geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt, sexueller Gewalt, Gewalt am Arbeitsplatz, Femizid und anderer Formen solcher Gewalt; erhebliche Hindernisse beim Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten; Verbrechen, die mit Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen indigene Völker wie die Yanomami einhergehen; Menschenhandel; Verbrechen, die mit Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen sexuelle Minderheiten einhergehen; Verbot unabhängiger Gewerkschaften oder erhebliche oder systematische Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer, wie Gewalt und Drohungen gegen Gewerkschaftsaktivisten; und die schwerwiegendsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 23.4.2024).
Es gab keine bekannten glaubwürdigen Bemühungen der Staatsanwaltschaft, der Ombudsperson oder der Justiz, die an willkürlichen Tötungen beteiligten Täter zu ermitteln und zu bestrafen. NROs gaben an, dass die Sicherheitskräfte die meisten Tötungen als Konfrontationen mit mutmaßlichen Kriminellen darstellten. Zwar stellten NGOs seit 2021 einen Rückgang willkürlicher Tötungen fest, führten diesen Rückgang jedoch eher auf die Existenz internationaler Rechenschaftsmechanismen wie die Unabhängige Faktenfindungsmission der Vereinten Nationen (FFM) und die neu eingeleitete Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Land zurück als auf eine Änderung der Politik zum Schutz der Menschenrechte (USDOS 23.4.2024).
Die Verfassung gab den Bürgern die Möglichkeit, ihre Regierung durch freie und faire Wahlen zu ändern. Maduros Einmischung, Wahlunregelmäßigkeiten, verfassungswidrige Ernennungen von Wahlhelfern sowie die Schikanierung und Manipulation von Wählern und Kandidaten schränkten die Ausübung dieses Rechts ein (USDOS 23.4.2024). Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Venezuela im Juli 2024 verschärften die Behörden die Repressionen, indem sie Menschenrechtsverteidiger und Oppositionelle mit Verhaftungen und Disqualifikationen ins Visier nahmen und die Einschränkungen des zivilgesellschaftlichen Raums verschärften. Nach der Wahl äußerten internationale Beobachter ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Behauptung des Wahlrats, Nicolás Maduro sei wiedergewählt worden. Als Tausende von Demonstranten auf die Straße gingen, reagierten die Behörden mit einem brutalen Vorgehen, das Tötungen, Verhaftungen und andere breit angelegte repressive Taktiken beinhaltete (HRW 16.1.2025).
Die Verfassung sah die Unverletzlichkeit der Wohnung und der Privatsphäre vor, aber die Vertreter Maduros hielten sich im Allgemeinen nicht an diese Verbote. Mit Maduro verbündete Personen griffen in die persönliche Kommunikation ein oder führten Razzien in Wohnungen durch, insbesondere in Fällen politischer Gegner (USDOS 23.4.2024).
Venezuela erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig und unternimmt keine nennenswerten Anstrengungen, dies zu tun. Maduro und seine Vertreter setzten die Strafverfolgung nur unzureichend durch. Das venezolanische Recht kriminalisierte nicht alle Formen des Menschenhandels (USDOS 24.6.2024).
Meinungs- und Pressefreiheit
Das Gesetz sah die Meinungsfreiheit vor, auch für Angehörige der Presse und anderer Medien, aber die Kombination aus Gesetzen und Vorschriften zu Verleumdung, übler Nachrede und Medieninhalten sowie rechtliche Schikanen, physische Einschüchterung von Einzelpersonen und Medien und Maduros Einfluss auf die Justiz führten zu einer erheblichen Einschränkung dieser Freiheiten (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), was zum Teil auf die abschreckende Wirkung der umfassenden staatlichen Überwachung zurückzuführen ist (FH 2024).
Die weit verbreitete Gewalt im Land, die oft von Maduro und seinen Vertretern gefördert oder nicht verhindert wurde, machte es schwierig festzustellen, ob Angriffe auf Journalisten auf gewöhnliche kriminelle Aktivitäten zurückzuführen waren oder ob Kriminelle oder andere Personen Medienvertreter als eine Form der Zensur ins Visier nahmen (USDOS 23.4.2024).
Mitglieder unabhängiger Medien und Menschenrechtsaktivisten, die ihre Aktivitäten einschränkten oder einstellten, gaben an, dass sie sich aus Angst vor Repressalien regelmäßig selbst zensierten. Viele Journalisten veröffentlichten ihre Artikel auf ihren persönlichen Blogs und Websites, anstatt sie in den traditionellen Medien zu veröffentlichen (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz sah für die Beleidigung des Präsidenten eine Haftstrafe von sechs bis 30 Monaten ohne Kaution vor, wobei geringere Strafen für die Beleidigung von Beamten mit niedrigerem Rang vorgesehen waren (USDOS 23.4.2024).
Zweck des Verfassungsgesetzes gegen Hass und für politisches Zusammenleben und Toleranz (Hassgesetz) bestand darin, „Frieden und Toleranz zu fördern“. NGOs beobachteten, dass das vage formulierte Gesetz dazu benutzt wurde, Aktivisten für freie Meinungsäußerung und Journalisten zum Schweigen zu bringen. Das Gesetz wurde auch dazu verwendet, ihre Rechte nach ihrer Freilassung einzuschränken, indem internationale Reisen verboten und regelmäßige Gerichtstermine vorgeschrieben wurden (USDOS 23.4.2024).
Die Medien arbeiten in einem stark regulierten und gesetzlich stark eingeschränkten Umfeld. Venezuela profitierte früher von einem lebendigen Zeitungs-, Fernseh- und Radiosektor, aber viele Sender mussten schließen oder ihre Tätigkeit einschränken (FH 2024; vgl. HRW 16.1.2025).
Führende Politiker auf nationaler und bundesstaatlicher Ebene sowie Maduro-nahe Personen schikanierten und schüchterten weiterhin private und oppositionelle Fernsehsender (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025), Medienunternehmen und Journalisten ein, indem sie Drohungen aussprachen, Eigentum beschlagnahmten und administrative und strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen einleiteten (USDOS 23.4.2024).
Das Maduro-Regime unterhält eine staatlich kontrollierte Medieninfrastruktur, die sein politisches und ideologisches Programm fördert (FH 2024).
Ein Gesetz sah vor, dass ungenaue Berichterstattung, die als Störung des öffentlichen Friedens angesehen wurde, mit Gefängnisstrafen von zwei bis fünf Jahren geahndet werden konnte. Die Anforderung, dass Medien nur „wahre“ Informationen verbreiten dürfen, war nicht definiert und ließ politisch motivierte Interpretationen zu (USDOS 23.4.2024).
Verleumdung und üble Nachrede waren Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von einem bis drei Jahren und einer hohen Geldstrafe geahndet wurden. Personen, die mit Maduro sympathisierten, übten Vergeltung gegen Medienorganisationen und Einzelpersonen, die öffentlich Kritik an Maduro oder seiner Politik äußerten (USDOS 23.4.2024).
NGOs stellten fest, dass Vertreter Maduros lieber auf rechtliche Verfahren, finanzielle Sanktionen und Verwaltungsmaßnahmen zurückgreifen, anstatt unliebsame Nachrichtenmedien einfach zu schließen. Vertreter von Maduro übten auch Kontrolle über Inhalte durch Lizenz- und Sendeanforderungen aus. Die Telekommunikationsbehörde National Telecommunications Commission (CONATEL) handelte selektiv bei Anträgen privater Radio- und Fernsehsender auf Erneuerung ihrer Sendefrequenzen, um die Nutzung des Äthers durch Medien, die nicht mit Maduro übereinstimmen, einzuschränken (USDOS 23.4.2024).
Private und öffentliche Radio- und Fernsehsender mussten das ganze Jahr über landesweit verpflichtende Sendungen ausstrahlen, darunter eine tägliche 15-minütige Nachrichtensendung, die über die Aktivitäten der Vertreter Maduros berichtete und diese zusammenfasste (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz erlaubte es der Regierung, Lizenzen auszusetzen oder zu widerrufen, wenn sie solche Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für notwendig erachtete (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz erklärte die Telekommunikation zu einer „Dienstleistung im öffentlichen Interesse“ und ermächtigte die Regierung damit, den Inhalt und die Struktur der Sektoren Radio, Fernsehen und audiovisuelle Produktion zu regulieren (USDOS 23.4.2024). Die staatliche Überwachung blieb weit verbreitet, auch mit Hilfe der Telekommunikationsbehörde National Telecommunications Commission (CONATEL) und des staatlichen Telekommunikationsanbieters Venezuelan National Telephone Company (CANTV) (USDOS 23.4.2024). Die Volksrepublik China hat Berichten zufolge weiterhin Vertretern Maduros Technologie zur Verfügung gestellt, um das soziale, politische und wirtschaftliche Verhalten der Bürger mithilfe der Identitäts- und Heimatkarte (carnet de la patria) zu überwachen. Da die Karte erforderlich war, um Sozialleistungen wie Renten, Medikamente, Lebensmittelkörbe und subventionierten Kraftstoff zu erhalten, hatten die Bürger kaum eine andere Wahl, als die Karte zu beantragen und zu verwenden (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024).
Mit Hilfe von CONATEL führten Maduros Vertreter eine Zensur bei allen großen Internetdienstanbietern ein (USDOS 23.4.2024).
Vertreter von Maduro schränkten den Internetzugang ein oder unterbrachen ihn und zensierten Online-Inhalte (USDOS 23.4.2024). Die China National Electronics Import-Export Company stellte weiterhin Cyber-Support, technische Experten und eine Reihe von Software und Hardware zur Verfügung, um die Online-Zensur aufrechtzuerhalten, Informationen zu kontrollieren und die interne Verbreitung von Inhalten zu verhindern, die von der politischen Führung als unerwünscht eingestuft wurden (USDOS 23.4.2024). Das OHCHR berichtete, dass Sperrungen von Internetdienstanbietern durchgeführt wurden, die von Maduro kontrolliert werden oder sich in Privatbesitz befinden, ohne dass es eine formelle Anordnung oder Benachrichtigung gab (USDOS 23.4.2024).
Laut IPYS (Instituto Prensa y Sociedad de Venezuela) lebten etwa sieben Millionen Menschen, das sind 21 Prozent der Bevölkerung, in „Medienwüsten“ oder „schweigenden Zonen“, also Gebieten, in denen der Zugang zu Informationen unzureichend war. Der Zugang zu Informationen war in Grenzgebieten und Gebieten, in denen indigene Gemeinschaften lebten, am stärksten eingeschränkt, und in diesen Gebieten gab es auch größere Internetbeschränkungen. Darüber hinaus betrachtete IPYS Grenzgebiete aufgrund der Anwesenheit krimineller Gruppen als Hochrisikogebiete für Journalisten (USDOS 23.4.2024).
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) stellten fest, dass Nutzer sozialer Netzwerke bedroht und eingeschüchtert wurden, weil sie auf Facebook, X (ehemals Twitter) und WhatsApp Inhalte veröffentlicht hatten, die Maduro kritisierten (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024).
In der Rangliste der Pressefreiheit 2024 liegt Venezuela auf Platz 156 von 180 gelisteten Staaten, was eine Verbesserung um 3 Plätze gegenüber 2023 darstellt (RSF 2024).
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Vertreter von Maduro schränkten die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024).
Versammlungsfreiheit
Die Verfassung sah das Recht auf friedliche Versammlung vor, aber die Vertreter Maduros unterdrückten oder suspendierten es im Allgemeinen (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Es kommt zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften (FH 2024). Auf 80 Prozent dieser Kundgebungen wurden wirtschaftliche und soziale Rechte eingefordert, oft von Gewerkschaftsmitgliedern, die sich für ihre Arbeitsrechte einsetzten. Die Behörden reagierten häufig mit unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt sowie mit willkürlichen Inhaftierungen (AI 24.4.2024).
Ein öffentliches Dekret aus dem Jahr 2015 regelte das Versammlungsrecht und erteilte den Streitkräften die Befugnis, die öffentliche Ordnung zu kontrollieren. Menschenrechtsgruppen kritisierten das Gesetz, da es den Vertretern Maduros ermöglicht, Demonstranten wegen der Teilnahme an friedlichen Demonstrationen wegen schwerer Verbrechen anzuklagen sowie Organisationen und Personen, die ihnen kritisch gegenüberstehen, zu kriminalisieren (USDOS 23.4.2024).
Proteste und Demonstrationszüge mussten im Voraus von Vertretern Maduros genehmigt werden und waren in ausgewiesenen „Sicherheitszonen“ verboten (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz erkannte das Streikrecht aller Beschäftigten im öffentlichen und privaten Sektor unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen an. Beschäftigte, die sich an legalen Streiks beteiligten, waren vor Strafverfolgung geschützt und ihre Dienstzeit durfte nicht um die Zeit des Streiks gekürzt werden, was jedoch nicht eingehalten wurde (USDOS 23.4.2024).
Vereinigungsfreiheit
Die Verfassung sah Vereinigungsfreiheit und Freiheit von politischer Diskriminierung vor, aber die Vertreter Maduros respektierten diese Rechte nicht (USDOS 23.4.2024).
Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Sektor (mit Ausnahme der Mitglieder der Streitkräfte bzw mit Einschränkungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes) hatten das Recht, Gewerkschaften ihrer Wahl zu gründen und ihnen beizutreten sowie zu streiken (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Das Gesetz sah jedoch mehrere Einschränkungen dieser Rechte vor, und die Vertreter Maduros setzten eine Vielzahl von Mechanismen ein, um die Rechte unabhängiger Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu untergraben (USDOS 23.4.2024).
Die Kontrolle über die Gewerkschaften hat sich von traditionellen, mit der Opposition verbündeten Gewerkschaftsführern auf neue Arbeitnehmerorganisationen verlagert, die oft mit der Regierung verbunden sind. Der Wettbewerb hat zu einem erheblichen Anstieg der Gewalt am Arbeitsplatz beigetragen (FH 2024).
Gewerkschaftsaktivisten berichteten, dass die jährliche Auflage, dem Arbeitsministerium eine Mitgliederliste (mit vollständigen Namen, Privatadresse, Telefonnummer und nationaler Identifikationsnummer) vorzulegen, eine Belastung darstellt und die Vereinigungsfreiheit einschränkt (USDOS 23.4.2024).
Opposition
Es gibt zwar Oppositionskoalitionen und -parteien, aber die regierende PSUV (United Socialist Party of Venezuela) nutzt staatliche Ressourcen sowie Sicherheitskräfte und die Justiz, um Parteien zu zerschlagen, die ihre beherrschende Stellung direkt in Frage stellen (FH 2024).
Die Regierung setzte die Unterdrückung kritischer Stimmen auch 2023 fort (AI 24.4.2024).
Vertreter Maduros nutzten regelmäßig Gesetze gegen kriminelle Vereinigungen und Terrorismusfinanzierung, um politische Gegner zu belasten und ihnen Verbrechen vorzuwerfen (USDOS 23.4.2024). Sie mussten mit willkürlicher Inhaftierung, Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen rechnen (AI 24.4.2024).
Oppositionsführer werden seit langem schikaniert, angegriffen, inhaftiert und auf andere Weise an der Teilnahme an politischen Prozessen gehindert (FH 2024).
Beobachter berichteten, dass Vertreter Maduros das Vermögen politischer Gegner beschlagnahmten, um sie einzuschüchtern und zu bestrafen. Es gab keine Berichte über eine Rückgabe solcher beschlagnahmten Vermögenswerte (USDOS 23.4.2024).
Vertreter Maduros nutzten auch indirekte Mittel wie Cyberangriffe oder Falschmeldungen in den sozialen Medien, um politische Gegner zu diskreditieren (USDOS 23.4.2024).
Ferner schränkten Vertreter Maduros die Bewegungsfreiheit einiger Oppositionsführer ein und verweigerten ihnen zeitweise das Besteigen von Inlandsflügen (USDOS 23.4.2024). Sie beschlagnahmten wiederholt Reisepässe von Journalisten, Oppositionsmitgliedern und legitimen Abgeordneten der Nationalversammlung an den Einreisestellen, ohne eine Erklärung abzugeben, als diese versuchten, das Land zu verlassen (USDOS 23.4.2024).
Politische Oppositionsparteien und PSUV-Dissidenten agierten in einer restriktiven Atmosphäre, die durch Einschüchterung, die Androhung von Strafverfolgung oder Verwaltungssanktionen aufgrund fragwürdiger Anschuldigungen und einen sehr eingeschränkten Zugang zu den Mainstream-Medien gekennzeichnet war (USDOS 23.4.2024).
Obwohl die Unzufriedenheit mit dem Maduro-Regime weit verbreitet ist, hat die Regierung praktisch alle Möglichkeiten für einen politischen Wandel auf nationaler Ebene unterbunden und eine Vielzahl von Taktiken eingesetzt, um Spaltungen innerhalb der Oppositionsbewegung zu erzeugen (FH 2024).
Gegner der Regierung und der PSUV werden routinemäßig inhaftiert und ohne Rücksicht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren strafrechtlich verfolgt, darunter auch Zivilisten und Angehörige der Streitkräfte, die vor Militärgerichte gestellt werden (FH 2024).
Opfer von staatlicher Gewalt haben keine realistische Möglichkeit, Wiedergutmachung zu erlangen (FH 2024). Der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft war ständig bedroht (AI 24.4.2024).
Relevante Bevölkerungsgruppen - Frauen
Frauen hatten laut Verfassung den gleichen Rechtsstatus und die gleichen Rechte wie Männer (USDOS 23.4.2024). Frauen sind jedoch weiterhin mit erheblichen Unterschieden in den Bereichen Bildung, Entlohnung und Beschäftigung konfrontiert und sind von der politisch bedingten Wirtschaftskrise des Landes überproportional betroffen (FH 2024). Frauen und Mädchen hatten auch 2023 nur eingeschränkten Zugang zu angemessener Ernährung sowie Wasser und Sanitäreinrichtungen. Der Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) stellte fest, dass Frauen vermehrt dem Risiko wirtschaftlicher Abhängigkeit in von Missbrauch geprägten Beziehungen ausgesetzt sind und stärker Gefahr laufen, Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden (AI 24.4.2024).
Frauen und Männer waren in der Ehe rechtlich gleichgestellt (USDOS 23.4.2024). Die persönlichen sozialen Freiheiten in Bezug auf Heirat, Scheidung und Sorgerecht werden im Allgemeinen gewahrt (FH 2024).
Das Gesetz sah die Gleichstellung der Geschlechter bei der Ausübung des Rechts auf Arbeit vor. Das Gesetz legte fest, dass Arbeitgeber Frauen in Bezug auf Bezahlung oder Arbeitsbedingungen nicht diskriminieren durften. Dennoch verdienten Frauen für gleichwertige Arbeit weniger als Männer (USDOS 23.4.2024).
Ein Gesetz aus dem Jahr 2007 sollte Gewalt gegen Frauen bekämpfen, doch häusliche Gewalt und Vergewaltigungen sind nach wie vor weit verbreitet (FH 2024).
Das Gesetz stellte die Vergewaltigung von Frauen oder Männern unter Strafe, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe und Vergewaltigung durch den Partner oder einer anderen Form häuslicher und sexueller Gewalt (USDOS 23.4.2024).
Auf Femizid standen 20 bis 25 Jahre Gefängnis, auf schweren Femizid 28 bis 30 Jahre (USDOS 23.4.2024).
Weibliche politische Gefangene berichteten von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte, darunter sexuelle Gewalt, Vergewaltigungsdrohungen und erzwungene Nacktheit (FH 2024).
Vertreter von Maduro schränkten den Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten für Opfer sexueller Gewalt ein, darunter Notfallverhütung und Postexpositionsprophylaxe für die klinische Behandlung von Vergewaltigungen (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz kriminalisierte körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Familie, der Gesellschaft und am Arbeitsplatz, wobei die Strafen für Gewalt in der Partnerschaft erhöht wurden. Das Gesetz sah Strafen von sechs bis 27 Monaten Gefängnis für Täter vor, die Gewalt in der Partnerschaft ausüben. Das Gesetz verpflichtete die Polizei, Gewalt in der Partnerschaft den Justizbehörden zu melden, und das Krankenhauspersonal, die Behörden zu benachrichtigen, wenn Patienten aufgenommen wurden, die Opfer von Gewalt in der Partnerschaft waren (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz führte auch Frauenbüros in örtlichen Polizeirevieren und Gerichten ein, die auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisiert sind, und in zwei Dritteln der Bundesstaaten gab es Sondergerichte für Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt. NRO berichteten, dass diese Gerichte und Polizeieinheiten bei der Behandlung von Geschlechterfragen und der Durchsetzung von Gerechtigkeit in der Regel ineffektiv sind (USDOS 23.4.2024).
Die Abteilung der Staatsanwaltschaft für Frauenverteidigung beschäftigte ein Team aus Anwälten, Psychiatern und anderen Experten, die sich ausschließlich mit Fällen von Femizid, geschlechtsspezifischer Gewalt und anderen Verbrechen gegen Frauen befassten (USDOS 23.4.2024).
Die Durchsetzung von Gesetzen und der Zugang zur Justiz waren jedoch eingeschränkt und der Schutz und andere Ressourcen für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt waren unzureichend (USDOS 23.4.2024).
CEDAW (Committee on the Elimination of Discrimination Against Women) kritisierte, dass es landesweit nur fünf Notunterkünfte für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt gab (AI 24.4.2024) und die fünf Unterkünfte für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen im Land nicht den Anforderungen des Gesetzes über das Recht der Frau auf ein gewaltfreies Leben entsprachen. Die meisten Unterstützungsleistungen für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt wurden von NGOs erbracht (USDOS 23.4.2024).
Sexuelle Belästigung war illegal und wurde mit Geldstrafen und einer Gefängnisstrafe von einem bis drei Jahren geahndet. Obwohl sie laut Medienberichten am Arbeitsplatz weit verbreitet war, wurden Fälle sexueller Belästigung selten gemeldet (USDOS 23.4.2024).
74 zivilgesellschaftliche Organisationen berichteten im August 2023 über Belästigungen und politische Gewalt, von denen Frauen, die ein öffentliches Amt anstrebten, unverhältnismäßig stark betroffen waren. Zu den Aktionen gegen Frauen gehörten Morddrohungen, körperliche Angriffe und andere Formen der Einschüchterung (USDOS 23.4.2024).
Obwohl mehrere Frauen Führungspositionen in der Regierung innehaben, mangelt es an politischen Diskussionen über Themen, die in erster Linie Frauen betreffen (FH 2024).
Abtreibung ist kriminalisiert, außer wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist (HRW 16.1.2025; vgl. FH 2024).
Bewegungsfreiheit
Die Verfassung sah das Recht auf Inlandsreisen, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr vor; Vertreter Maduros respektierten diese Rechte jedoch nicht. Mehrere Menschenrechtsverteidiger berichteten, dass Sicherheitsbeamte sie bei der Aus- oder Einreise festnahmen und verhörten, insbesondere bei Reisen in die oder aus den Vereinigten Staaten (USDOS 23.4.2024).
Die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes ist durch Bedrohungen der physischen Sicherheit in einigen Teilen des Landes eingeschränkt (FH 2024).
Vertreter Maduros schränkten die Bewegungsfreiheit einiger Oppositionsführer ein und verweigerten ihnen zeitweise das Besteigen von Inlandsflügen (USDOS 23.4.2024).
Vertreter Maduros beschlagnahmten wiederholt Reisepässe von Journalisten, Oppositionsmitgliedern und legitimen Abgeordneten der Nationalversammlung an den Einreisestellen, ohne eine Erklärung abzugeben, als diese versuchten, das Land zu verlassen (USDOS 23.4.2024).
Flüchtlinge
Vertreter Maduros arbeiteten nicht mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen oder Asylbewerbern sowie anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz sah die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor, und es gab ein etabliertes System zum Schutz von Flüchtlingen, obwohl Verzögerungen im System Missbrauch durch Privatpersonen und Vertreter des Staates ermöglichten (USDOS 23.4.2024). Das Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus wurde von der Nationalen Flüchtlingskommission verwaltet (USDOS 23.4.2024).
Asylsuchende ohne gültige Aufenthaltserlaubnis hatten begrenzten Zugang zu Bildungs- und Gesundheitssystemen. Der Mangel an Dokumenten erschwerte es erheblich, ausreichenden Schutz und eine langfristige Integration zu erreichen (USDOS 23.4.2024).
Es gab glaubwürdige Berichte, dass die Regierung den Flüchtlingen nach der offiziellen Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus Einschränkungen hinsichtlich ihrer Arbeitsfähigkeit auferlegte. Flüchtlinge ohne gültige Aufenthaltserlaubnis hatten nur begrenzten Zugang zum formellen Arbeitsmarkt (USDOS 23.4.2024).
Grundversorgung und Wirtschaft
Über 20 Millionen der 28,8 Millionen Venezolaner leben in Armut und haben nur unzureichenden Zugang zu lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen, darunter Lebensmittel und grundlegende Medikamente (HRW 16.1.2025). Ein außergewöhnlich hoher Anteil der Einwohner (88%) zählt zur urbanen Bevölkerung. Allein jeder neunte Einwohner lebt in Caracas (laenderdaten.info 2.2025).
74,5 Prozent aller Haushalte hatten 2023 keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser (AI 24.4.2024; vgl. EDA 18.2.2025). Soweit Wasser über öffentliche Versorgungsnetze verfügbar ist, wird dieses nicht in Trinkwasserqualität bereitgestellt (AA 18.2.2025).
Die Versorgung der Haushalte mit Gas ist prekär. Mit Benzinknappheit muss ebenso jederzeit gerechnet werden, insbesondere außerhalb der Region um die Hauptstadt Caracas (AA 18.2.2025; vgl. EDA 18.2.2025). Ebenso besteht ein Engpass bei der Stromversorgung (EDA 18.2.2025).
Güter des täglichen Bedarfs und Medikamente können über längere Zeiträume nicht verfügbar sein, insbesondere in ländlichen Gegenden (EDA 18.2.2025). Aufgrund von Inflation und einem alarmierenden Kaufkraftschwund waren Güter und Dienste des täglichen Bedarfs kaum noch erschwinglich, was für den Großteil der Bevölkerung eine schwere humanitäre Krise bedeutete, insbesondere für Menschen außerhalb der Hauptstadt Caracas (AI 24.4.2024).
In Venezuela sind 5,1 Millionen Menschen von Hunger betroffen (HRW 16.1.2025).
Das Maduro-Regime ist zunehmend auf wirtschaftliche, medizinische, militärische und andere Unterstützung durch ausländische Verbündete angewiesen, insbesondere durch die Regierungen Russlands, Kubas, der Türkei und des Iran (FH 2024).
Die Inflationsrate betrug 2024 geschätzt 59,6 Prozent (WKO 10.2024). 2023 betrug die Inflationsrate 337,5 Prozent (WKO 10.2024).
Die Arbeitslosenrate betrug 2023 geschätzte 5,5 Prozent (CIA 12.2.2025; vgl. laenderdaten.info 2.2025, WKO 10.2024).
Das Gesetz sah einen Mindestlohn für alle Sektoren vor. Der nationale Mindestlohn lag unter der Armutsgrenze. Der Mindestlohn und andere Leistungen wurden durch Erlasse festgelegt (USDOS 23.4.2024).
Laut Angaben der gewerkschaftlichen Organisation Centro de Documentación y Análisis Social de la Federación Venezolana de Maestros (Cendas-FVM) kostete der monatliche Warenkorb mit Grundnahrungsmitteln für eine fünfköpfige Familie im Oktober 2023 ungefähr 494 US-Dollar (etwa 450 Euro). Gleichzeitig betrug der monatliche Mindestlohn gerade einmal 3,67 US-Dollar (etwa 3,37 Euro), wodurch der Großteil der Bevölkerung unter starker Ernährungsunsicherheit litt (AI 24.4.2024).
Das Gesetz sah Tarifverhandlungen vor und laut Gesetz konnten Arbeitgeber einen Tarifvertrag nur mit Gewerkschaften aushandeln, die die Mehrheit ihrer Arbeitnehmer vertraten (USDOS 23.4.2024).
Arbeitsplätze mussten „den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Arbeitnehmer vor allen gefährlichen Arbeitsbedingungen“ gewährleisten. Die Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz waren für die wichtigsten Branchen nicht angemessen (USDOS 23.4.2024). Die Bedingungen im Bergbausektor waren besonders gefährlich. NRO und Medien berichteten über gefährliche Bedingungen in Bergwerken, von denen viele illegal betrieben wurden und die Bergleute Verletzungen, Krankheiten und Quecksilbervergiftungen aussetzten (USDOS 23.4.2024).
Der Orinoco-Bergbau-Bogen war das Zentrum des illegalen Bergbaus und Goldschmuggels (USDOS 23.4.2024). Illegal abgebautes venezolanisches Gold wird nach Brasilien, Kolumbien und in die Dominikanische Republik geschmuggelt und von dort aus in andere Länder exportiert (HRW 16.1.2025).
Sozialbeihilfen
Das venezolanische Institut für soziale Sicherheit bietet ein umfassendes Sozialversicherungssystem, das Renten-, Berufsunfähigkeits-, Arbeitslosen-, Unfall-, Kranken- und Lebensversicherungen umfasst. Das umlagefinanzierte System wird stark vom Staat subventioniert. Beiträge sind im formellen Sektor obligatorisch (BS 2024).
Das System besteht aus einer Reihe von Programmen, sozialen Aufgaben, Institutionen und öffentlichen Maßnahmen, die darauf abzielen, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Ernährung, Wohnen, soziale Sicherheit und anderen Bereichen zu befriedigen (IOM 8.2024).
Das venezolanische Rentensystem, das von der IVSS (Venezolanisches Institut für soziale Sicherheit) verwaltet wird, bietet verschiedene Arten von Renten an, unter anderem: Altersrente, Invaliditätsrente, Hinterbliebenenrente, Betriebsrente sowie andere Sonderrenten (IOM 8.2024).
In Venezuela gibt es verschiedene Arten von Versicherungen, die medizinische Kosten abdecken können: Öffentliche Sozialversicherung: Es handelt sich um eine öffentliche Versicherung, die Arbeitnehmer und deren Angehörige abdeckt. Diese Versicherung bietet eine grundlegende Gesundheitsversorgung, einschließlich medizinischer Grundversorgung, Krankenhausaufenthalt und einiger Medikamente. Private Krankenversicherungen: Auf dem venezolanischen Markt gibt es eine große Auswahl an privaten Krankenversicherungen. Diese Versicherungen bieten ein breites Spektrum an Leistungen (IOM 8.2024).
Die Patienten müssen einen erheblichen Teil der Kosten für die medizinische Versorgung in Venezuela selbst tragen, selbst wenn sie krankenversichert sind. Das liegt daran, dass die Versicherung in der Regel nicht die Gesamtkosten der Leistungen abdeckt und die Patienten für Zuzahlungen, Selbstbeteiligungen und andere zusätzliche Kosten aufkommen müssen (IOM 8.2024).
Gegenwärtig gibt es in Venezuela keine Organisationen, die Unterstützungsdienste für Arbeitslose anbieten oder Datenbanken für Arbeitssuchende führen (IOM 8.2024).
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung ist in öffentlichen Krankenhäusern aufgrund fehlenden Personals, Engpässen in der Versorgung mit Medikamenten sowie aufgrund der hygienischen Verhältnisse kaum gewährleistet (EDA 18.2.2025; vgl. AA 18.2.2025, BMEIA 18.2.2025b). Die Verfügbarkeit von medizinischen Zentren und Ärzten in Venezuela variiert je nach Region und sozioökonomischem Niveau (IOM 8.2024).
Die Verfügbarkeit von Medikamenten in Venezuela hat sich in den letzten Jahren aufgrund der Wirtschaftskrise zu einem erheblichen Problem entwickelt. Der Mangel an Arzneimitteln im Land ist unterschiedlich groß, und die ständige Verfügbarkeit bestimmter Medikamente, insbesondere zur Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes, HIV und anderen chronischen Krankheiten, kann nicht garantiert werden (IOM 8.2024).
Im privaten Sektor ist in der Hauptstadt Caracas auf vielen Gebieten eine gute medizinische Versorgung gegeben (AA 18.2.2025).
Das venezolanische Gesundheitssystem besteht aus einem Netz öffentlicher und privater Einrichtungen, die Gesundheitsdienste für die Bevölkerung anbieten. Der öffentliche Gesundheitssektor in Venezuela ist seit jeher der wichtigste Anbieter von Gesundheitsdiensten für die Bevölkerung, aber ein weit verbreiteter Mangel an medizinischem Material, Medikamenten und qualifiziertem Personal wirkt sich negativ auf die Qualität der Versorgung aus, weshalb der private Gesundheitssektor eine immer wichtigere Rolle in der Gesundheitsversorgung in Venezuela spielt (IOM 8.2024).
Im März 2024 schätzte die venezolanische humanitäre Organisation Convite, dass in 28,4 Prozent der Apotheken des Landes zumindest einige lebenswichtige Medikamente nicht verfügbar waren, und mehrere der verfügbaren Medikamente waren für viele unerschwinglich (HRW 16.1.2025).
In 72,4 Prozent der öffentlichen Gesundheitszentren mangelte es im Jahr 2023 an Medikamenten, Geräten und Personal, und 88,9 Prozent der öffentlichen Gesundheitsdienste waren nicht funktionsfähig (AI 24.4.2024).
In Caracas sind gängige Medikamente in vielen Apotheken verfügbar (AA 18.2.2025).
Rückkehr
Vertreter Maduros arbeiteten nicht mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um zurückkehrenden Flüchtlingen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 23.4.2024).
Die Verfassung sah das Recht auf Rückkehr in das Heimatland vor. Vertreter Maduros respektierten diese Rechte jedoch nicht (USDOS 23.4.2024).
Das „EU Reintegration Programme“ (EURP) bietet in Kooperation mit einer lokalen Partnerorganisation Unterstützung bei der Reintegration nach der Rückkehr in das Heimatland (BBU GmbH 2025).
Dokumente
Es war nach wie vor schwierig, einen Reisepass zu erhalten. Die Kosten für einen Reisepass beliefen sich auf etwa 5.300 Bolivar (216 US-Dollar), was für viele Bürger zu teuer war (USDOS 23.4.2024).
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den zum Großteil nachvollziehbaren Angaben der BF bei ihrer Erstbefragung, bei der Einvernahme durch das BFA, in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zur Identität, Staats- und Religionszugehörigkeit und Familienstand der BF ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Zudem befindet sich im Verwaltungsakt eine Kopie ihres venezolanischen Reisepasses, deren Echtheit nicht in Zweifel steht.
Ihre spanischen Sprachkenntnisse sind aufgrund ihrer Herkunft plausibel.
Die Feststellungen zu den familiären, persönlichen und beruflichen Verhältnissen beruhen auf ihren insoweit plausiblen und nachvollziehbaren Angaben bei der Einvernahme vor der Polizei, vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zur Schulausbildung, Studium sowie Berufserfahrung der BF im Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben der BF vor dem BFA.
Die Feststellungen zur Ausreise aus Argentinien, zur Einreise und zum Aufenthalt der BF in Österreich sowie zur Antragstellung auf internationalen Schutz beruhen auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.
Die Wohnsitzmeldungen gehen aus dem Zentralen Melderegister hervor.
Es sind keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme hervorgekommen.
Ihre Arbeitsfähigkeit folgt aus ihrem erwerbsfähigen Alter sowie der Tatsache, dass sie derzeit im Bundesgebiet beschäftigt ist.
Die Erwerbstätigkeit der BF ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde ein Arbeitsvertrag vorgelegt, aus welchem die Höhe des Gehaltes hervorgeht. Aus dem Speicherauszug des GVS-Betreuungsinformationssystems ergibt sich, dass die BF keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF in Österreich wird durch die Einsicht in das Strafregister belegt.
Im Akt befindet sich ein Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Integrationsprüfung auf dem Sprachniveau A1.
Die Feststellungen zur Situation der BF in Österreich und zu ihren familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben der BF bei der Einvernahme durch das BFA und in der mündlichen Verhandlung. Zudem wurde Einsicht genommen in das Familienverfahren ihrer Tochter zu GZ: G316 2305567-1, 2305563-1, 2305565-1.
Es gibt keine Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende soziale Anbindungen der BF im Inland oder für weitere Integrationsbemühungen.
Die Feststellungen, dass die BF bei ihrer Rückkehr nach Venezuela keine Sanktionen zu befürchten hat, dort nicht strafrechtlich oder politisch verfolgt wird und dass keine Probleme mit den dortigen Behörden bestehen, beruhen auf den Feststellungen zur allgemeinen Lage sowie auf den entsprechenden Aussagen der BF.
Das Vorbringen der BF zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates beruht auf den Angaben der BF in der Erstbefragung, in der Einvernahme vor dem BFA, den Ausführungen in der Beschwerde sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Es sind keine Hinweise für eine Verfolgung der BF durch staatliche Stellen in Venezuela aktenkundig.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage in Venezuela beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation, die seitens des BVwG eingeholt wurden (Stand 18.02.2025). Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise, soweit entscheidungswesentlich, wiedergegeben.
Das BVwG hat der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine Stellungnahme abzugeben.
In der Stellungnahme vom 17.06.2025 wurde dazu zusammengefasst vorgebracht, dass die BF von einer regierungsnahen Gruppierung den sogenannten Colectivos verfolgt und bedroht worden sei. Die Länderberichte würden von einer Straflosigkeit in Venezuela gegenüber Verbrechen dieser Gruppierung berichten. Die BF habe an Demonstrationen gegen das venezolanische Regime teilgenommen. Bei einer Rückkehr nach Venezuela würde der venezolanische Staat, der die Colectivos gezielt zur Einschüchterung und Verfolgung seiner Bürger einsetze, der BF keinen Schutz vor Verfolgung bieten.
Die in der Beschwerde auszugsweise wiedergegebenen Berichte vermögen die Glaubwürdigkeit der getroffenen Länderfeststellungen nicht zu erschüttern, zumal diese allfällige Missstände im dortigen Sicherheitssystem, insbesondere im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen und Korruption, sowie die prekäre Versorgungslage nicht aussparen, sondern ebenfalls aufzeigen.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keine Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
Das erkennende Gericht schließt sich im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an, wonach sich dieses Vorbringen als nicht glaubhaft erweist.
Die BF gab als Fluchtgrund im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sie gegen das diktatorische Regime in Venezuela sei, und ihr Schwiegersohn sowie ihr Tochter mit dem Tode bedroht worden seien. Zudem hätten bewaffnete Männer ihre Wohnung durchsucht und nach ihrer Tochter sowie den Schwiegersohn gefragt.
Das Vorbringen der BF erscheint nicht glaubhaft, da sie ihre Fluchtgeschichte massiv steigerte. Vor dem BFA gab sie zunächst an, gegen das diktatorische Regime zu sein, aber keiner politischen Partei anzugehören, nicht politisch tätig gewesen zu sein und bei Demonstrationen die Demonstranten lediglich mit Getränken unterstützt zu haben sowie als Zeuge an der Wahlurne gewesen zu sein. In der mündlichen Verhandlung hingegen, widersprach sie diesen Aussagen massiv, da sie behauptete Mitglied der Opposition gewesen zu sein, seit 2002 an Demonstrationen und Protesten teilgenommen zu haben. Sie sei dort sogar registriert worden und es gebe Fotos von der Teilnahme an den Demonstrationen.
Wenngleich sich aus den Länderberichten hinsichtlich der Verfolgung von Demonstranten ergibt, dass diese nach den Präsidentschaftswahlen tatsächlich stattfand, so ergeben sich aufgrund der bisherigen Angaben der BF dennoch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens.
Die politische Lage ist in Venezuela zwar angespannt, die BF gab jedoch selbst gegenüber dem BFA an, kein Mitglied der Oppositionspartei und auch nicht politisch aktiv gewesen zu sein. Auch war sie nie in einer exponierten Stellung tätig. Eine Gesamtbetrachtung der Angaben der BF zeigt, dass sie nicht beharrlich für politische Überzeugungen eingetreten ist.
Die Tatsache, dass jemand eine politische Überzeugung vertritt, die von der durch die Regierung vertretenen abweicht, ist an sich noch kein Grund, die Flüchtlingseigenschaft zu beanspruchen. Vielmehr muss der Antragsteller oder die Antragstellerin dartun können, dass er bzw. sie aufgrund dieser Überzeugung Furcht vor Verfolgung hat. Dies setzt voraus, dass Ansichten vertreten werden, die von den Behörden nicht toleriert werden, und dass diese den Behörden zur Kenntnis gelangt sind oder dem Antragsteller bzw. der Antragstellerin von diesen unterstellt werden. Bei der Beurteilung ist auch relevant, welchen Stellenwert der Antragsteller oder die Antragstellerin seiner bzw. ihrer Überzeugung zumisst und mit welcher Beharrlichkeit er oder sie dafür eingetreten ist (siehe UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, nichtamtliche Übersetzung, Neuauflage Dezember 2003, https://www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/ 27/2017/04/UNHCR-Handbuch.pdf [Zugriff am 15.03.2023], Seite 21 f).
Zur Bedrohung ihrer Tochter und Schwiegersohn wird festgehalten, dass dieses Fluchtvorbringen in den Beschwerdeverfahren zu GZ: G316 2305567-1/6E, G316 2305563-1/7E sowie GZ: G316 2305565-1/6E als nicht glaubhaft gewertet wurde und die Beschwerden der Tochter und des Schwiegersohnes gegen Spruchpunkt I. allesamt als unbegründet abgewiesen wurden.
Der von der BF geschilderte Vorfall mit drei unbekannten Männern (Colectivos) stellen auch keine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe dar (Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe), zumal es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Schutzfähigkeit oder -willigkeit der staatlichen Behörden in Venezuela gibt.
Auch wenn den herangezogenen Länderberichten zu entnehmen ist, dass es sich bei den Colectivos um bewaffnete, regierungstreue Gruppierungen handelt, denen eine hervorgehobene Rolle bei der Bedrohung und Einschüchterung der regierungskritischen Bevölkerung sowie der Unterdrückung von Protesten zukommt, musste dem Vorbringen der BF aufgrund von zahlreichen Widersprüchen und unplausiblen Angaben die Glaubhaftigkeit versagt werden.
Die Zeit zwischen den Drohanrufen bzw. dem Vorfall mit den unbekannten Männern und dem Verlassen ihres Herkunftsstaates ist zu lange, um daraus auf einen Konnex zwischen diesem Vorfall und einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung ableiten zu können. Die BF gab nämlich in der mündlichen Verhandlung an, dass sie seit 2018 überwiegend in Argentinien lebte, und lediglich im Jahr 2020 ihre Mutter in Venezuela besuchte sowie im Jahr 2022 ihre Wohnung für den damals erkrankten Ex-Ehemann vorbereitete. Zu diesem Zeitpunkt habe ihre Tochter Drohanrufe erhalten und die BF sei daraufhin von unbekannten Männern in ihrer Wohnung in Venezuela aufgesucht worden. Zwischen diesen Vorfällen im Jahr 2023 mangelt es somit am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise der BF im Dezember 2023, weswegen dieser Bedrohung allein schon aus diesem Grund keine Asylrelevanz zukommen kann. Die Voraussetzung der wohlbegründeten Furcht wird nämlich in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0430, siehe auch VwGH 30.08.2007, 2006/19/0400-6).
Es sind aus dem gesamten Vorbringen auch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, dass sich die BF zu irgendeinem Zeitpunkt in einer derart ernsten Situation befunden hätte, dass sie Venezuela „fluchtartig“, also unverzüglich und im Wesentlichen unvorbereitet, verlassen hätte müssen, um so einer ihr unmittelbar drohenden Verfolgungsgefahr zu entgehen, zumal sie bereits seit 2018 überwiegend in Argentinien lebte.
Auch aus dem Umstand, dass die BF nicht in Argentinien verblieben ist, obwohl sie dort keinerlei Drohungen ausgesetzt gewesen war, und dort bereits mehrere Jahre lebte, sowie auf ihrer Reise nach Österreich durch Spanien reiste, dort aber keinen Schutz beantragte, und auch nicht gleich nach ihrer Einreise ins Bundesgebiet einen Asylantrag stellte, stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass es der BF nicht tatsächlich um (internationalen) Schutz geht, sondern andere Motive, die nicht im Asylrecht ihre Grundlage haben, kausal für die Antragstellung in Österreich waren. Bei einer tatsächlichen asylrelevanten Verfolgung in Venezuela hätte die BF wohl schon bei erster Gelegenheit, zumindest gleich nach der Ankunft in Spanien bzw. Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Vorbringen der BF zu den Fluchtgründen bzw. zur behaupteten Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr letztlich den an die Glaubhaftmachung im Sinne der GFK gestellten Anforderungen nicht genügte, um auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer aktuellen Verfolgungsgefahr oder einer sonstigen asylrelevanten Gefährdung ausgehen zu können.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Eingangs wird festgehalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen Spruchpunkt I. richtet.
Zu Spruchpunkt I. des angeochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974, kurz GFK) droht.
Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Die Aufzählung der sogenannten „Konventionsgründe“ ist abschließend.
Unter „Verfolgung“ ist ein ungerechtfertigter Eingriff in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350), dessen Intensität es dem Betroffenen unzumutbar macht, den Schutz seines Heimatstaats in Anspruch zu nehmen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0092).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrechtliche Intensität erreichenden – Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuletzt VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).
Zentraler Aspekt der Verfolgung im Herkunftsstaat iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Dabei ist der reale Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte zu berücksichtigen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen (VwGH 16.02.2016, Ra 2014/20/0165).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.10.2009, Zl. 2006/01/0793 mwN; 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann), die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Eine gegen die BF gerichtete und vom Herkunftsstaat ausgehende oder diesem zurechenbare Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Sinne der GFK wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem BVwG glaubhaft gemacht. Die BF hat im gesamten Verfahren überdies das Vorliegen allfälliger Probleme mit staatlichen Behörden des Herkunftsstaates ausdrücklich verneint.
Insoweit von der BF zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat vorgebracht wurde, dass ihr Verfolgung durch die regierungsnahe Gruppierung „Colectivos“ drohe, ist festzuhalten, dass auch bei Wahrunterstellung und Annahme der Glaubhaftigkeit diese Verfolgung weder in einem kausalen Zusammenhang mit einem in der GFK abschließend genannten Verfolgungsgründe stünde, noch dass diese Verfolgung von staatlichen Organen ausgehen würde oder dem Herkunftsstaat sonst zurechenbar wäre.
Eine von nichtstaatlichen Akteuren bzw. privaten Personen ausgehende Bedrohung oder Auseinandersetzung, deren Ursache nicht im Zusammenhang mit einem der in der GFK abschließend angeführten Verfolgungsgründe steht, sondern aus anderen Beweggründen besteht, etwa aus kriminellen Motiven, aber auch persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Beweggründen, stellt hingegen keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Eine nur auf kriminellen Motiven beruhende Verfolgung kann keinem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe zugeordnet werden und vermag eine Asylgewährung grundsätzlich nicht zu rechtfertigen (vgl. VwGH 26.11.2014, Ra 2014/19/0059 u.a. mwN).
Auch einer auf keinem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung durch Private kann aber asylrelevanter Charakter zukommen. Dies allerdings nur dann, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 30.09.2022, Ra 2022/20/0111, mwN). Das hat auch für die nach Art. 7 Abs. 1 lit. b StatusRL die Eignung zum Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden aufweisenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, zu gelten (VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491).
Es ist daher zu prüfen, ob der venezolanische Staat willens und in der Lage ist, die BF vor Übergriffen von Privatpersonen zu schützen. Dies ist grundsätzlich bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems, an dem der Asylwerber wirksam teilhaben kann, gewährleistet, wenn also der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen, und der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die staatlichen Institutionen von Venezuela im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen tatsächlich weder schutzfähig noch schutzwillig wären, sind – wie den Ausführungen in der Beweiswürdigung zu entnehmen ist -weder aus dem Parteivorbringen noch den Länderberichten ersichtlich.
Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191). Es wurde auch nicht konkret dargelegt, dass bzw. weshalb der BF in ihrem Herkunftsstaat kein staatlicher Schutz vor der behaupteten privaten Verfolgung zuteilwerden könnte (vgl. VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0094).
Dass die staatlichen Stellen von Venezuela, insbesondere die Sicherheits- und Justizbehörden, entgegen den diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen überhaupt nicht in der Lage oder nicht willens wären, die BF vor den behaupteten Bedrohungen angemessenen Schutz zu bieten, ist auch sonst nicht hervorgekommen. Aus den getroffenen Feststellungen zur Lage in Venezuela geht hervor, dass dort ein System der polizeilichen Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung und einer unabhängigen Gerichtsbarkeit eingerichtet ist. Die BF konnte nachhaltige Defizite der Schutzfähigkeit und Schutzbereitschaft der Behörden und Gerichte des Herkunftsstaates nicht aufzeigen.
Die BF brachte zwar vor, dass eine Schutzfähigkeit bzw. eine Schutzwilligkeit des venezolanischen Staates nicht gegeben seien, zumal sie erfolglos versucht habe eine Anzeige zu erstatten, wie jedoch bereits beweiswürdigend ausführlich festgehalten wurde, hat die BF nicht glaubhaft darlegen können, dass speziell sie keinen Zugang zu dem in Venezuela grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätte. Nachhaltige Defizite der Schutzfähigkeit und Schutzbereitschaft der Behörden und Gerichte des Herkunftsstaates wurden – wie den Erwägungen in der Beweiswürdigung zu entnehmen ist – nicht aufgezeigt.
Es war daher auch anzunehmen, dass die BF ihren Herkunftsstaat wegen ihrer zum Zeitpunkt der Ausreise bestehenden persönlichen Situation, insbesondere um bei ihren Kindern zu sein sowie in der Absicht, im Ausland bessere Lebensbedingungen anzutreffen, verlassen hat.
Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen jedoch keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Der bloße Wunsch, in Österreich ein besseres Leben zum Beispiel aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt sowie zu Sozialleistungen zu haben, vermag die Gewährung von Asyl nicht zu rechtfertigen.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die BF nach ihrer Rückkehr nach Venezuela von den dortigen Behörden ausreichend Schutz vor Verfolgung durch die „Colectivos“ und der Zufügung ernsthafter Schäden erhalten wird. Ein lückenloser Schutz vor Diskriminierung und vor Übergriffen ist weder in Österreich noch in Venezuela möglich.
Da auch sonst keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass keine solche besteht. In einer Gesamtwürdigung des Vorbringens war davon auszugehen, dass vor allem der Wunsch, in Österreich bessere Lebensbedingungen anzutreffen, zur Stellung des Asylantrages führten.
Da die BF somit keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht hat, ist die ausschließlich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In der Beschwerde finden sich keine Hinweise auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.