Spruch
W251 2306905-1/3E
W251 2306905-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika GLATZ über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom vom 24.01.2025, Zl 1320604007-222601369, wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass dieser zu lauten hat:
„Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 06.08.2024 wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG abgewiesen“
II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom vom 28.05.2024, Zl 1320604007-222601369, wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 22.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 28.05.2024, dem Beschwerdeführer zugestellt am 04.06.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze abgewiesen, dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgesetzt.
Der Beschwerdeführer nahm Kontakt zu seinem Rechtsberater auf, erschien jedoch zum vereinbarten Termin am 25.06.2024 nicht. Der Beschwerdeführer reiste bereits zuvor nach Deutschland aus. Er wurde am 21.06.2024 in Deutschland erkennungsdienstlich behandelt.
Nach Durchführung eines Dublinverfahrens wurde der Beschwerdeführer am 23.07.2024 von Deutschland wieder nach Österreich überstellt.
Der Beschwerdeführer brachte am 06.08.2024, durch seinen Vertreter, eine Beschwerde beim Bundesamt ein, mit der ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden ist. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass ihn nach Erhalt des negativen Bescheides eine „Art Panikattacke“ ereilt habe, im Zuge derer er als einzigen Ausweg eine Ausreise nach Deutschland sah. Nachdem er von Deutschland wieder nach Österreich zurücküberstellt worden sei, habe er sich an eine Betreuerin gewandt. Diese habe einen Termin zur Rechtsberatung am 02.08.2024 organisiert und am 06.08.2024 sei die gegenständliche Beschwerde mit dem gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand eingebracht worden. Er habe es durch die Panikattacke, die ihn – ohne sich der Rechtsfolgen bewusst zu sein – nach Deutschland habe ausreisen lassen, verabsäumt rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.05.2024 zu erheben.
Mit Bescheid vom 24.01.2025 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Das Bundesamt führte dazu im Wesentlichen aus, dass vom Beschwerdeführer keine Bescheinigungsmittel betreffend seinen gesundheitlichen Zustand (eine Art Panikattacke) aber auch sonst keine Bescheinigungsmittel vorgelegt worden seien. Es sei zudem dem Antrag des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, ab wann das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis weggefallen sei. Da der Bescheid am 04.06.2024 persönlich ausgefolgt worden sei, seien dem Beschwerdeführer die Rechtsfolgen bewusst und bekannt gewesen. Die Frist zur Erhebung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betrage 14 Tage und beginne mit dem Wegfall des Hindernisses zu laufen. Da eine Panikattacke nur kurz anhalte, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung verspätet. Nur wenn der Aufenthalt in Deutschland als Hindernis für die Erhebung der Beschwerde betrachtet werde, sei der Antrag zwar noch rechtzeitig, da dieser am letzten Tag der Frist eingebracht worden sei. Dieser sei jedoch nicht berechtigt, da der Beschwerdeführer auch telefonisch aus Deutschland einen Vertreter mit der Erhebung einer Beschwerde beauftragen habe können. Der Beschwerdeführer habe auch selber per E-Mail eine Beschwerde aus Deutschland einbringen oder eine Freund damit beauftragen können. Zudem trifft die beschwerdeführende Partei jedenfalls ein grobes Verschulden, da diese die zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid ebenfalls Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er aufgrund einer „Art Panikattacke“ nach Deutschland ausgereist sei, ohne sich der Rechtsfolgen bewusst zu sein. Dadurch habe er es verabsäumt rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.05.2024 zu erheben. Die Panikattacke sei ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis gewesen, zudem treffe ihn an diesem Ereignis auch keine Schuld. Erst bei der Bescheidberatung am 02.08.2024 habe der Beschwerdeführer schließlich auch intellektuell verinnerlicht, dass es ihm möglich gewesen wäre sich gegen den Bescheid vom 28.05.2024 mit juristischen Mitteln zu wehren. Er sei in Deutschland auch nicht über die rechtliche Situation in Österreich aufgeklärt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 22.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Beschwerdeführer wartete den Ausgang des Asylverfahrens nicht ab, sondern reiste nach Deutschland weiter. Dort wurde er am 31.08.2022 erkennungsdienstlich behandelt und am 09.01.2023, nach Durchführung eines Dublinverfahrens, zurück nach Österreich überstellt.
Der Beschwerdeführer wurde am 10.01.2024 vom Bundesamt zu seinem Asylantrag einvernommen.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.05.2024, dem Beschwerdeführer zugestellt am 04.06.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen, dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgesetzt.
Mit Bescheid vom 28.05.2024 wurde dem Beschwerdeführer ein Informationsblatt über die Rechtsberatung sowie eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise, die jeweils auch in der Sprache des Beschwerdeführers verfasst waren, ausgefolgt. Der Bescheid vom 28.05.2024 enthielt auch eine Rechtsmittelbelehrung in der Sprache des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer nahm Kontakt zu seinem Rechtsberater auf um sich über die weiteren rechtlichen Möglichkeiten beraten zu lassen. Er wartete den Rechtsberatungstermin vom 25.06.2024 jedoch nicht ab und er erschien nicht zur Rechtsberatung. Der Beschwerdeführer reiste bereits zuvor nach Deutschland aus.
Der Beschwerdeführer wurde am 21.06.2024 in Deutschland erkennungsdienstlich behandelt. Nach Durchführung eines Dublinverfahrens wurde der Beschwerdeführer am 23.07.2024 von Deutschland wieder nach Österreich überstellt.
Der Beschwerdeführer vereinbarte nach seiner Ankunft in Österreich über eine Betreuerin erneut einen Rechtsberatungstermin bei seinem Rechtsberater, der am 02.08.2024 auch stattfand.
Am 06.08.2024 brachte der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 28.05.2024 Beschwerde beim Bundesamt ein, die er mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung verband. Dem Antrag waren keine Bescheinigungsmittel über eine „Art von Panikattacke“ beigelegt.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung, des Verfahrensablaufes, der Erlassung der genannten Bescheide und der Beschwerden, ergeben sich aus den im Akt befindlichen Bescheiden, dem Zustellnachweis, den Unterlagen zu den Dublinverfahren sowie den eingebrachten Beschwerden. Diese Akteninhalte sind unbedenklich und unzweifelhaft.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
3.1.1. § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet auszugsweise:
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
3.1.2. Wesentliche Judikatur:
Die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze sind grundsätzlich auf § 33 VwGVG 2014 übertragbar (VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).
Es besteht eine Verpflichtung des Wiedereinsetzungswerbers zur Konkretisierung aller Umstände, die es ermöglichen, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen. Der Wiedereinsetzungswerber hat von sich aus initiativ alles vorzubringen, was die Annahme eines die Rechtzeitigkeit der Vornahme einer Prozesshandlung hindernden Umstandes begründen kann (VwGH vom 23.03.2021, Ra 2020/12/0082). Wie der VwGH in stRsp ausgeführt hat (Hinweis E 26.9.1990, 89/13/0240), ist die Zulässigkeit der Wiedereinsetzung in das Verfahren nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muß daher bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht bzw müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden (VwGH vom 03.02.2020, Ra 2019/04/0119).
Die Voraussetzungen des § 71 Abs 1 lit a AVG sind zudem nur dann glaubhaft gemacht, wenn auch der Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis und der Fristversäumnis dargetan wird (VwGH vom 26.06.1975, 0310/75).
Der Begriff des minderen Grades des Versehens im letzten Satz des § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH vom 24.03.2022, Ra 2020/21/0369).
Nach der stRsp des VwGH stellt der Umstand, dass die Partei die deutsche Sprache überhaupt nicht oder nur mangelhaft beherrscht, keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar (VwGH 22. 5. 1997, 97/18/257). Es handelt sich weder bei der Zustellung eines in deutscher Sprache gehaltenen Bescheides noch bei der Unkenntnis der deutschen Sprache um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis. Es genügt, dass dem Sprachunkundigen bewusst gewesen sein musste, rechtlich bedeutsame behördliche Schriftstücke erhalten zu haben. Besteht Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des behördlichen Schreibens, darf die Partei diese nicht auf sich beruhen lassen (VwGH vom 28. 1. 2003, 2002/18/0291; Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 76).
Eine Erkrankung stellt nur dann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei auf Grund der Krankheit beeinträchtigt ist. Die Partei muss durch die Erkrankung so weit gehindert sein, dass ihr das Unterlassen jener Schritte, die für die Wahrung der Frist erforderlich gewesen wären, nicht als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorgeworfen werden kann. Sie muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden (VwGH vom 29.10.2021, Ra 2021/22/0127).
3.1.3. Wenn der Antrag auf Wiedereinsetzung verspätet eingebracht wurde, sohin später als 14 Tage nach Wegfall des behaupteten Hindernisses, ist dieser als verspätet zurückzuweisen. Ist der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet, hat ihn die Behörde mit verfahrensrechtlichem Bescheid abzuweisen. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Wiedereinsetzungswerber mit seinem Vorbringen nicht auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis stützt oder wenn diesen an der Versäumung der Frist ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 RZ 146ff).
Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerde vor, dass er durch den negativen Bescheid eine „Art Panikattacke“ erlitten habe, die ihn – ohne sich der Rechtsfolgen bewusst zu sein – nach Deutschland habe ausreisen lassen. Als Wiedereinsetzungsgrund wird daher einerseits die Ausreise nach Deutschland und der Aufenthalt dort bis zum 23.07.2024 und andererseits die Unkenntnis über die Rechtsfolgen geltend gemacht. Dazu präzisierte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 13.02.2025, dass er erst in der Bescheidberatung vom 02.08.2024 auch intellektuell verinnerlicht habe, dass er sich gegen den Bescheid mit juristischen Mitteln habe wehren können und sohin die Unkenntnis über die Rechtsfolgen und Beschwerdemöglichkeiten ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen, das den Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Erhebung von Rechtsmitteln gehindert hat.
Da der Aufenthalt in Deutschland bis zum 23.07.2024 gedauert hat und der Beschwerdeführer erst an diesem Tag wieder nach Österreich gebracht wurde, wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 06.08.2024 noch rechtzeitig.
Nach dem Beschwerdevorbringen sei zudem die Kenntnis über die Rechtsfolgen des Bescheides erst am 02.08.2024 eingetreten, sodass dieses Hindernis am 02.08.2024 weggefallen sei. Auch nach diesem Vorbringen wäre die Beschwerde innerhalb von 14 Tagen ab Wegfall des Hindernisses erfolgt.
Es ist daher die Beschwerde – nach dem Beschwerdevorbringen – als rechtzeitig anzusehen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher inhaltlich zu behandeln und zu prüfen ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegt, dass den Beschwerdeführer an der Einhaltung der Frist gehindert hat und ob ihn nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Es war daher der Beschwerde in diesem Punkt insoweit statt zu geben, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand inhaltlich zu prüfen war und nicht wegen Verspätung zurückzuweisen war.
3.1.4. Aus folgenden Gründen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung jedoch nicht berechtigt:
3.1.4.1. Ein Asylwerber, der nach Erhalt eines Bescheides des Bundesamtes betreffend seinen Asylantrag das Bundesgebiet verlässt und keine Dispositionen betreffend Rechtsmittel, nämlich die rechtzeitige Einbringung von Rechtsmitteln durch einen Vertreter oder persönlich, trifft, handelt auffallend sorglos, sodass bereits aus diesem Grund nicht nur ein minderer Grad eines Versehend vorliegt.
Bei Vorliegen einer Erkrankung müsste der Wiedereinsetzungswerber nicht nur durch die Erkrankung an der Vornahme an der Prozesshandlung gehindert sein, der Wiedereinsetzungswerber muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden. Dass die „Art Panikattacke“ die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers von der Ausreise aus Österreich bis zum 02.07.2024 derart beschränkt hätte, dass dem Beschwerdeführer aus Deutschland aus weder die eigene Einbringung eines Rechtsmittels noch die Bestellung eines Vertreters möglich gewesen wäre, wird weder substantiiert vorgebracht noch durch Unterlagen bescheinigt.
Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben.
Der – durch eine „Art Panikattacke“ verursachte – Aufenthalt in Deutschland stellt daher kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, dass den Beschwerdeführer an der Einbringung eines Rechtsmittels oder der Beauftragung eines Vertreters gehindert hätte.
Auch, dass der Beschwerdeführer in Deutschland nicht über seine rechtliche Situation in Österreich aufgeklärt worden sei, stellt keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar, zumal ihm der gegenständliche Bescheid mit Rechtsmittelbelehrung sowie ein Informationsblatt über die Rechtsberatung und eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise, die jeweils auch in der Sprache des Beschwerdeführers verfasst waren, ausgefolgt wurden.
3.1.4.2. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er erst bei der Bescheidberatung am 02.08.2024 intellektuell verinnerlicht habe, dass es ihm möglich wäre sich gegen den Bescheid vom 28.05.2024 mit juristischen Mitteln zu wehren, ist entgegen zu halten, dass es genügt, dass dem Sprachunkundigen bewusst gewesen sein musste, rechtlich bedeutsame behördliche Schriftstücke erhalten zu haben. Besteht Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des behördlichen Schreibens, darf die Partei diese nicht auf sich beruhen lassen.
Mit Bescheid vom 28.05.2024 wurde dem Beschwerdeführer ein Informationsblatt über die Rechtsberatung sowie eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise, die jeweils auch in der Sprache des Beschwerdeführers verfasst waren, ausgefolgt. Der Bescheid vom 28.05.2024 erhielt auch eine Rechtsmittelbelehrung in der Sprache des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hatte daher Kenntnis darüber, dass er ein rechtlich bedeutsames Schriftstück erhalten hat bzw. hätte er dies bei Ungewissheit nicht auf sich beruhen lassen dürfen. Es liegt daher auch aus diesem Grund jedenfalls ein grobes Verschulden des Beschwerdeführers vor, das der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegensteht.
3.1.4.3. Die Voraussetzungen des § 71 Abs 1 lit a AVG sind zudem nur dann glaubhaft gemacht, wenn auch der Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis und der Fristversäumnis dargetan wird. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht werden und es müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden.
Es wird vom Beschwerdeführer in dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand insbesondere ein Kausalzusammenhang zwischen der „Art Panikattacke“, die jedenfalls vor dem 21.06.2024 (wegen der Ausreise versäumter Termin zur Rechtsberatung) stattfand, und dem Versäumen der Rechtsmittelfrist am 02.07.2024 nicht dargetan und ist ein solcher für das Gericht auch nicht ersichtlich. Die Panikattacke ereignete sich nämlich bereits weit vor Ablauf der Rechtsmittelfrist. Es gab weder substantiiertes Vorbringen noch Bescheinigungsmittel darüber, dass die „Art Panikattacke“ den Beschwerdeführer in seiner Dispositionsfähigkeit dermaßen eingeschränkt habe, dass er nicht in der Lage gewesen wäre selber Rechtsmittel zu erheben oder einen Vertreter mit der Erhebung von Rechtmitteln zu beauftragen, obwohl der Beschwerdeführer trotz „Art Panikattacke“ noch selber in der Lage war seine Ausreise nach Deutschland zu organisieren.
Auch aus diesem Grund wird der Antrag des Beschwerdeführers den strengen Anforderungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gerecht.
3.1.4.4. Es war daher auszusprechen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 06.08.2024 gemäß § 33 Abs 1 VwGVG abgewiesen wird.
3.2. Zur Verspätung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.05.2024:
Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 28.05.2024 wurde dem Beschwerdeführer am 04.06.2024 zugestellt. Die am 06.08.2024 erhobene Beschwerde ist daher als verspätet zurückzuweisen.
3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde bereits geklärt war und Unklarheiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Zulässigkeit der Wiedereinsetzung in das Verfahren zudem nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss daher bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden, sodass auch aus diesem Grund die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Das Gericht konnte sich auf die oben zitierte einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stützen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.