Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Nigl, LL.M. und Mag. Müller in der Firmenbuchsache der A* GmbH , FN **, **, wegen Anmeldung der Geschäftsanschrift, über den Rekurs des Geschäftsführers B* gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 7.3.2025, **-8, den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die A* GmbH ( Gesellschaft ) ist seit 22.2.2020 zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter ist B*, geboren am **. Die Gesellschaft hatte zunächst ihren Sitz in **. Am 5.7.2024 wurden zu ** des Erstgerichts die Sitzverlegung nach ** sowie die neue Geschäftsanschrift **, zur Eintragung im Firmenbuch angemeldet, die antragsgemäß mit Beschluss vom 8.7.2024 vollzogen wurde. Der Eintragungsbeschluss konnte der Gesellschaft trotz zweier Zustellversuche am 8.7.2024 und am 24.7.2024 nicht zugestellt werden, die Postsendungen wurden jeweils mit dem Vermerk „ unbekannt “ retourniert.
Das Erstgericht forderte den Geschäftsführer daher mit Beschluss vom 8.8.2024 zu **-1 auf, binnen drei Wochen die aktuelle Geschäftsanschrift der Gesellschaft anzumelden, weil diese laut Postfehlbericht an der im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift unbekannt sei. Der Beschluss wurde dem Geschäftsführer durch Hinterlegung an der Adresse **, zugestellt. Die Übernahme erfolgte am 16.9.2024 durch ihn persönlich.
Mit Beschluss vom 17.10.2024 wies das Erstgericht den Geschäftsführer an, binnen drei Wochen die derzeitige Geschäftsanschrift anzumelden oder aber darzutun, dass diese Verpflichtung nicht bestehe, widrigenfalls eine Zwangsstrafe von EUR 700,- verhängt werde. Die Zustellung erfolgte an der Adresse ** durch Hinterlegung.
Da keine Äußerung des Geschäftsführers einlangte, verhängte das Erstgericht mit Beschluss vom 14.11.2024 über ihn die angedrohte Zwangsstrafe von EUR 700,- und forderte ihn neuerlich auf, die Geschäftsanschrift binnen zwei Monaten anzumelden, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe von EUR 1.000,- verhängt werde. Auch dieser Beschluss wurde an der Adresse ** hinterlegt. Er wurde nicht behoben.
Als auch darauf keine Reaktion des Geschäftsführers erfolgte, verhängte das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss über den Geschäftsführer eine weitere Zwangsstrafe von EUR 1.000,-.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Geschäftsführers, erkennbar mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Einstellung des Zwangsstrafverfahrens.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Der Rekurswerber argumentiert, die im Firmenbuch angemeldete Anschrift der Gesellschaft sei korrekt. Die Beschilderung am neuen Geschäftsstandort sei – entgegen einer mit der C* abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung – nicht von dieser vorgenommen worden, sodass Postsendungen in einem kurzen Zeitraum von etwa einer Woche nicht hätten zugestellt werden können. Der Geschäftsführer habe sich im Herbst 2024 in Trennung von seiner Frau befunden und sich hauptsächlich in Hotels bzw. in Liechtenstein aufgehalten. Er habe den Kontakt zu seiner Frau in der gemeinsamen Wohnung in der ** möglichst vermieden und habe den Beschluss vom 14.11.2024 nicht erhalten. Die Verhängung der Zwangsstrafe sei zu Unrecht erfolgt, weil ihn kein Verschulden treffe.
2.Aus zahlreichen Gesetzesstellen (§ 13 UGB; § 3 Abs 1 Z 4 und § 11 FBG; § 26 GmbHG) ist abzuleiten, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung über eine zustellfähige Geschäftsanschriftverfügen muss. Jede Änderung der für Zustellungen an die Gesellschaft maßgeblichen Anschrift ist von den Geschäftsführern unverzüglich anzumelden (§ 26 Abs 1 GmbHG). Bei der Geschäftsanschrift muss es sich um eine Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG handeln; ein Postfach bspw erfüllt diese Voraussetzung nicht (RS0036329 [T 2]; Stummvoll in Fasching/Konecny 3§ 2 ZustG Rz 38). Die Anmeldepflicht dient dem Grundsatz der Richtigkeit des Firmenbuchs, der es im Interesse der Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs mit Unternehmern erfordert, dass die wesentlichen Rechtsverhältnisse der Unternehmer und der eingetragenen Gesellschaften vollständig und richtig im Firmenbuch wiedergegeben werden.
3.Das Zwangsstrafenverfahren nach § 24 FBG soll diese für das Geschäftsleben geradezu denknotwendige Voraussetzung sicherstellen (vgl Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 3 Rz 7). § 24 Abs 1 FBG sieht dazu vor, dass derjenige, der verpflichtet ist, eine Anmeldung zum Firmenbuch vorzunehmen, vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu EUR 3.600,- anzuhalten ist, seine Verpflichtung zu erfüllen. Kommt der Betroffene einer gerichtlichen Anordnung innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe nicht nach, ist eine weitere Zwangsstrafe bis zu EUR 3.600,- zu verhängen und der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen (§ 24 Abs 2 FBG). Vor Verhängung der ersten Zwangsstrafe ist der Betroffene aufzufordern, die Verpflichtung zu erfüllen oder darzutun, dass die Verpflichtung nicht besteht, und eine konkrete Zwangsstrafe für den Fall der Nichtbefolgung anzudrohen (§ 24 Abs 3 FBG).
4. Der Verhängung einer Zwangsstrafe muss daher deren förmliche Androhung vorausgehen. Der Betroffene soll mittels stufenweisen Vorgehens zur Erfüllung seiner Anmeldungspflicht angehalten werden. Die mit der Androhung zu verbindende Aufforderung zur Anmeldung stellt die das amtswegige Zwangsstrafenverfahren einleitende Verfügung des Firmenbuchgerichts dar. Durch sie werden säumige Verpflichtete in die Lage versetzt, unter dem Eindruck der konkreten Strafsanktion entweder die umgehende Anmeldung noch zu veranlassen oder Vorbringen zu ihrer Entlastung zu erstatten ( Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer,FBG § 24 Rz 81 ff). Die vorherige Androhung der Zwangsstrafe ist zwingend; wenn sie unterblieb bzw nicht wirksam zugestellt wurde, ist die Strafverhängung ersatzlos aufzuheben ( Kodek,aaO § 24 Rz 81 ff). Gleiches hat zu gelten, wenn die Androhung der Zwangsstrafe nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 24 Abs 3 FBG entsprach (OLG Wien 6 R 289/24z ua).
5. Das Erstgericht forderte nach dem aufgetretenen Zustellanstand den Geschäftsführer mit Beschluss vom 8.8.2024 erstmals dazu auf, die derzeitige Geschäftsanschrift anzumelden und wiederholte mit Beschluss vom 17.10.2024 unter Strafandrohung die Aufforderung, entweder die aktuelle Geschäftsanschrift anzumelden oder darzutun, dass diese Verpflichtung nicht bestehe. In seinem Rekurs stellt der Geschäftsführer die Zustellung dieser Beschlüsse an ihn nicht in Abrede.
Er behauptet jedoch, den Beschluss vom 14.11.2024, mit dem die erste Zwangsstrafe verhängt und die hier gegenständliche in Höhe von EUR 1.000,- angedroht worden war, nicht erhalten zu haben. Dieser Beschluss war an der Adresse **, die auch nach dem Vorbringen des Rekurswerbers der gemeinsame eheliche Wohnsitz war, hinterlegt worden.
6.Ändert die Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, die Abgabestelle, ohne dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, und wird die Aufgabe der bisherigen Abgabestelle dem Gericht auch nicht auf andere Weise bekannt, so kann weiterhin an die bisherige Abgabestelle zugestellt werden (§ 8 Abs 2 ZustG). Eine Hinterlegung nach § 17 ZustG wirkt daher als Zustellung, und zwar unabhängig davon, wo sich die Partei befindet und welche Abgabestelle für sie sonst in Betracht gekommen wäre (RS0115725).
Für die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Änderung der Abgabestelle nach § 8 Abs 1 ZustG reicht nach überwiegender Judikatur die Möglichkeit zur Kenntnisnahme infolge einer rechtswirksamen Zustellung im Verfahren (in der Regel des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes) aus (RS0115725 [T2]), sodass es nicht darauf ankommt, ob der Empfänger vom Verfahren tatsächlich bewusst Kenntnis genommen hat (siehe dazu Stummvoll in Fasching/Konecny 3§ 8 ZustG Rz 3 f).
Hier hatte der Geschäftsführer Kenntnis von den Beschlüssen des Erstgerichts vom 8.8.2024 und vom 17.10.2024 und somit davon, dass er die derzeitige Geschäftsanschrift anzumelden oder darzutun hatte, dass diese Verpflichtung nicht besteht. Wenn er es daraufhin unterließ, dem Erstgericht eine Änderung seiner Abgabestelle mitzuteilen, folgt daraus, dass auch die Zustellung des Beschlusses vom 14.11.2024 durch Hinterlegung ungeachtet einer allfälligen Ortsabwesenheit des Geschäftsführers wirksam war.
7. Für die Verhängung von Zwangsstrafen ist ein Verschulden des Anmeldepflichtigen Voraussetzung, bloße – auch leichte – Fahrlässigkeit reicht aus ( Jennewein, aaO § 24 Rz 32). Selbst wenn keine Verpflichtung zur Anmeldung (mehr) bestanden haben oder aber die Anmeldung aus faktischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte, lastete auf dem Geschäftsführer die Äußerungspflichtnach § 24 Abs 3 FBG, entgegenstehende Hindernisse bekanntzugeben, dies bereits nach erster Aufforderung durch das Erstgericht.
8. Einer Berücksichtigung des Rekursvorbringens, dass die im Firmenbuch ersichtliche Geschäftsanschrift richtig und es nur aufgrund einer unterbliebenen Beschilderung zu einem Zustellanstand gekommen sei, steht das Neuerungsverbot entgegen.
Die Vorschriften der Neuerungserlaubnis des § 49 AußStrG sind gemäß § 15 Abs 1 FBG auch im Firmenbuchverfahren anzuwenden. Nach § 49 Abs 1 AußStrG sind Neuerungen grundsätzlich zulässig, soweit sie sich nicht auf unangefochtene Teile des Beschlusses beziehen oder sich aus § 55 Abs 2 AußStrG nichts anderes ergibt. § 49 Abs 2 AußStrG enthält aber eine Einschränkung hinsichtlich jener Tatsachen und Beweismittel, die zur Zeit des Beschlusses erster Instanz schon vorhanden waren (nova reperta). Diese sind nicht zu berücksichtigen, wenn sie von der Partei schon vor der Erlassung des Beschlusses hätten vorgebracht werden können, es sei denn, die Partei kann dartun, dass es sich bei der Verspätung (Unterlassung) des Vorbringens um eine entschuldbare Fehlleistung gehandelt hat. Diesen Umstand hat die Partei darzutun, welche die begünstigende Regel für sich in Anspruch nehmen möchte (OLG Wien 28 R 108/07v).
Der Geschäftsführer bringt in seinem Rekurs keinen nachvollziehbaren Grund vor, warum es ihm nicht möglich war, auf die Beschlüsse des Erstgerichts vom 8.8.2024 und 17.10.2024 zu reagieren. Auch die behauptete Trennung von seiner Ehefrau im Herbst 2024 steht einer Rückmeldung auf diese Beschlüsse (insbesondere jenem vom 8.8.2024) nicht entgegen. Schon diese Verletzung der Behauptungspflicht steht einer Berücksichtigung der im Rekurs vorgebrachten Neuerungen entgegen.
9.Die Ausmessung der Zwangsstrafe hängt grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (RS0115833; Jennewein,aaO § 24 Rz 48), wobei die in § 355 EO angeführten Kriterien der Art und Schwere des Verstoßes, der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und des Umfangs seines Beitrags auch für das firmenbuchrechtliche Zwangsstrafverfahren eine gewisse Orientierung bieten. Die Zwangsstrafe darf nicht zu niedrig angesetzt werden, weil sie sonst dem Zweck eines Druckmittels nicht mehr dienen könnte ( Jennewein, aaO § 24 Rz 51).
Nach ständiger Rechtsprechung wird bei der erstmaligen Verhängung einer Zwangsstrafe im Regelfall ein Betrag von EUR 730,- (vormals: ATS 10.000,-) als angemessen angesehen. Bei weiterer Säumnis ist die Strafe zu erhöhen. Diese muss in der Regel höher sein als die zuerst verhängte Strafe ( Kodek , aaO § 24 Rz 49 ff mwN).
Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine Bedenken gegen die Höhe der verhängten Zwangsstrafe.
10. Dem Rekurs war damit ein Erfolg zu versagen.
11.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses beruht auf § 15 Abs 1 FBG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG. Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle waren nicht zu lösen.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden