5R69/25s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Einberger und die Kommerzialrätin Eigner in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH in Liquidation , FN **, **, vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Thomas König, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 41.565,71 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 13.3.2025, **-37, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Gesellschaftsvertrag vom 5.10.2021 gründeten der Beklagte und C* zusammen die Klägerin, um ein Bauunternehmen zu betreiben. Zunächst hielten der Beklagte 70 % und C* 30 % der Anteile, ab Jänner 2022 C* 75 % und der Beklagte 25 %. Mit 21.2.2023 schied der Beklagte als Gesellschafter aus.
Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war durchgehend C*. Zwischen ihm und dem Beklagten war jedoch von Beginn an vereinbart, dass der Beklagte die operativen Geschäfte führen und die Klägerin nach außen vertreten sollte. Mit 15.2.2023 erhielt er von C* sowohl persönlich als auch im Namen der Klägerin eine umfassende schriftliche Handlungsvollmacht.
Nachdem der Beklagte C* bereits im April 2023 eröffnet hatte, dass die Geschäfte schlecht liefen und sich die Klägerin in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde, stellte das Finanzamt Österreich am 30.8.2023 wegen nicht abgeführter Umsatz-, Lohn- und Körperschaftssteuer, Dienstgeberbeiträge sowie diversen Säumnis- und Pfändungszuschlägen einen vollstreckbaren Rückstandsausweis gegen die Klägerin iHv EUR 41.565,71 aus. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.10.2023 zu ** wurde die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin festgestellt, das Insolvenzverfahren aber mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet. Infolge rechtskräftiger Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die Auflösung der Klägerin im Firmenbuch eingetragen. C* wurde zum Liquidator bestellt.
Mit Klage vom 19.12.2023 begehrte die Klägerin EUR 41.565,71 s.A. Soweit im Berufungsverfahren relevant brachte sie zusammengefasst vor, der Beklagte habe als faktischer Geschäftsführer und Handlungsbevollmächtigter der Klägerin die im Rückstandsausweis angeführten Steuern und Abgaben nicht beglichen und ihr dadurch schuldhaft sowie rechtswidrig einen Vermögensschaden in Höhe des Klagebegehrens zugefügt. Die dem Rückstandsausweis zugrunde liegenden Forderungen seien durch handschriftliche Kassa-Eingangsbelege und Rechnungsausfertigungen des Beklagten belegt. Er habe eigenmächtig Rechnungen im Namen der Klägerin ausgestellt und eingegangene Beträge und „allfällige“ Werklöhne für sich behalten, aber die Umsatzsteuer für die Klägerin nicht abgeführt, weil diese sowieso in Konkurs verfallen werde. Insbesondere habe er „Bargeldmittel“ aus dem Bauvorhaben ** iHv rund EUR 80.000 nicht dem Vermögen der Klägerin zugeführt.
Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und replizierte im Wesentlichen, er habe nicht eigenmächtig gehandelt. Die Klage sei unschlüssig, weil keine konkreten schadensursächlichen Handlungen des Beklagten behauptet worden seien. Solche würden auch bestritten. Im Übrigen treffe den Liquidator der Klägerin jedenfalls ein überwiegendes Mitverschulden, weil er seinen Kontrollpflichten als Geschäftsführer nicht ausreichen nachgekommen sei.
Am 7.10.2024 wurde die mündliche Verhandlung gemäß § 193 Abs 3 ZPO geschlossen und der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, binnen 3 Wochen eine verdichtete Kontoführung des Gesellschaftskontos vorzulegen.
Am 9.12.2024 beantragte die Klägerin unter Vorlage zweier Firmenbuchauszüge die Wiedereröffnung des Verfahrens, weil sich aus den „zweifellos verspätet“ übermittelten Kontoauszügen der Verdacht ergeben habe, dass an diese beiden Gesellschaften Gelder abgezogen worden seien. Am 11.12.2024 legte die Klägerin schließlich die Kontoauszüge vor, wiederholte ihren Antrag auf Wiedereröffnung und ergänzte ihr Vorbringen zu den neu entdeckten Geldflüssen.
Mit in das angefochtene Urteil aufgenommenem Beschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens zurück, im Übrigen wies es das Klagebegehren ab. Es stellte den aus Seiten 5 bis 10 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen und aus dem – soweit erkennbar – als Gegenstand der Beweisrüge hervorgehoben wird:
[F1] „Konkrete Verfehlungen des Beklagten als faktischer Geschäftsführer und/oder als Handlungsbevollmächtigter der Klägerin im Sinne von nicht vertretbaren wirtschaftlichen Entscheidungen für die Klägerin bzw Verstößen des Beklagten gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes in der Vertretung der Klägerin konnten nicht festgestellt werden.“
[F2]„Das Anwachsen der offenen Steuerschulden der Klägerin bis zu einem Betrag iHv EUR 41.565,71 am 30.8.202 und der Umstand, dass vom HG Wien das Insolvenzverfahren über die Klägerin mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet werden konnte und in weiterer Folge die Klägerin mangels kostendeckendem Vermögen und ihrer Zahlungsunfähigkeit im Firmenbuch gelöscht wurde, sind Folgen des allgemeinen wirtschaftlichen Risikos, das der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr in Form einer GmbH im Baugewerbe allgemein innewohnt.“
[F3] „Es kann nicht festgestellt werden, dass es dem Geschäftsführer der Klägerin, dem nunmehrigen Liquidator, seit der Gründung der Klägerin nicht möglich gewesen ist, die entsprechenden Buchhaltungsunterlagen und auch die Jahresabschlüsse der Klägerin bei der steuerlichen Vertretung der Klägerin einzusehen.“
[F4] „Es ist dem Geschäftsführer der Klägerin, dem nunmehrigen Liquidator, auch jederzeit möglich gewesen, in das Geschäftskonto der Klägerin […] bei der das Konto führenden Bank, der D* AG, Einsicht zu nehmen [und] mit dem zuständigen Finanzamt bzw den dortigen Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen und so eine Abklärung der offenen Abgabenschulden der Klägerin zu erreichen.“
Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Beklagte sei zwar als faktischer Geschäftsführer tätig geworden. Die Klägerin habe sich jedoch nur ganz allgemein darauf berufen, er habe gegen seine aus § 25 GmbHG ableitbaren Sorgfaltspflichten verstoßen. Ein ihm konkret vorwerfbares Fehlverhalten sei nach den Feststellungen nicht hervorgekommen. Vielmehr habe sich nur das allgemeine wirtschaftliche Risiko eines im Baugewerbe tätigen Unternehmens verwirklicht.
Der Antrag auf Wiedereröffnung sei zurückzuweisen, weil den Parteien diesbezüglich kein Antragsrecht zustehe. Zudem sei eine Wiedereröffnung, um den Parteien Gelegenheit zu geben, von ihnen versäumtes Vorbringen nachzuholen, unzulässig. Schließlich seien die Urkunden verspätet - weil außerhalb der gesetzten, 3-wöchigen Frist - vorgelegt worden.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beteiligte sich nicht am Berufungsverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge
1.1Der Erledigung der Beweisrüge ist voranzustellen, dass die gesetzmäßige Ausführung dieses Berufungsgrundes die bestimmte Angabe erfordert, welche Beweise der Erstrichter unrichtig gewürdigt hat, aus welchen Erwägungen sich dies ergibt und welche Tatsachenfeststellungen bei richtiger Beweiswürdigung zu treffen gewesen wären (RS0041835). Diese Anforderungen werden von der Berufungswerberin teilweise nicht erfüllt.
1.2 Schon im ersten Abschnitt der Beweisrüge, in dem offenbar die als F1 und F2 gekennzeichneten Feststellungen angefochten werden sollen, wird keine konkrete, den umfassten Tatsachenkomplex zur Gänze abdeckende Ersatzfeststellung genannt. Soweit erkennbar begehrt die Berufungswerberin als Ersatzfeststellung nur: „Die Vorgänge in der klagenden Partei [sind] nicht auf das wirtschaftliche Risiko im Baugewerbe zurückzuführen, sondern [liegen] in der Agitation der tatsächlich wirtschaftlich Handelnden, nämlich des Beklagten“.
1.2.1 Welche „Vorgänge“ gemeint sein sollen, wird in der Ersatzfeststellung nicht zum Ausdruck gebracht. Zudem ist es zwar richtig, dass eine Insolvenz nicht nur auf das allgemeine wirtschaftliche Risiko, sondern immer auch auf das Handeln der Geschäftsführung zurückzuführen ist. Gegenteiliges lässt sich dem angefochtenen Feststellungskomplex auch nicht entnehmen. Konkrete „Agitationen“ des Beklagten, die er im Gegensatz zu der Feststellung F1 in wirtschaftlich unvertretbarer oder sonst sorgfaltswidriger Weise vorgenommen haben soll, werden in der Ersatzfeststellung aber ebenfalls nicht angeführt.
1.2.2 Auch die inhaltlichen Argumente der Berufungswerberin gegen die angefochtenen Feststellungen erweisen sich als unberechtigt. Wie bereits in erster Instanz erschöpfen sich ihre Ausführungen zu den angeblichen Malversationen des Beklagten in allgemeinen Behauptungen, nunmehr zur Praktik eines „Geldkarussells“ in der Baubranche, bei dem ein unerfahrener Geschäftsführer eingesetzt und hinter dessen Rücken mittels Scheinrechnungen und -firmen Gesellschaftsvermögen abgeschöpft werden soll. Konkrete Vorgänge und insbesondere bestimmte Beweisergebnisse, die darauf schließen lassen würden, ein solches „Geldkarussell“ sei im konkreten Fall tatsächlich eingerichtet worden, nennt die Berufungswerberin aber nicht. Ein pauschaler Verweis auf Urkundenkonvolute reicht dafür jedenfalls nicht aus.
1.2.3 Auch die Behauptung, die vom Beklagten in seiner Vernehmung angegebenen Erinnerungslücken seien unglaubhaft, ist in dieser Form nicht geeignet, Bedenken an den Feststellungen zu wecken, ist doch zu berücksichtigen, dass die Vorgänge mehrere Jahre in der Vergangenheit lagen. Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn nach einem langen Zeitverlauf nicht mehr wiedergegeben werden kann, wann welche konkreten Einnahmen erzielt und welche Zahlungen damit getätigt wurden.
1.3 Anstelle der als F3 gekennzeichneten Feststellung begehrt die Berufungswerberin die Ersatzfeststellung, dem Geschäftsführer sei die Einsichtnahme in Buchungsunterlagen und Jahresabschlüsse nicht möglich gewesen.
1.3.1 Die Berufungswerberin argumentiert auch hierzu mit den – weder festgestellten noch durch konkret von ihr genannte Beweisergebnisse belegten – Geldentnahmen des Beklagten und der behaupteten Unglaubwürdigkeit seiner Erinnerungslücken. Beides geht am Punkt vorbei. Weder angeblich vorgeschützte Erinnerungslücken des Beklagten noch dessen behauptete Malversationen sind von erkennbarem Einfluss auf die Möglichkeit des Geschäftsführers der Klägerin, in Buchhaltungsunterlagen oder die Jahresabschlüsse Einsicht zu nehmen. Die Berufungswerberin lässt insoweit die unangefochten gebliebene Feststellung außer Acht, dass ihr Geschäftsführer die Jahresabschlüsse sogar unterfertigte. Weshalb es ihm unmöglich gewesen sein sollte, das Unterschriebene zuvor zu lesen, ist nicht erkennbar. Ebensowenig ist nachvollziehbar, weshalb er als offiziell Vertretungsberechtigter der Klägerin gehindert gewesen sein sollte, die ihm nach den Feststellungen bekannte Steuerberatung der Klägerin aufzusuchen und dort Einsicht in die Buchhaltungsbelege zu nehmen.
1.4 Dasselbe gilt dem Sinne nach für die unter F4 gekennzeichnete Feststellung, an deren Stelle die Berufungswerberin eine „gegenteilige“ Ersatzfeststellung begehrt. Der Geschäftsführer der Klägerin war zwar nach den Feststellungen operativ nicht tätig, behielt aber ex-lege alle Vertretungsrechte, die ihn bei der Bank der Klägerin oder dem Finanzamt zur Einsichtnahme in Giro- und Abgabenkonten berechtigten. Alleine die Tatsache, dass die Klägerin – wenngleich verspätet – Kontoauszüge von der Bank beschaffen und vorlegen konnte zeigt, dass dem kein Hindernis entgegen stand.
Die angefochtenen Feststellungen werden daher vom Berufungsgericht übernommen.
1.5Selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs (RS0041835 [T9]) kann den weiteren Ausführungen der Rechtsmittelwerberin zu diesem Berufungsgrund nicht mehr mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden, wodurch sie sich beschwert erachtet. Ob der Beklagte „den Abfluss der Einnahmen“ nicht belegen wollte und „konnte“ ist für die Entscheidung nicht relevant und setzt im Übrigen voraus, dass ein solcher Abfluss stattgefunden hat; die Beweislast dazu wäre der Klägerin oblegen.
Dass nicht sämtliche Steuern bezahlt wurden und ein Minus bestand, hat das Erstgericht ohnedies festgestellt. Der behauptete Feststellungsmangel – der im Übrigen der Rechtsrüge zuzurechnen wäre (RS0043304) – liegt daher nicht vor.
Mit ihrer bloßen Behauptung, der Beklagte habe ohne Wissen und Wollen des Geschäftsführers der Klägerin gehandelt, richtet sich die Berufungswerberin offenbar gegen eine Passage in der erstgerichtlichen Beweiswürdigung (US 14, 1. Abs) und verfehlt damit den Bezugspunkt des herangezogenen Rechtsmittelgrundes, der immer in der Anfechtung einer konkreten Feststellung gelegen sein muss ( Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO³ 174 mwN).
Dass dem Geschäftsführer der Klägerin die Kontokarte abgenommen worden sei hat die Berufungswerberin in erster Instanz nicht behauptet. Im Übrigen würde dies nichts daran ändern, dass er weiterhin die Möglichkeit hatte, das Gesellschaftskonto zu überwachen. Auf die Ausführungen oben zu Punkt 1.4 wird diesbezüglich verwiesen. Auch dass der Beklagte als Scheinvertreter aufgetreten sein soll hat die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet. Es widerspricht zudem der nicht erkennbar angefochtenen, gegenteiligen Feststellung des Erstgerichts auf US 5, 9. und 10. Absatz.
Ob der Beklagte „zum Nachteil der Republik Österreich“ „rechtswidrig und schuldhaft“ Einnahmen durch Barauszahlungen und Überweisungen „verdünnt“ hat, vermengt Rechts- mit Tatfragen, nennt keine konkreten Vorgänge und legt im Übrigen nicht dar, weshalb ein Nachteil für die Republik für die Beurteilung eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin relevant sein sollte.
2. Zur Mängelrüge
2.1Soweit die Berufungswerberin zunächst den „Vorwurf“ unzureichenden Vorbringens und unzureichender Beweisanbote durch das Erstgericht „zurückweist“, weil der Beklagte „erfolgreich verdeckt“ gearbeitet habe, zeigt sie kein konkretes Verfahrensgesetz auf, das damit verletzt worden sein soll (vgl aber RS0043058; RS0043049). Im Übrigen kommt eine Beweislastumkehr wegen damit in der Sache wohl behaupteter Beweisvereitelung nicht in Betracht (4 Ob 115/17s mwN). Die Berufungswerberin befand sich auch weder in Behauptungs- noch Beweisnotstand, legte sie doch schlussendlich die Kontoauszüge sogar vor. Weshalb ihr deren Beischaffung und sachgerechte Aufbereitung nicht schon vor Beginn des Verfahrens möglich gewesen sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.
2.2 Grundsätzlich zutreffend zeigt die Berufungswerberin auf, dass zwischen der bloßen Vorlage der Kontoauszüge und dem dazu erstatteten neuen Vorbringen in den Anträgen auf Wiederöffnung (zu konkreten Geldflüssen an zwei namentlich genannte Gesellschaften) zu differenzieren ist.
2.2.1Wird die Verhandlung – wie im vorliegenden Fall – nach § 193 Abs 3 ZPO geschlossen, ist neues Tatsachenvorbringen trotzdem unzulässig (vgl RS0036979). Lediglich die Vorlage der einzelnen Beweismittel, derentwegen der vorweggenommene Verhandlungsschluss verfügt wurde, bleibt statthaft (vgl Trenker in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 193 ZPO Rz 2).
2.2.2Das Erstgericht hat diese Differenzierung richtigerweise vorgenommen. Es hat die neuen Urkunden nicht zurückgewiesen, sondern lediglich deswegen unbehandelt gelassen, weil sie außerhalb der dafür eingeräumten Frist vorgelegt wurden. Ob sie dennoch hätten berücksichtigt werden müssen, weil sie zumindest vor dem in § 416 Abs 2 ZPO genannten Zeitpunkt nachgereicht wurden (so Höllwerth in Fasching/Konecny 3§ 193 ZPO Rz 24), kann hier offen bleiben, weil die Berufungswerberin sich mit dieser Rechtsansicht gar nicht auseinandersetzt. Auch das von Amts wegen keine Wiedereröffnung des Verfahrens verfügt wurde, bleibt von ihr unbekämpft.
2.2.3Zudem zeigt sie die behauptete Relevanz des Mangels nicht auf (vgl aber RS0116273). Ohne das zusätzliche Vorbringen in den Wiedereröffnungsanträgen fehlt es nämlich an substantiierten Behauptungen, die mit diesen Urkunden hätten bewiesen werden können. Die Klägerin hat in erster Instanz keine konkreten Geldflüsse vom Gesellschaftskonto (sondern lediglich in einem Fall „Barmittel“) angeführt, die unter den im Rechtsmittel genannten Aspekten (Ziel und Zweck der Überweisung, allfällige Rücküberweisungen) hätten geprüft und festgestellt werden können. Es ist aber nicht Aufgabe des Gerichts, Urkundenkonvolute daraufhin zu untersuchen, ob sich ungenügendes Vorbringen daraus allenfalls vervollständigen ließe (RS0001252 [T10]). Das Erstgericht war damit nicht gehalten, die Kontoauszüge aus eigenem daraufhin zu prüfen, ob einzelne Kontobewegungen verdächtig scheinen und den Standpunkt der Klägerin stützen.
3. Zur Rechtsrüge
3.1 Die Berufungswerberin argumentiert, der Beklagte habe jedenfalls vor Erteilung der Handlungsvollmacht „frei nach Gutdünken“ sowie vollmachtslos gewirtschaftet und Einnahmen der Klägerin an Firmen überwiesen, deren Zweck „im Dunkeln geblieben sei“. Dazu bestünden sekundäre Feststellungsmängel.
3.2Sekundäre Feststellungsmängel liegen nur dann vor, wenn Feststellungen fehlen, nicht aber dann, wenn sie lediglich von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen (RS0053317 [T1]).
Das Erstgericht hat festgestellt, dass bereits zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin vereinbart war, dass der Beklagte die Klägerin als faktischer Geschäftsführer auch nach außen hin vertreten solle (US 5, 9. Abs f). Weshalb die darin gelegene, mündliche Vollmacht nicht wirksam sein sollte, bleibt von der Berufungswerberin unbegründet. Ferner hat das Erstgericht festgestellt, dass der Beklagte nicht absichtlich zum wirtschaftlichen Schaden der Klägerin tätig geworden ist (US 9, vorletzter Abs) und konkrete Verfehlungen im Sinne unvertretbarer wirtschaftlicher Handlungsweisen nicht festgestellt werden konnten (US 10, 2. Abs). Damit hat es – wenngleich in teilweiser Vermengung mit rechtlichen Erwägungen – doch hinreichend deutlich festgestellt, dass die von der Berufungswerberin in ihrer Rechtsrüge insinuierten Malversationen (und insbesondere die in erster Instanz einzig konkret genannte Veruntreuung von „Barmitteln“ aus dem Bauvorhaben **) nicht stattgefunden haben.
Mit ihren Ausführungen zeigt die Berufungswerberin daher keine Feststellungsmängel auf, sondern sie setzt sich prozessordnungswidrig über die tatsächlich getroffenen Feststellungen hinweg. Die Rechtsrüge ist damit nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (RS0043603).
3.2 Lediglich der Vollständigkeit halber ist abschließend darauf hinzuweisen, dass die Klage in mehrfacher Hinsicht an Unschlüssigkeit leidet.
3.2.1Der Beklagte hat bereits in erster Instanz deutlich und zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin lediglich pauschal behauptet hat, er habe Gelder von der Gesellschaft abgezweigt, ohne konkrete Malversationen zu benennen (ON 24, S 1 f). Tatsächlich hat die Klägerin mit Ausnahme des Bauvorhabens ** solches Vorbringen nicht erstattet. Derart allgemein gehaltene Behauptungen reichen jedoch nicht aus, einen Schadenersatzanspruch schlüssig zu begründen (5 Ob 4/14w [Pkt II.3]).
3.2.2Hinzu kommt, dass die Klage auch an echter Unschlüssigkeit leidet. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Beklagte habe durch rechtswidriges Handeln die Entstehung der im Rückstandsausweis zusammengefassten Steuer- und Abgabenschulden verschuldet. Der Schaden besteht nach ihrem Vorbringen sohin nicht in den entstandenen Verbindlichkeiten (vgl RS0022518; RS0022568), sondern darin, dass der Beklagte behauptetermaßen rechtswidrig nicht ihre Bezahlung veranlasste.
In der bloßen Nichtzahlung einer Schuld (auf Säumnisfolgen hat sich die Klägerin nicht berufen) liegt aber per se kein Schaden für die Gesellschaft. Denn zu deren Tilgung hätte der Beklagte Gesellschaftsvermögen verwenden müssen, wodurch sich die Aktiva der Klägerin im selben Ausmaß verringert hätten, wie ihre Passiva gegenüber dem Finanzamt. Der von ihr konkret geltend gemachte Schaden – nämlich die ihr im Rückstandausweis vorgeschriebenen Steuern und Abgaben – steht damit weder in einem Rechtswidrigkeits-, noch in einem Kausalzusammenhang mit den (unsubstantiiert) behaupteten Veruntreuungen des Beklagten.
Der insgesamt unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
4.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Da sich der Beklagte am Berufungsverfahren nicht beteiligte, war lediglich auszusprechen, dass die Klägerin ihre Kosten selbst zu tragen hat.
5.Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.