33R51/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungs- gericht durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden, die Richterin Mag. a Felbab und den Kommerzialrat Schiefer in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, gegen die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die ENGINDENIZ Rechtsanwälte für Immobilienrecht GmbH in Wien, wegen EUR 21.456 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Endurteil des Handelsgerichts Wien vom 21.12.2024, **-26, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit EUR 2.351,52 (darin EUR 391,92 USt) bestimmte Berufungsbeantwortungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinbrachte im Wesentlichen vor, ihr Geschäftsführer Dr. C* sei für das Bauprojekt EZ **, KG **, als Treuhänder iSd § 12 BTVG bestellt worden, um die Interessen der Wohnungseigentumskäufer entsprechend dem BTVG zu sichern; insbesondere sei mit der Bank der Bauträgerin eine entsprechende Treuhandvereinbarung zur Sicherstellung der Lastenfreistellung für alle Käufer abgeschlossen worden.
Die Beklagte habe für ein dortiges Geschäftslokal ein Kaufanbot abgegeben. Nach Übermittlung des Kaufvertragsentwurfs durch die Klägerin habe die Beklagte erklärt, dass sie den Kauf über eine andere Rechtsanwaltskanzlei abwickeln lassen wolle. Die Klägerin habe auf ihre bereits geleistete Arbeit verwiesen.
Über Vermittlung des Baumeisters Ing. D* (von Seiten der Bauträgerin als Verkäuferin) sei schließlich die Vereinbarung getroffen worden, dass die Anwaltskanzlei der Beklagten den Kaufvertrag errichte und die Klägerin darauf aufbauend alle bauprojektspezifischen Bestimmungen einarbeite und bei der Lastenfreistellung mitwirke. Für diese (und die bereits erbrachten) Leistungen sei über Vermittlung des Ing. D* auch das Netto-Honorar auf 1 % des Kaufpreises (also auf EUR 17.880) reduziert worden. Sowohl die Beklagte als auch die Klägerin seien damit einverstanden gewesen. Die Beklagte habe dies auch schriftlich bestätigt; mit dem darin von Ing. D* irrtümlich verwendeten Wort „Käuferprovision“ sei die Vertragserrichtung gemeint gewesen. Es liege ein beiderseitiges Unternehmergeschäft vor.
Die Klägerin begehrte deshalb zuletzt die Zahlung eines Honorars in Höhe von EUR 21.456 (= EUR 17.880 + 20 % USt) sA.
Über weitere, damit nicht in Zusammenhang stehende, in diesem Verfahren ursprünglich ebenfalls geltend gemachte, Honorarforderungen hat das Erstgericht bereits mit (mittlerweile rechtskräftigem) Teilanerkenntnisurteil vom 25.1.2025 (ON 12) abgesprochen.
Die Beklagtewandte ein, dass im Kaufanbot nicht geregelt gewesen sei, wer Vertragserrichter sein solle. Sie habe immer klar kommuniziert, dass dies durch ihren Anwalt erfolgen solle. Nach Übersendung des Entwurfs der Klägerin habe sie sofort auf den Irrtum hingewiesen. Die Klägerin sei nie beauftragt worden. Dem Honorarvorschlag der Klägerin habe sie nicht zugestimmt, weil dort „Käuferprovision“ und nicht „Vertragserrichterprovision“ stehe. Die Beklagte bestritt auch ausdrücklich die Höhe der Honorarforderung und beantragte zur Überprüfung der Angemessenheit die Einholung eines Kammergutachtens. In eventu werde eine doch bestehende Vereinbarung wegen Irrtums nach § 877 ABGB angefochten. Die Klägerin wäre auch zu einer Aufklärung angehalten gewesen. Angemessenheit bedeute nicht, dass die Leistung nicht auch deutlich billiger zu beziehen gewesen wäre.
Mit dem nun angefochtenen Endurteil gab das Erstgericht dem noch offenen Klagebegehren statt und traf dazu zusammengefasst auf den Seiten 3 bis 6 des Urteils die folgenden Feststellungen:
„Rechtsanwalt Dr. C*, Geschäftsführer der Klägerin, wurde gemäß § 12 BTVG von der Bauträgerin als Treuhänder für das errichtete Bauprojekt auf der Liegenschaft EZ ** KG **, mit der Adresse **, bestellt, um die Interessen der Wohnungseigentumskäufer entsprechend dem BTVG zu sichern, insbesondere wurde mit der Bank der Bauträgerin eine entsprechende Treuhandvereinbarung zur Sicherstellung der Lastenfreistellung für alle Käufer abgeschlossen.
Die Verkäuferin beauftragte die Klägerin mit der Durchführung sämtlicher rechtlicher Angelegenheiten, die im Rahmen eines Bauträgerprojekts wie dem gegenständlichen anfallen; darunter auch u.A. mit der Erstellung aller Verträge (Kaufverträge, Wohnungseigentumsvertrag, Einhaltung BTVG, etc.).
Die Beklagte gab, vertreten durch ihre Mehrheitsgesellschafterin Dr. E*, am 1.12.2020 ein Kaufanbot über das dortige Geschäftslokal ** zu einem Kaufpreis von EUR 1,490.000 zuzüglich USt, gesamt EUR 1,788.000 ab. Dieses Anbot wurde von der Bauträgerin als Verkäuferin am 14.12.2020 angenommen. Wer der Vertragserrichter sein sollte, war im Kaufanbot nicht geregelt (./A).Wer der Vertragserrichter sein sollte, war im Kaufanbot nicht geregelt (./A).
Die Klägerin errichtete den Kaufvertrag samt den Vertragsbeilagen.
Die Beklagte beauftragte ihren Rechtsanwalt am Tag der Unterfertigung des ersten Kaufanbots (das in weiterer Folge noch erhöht wurde), mit der Erstellung eines Kaufvertrages, ohne eine Annahme des Kaufanbots abzuwarten oder die Beauftragung ihres Anwalts mit der Verkäuferin abzusprechen.
Am 11.1.2021 übermittelte die Klägerin die von ihr erstellten Kaufvertragsunterlagen an die Beklagte. Dr. E* sagte den Unterschriftstermin kurzfristig ab und teilte Ing. D*, einem Mitarbeiter der Verkäuferin, mit, dass die von ihr beauftragte Rechtsanwaltskanzlei den Kaufvertrag errichtet habe und sie nur diese Kosten tragen wolle. Ing. D* teilte dies Dr. C* von der Klägerin mit, der angab, dass der Kaufvertrag von der Klägerin bereits erstellt worden sei und der Klägerin ein Honoraranspruch in Höhe von 1,5 % des Kaufpreises zustehe. Ing. D* nahm in Folge telefonisch mit der Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten, Dr. E*, Kontakt auf, in weiterer Folge fanden mehrere Gespräche zwischen Ing. D* und Dr. E* statt, in denen u.A. die Kosten der Vertragserrichtung durch die Klägerin thematisiert wurden.
Ing. D* und Dr. E* besprachen, dass schon Vorleistungen der Klägerin erbracht worden seien und dass versucht werden sollte, eine Lösung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel wäre. Dr. E* teilte Ing. D* mit, dass ein Honorar der Klägerin von 1% des Kaufpreises für die Beklagte in Ordnung wäre.
Ing. D* wandte sich mit dem Vorschlag von Dr. E* an Dr. C*, die Klägerin solle aufbauend auf dem Kaufvertragsentwurf des Rechtsanwalts der Beklagten alle bauprojektspezifischen Bestimmungen einarbeiten und bei der Lastenfreistellung mitwirken. Als Gegenleistung für ihre (auch schon erbrachten) Leistungen solle die Klägerin ein Prozent des Brutto-Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer von der Beklagten als Honorar erhalten. Dr. C*, Geschäftsführer der Klägerin, nahm dieses Angebot an.
Am 18.1.2021 schickte Ing. D* ein E-Mail an Dr. E* mit dem auszugsweisen Inhalt: „Ich habe mit unserem Rechtsanwalt, Hr. Dr. C*, die Käuferprovision mit 1% vereinbart. Hr. Dr. C* wird auf Basis Ihres Vertrages die notwendigen Ergänzungen machen und mit Ihrem Rechtsanwalt abstimmen“.
Mit dem im E-Mail gewählten Wort „Käuferprovision“ war das Honorar der Klägerin gemeint. Dr. E* antwortete auf das E-Mail mit „Danke für Info .Liebe Grüße E*“ (./AB).
Nach erfolgter Durchführung des Kaufvertrages im Grundbuch stellte die Klägerin mit 18.3.2021 eine Honorarnote aus. Die Beklagte hat die von der Klägerin begehrte Zahlung trotz mehrfacher Mahnungen nicht geleistet.“
Rechtlich führte das Erstgericht dazu aus, dass zwischen den Parteien – über Vermittlung von Ing. D*, der als Bote tätig gewesen sei – eine Vereinbarung über die Leistungen der Klägerin in Höhe von 1 % des Kaufpreises getroffen worden sei. Der Inhalt des E-Mails der Beklagten (./AB) könne – trotz der darin gewählten unrichtigen Bezeichnung „Käuferprovision“ - angesichts der Vorgespräche nur als Annahme des Honorarvorschlags verstanden werden. Die in eventu erklärte irrtumsrechtliche Anfechtung scheitere daran, dass hier mangels einem Aufklärungsbedürfnis keine Aufklärungspflichten bestanden hätten.
1 % des Kaufpreises seien als Entgelt für die Vertragserrichtung und alle damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten eines Rechtsanwalts keinesfalls unüblich.
Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin stellt in ihrer Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Verfahrensrüge:
1.1. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Beklagte zunächst die Verletzung der Prozessleitungspflicht durch eine „überraschende Rechtsansicht“ geltend. Völlig überraschend habe das Erstgericht eine wirksame Honorarvereinbarung aufgrund der Zwischenschaltung eines Boten angenommen, hingegen das Bestehen eines Aufklärungsbedürfnisses verneint und der Beklagten – offenbar hinsichtlich des Abschlusses anwaltlicher Honorarvereinbarungen - eine besondere Sachkunde unterstellt. Hätte das Erstgericht in erster Instanz seine Erörterungspflicht hinsichtlich dieser Punkte erfüllt, hätte die Beklagte darlegen können, weshalb Ing. D* (mangels Ermächtigung) nicht als Bote anzusehen sei und der Beklagten – was den Abschluss einer anwaltlicher Honorarvereinbarung betreffe – keine besondere Sachkenntnis zukomme, mit dem Ergebnis, dass eine irrtumsrechtliche Anfechtung sehr wohl zur Anwendung hätte gelangen müssen.
1.1.1.Für die gesetzmäßige Ausführung hätte die Beklagte darlegen müssen, welches konkrete zusätzliche oder andere Vorbringen sie aufgrund der von ihr nicht beachteten Rechtsansicht erstattet hätte, hätte das Erstgericht diese Rechtsansicht mit ihr erörtert (vgl RS0120056 [T2]; RS0037095). Das allgemein gehaltene Vorbringen, die Beklagte hätte „darlegen können, weshalb Ing. D* (mangels Ermächtigung) nicht als Bote anzusehen sei und der Beklagten – was den Abschluss einer anwaltlicher Honorarvereinbarung betreffe – keine besondere Sachkenntnis zukomme“ entspricht diesen Anforderungen nicht.
1.1.2.Die Unterlassung der Erörterung eines bisher unbeachtet gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkts kann auch nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn dadurch einer Partei die Möglichkeit genommen wurde, zur bisher unbeachtet gebliebenen Rechtslage entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten (vgl RS0120056 [T13]. Hier hätte die Beklagte schon auf das Vorbringen der Klägerin reagieren müssen, wonach die Vereinbarung „über Vermittlung von Ing. D*“ zustande gekommen sei.
1.2.Soweit sich die Beklagte weiters gegen die „eigenmächtige“ Beurteilung des Erstgerichts nach § 273 ZPO wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass keine Bemessung nach § 273 ZPO stattgefunden hat.
1.3 . Die von der Beklagten schließlich ebenfalls beanstandete Unterlassung der Einholung eines Kammergutachtens ist aus rechtlichen Gründen entbehrlich. Dazu wird die Beklagte auf die Ausführungen in der Rechtsrüge verwiesen.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Schlussfolgerung des Erstgerichts, wonach Ing. D* für beide Seiten als Bote gehandelt habe, sei nicht vom festgestellten Sachverhalt gedeckt. Vielmehr sei er von keiner Seite mit der Verhandlungsführung beauftragt worden. Als Mitarbeiter der Verkäuferin sei er der Beklagten auch nicht zurechenbar. Personen, die als Überbringer oder Empfänger der Willenserklärung auftreten, ohne dazu - wenn auch nur qua Rechtsschein - ermächtigt zu sein, würden als Scheinboten gelten. Durch das Handeln des Scheinboten entstehe keine rechtsgeschäftliche Bedingung des Geschäftsherrn. Als Feststellungsmangel werde gerügt, dass das Erstgericht keine Ermächtigung des vermeintlichen Boten Ing. D* - wenn auch nur durch einen Rechtsschein, der nicht gegeben sei – festgestellt habe.
2.1.1.Bote ist, wer eine fremde – schriftliche oder mündliche – Erklärung bloß überbringt (Erklärungsbote; RS0019608) oder entgegennimmt (Empfangsbote). Im Gegensatz zum Stellvertreter kommt dem Erklärungsboten somit keinerlei Spielraum zu; ebenso wenig bildet der Bote einen eigenen Geschäftswillen ( Bydlinski in KBB 7, § 1002 ABGB Rz 6 mwN). Ein Bote kann zugleich Erklärungs- und Empfangsbote sein. Die Willenserklärung des Dritten gilt mit dem Zugang beim Empfangsboten als dem Geschäftsherrn zugegangen. Die Grundlage der Botentätigkeit ist eine einseitige Willenserklärung des Geschäftsherrn. Diese wird als „Einräumung von Botenmacht“ bzw „(Boten-)Ermächtigung“ bezeichnet ( Hartlieb/Zollner in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB 4 § 1002 [Stand 1.8.2022, rdb.at] Rz 147, 149 und 164 mjwN).
Das Handeln eines sog. „Anscheinsboten“ wird dann dem Geschäftsherrn zugerechnet, wenn im konkreten Fall ein dem Machtgeber zurechenbarer Vertrauenstatbestand vorliegt und der Dritte gutgläubig auf diesen Anschein vertraut. Tritt eine Person als Bote auf, die weder vom Geschäftsherrn bestellt noch nach den Grundsätzen der Anscheinsbotenschaft zuzurechnen ist, kommt es zu keiner Zurechnung zum Geschäftsherrn („Scheinbote“) ( Hartlieb/Zollner aaO Rz 151 f mwN).
2.1.2. Hier steht unbekämpft fest, dass Ing. D*, ein Mitarbeiter der Verkäuferin, mit beiden Seiten telefonisch Kontakt aufnahm, nachdem die Beklagte zunächst nur die eigenen Anwaltskosten tragen wollte. Die Klägerin gab gegenüber Ing. D* an, dass ihr ein Honoraranspruch von 1,5 % des Kaufpreises zustehe. Ing. D* und die Mehrheitseigentümerin der Beklagten, Dr. E*, besprachen in mehreren Telefonaten, dass schon Vorleistungen der Klägerin erbracht worden seien und versucht werden sollte, eine Lösung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel wäre. Dr. E* teilte Ing. D* mit, dass ein Honorar der Klägerin von 1 % des Kaufpreises für die Beklagte in Ordnung wäre. Ing. D* wandte sich mit diesem Vorschlag an die Klägerin, die ihn annahm.
Ing. D* legte damit seine Intention offen, eine Lösung zwischen den Parteien über den Honoraranspruch der Klägerin erzielen zu wollen, indem er mit beiden Seiten abklärte, was möglich wäre. Zwangsläufig war damit verbunden, dass er Äußerungen wechselseitig ausrichtete, mit dem Ziel, eine Einigung/Annahme herbeizuführen. Damit stellte er sich erkennbar als Erklärungs- und Empfangsbote zur Verfügung. Für die Ausübung dieser Funktion war eine berufliche Zugehörigkeit zu einer der Parteien nicht erforderlich. Die Beklagte sprach sich nicht gegen dieses Tätigwerden des Ing. D* aus; vielmehr erstattete sie gegenüber Ing. D* einen Vergleichsvorschlag, wobei sie davon ausgehen musste, dass Ing. D* diesen an die Klägerin in der Absicht weiterleiten würde, von der Klägerin eine Annahme zu erhalten.
Aufgrund der damit konkludenten Boten-Ermächtigung des Ing. D* durch die Beklagte (§ 863 Abs 1 ABGB) war dieser weder lediglich Anscheins- noch Scheinbote. Sekundäre Feststellungsmängel liegen dazu nicht vor.
2.2. Die Vereinbarung über den Honoraranspruch kam hier damit bereits durch die Annahmeerklärung der Klägerin gegenüber Ing. D* als Erklärungs- und Empfangsboten zustande.
Entgegen den weiteren Berufungsausführungen berichtete Ing. D* an die Beklagte mit E-Mail vom 18.1.2021 (./AB) nur über die bereits getroffene Vereinbarung. Da das E-Mail und die Antwort der Beklagten nicht die Vertragserklärung selbst darstellen, erübrigt sich ein Eingehen auf eine dazu allenfalls „unrichtige Vertragsauslegung“.
2.3.Auch die in eventu erklärte irrtumsrechtliche Anfechtung scheitert. Die Beklagte stützt sich dazu auf eine unterlassene „gebotene Aufklärung“ durch die Klägerin, ohne diese näher zu konkretisieren. Gerade bei Honorarvereinbarungen mit Rechtsanwälten sei ein erhöhter Aufklärungsmaßstab anzulegen. Als sekundären Feststellungsmangel releviert die Beklagte, dass eine ihr zukommende besondere Sachkenntnis in Bezug auf anwaltliche Honorarvereinbarungen nicht festgestellt worden sei. Dass ein bestimmtes Honorar angemessen sei, bedeute nicht – wie der Oberste Gerichtshof in 3 Ob 112/19w und 10 Ob 25/22g ausgeführt habe – dass man dieselbe Leistung nicht auch deutlich billiger beziehen könnte.
Diese Entscheidungen, die sich jeweils auf Konsumenten als Mandanten beziehen und vorrangig die Bestimmung des § 5a KSchG behandeln, sind insofern nicht einschlägig, als die Beklagte eine mit dem Geschäftszweck „Immobilien“ im Firmenbuch eingetragene Unternehmerin ist.
In den zitierten Entscheidungen wird jedoch auch allgemein ausgeführt, dass Aufklärungspflichten durch einen Rechtsanwalt etwa hinsichtlich einer aussichtslosen Rechtsverfolgung (RS0038663) oder der zu erwartenden Honorarabrechnung bestehen können, vor allem wenn der Mandant in solchen Fragen unerfahren und unsicher ist. Eine Verletzung führt dabei nur zu Schadenersatzansprüchen, nicht aber zum Verlust des Honoraranspruchs. Die Einrede einer fehlenden oder unzureichenden Aufklärung ist damit nur für allfällige Schadenersatzforderungen, nicht aber für die Höhe des angemessenen Honorars relevant (RS0047275; 10 Ob 25/22g Rz 20 f mwN; 10 0b 51/24h Rz 11 mwN).
Die Beklagte legt nicht dar, welche weitere Aufklärung ihr hätte zukommen müssen und inwieweit sie – im Rahmen ihres ausgewiesenen, unternehmerischen Geschäftszwecks – beim gegenständlichen Immobiliengeschäft, das in der Regel immer der Beiziehung eines Notars oder Rechtsanwalts für die Vertragserrichtung, Abwicklung und Einverleibung im Grundbuch bedarf - unerfahren oder unsicher gewesen sei.
Die Höhe des geforderten und danach vereinbarten Anwaltshonorars war als prozentueller Anteil des Kaufpreises definiert, sodass keine Unklarheiten über den Leistungsumfang und die Kosten bestanden. Der Kaufvertrag wurde von der Klägerin fertig gestellt und im Grundbuch durchgeführt, sodass auch keine „wertlose“ Leistung der Klägerin vorliegt.
Nachdem die Feststellungsgrundlage nur dann mangelhaft ist, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Partei und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317), ist hier ein sekundärer Feststellungsmangel zu verneinen.
2.4.Die Rangfolge der Rechtsgrundlagen für das Anwaltshonorar lautet 1. Parteienvereinbarung, 2. RATG und 3. angemessenes Entgelt nach § 1152 ABGB, wobei jede Rechtsgrundlage die nachfolgende ausschließt (RS0071999).
Wie oben dargelegt, liegt hier eine Vereinbarung der Parteien über den Honoraranspruch der Klägerin vor, sodass auf die Frage der Angemessenheit nicht mehr einzugehen ist. Die Einholung eines Kammergutachtens zur Angemessenheit ist damit rechtlich nicht geboten.
3. Der Berufung war nach dem Gesagten insgesamt ein Erfolg zu versagen.
4.Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
5.Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zu lösen war.