Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger in der Exekutionssache der betreibenden Partei Republik Österreich , Einbringungsstelle, Marxergasse 1b, 1030 Wien, gegen die verpflichtete Partei A* B*-C* , geboren am **, **, **, vertreten durch Dr. Markus Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, wegen EUR 116,00 sA, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 19. Mai 2025, Nc* 5, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Beim Bezirksgericht Ried im Innkreis behängt zu E1* ein Exekutionsverfahren gegen den Ablehnungswerber als Verpflichteten.
Mit Eingabe vom 25.2.2025 lehnte der Ablehnungswerber die für das Exekutionsverfahren zuständige Diplomrechtspflegerin ab und beantragte die Delegierung an ein anderes Gericht.
Mit Beschluss vom 20.3.2025 zu Nc1* wies die Vorsteherin des Bezirksgerichts Ried im Innkreis, Mag. a D*, den Ablehnungsantrag gegen die Diplomrechtspflegerin wegen Unzulässigkeit zurück, weil der Ablehnungswerber keine konkreten Ablehnungsgründe im Exekutionsverfahren anführe und zudem pauschal auf andere Verfahren, in denen er Rechtsvorgänge kritisiert habe, verweise, auf welche wegen Unbeachtlichkeit nicht näher einzugehen sei.
Mit Eingabe vom 25.3.2025 beantragte der Ablehnungswerber die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Erhebung eines Rekurses gegen diesen Beschluss insbesondere durch Beigebung eines Verfahrenshilfeanwalts.
Mit Beschluss vom 27.3.2025 trug die Gerichtsvorsteherin dem Ablehnungswerber auf, durch Vorlage der Kontoauszüge/Umsatzliste der letzten drei Monate seinen Verfahrenshilfeantrag zu ergänzen und neuerlich binnen 7 Tagen bei Gericht einzureichen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass über den Antrag auf Verfahrenshilfe auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden sei. Habe das Gericht gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, habe es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen. Werde die aufgetragene Verbesserung nicht fristgerecht vorgenommen, sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen zur Gewährung von Verfahrenshilfe nicht vorlägen.
Am 7.4.2025 fragte E* C*, ausgewiesen mit einer Vollmacht des Ablehnungswerbers, im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der Gerichtsvorsteherin nach, warum für drei Monate die Kontoauszüge im Verbesserungsauftrag verlangt werden. Dies stehe nicht im Gesetz. Die Gerichtsvorsteherin erläuterte ihm anhand des § 66 ZPO, dass dem Vermögensbekenntnis „soweit zumutbar“ entsprechende Belege beizubringen seien. Erfahrungsgemäß erstellten Banken quartalsmäßig automatisch Kontoauszüge für die Kunden. Die Vorlage dieser Kontoauszüge sei daher zumutbar und würden mit dem Verbesserungsauftrag diese Belege eingefordert. E* C* erklärte daraufhin, dass sie Unterlagen fordere, die andere nicht forderten, und dies eine „Retourkutsche“ zu anderen Verfahren sei. Nähere Ausführungen machte er dazu nicht und gab an, dass die Kontoauszüge nicht vorgelegt werden würden, „dafür etwas anderes“.
Mit Eingabe vom 8.4.2025 lehnte der Ablehnungswerberdie Vorsteherin des Bezirksgerichts Ried im Innkreis als befangen ab. Nach dem gestrigen Gespräch mit ihr dränge sich weiterhin die Frage der Rechtsbeugung und des Amtsmissbrauchs auf. Nach einer diesbezüglichen Strafanzeige vom 26.3.2024 (ON 5 im Verfahren Nc2* des Bezirksgerichts Ried im Innkreis) sei das Verhältnis zwischen ihr und ihm vorbelastet und es liege dann umso mehr in der Natur der Sache, dass man tendenziell voreingenommener behandelt werde. Nach seinem Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung eines Rekurses gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsantrags gegen die Diplomrechtspflegerin im Exekutionsverfahren habe es sich die Gerichtsvorsteherin nicht nehmen lassen, entsprechend § 66 Abs 2 ZPO ihre Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des Antrags anzumelden, und habe sie zu den bereits vorhandenen notwendigen Belegen die Kontoauszüge der letzten drei Monate eingefordert, da der Antrag sonst nicht bewilligt werden würde. Sein Bruder habe im Gespräch mit der Gerichtsvorsteherin mitunter vorgebracht, dass er schon zig Verfahrenshilfeanträge gestellt habe und von niemandem sonst Kontoauszüge verlangt worden seien. Die Gerichtsvorsteherin habe dazu gemeint, dass es bei ihr eben anders sei und sie es immer so mache. Sein Bruder habe zu verstehen gegeben, dass es sich bei den Kontoauszügen nicht um notwendige Belege handle, weshalb im Formular unter Punkt „3. Mein Vermögen“ nicht mit „Achtung: Sie müssen jeweils Belege anschließen!“ vermerkt sei. Nur bei falschen Angaben oder mangelnder Vollständigkeit dürften weitere Belege beigebracht werden (§ 66 Abs 2 ZPO), die es allerdings nicht gebe. In Anbetracht dessen, dass es im Verfahren E2* zur Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht einmal ein ausgefülltes „ZPForm 1“ gebraucht habe, mute das Verhalten der Gerichtsvorsteherin etwas seltsam an. Da sich die Richterin auch hier unnachgiebig zeige, erhärte sich der Verdacht einer Entscheidung aus persönlichen Befindlichkeiten. Im Verfahren zu E2* des Bezirksgerichts Ried im Innkreis sei der Ablehnungsantrag vom 8.9.2022 bis heute nicht behandelt worden und sei es unklar, ob die Diplomrechtspflegerin diesen verschwinden habe lassen oder die Gerichtsvorsteherin diesen nicht „angreifen“ habe wollen. Der Grund allen Übels sei die kollegiale Befangenheit, der weiterhin durch das Gericht oder die Justiz nicht Einhalt geboten werde. Die Gerichtsvorsteherin habe es sich nicht nehmen lassen, sämtliche Verfehlungen der Diplomrechtspflegerin nicht erkennen zu wollen. Es könne doch nicht wahr sein, dass das Gericht in Form der Vorsteherin des Bezirksgerichts Ried im Innkreis mit dem Hintergrund ihre eigene verzerrte Wahrheit gestalten dürfe, nur um ihre eigene Kollegin zu schützen. Und bisher werde das auch von sämtlichen Richtern der nächsten Instanz toleriert, anstatt dass der Manuduktionspflicht nachgekommen werden würde und etwas unternommen werde, um das Gebaren zu unterbinden.
Am 11.4.2025 brachte der Ablehnungswerber einen korrigierten und ergänzten, inhaltlich im Wesentlichen aber gleichlautenden Ablehnungsantrag gegen die Gerichtsvorsteherin ein.
In ihrer Stellungnahme zum Ablehnungsantrag äußerte die abgelehnte Gerichtsvorsteherin , sich nicht für befangen zu erachten. Zur Verbesserung des Verfahrenshilfeantrags des Ablehnungswerbers habe sie die Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate aufgetragen, weil nur die Einkommensbelege angehängt gewesen seien. Am 7.4.2025 habe sie auf die Frage nach dem Grund dafür wie in ihrem Aktenvermerk vom 9.4.2025 ersichtlich geantwortet. Mit Ausnahme in Befangenheitsangelegenheiten sei sie in keinem Verfahren mit dem Ablehnungswerber als Partei als Entscheidungsorgan tätig. Die Vielzahl von Eingaben des Ablehnungswerbers in Justizverwaltungssachen und gegen diverse Entscheidungsorgane des Bezirksgerichts Ried im Innkreis würden gesetzeskonform abgearbeitet.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den (korrigierten) Ablehnungsantrag zurück. Der Ablehnungswerber leite eine Befangenheit der Gerichtsvorsteherin in erster Linie daraus ab, dass sie ihm die Verbesserung seines Verfahrenshilfeantrags durch Vorlage von Kontoauszügen aufgetragen habe. Die vermeintliche Unrichtigkeit der vom abgelehnten Richter gefällten Entscheidung sei durch das Rechtsmittelgericht zu überprüfen und keine Angelegenheit des Ablehnungsverfahrens. Nur dann, wenn eine Missachtung der Rechtslage vorliege, die so eindeutig sei, dass sie ohne Eingriff in die den Rechtsmittelgerichten vorbehaltene Überprüfungskompetenz festgestellt und praktisch nur durch unsachliche Beweggründe des Richters erklärt werden kann, bilde die Unrichtigkeit einer Entscheidung auch einen Ablehnungsgrund. Das treffe auf den gegenständlichen Fall jedoch nicht zu. Soweit der Ablehnungswerber der Gerichtsvorsteherin (neuerlich) vorwirft, ihre Dienstaufsichtspflichten gegenüber der Diplomrechtspflegerin zu vernachlässigen und diese zu schützen, sei davon keine Entscheidung in einem Zivilprozess bzw Exekutionsverfahren betroffen, sondern ausschließlich die Dienstaufsicht, die im Rahmen der Justizverwaltung erfolge. Eine allfällige Verletzung von Dienstaufsichtspflichten durch Justizverwaltungsorgane könne aber nicht zum Gegenstand eines Ablehnungsantrags gemacht werden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Ablehnungswerbers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Stattgebung des (korrigierten) Ablehnungsantrags.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
Der Rekurs sieht eine Befangenheit der abgelehnten Gerichtsvorsteherin zusammengefasst darin begründet, dass der mit Schriftsatz vom 15.1.2024 gegen die Gerichtsvorsteherin gestellte Ablehnungsantrag mit Sicherheit dazu geführt habe, dass diese in ihrer Entscheidung dem Ablehnungswerber gegenüber vorbelastet gewesen sei. Im Zuge des von seinem Bruder am 7.4.2025 geführten Gesprächs habe die Gerichtsvorsteherin keine ordentliche Begründung dafür geben, warum die Kontoauszüge vorgelegt werden müssen, obwohl alle sonstigen Urkunden schon vorgelegt seien. In der Eingabe vom 11.4.2025 sei vorgebracht worden, dass im Verfahren zu E2* des Bezirksgerichts Ried im Innkreis der Ablehnungsantrag vom 8.9.2022 bis heute nicht behandelt worden und es unklar sei, ob die Diplomrechtspflegerin diesen verschwinden habe lassen oder die Gerichtsvorsteherin diesen nicht „angreifen“ habe wollen. Auch diese Nichtbehandlung einer Eingabe sei ein Indiz für die Untätigkeit bzw Voreingenommenheit des Gerichtes und liege daher eindeutig eine Befangenheit vor.
Dazu ist auszuführen:
1. Von folgenden Grundsätzen ist auszugehen:
1.1 Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (RS0046024 [T2]), insbesondere wenn er nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt (RS0046024 [T3]). Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (RS0045949), soll doch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden (RS0046052). Allerdings soll es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden, sich nicht genehmer Richter zu entledigen (RS0046087, RS0109379).
1.2 Gemäß § 22 JN sind zugleich mit der Ablehnung die Umstände genau anzugeben, welche die Ablehnung begründen und glaubhaft machen (RS0045962 [T14]).
1.3 Verfahrensmängel können den Anschein der Befangenheit dann begründen, wenn es sich dabei um schwerwiegende Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze handelt, die an der Objektivität des Richters mit Grund zweifeln lassen (RS0046090 [T7]).
1.4 Hingegen bildet weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter einen Ablehnungsgrund; dies selbst dann, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird (RS0045916, RS0111290). Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen (RS0111290 [T10, T13]). Bei einem unterlaufenen Fehler kann eine Entscheidung unrichtig sein, ohne dass jedoch eine unsachliche Entscheidung vorliegt. Eine unrichtige Entscheidung kann nur im Rechtsmittelweg bekämpft werden, womit bezweckt wird, die gefällte Entscheidung auf ihre Richtigkeit zu prüfen, während das Ablehnungsverfahren darauf abzielt, den abgelehnten Richter aus dem Verfahren überhaupt auszuschalten (RS0046019).
2.1.1 Soweit der Rekurs aus einem mit Schriftsatz vom 15.1.2024 gegen die Gerichtsvorsteherin erhobenen Ablehnungsantrag deren Voreingenommenheit ableiten möchte, ist darauf zu verweisen, dass der vom Ablehnungswerber gestellte (modifizierte) Ablehnungsantrag dazu nichts vorgebracht hat, weshalb die Rekursausführungen insoweit gegen das auch im Rechtsmittelverfahren über Ablehnungsanträge geltende Neuerungsverbot verstoßen (RS0006000 [T13]).
2.1.2 Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden soll, sich nicht genehmer Richter zu entledigen. Allein aus einem vorangegangenen Ablehnungsantrag kann demnach niemals ein Befangenheitsgrund abgeleitet werden.
2.2 Auch (bloße) Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit eines Verbesserungsauftrags in Bezug auf einen Verfahrenshilfeantrag sind nicht ansatzweise geeignet, eine Befangenheit der abgelehnten Gerichtsvorsteherin zu begründen. Schwerwiegende Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze, die an deren Objektivität mit Grund zweifeln lassen, werden nicht einmal im Rekurs dargelegt; darin wird nämlich bloß darauf verwiesen, dass die Gerichtsvorsteherin gegenüber dem Bruder des Ablehnungswerbers keine ordentliche Begründung dafür geben habe, warum die Kontoauszüge vorgelegt werden müssen, obwohl alle sonstigen Urkunden schon vorgelegt seien.
2.3 Wenn der Rekurs schließlich noch im Verfahren zu E2* des Bezirksgerichts Ried im Innkreis die Nichtbehandlung des gegen die Diplomrechtspflegerin gerichteten Ablehnungsantrags des Ablehnungswerbers durch die Gerichtsvorsteherin releviert, ist darauf hinzuweisen, dass dies einen behaupteten Verfahrensfehler in einem anderen Verfahren betrifft. Dabei ist der Grund allein darin zu erblicken, dass die Diplomrechtspflegerin den Ablehnungsantrag bislang nicht der zur Entscheidung darüber zuständigen Gerichtsvorsteherin (vgl § 7 RPflG) vorgelegt hat. Die Gerichtsvorsteherin hatte damit noch keinen Anlass, über den gegen die Diplomrechtspflegerin gerichteten Ablehnungsantrag des Ablehnungswerbers zu entscheiden. Damit ergibt sich auch daraus keine Befangenheit der Gerichtsvorsteherin.
2.4 Dem Rekurs gelingt es demnach insgesamt nicht, eine dem Erstgericht unterlaufene Fehlbeurteilung aufzuzeigen.
3. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
4. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 24 Abs 2 JN (RS0046065 [T2], RS0074402 [T13 bis T15], RS0098751, RS0122963). § 24 Abs 2 JN ist eine Sonderregelung über die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Ablehnung von Richtern, die jede allgemeine Regel über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen verdrängt (RS0046010).
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