Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*und eine weitere Person wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der B* C* gegen den Kostenbeschluss des Landesgerichts Wels vom 29. Jänner 2025, Hv*-134, entschieden:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass die von A* zu ersetzenden Kosten der Vertretung der B* C* gemäß § 395 Abs 1 StPO mit restlich EUR 1.002,06 (darin EUR 167,01 an USt) bestimmt werden.
Die Kosten der Vertretung der B* C* im Beschwerdeverfahren werden mit EUR 137,14 (darin enthalten EUR 22,86 an USt) bestimmt.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit Urteil vom 17. Juli 2024 wurde A* – soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz – eines zum Nachteil der B* C* begangenen Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB schuldig erkannt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, außerdem zu einer Schadenersatzzahlung an C* verurteilt (ON 112).
Am 19. Dezember 2024 beantragte letztere, die Kosten ihrer Vertretung mit EUR 2.396,10 zu bestimmen „und die Verurteilte zur Bezahlung binnen 14 Tagen zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreter bei sonstiger Exekution zu verpflichten“ (ON 132; vgl aber RIS-Justiz RS0000159; Nimmervoll , Strafverfahren² Kap VII Rz 180; Lendl in WK-StPO § 395 Rz 6).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag primär mit der Begründung ab, dass zwischen der Verurteilten und der Antragstellerin eine Einigung über die Vertretungskosten erzielt worden sei und demnach dem Gericht keine Entscheidungskompetenz zukomme (ON 134).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Privatbeteiligten, mit der sie die antragsgemäße Bestimmung ihrer Vertretungskosten zuzüglich der Kosten des Beschwerdeverfahrens anstrebt (ON 135).
Die Beschwerde ist teilweise berechtigt.
Nach § 395 Abs 1 StPO hat das Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, auf Antrag eines der Beteiligten die zu ersetzenden Kosten mit Beschluss zu bestimmen, sofern über die Höhe der gemäß § 393 Abs 4 oder Abs 4a StPO zu ersetzenden Kosten keine Einigung (vor dem 1. Jänner 2008: „Übereinkommen“ [vgl Art I Z 152 in BGBl I 93/2007, wobei damit nur eine begriffliche Anpassung ohne Inhaltlich Änderung verfolgt wurde: ErläutRV 231 BlgNR 23. GP 12 f]) erzielt wird.
Hintergrund dieser Bestimmung ist es, dem ersatzberechtigten Verfahrensbeteiligten unter Ausklammerung des Zivilgerichts einen Exekutionstitel im Sinn von § 1 Z 8 EO zu verschaffen (RIS-Justiz RS0000158). Das Strafgericht soll daher in all jenen Fällen entscheiden, in denen das Vorliegen einer rechtswirksamen, einen Exekutionstitel sohin von vornherein entbehrlich erscheinen lassenden außergerichtlichen Übereinkunft über die Höhe der zu ersetzenden Kosten nicht klar zu Tage tritt (RIS-Justiz RS0101473; vgl auch Kirchbacher, StPO 15 § 395 Rz 1; Lendlin WK-StPO § 395 Rz 7). Sofern eine derartige Vereinbarung besteht, ist das Verfahren nach § 395 StPO dagegen nicht mehr zulässig und das Gericht trifft keine Entscheidungspflicht ( Öner in LiK-StPO § 395 Rz 11; vgl auch OLG Linz 9 Bs 192/15x).
Fraglich ist, was gelten soll, wenn – wie hier von der Beschwerdeführerin vorgebracht – zwar zunächst eine Einigung erzielt worden ist (vgl ON 133.3), diese von der zum Kostenersatz verpflichteten Verurteilten aber nicht eingehalten wird. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass dies nichts an dem grundsätzlichen Bestehen einer Einigung ändere und demnach ein auf Kostenbestimmung gerichteter Antrag zurückzuweisen sei (OLG Wien 18 Bs 314/21i). Richtigerweise wird man in einem solchen Fall jedoch entgegen dem Wortlaut des § 395 Abs 1 StPO, insoweit aber der oben dargestellten ratio legis (Vermeidung eines Zivilprozesses) folgend, eine strafgerichtliche Kostenbestimmung wohl für zulässig erachten müssen, nachdem dann ja letztlich doch keine (exekutionsfähige) „Einigung“ vorliegt (vgl Nimmervoll, Zur „Einigung“ über Vertretungskosten iS des § 395 Abs 1 StPO, JSt 2018, 79 f; in diesem Sinn auch OLG Linz 8 Bs 23/24z; im Ergebnis ebenso OLG Wien 24 Bs 300/00). Dabei ist allerdings auf (Teil-)Zahlungen der kostenersatzpflichtigen Partei Bedacht zu nehmen, weil diese für die Höhe des Kostenanspruches insofern von Bedeutung sind, als für den Fall der (notwendig werdenden) Exekutionsführung ein Oppositionsbegehren (§ 35 Abs 1 EO) auf vor Schaffung des Exekutionstitels geleistete Zahlungen nicht gestützt werden könnte ( Lendl aaO Rz 12 unter Hinweis auf 12 Os 126/91).
Demnach ist im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens inhaltlich über den Kostenbestimmungsantrag zu entscheiden (RIS-Justiz RS0123977; Tipold in WK-StPO § 89 Rz 13).
Gemäß § 395 Abs 2 StPO ist (auch von Amts wegen [vgl LendlaaO § 395 Rz 9]) zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig waren oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt sind. Notwendig sind sie dann, wenn sie durch die Prozesslage und die Verfahrensvorschriften erzwungen werden (15 Os 88/20k). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls, aber am objektiven Maßstab einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu messen (RIS-Justiz RS0122939). Es ist zu fragen, was eine durchschnittliche, sorgfältige und informierte Verfahrenspartei bei gegebener Sachlage an kostenverursachenden Schritten gesetzt hätte. Zweckmäßig ist dabei alles, was ein objektiven rechtlichen Gegebenheiten entsprechendes Maß an Erfolgschancen in sich birgt. Die Frage der Notwendigkeit ist aus einer ex-ante-Perspektive zu beantworten. Auch eine Prozesshandlung, die letztlich nicht erfolgreich war, kann notwendig gewesen sein ( Lendl aaO § 395 Rz 15). Ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls, aber aus einer ex-post-Betrachtung zu beurteilen ist dagegen die Frage, ob eine Handlung gerechtfertigt war. Die Rechtfertigung einer Handlung wird sich regelmäßig aus ihrem Erfolg ergeben. Nicht unbedingt notwendige, aber erfolgreiche Prozesshandlungen sind gerechtfertigt ( Lendl aaO § 395 Rz 16).
Der Höhe nach richten sich die zu ersetzenden Kosten nach dem RATG und den dort angeführten Tarifen ( LendlaaO § 395 Rz 22). Konkret sind sie in TP 4 Abschnitt II RATG geregelt, der wiederum auf TP 4 Abschnitt I Z 1 lit a und Z 3 bis 6 verweist. Eine Honorierung nach den Allgemeine Honorar-Kriterien (AHK) ist demgegenüber ausgeschlossen (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.409; zuletzt auch: OLG Linz 7 Bs 16/24p).
Die im Kostenbestimmungsantrag angeführte Vollmachtsbekanntgabe vom 26. Februar 2024 ist im Akt nicht enthalten. Wie die Beschwerde selbst klarstellt, wurde sie aufgrund einer seitens der Staatsanwaltschaft Wels irrig erteilten Information (vgl ON 135.7) im dort zu St* geführten Verfahren (in welchem die Privatbeteiligte als Opfer eines Einbruchsdiebstahls in ein Kellerabteil geführt wird) eingebracht, wo sie (aus der Verfahrensautomation Justiz ersichtlich) als ON 6 Aktenbestandteil wurde. Eine (korrekt) informierte Verfahrenspartei hätte allerdings von diesem Schritt Abstand genommen, weil er objektiv gesehen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet war. Aus diesem Grund hat die Verurteilte nicht für die (aufgrund einer falschen Auskunft) aufgelaufenen Kosten aufzukommen und zwar unabhängig davon, dass diese Fehlleistung (auch) nicht der Sphäre der Privatbeteiligten zuzurechnen ist.
Die nach Aufklärung dieses Irrtums (vgl ON 135.8 und ON 135.9) erneuerte Vollmachtsbekanntgabe vom 3. Mai 2024 findet sich (über die Verfahrensautomation Justiz abrufbar) als ON 3 in dem zu BAZ* der Staatsanwaltschaft Wels geführten Akt (der offenbar infolge der Endantragstellung in diesem Verfahren mit 31. Mai 2024 [ON 1.61] trotz einer am 3. Juni 2024 verfügten Abtretung anher nicht Aktenbestandteil wurde). Neben der Anzeige des Vertretungsverhältnisses und des Antrags auf Freischaltung zur elektronischen Akteneinsicht enthält sie eine grundsätzliche Anschlusserklärung sowie eine (bloß aber immerhin) kurze Aufzählung der Schadenspositionen (erheblicher Sachschaden am Pkw, entwendetes Navigationsgerät, weiterer Sach- und Flurschaden, Treibstoffverbrauch von 25 l). Damit geht sie über eine bloße Anzeige oder Mitteilung (im Sinne von TP 1 Abschnitt I lit a iVm TP 4 Abschnitt I Z 3 RATG) an das Gericht hinaus. Sie bleibt aber kurz und einfach, weshalb sie nach TP 4 Abschnitt II lit b, Abschnitt I Z 3 zweiter FallRATG mit EUR 76,90 (zuzüglich 60 % Einheitssatz nach § 23 Abs 1 RATG [EUR 46,14]) zu honorieren ist. Außerdem steht dafür nach § 23a RATG eine Erhöhung der Entlohnung im elektronischen Rechtsverkehr zu. Allerdings handelt es sich um keinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz (dazu Thiele , Anwaltskosten 4§ 23a RATG Rz 8) und beläuft sich der Erhöhungsbetrag demnach auf bloß EUR 2,60.
TP 7 RATG erfasst Geschäfte außerhalb der Rechtsanwaltskanzlei und ist demnach für eine Akteneinsicht nur anwendbar, wenn der Anwalt fremde Akten außerhalb der Kanzlei einsehen muss ( Obermaier aaORz 3.77). Sofern die Akteneinsicht elektronisch erfolgt und eine Intervention bei Gericht gerade nicht stattfindet, kann dieses Aktenstudium nicht nach dieser Tarifpost abgegolten werden (für viele: OLG Wien 21 Bs 104/25k; OLG Innsbruck 7 Bs 80/25k; OLG Linz 9 Bs 34/25a; OLG Graz 10 Bs 187/24m). Daran ändert auch die von der Beschwerde zitierte, im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht anwendbare (siehe oben), Regelung des § 7 Abs 3 AHK nichts. Die im Antrag angeführten Positionen vom 3. Mai 2024 und 21. Juni 2024 sind daher nicht in die Kostenbestimmung aufzunehmen.
Das gilt übrigens auch für die dort mit „Gerichtsdateien“ bezeichneten Beträge. Es liegt zwar der Schluss nahe, dass damit die dem Privatbeteiligtenvertreter für das Herunterladen elektronischer Aktenbestandteile entstandenen Kosten gemeint sind. Aufwendungen einer Anwaltskanzlei für den technischen Zugang zu den Justiz-Datenbanken und für die automationsunterstützte Datenübertragung resultieren aber – vergleichbar Telefongebühren – aus dem mit einem privaten Unternehmen autonom vereinbarten Entgelt, dessen Höhe sich etwa an der Anzahl der Suchergebnisse pro Geschäftszahl oder der Downloads pro Dokument orientiert. Derartige Abfragekosten stellen nach der Rechtsprechung jedenfalls dieses Oberlandesgerichts ihrer Art nach keine ersatzfähigen Barauslagen dar, sondern im Rahmen des Einheitssatzes vergüteten Kanzlei- und Regieaufwand (OLG Linz 9 Bs 184/24h, 8 Bs 262/24x, 8 Bs 170/24t, 9 Bs 179/24y, 8 Bs 156/24h, 9 Bs 4/24p; ebenso: OLG Innsbruck 6 Bs 242/24z, 6 Bs 119/24m; OLG Graz 10 Bs 28/25f, 9 Bs 12/24v; aA: OLG Wien 19 Bs 223/24v, 21 Bs 418/24k, 18 Bs 21/24f, 21 Bs 334/21b; OLG Innsbruck 7 Bs 62/24m; OLG Graz 9 Bs 157/23s). Darüber hinaus ist hier deren Bescheinigung unterblieben, weshalb sie selbst bei Einnahme eines gegenteiligen Rechtsstandpunkts nicht der Kostenbestimmung unterliegen (vgl OLG Linz 8 Bs 28/23h; OLG Wien 21 Bs 418/24k; OLG Innsbruck 6 Bs 15/25v).
Die Eingabe vom 21. Juni 2024 (ON 90) wurde nach ihrem Inhalt und den angeschlossenen Belegen zutreffend nach TP 4 Abschnitt II lit b, Abschnitt I Z 3 erster Fall RATG mit EUR 153,80 (zuzüglich EUR 92,28 Einheitssatz und EUR 2,60 Erhöhung der Entlohnung) verzeichnet.
Und auch die für die Teilnahme an den Verhandlungsterminen vom 11. Juli 2024 (ON 103) sowie vom 17. Juli 2024 (ON 112) begehrten Kosten stehen der Beschwerdeführerin zu. Nachdem sie (zwar zu Beginn des Verfahrens noch am Gerichtsort ** [vgl ON 30.5], spätestens seit 7. Mai 2024 [vgl ON 90.3] jedoch) in ** und damit nicht am Gerichtsort wohnhaft ist, gilt dies insbesondere auch für den doppelten Einheitssatz infolge Zuziehung eines auswärtigen Anwalts nach § 23 Abs 5 RATG (RIS-Justiz RS0036203). Ihr gebühren daher zum einen EUR 153,80 (zuzüglich EUR 184,56 Einheitssatz) und zum anderen EUR 230,70 (zuzüglich EUR 276,84 Einheitssatz).
Der Kostenbestimmungsantrag selbst ist – insoweit zutreffend verzeichnet – nach TP 1 Abschnitt I lit d RATG zu honorieren. Als Bemessungsgrundlage dient dabei jedoch der Kostenbetrag, dessen Zuspruch (berechtigterweise) beantragt wird ( ObermaieraaO Rz 3.68; 7 Nc 4/05f; OLG Linz 7 Bs 19/24d), so dass er im konkreten Fall (bei bis dahin aufgelaufenen Vertretungskosten von [inklusive USt] EUR 1.464,26) mit EUR 16,10 (zuzüglich EUR 9,66 Einheitssatz und EUR 2,60 Erhöhung der Entlohnung) zu Buche schlägt.
Zählt man den bislang angeführten Positionen noch die Umsatzsteuer von 20 % hinzu (§ 16 RATG, § 10 Abs 1 UStG), belaufen sich die von der Verurteilten zu ersetzenden Vertretungskosten auf insgesamt EUR 1.498,30.
Davon sind noch die bereits bezahlten EUR 496,24 (ON 135.2 bis ON 135.5) abzuziehen, so dass sich der noch offene Restbetrag mit EUR 1.002,06 (darin enthalten EUR 167,01 USt) ergibt.
Die Entlohnung der (weitgehend erfolgreichen) Kostenbeschwerde richtet sich nach TP 4 Abschnitt II lit b, Abschnitt I Z 4 lit d RATG, die wiederum auf TP 2 RATG verweist, wobei als Bemessungsgrundlage nach § 11 Abs 1 RATG der im Beschwerdeverfahren ersiegte Betrag heranzuziehen ist (OLG Linz 7 Bs 19/24d, 8 Bs 171/16b; Thiele aaO Rz 362). Auf dieser Basis (EUR 1.002,06) sind die der Beschwerdeführerin zustehenden Kosten mit EUR 69,80 im Grundbetrag zuzüglich 60 % Einheitssatz in Höhe von EUR 41,88, Erhöhung der Entlohnung im elektronischen Rechtsverkehr von EUR 2,60 und Umsatzsteuer EUR 22,86 zu bestimmen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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