JudikaturOLG Linz

8Bs262/24x – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
26. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Mag. Haidvogl, BEd, in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlung über die Kostenbeschwerde des Privatbeteiligten B* gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. November 2024, GZ*-62, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

begründung:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. September 2024, GZ GZ*-53, wurde A* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Im Adhäsionserkenntnis wurde er – soweit hier relevant – zur Zahlung eines Betrags von EUR 1.600,00 an B* verpflichtet.

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2024 (ON 56) beantragte dieser die Bestimmung der Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Strafverfahren mit insgesamt EUR 1.378,01 für den Privatbeteiligtenanschluss nach TP 4 in Höhe von EUR 153,80 samt EUR 2,60 ERV-Zuschlag, eine elektronische Akteneinsicht nach TP 7 in Höhe von EUR 82,80, die Hauptverhandlung in der Dauer von 5/2 nach TP 4 von EUR 461,40 sowie den Kostenbestimmungsantrag nach TP 1 von EUR 16,10 samt EUR 2,60 ERV-Zuschlag, jeweils zuzüglich 60 % Einheitssatz. Weiters wurden 20 % Umsatzsteuer sowie umsatzsteuerfreie Barauslagen für „Gerichtsdateien“ in Höhe von EUR 0,70 verrechnet. Ergänzend wies der Privatbeteiligte auf das Scheitern einer Einigung mit dem Angeklagten hin.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 62) bestimmte die Erstrichterin die Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten mit EUR 1.218,34. Die vorgenommene Reduktion begründete sie damit, dass der verzeichnete „Antrag auf Akteneinsicht vom 12. September 2024“ dem Akt nicht zu entnehmen und damit nicht zu vergüten sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Privatbeteiligten (ON 64), mit der (ausdrücklich lediglich) die Nichtbestimmung der Kosten für die elektronische Akteneinsicht vom 12. September 2024 und der (offenbar damit in Zusammenhang stehenden) Barauslagen von EUR 0,70 bekämpft wird. Dem Rechtsmittel, zu dem sich der Verurteilte nicht äußerte, kommt keine Berechtigung zu.

Die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzenden Kosten umfassen im Strafverfahren insbesondere auch die Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten (§§ 381 Abs 1 Z 8; 393 Abs 4 StPO). Dem (mit seinem Anspruch im Strafverfahren zumindest teilweise durchgedrungenen) Privatbeteiligten B* steht daher fallkonkret Kostenersatz zu.

Gegenüber dem Prozessgegner hat das RATG die Funktion, die Höhe der ersatzfähigen Kosten in gerichtlichen Verfahren bindend zu regeln; in seinem Anwendungsbereich unterliegen Fragen der Angemessenheit idR nicht mehr der gerichtlichen Prüfung. Außerhalb gerichtlicher Verfahren ist das RATG für die Prüfung der Angemessenheit einer anwaltlichen Leistung auch analog anzuwenden ( Obermaier , Kosten handbuch 4, Rz 3.2). Das RATG regelt in TP 4 anwaltliche Leistungen im Privatanklageverfahren und bei der Vertretung von Privatbeteiligten. Nur gegenüber dem eigenen Mandanten bestehen (mit der Parteienvereinbarung, der Abrechnung nach dem RATG und einem angemessenen Entgelt) drei Abrechnungssysteme, die einander ausschließen. Hinsichtlich des Verfahrensgegners sind die Tarifbestimmungen des RATG vom Gericht zwingend anzuwenden (§ 1 Abs 1 RATG; vgl auch Obermaier aaO Rz 3.5).

Die Tarifposten regeln die Höhe des Honoraransatzes; zu ihnen ist der Einheitssatz hinzuzurechnen. Der Einheitssatz ist in § 23 RATG geregelt. Für ein Aktenstudium ist TP 7 nur anwendbar, wenn der Anwalt fremde Akten außerhalb der Kanzlei einsehen muss. Bei elektronisch geführten (Straf-)Akten, in denen seine Vollmacht ausgewiesen ist, kann der Anwalt gebührenfrei Einsicht nehmen. Kommissionen sind in solchen Fällen entbehrlich ( Obermaier aaO Rz 3.77). Als Leistung nach TP 7RATG wird (damit nur) das auswärtige Aktenstudium nicht mit dem Einheitssatz abgegolten (aaO; OLG Graz 10 Bs 187/24m).

Die geltend gemachte elektronische Akteneinsicht vom 12. September 2025 ist daher fallbezogen nicht zu honorieren. Dass nach § 7 Abs 3 AHK die Einsichtnahme in den elektronischen Akt in der eigenen Kanzlei (gegenüber dem Mandanten) gesondert verrechnet werden kann, bleibt insoweit unerheblich.

Gleiches gilt auch für den Ersatz der geltend gemachten „Kosten für die Gerichtsdateien“ von EUR 0,70. Für Rechtsanwälte erfolgen der technische Zugang zu den Justiz-Datenbanken und die automationsunterstützte Datenübertragung, damit auch die Akteneinsicht in den elektronischen Akt, im Wege von Übermittlungs- und Verrechnungsstellen (§ 2 ERV 2021, BGBl ll 2021/587), die von (privaten) Unternehmen betrieben werden. Sie heben für ihre Tätigkeit bei ihren Kunden autonom vereinbarte Entgelte ein, deren Höhe sich gängig etwa an der Anzahl der Downloads pro Dokument orientiert. Bei den vom Rechtsmittelwerber angeführten „Kosten für Gerichtsdateien“ handelt es sich (auch nach dem Rechtsmittelvorbringen) nicht um Gebühren nach dem GGG. Vielmehr dürften diese (überdies nicht bescheinigten) „Barauslagen“ aus dem vom Rechtsvertreter des Privatbeteiligten mit einem privaten Unternehmen für Downloads aus dem elektronischen Akt autonom vereinbarten Entgelt resultieren. Die Kosten können für jeden Rechtsanwalt, je nachdem welcher Übermittlungs- und Verrechnungsstelle er sich bedient, variieren oder gar nicht anfallen. Daher sind solche Abfragekosten (auch bei entsprechender Bescheinigung) ihrer Art nach keine ersatzfähigen Barauslagen iSd § 393 Abs 2 StPO, sondern vielmehr nicht gesondert zu ersetzender Kanzleiaufwand. Eine Bestimmung ähnlich jener des § 23a RATG, in dem für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ein ERV-Zuschlag (nicht als Barauslagenvergütung sondern) als Honorarbestandteil konzipiert ist (vgl Obermaier Kostenhandbuch 3Rz 3.30), sieht das RATG für die Teilnahme am elektronischen Aktensystem nicht vor (OLG Linz 9 Bs 4/24p).

Die Bestimmung der Vertretungskosten des Privatbeteiligten erfolgte somit im Ergebnis gesetzeskonform.

.RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).